Protokoll der Sitzung vom 07.04.2017

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung, wann die Staatskanzlei bzw. der Ministerpräsident davon erfahren hat, dass der Minister gegen den fachlichen Rat die Tötung der Tiere verhindert hat.

(Beifall bei der FDP)

Bitte, Herr Minister Meyer!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Frage ist differenzierter zu betrachten. Am Anfang gab es einen fachlichen Rat, dann sind aber neue Fakten dazugekommen, denen man sich stellen muss.

(Jörg Bode [FDP]: Alternative Fakten! - Gegenruf von Miriam Staudte [GRÜNE]: Neue Fakten!)

- Nein, nicht alternative Fakten. Ich habe gerade gesagt, wahre Fakten, nämlich amtliche Untersuchungsergebnisse.

Ich habe es Ihnen geschildert: Es gab einen Antrag des Landkreises Cloppenburg, in dem formuliert wurde, „vorbehaltlich der amtlichen Probenergebnisse auch für zwei weitere Ställe eine Zustimmung zu erteilen“. Zu dem Zeitpunkt gab es nur einen klinischen Verdacht, sonst hätte es ja nicht „vorbehaltlich der amtlichen Bestätigung von H5N8“ geheißen. Es wurde beantragt, dass in diesen beiden Ställen eine Tötung stattfindet - vorbehaltlich der amtlichen Bestätigung, die zu dem Zeitpunkt noch nicht vorlag. Dieser Empfehlung hat sich das Fachreferat zu dem Zeitpunkt angeschlossen.

(Christian Dürr [FDP]: Das haben Sie vorhin schon dargestellt!)

Dann aber kam das Ergebnis. Die Tötung sollte ja „vorbehaltlich des Ergebnisses“ erfolgen. Dieses Ergebnis war nicht so wie erwartet. In einem Fall hat man gesagt, „da ist nichts“, und im anderen Fall, „da ist was“. Damit hatten wir einen neuen Sachverhalt, und es wurden auch nicht nochmal alle neu gefragt, sondern da wurde neu entschieden. Aufgrund dieses Sachverhalts, der bei der ursprünglichen Empfehlung nicht bekannt war - da lag ja kein Probenergebnis vor -, wurde entschieden, dass die Tiere in dem Stall, die amtlich krank sind, getötet werden und die Tiere in dem Stall, die amtlich nicht krank sind, nicht getötet werden. Von daher gab es keine 1 : 1-Umsetzung der alten Empfehlung bzw. des Antrags vom Landkreis Cloppenburg.

Es gibt in diesem Bereich übrigens öfter Korrekturen, je nachdem, wie die Laborergebnisse ausfallen. Es kommt durchaus vor, dass während des Verlaufs andere Ergebnisse kommen. Das gab es auch schon in anderen Fällen. Es gab z. B. einen Fall, in dem auch eine Tötung beantragt war, und dann kam das FLI-Ergebnis, das besagte, dass die Tiere nicht krank sind. Dann wurde die Entscheidung entsprechend geändert.

Es gilt ja auch die Unschuldsvermutung. Wenn es erst einen konkreten Verdacht gibt, und dann kommt das Ergebnis, sozusagen der Beweis, dass die Tiere gesund sind, dann kann man sie doch als Minister nicht mehr töten lassen. Außerdem ist das rechtlich dann keine Verdachtstötung mehr; denn bei einer Verdachtstötung - Sie sind ja Staatsanwalt gewesen - muss man alle Erkenntnisse berücksichtigen. Und wenn quasi ein Alibi für den Zeitpunkt vorliegt, wenn also belegt wird, dass die Tiere gesund sind, dann ist das ein anderer Sachverhalt als der, den Sie beschrieben haben. Denn zwischenzeitlich gab es neue Erkenntnisse. Das ist genauso, als wenn ein Staatsanwalt Anklage erhebt, und dann kommen im Gerichtsprozess neue Erkenntnisse dazu, die dazu führen, dass sich der Richter für Freispruch entscheidet.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Dr. Stefan Birkner [FDP]: Wann hat der Ministerpräsident davon erfahren? Das war die Frage! - Christian Dürr [FDP]: Sind Sie in diesem Fall der Richter gewesen?)

Vielen Dank, Herr Minister. - Die nächste Frage, ebenfalls die zweite, kommt von Herrn Dr. HansJoachim Deneke-Jöhrens.

Herr Präsident, vielen Dank. - Ich muss gestehen, dass das mittlerweile ein bisschen verwirrend ist.

(Hans-Joachim Janßen [GRÜNE]: Nein, es wird immer klarer!)

Sie haben selbst ausgeführt, Herr Minister, dass Sie sich nicht hinter Ihren Mitarbeitern verstecken wollen. Die waren aber gar nicht da, als die Dinge zur Entscheidung anstanden.

Ich möchte das noch mal auf den Punkt bringen. Ich frage Sie: Ist also die Meldung falsch, dass Sie sich über den Rat der Fachleute in Ihrem Ministerium hinweggesetzt hätten?

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Christian Dürr [FDP]: Sehr gute Frage!)

Herr Minister Meyer, bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ablauf war so, wie ich es Ihnen mehrfach geschildert habe.

(Jörg Hillmer [CDU]: Ja oder nein? - Gegenruf von Hans-Joachim Janßen [GRÜNE]: Das können Sie doch sel- ber interpretieren! - Gegenruf von Christian Dürr [FDP]: Nein! Wir haben einen Anspruch auf eine Antwort! Op- positionsrechte und Verfassung könnt ihr nicht! Das haben wir gerade ge- merkt! - Weitere Zurufe)

Vielen Dank, Herr Minister. - Die nächste Zusatzfrage stellt der Kollege Jörg Bode.

(Anhaltende Zurufe)

- Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe Herrn Bode das Wort erteilt und nicht dem Plenum in Gänze. Herr Bode, bitte! Sie dürfen eine Frage stellen.

Sehr geehrter Herr Präsident, ich wollte nur ein bisschen abwarten, damit der Minister auch eine Chance hat, meine Frage akustisch zu verstehen.

Ich auch.

Sie auch, Herr Präsident, selbstverständlich.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Ich kann nichts verstehen!)

Dann machen wir es noch mal: Herr Bode hat genau den gleichen Anspruch geltend gemacht, den ich Ihnen gegenüber auch formuliert habe. Er hat das Wort und die Möglichkeit, eine Frage stellen. Jetzt seien Sie bitte ruhig im Plenum, damit er die Frage stellen und der Minister sie dann beantworten kann. - Bitte, Herr Bode!

(Christian Dürr [FDP]: Und ich habe Anspruch auf einen Ordnungsruf! Herr Janßen meckert, weil ich ihm einen Vogel gezeigt habe!)

Herr Minister, ich habe eine Verständnisfrage mit Blick auf den von Ihnen aufgrund der Nachfragen dargestellten Sachverhalt. Ich habe Sie zunächst so verstanden, dass es eine Empfehlung des Fachreferates bzw. der Fachleute aus Ihrem Hause gab, der Sie bei der Frage der Tötung im Fall Garrel nicht gefolgt sind.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Da kommt der Nächste mit derselben Frage!)

Eben haben Sie auf die Frage des Kollegen Birkner - das war für mich eine neue Erkenntnis - gesagt, das Fachreferat habe bei der Empfehlung gar nicht den aktuellen Sachstand. Der habe sich erst durch das Gutachten ergeben. Sie haben dann allein noch einmal entschieden.

Meine Frage ist: Als der neue Sachstand aufgrund der Gutachtenergebnisse da war, haben Sie da das Fachreferat bzw. die Fachabteilung um eine neue Bewertung gebeten, oder haben Sie alleine, aus ihrem eigenen Gutdünken, entschieden?

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Helge Limburg [GRÜNE]: Gut- achten, nicht Gutdünken!)

Vielen Dank. - Herr Minister Meyer, bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe Ihnen die Abläufe geschildert, die zu meiner Entscheidung geführt haben. Es gab zwischendurch Erkenntnisse.

Und wenn Sie jetzt wieder nach den Fachleuten fragen: Natürlich haben wir unsere Fachleute in den Referaten, die Empfehlungen geben. Aber wenn eine Mitarbeiterin, die Referatsleitung, krank ist und einer im Urlaub ist, dann kann das nicht mit allen abgestimmt werden. Da muss man schnell entscheiden. Es gab diese verschiedenen Wege, so wie sie dargestellt worden sind. Es war am Ende die Entscheidung des Ministers, die getroffen worden ist, einen amtlich beprobten, gesunden Bestand nicht zu töten.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD - Helmut Dammann- Tamke [CDU]: Da gibt es doch eine Taskforce!)

Vielen Dank, Herr Minister.

Jetzt kommt etwas ganz Außergewöhnliches. Ich weiß nicht, ob das in der Geschichte des Landtags schon einmal vorgekommen ist. Herr Kollege Dürr kam eben zu mir und sagte, er habe im Eifer des Gefechts Herrn Janßen einen Vogel gezeigt. Er erstatte Selbstanzeige und bitte um einen Ordnungsruf.

(Zustimmung und Heiterkeit bei der FDP und bei der CDU - Editha Lor- berg [CDU]: Das hat Stil!)

Den erteile ich Ihnen, Herr Dürr. Noble Geste! Wir haben es nicht gesehen. Ich glaube, das geht in die Parlamentsgeschichte ein.

(Christian Grascha [FDP]: Aber ei- gentlich ist man bei Selbstanzeige straffrei!)

- Herr Kollege Grascha, er bat um den Ordnungsruf.

Herr Kollege Bode, Sie haben das Wort, um Ihre zweite Zusatzfrage zu stellen.

Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister Meyer, da Sie meine Frage nach der Neubefassung des Fachreferats für mich immer noch nicht klar beantwortet haben, verzichte ich darauf, sie zu wiederholen.

Ich möchte aber noch einmal auf die Frage des Kollegen Birkner eingehen und frage noch einmal, auch in Richtung Staatskanzlei: Wann hat der Ministerpräsident bzw. die Staatskanzlei davon erfahren, dass die Entscheidung, die vorsorgliche Tötung in Garrel nicht anzuordnen, von Minister Meyer entweder entgegen des Rates der Fachleute des Ministeriums oder ohne sie dazu erneut zu befragen, getroffen wurde?

(Zustimmung bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Bode. - Bitte, Herr Minister Meyer!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dass die Letztentscheidung beim Minister liegt, wusste ich, kurz nachdem ich im Amt war. Das war vor drei Jahren auch schon so, da kriegte ich auch meistens nachts solche Anrufe: Wir haben diesen und jenen Fall; wir müssen etwas tun.