Protokoll der Sitzung vom 07.04.2017

Deshalb ist der Zusammenhang zwischen Aufstallung und Prävention ein komischer. Wollen Sie jetzt vorwerfen, dass der Landkreis Cloppenburg die meisten Ausbrüche hat, weil er am längsten aufstallt? - Diese Logik der Prävention verstehe ich nicht.

Deshalb teile ich die Einschätzung des FLI und auch meiner Kollegen, die Sie gern zitieren. Gestern hat Herr Kollege Habeck die Stallpflichten aufgehoben. Backhaus hat sie aufgehoben. NRW hat sie aufgehoben. Hessen hat sie aufgehoben. Baden-Württemberg hat sie mal für einen Tag aufgehoben, dann wieder angefangen, aber jetzt auch komplett aufgehoben.

Ich glaube, wir sollten diesen ideologischen Kampf nicht weiterführen. Ich warne auch davor, Freilandhaltung und konventionelle Betriebe jetzt gegeneinander auszuspielen. Beide sind die Opfer, beide leiden,

(Jens Nacke [CDU]: Das sagt der Richtige!)

mit einem Unterschied: Die Freilandbetriebe kriegen vom Bund nichts, und die CDU findet das wahrscheinlich in Ordnung, während wir sagen: Es muss für beide eine angemessene Entschädigung geben; denn sie sind Opfer und nicht Täter.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank. - Die nächste Frage kommt vom Kollegen Heiner Schönecke.

Eine Einleitung wird vom Vizepräsidenten gestattet?

Keine Einleitung!

Unter Ihrer Präsidentschaft, Herr Vizepräsident, wurde gestern Abend der Tagesordnungspunkt „Landwirtschaftliche Familien in Krisensituationen nicht alleinlassen“ behandelt. Nach der emotionalen Debatte kam mir heute Morgen spontan die Frage: Sehr geehrter Herr Landwirtschaftsminister, haben Sie denn eigentlich in dieser Krise landwirtschaftliche Betriebsleiter besucht, die von dieser Krise betroffen waren?

Ich erinnere mich z. B. daran, dass der Landwirtschafts- und Umweltminister von Schleswig-Holstein, Herr Habeck, sofort diese Betriebe besucht hat. Er hat durch seine persönliche Anwesenheit z. B. zum Ausdruck gebracht, dass er diese Betriebe nicht alleinlassen wollte.

Wie viele Betriebe haben Sie besucht?

(Hermann Grupe [FDP]: Gute Frage! - Zustimmung bei der CDU - Miriam Staudte [GRÜNE]: Da sollten mög- lichst wenige Leute rein und raus ren- nen!)

Das gilt als eine Frage. Wir sind ja großzügig. Es war die Frage, ob Betriebe besucht wurden, einer oder mehrere. - Bitte, Herr Minister!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mein Kollege ist bestimmt nicht in Betriebe gegangen, die von der Vogelgrippe betroffen sind.

(Helmut Dammann-Tamke [CDU] und Heiner Schönecke [CDU]: Er hat die Familien besucht!)

Ich glaube vielmehr, er hat - genauso wie ich - mit vielen gesprochen, immer wieder.

Wir haben mit Leuten gesprochen, die Freilandhaltung betreiben und von der Aufstallung betroffen sind. Ich habe Diskussionen mit Putenhaltern aus Cloppenburg geführt, die unter der Vogelgrippe leiden. Diese Gespräche sind geführt worden.

(Helmut Dammann-Tamke [CDU]: Mit Betroffenen sprechen!)

Ich habe aber keine Betriebsbesuche vor Ort gemacht. Es wird übrigens empfohlen, keine solchen Besuche zu machen.

Ich habe mich bei den Mitarbeitern erkundigt. Ich habe persönlich mit den Veterinären aller betroffenen Landkreise im Krisenstab gesessen. Wir haben uns mit dem FLI über die Maßnahmen ausgetauscht. Ich habe das sehr intensiv abgewogen.

Ich habe kurz nach Weihnachten - zu Weihnachten wäre es vielleicht zu aufdringlich gewesen - die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des LAVES besucht, die dort mehrere Tausend Proben untersuchen mussten - auch über die Feiertage -, und habe mich bei ihnen persönlich bedankt.

Ich danke auch immer wieder den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Landkreisen. Denn es ist nicht einfach, vor Ort Tötungen, Restriktionen, Kontrollen durchzuführen. Diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Landkreisen sagen mir immer wieder: Wir bitten darum, keinen parteipolitischen Streit über die Frage zu führen, welche Ebene es nun besser macht.

(Helmut Dammann-Tamke [CDU]: Ih- re Antwort ist einfach: Null!)

Das haben sie mir gesagt, als Sie gefordert haben, die Stallpflicht im ganzen Land zu verhängen. Da haben mir die Kreise gesagt: Das wollen wir lieber vor Ort entscheiden.

Ich höre auch, dass sie nicht unbedingt wünschen, dass man im Landtag jetzt die notwendigen Krisenbekämpfungsmaßnahmen intensiv diskutiert, sozusagen auf dem Rücken der Landwirte: Welcher Betrieb hat jetzt Fehler gemacht? - Aber wenn Sie danach fragen, bin ich gezwungen zu antworten.

(Beifall bei den GRÜNEN - Helmut Dammann-Tamke [CDU]: Die Antwort hätte einfach „null“ lauten können! - Heiner Schönecke [CDU]: Null!)

Vielen Dank.

(Helmut Dammann-Tamke [CDU]: Fehlanzeige! Nicht einmal auf die Idee gekommen!)

Frau Kollegin Twesten hat eine Zusatzfrage angemeldet. Bitte!

Herr Präsident! Herr Minister, seitens Herrn Ripke von der Geflügelwirtschaft wird ein Vireneintrag in die Putenställe durch den Wind vermutet. Ist das Land diesem Verdacht nachgegangen?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Bitte, Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es war ja meine Empfehlung, viele, verschiedenste Übertragungswege zu untersuchen. Daraus ergeben sich diese Studien, diese Vollgenomanalysen. Es sind aber auch weitere epidemiologische Untersuchungen gemacht worden, aus deren Fazit ich vorhin zitiert habe. Auf der Basis der Ergebnisse dieser Virenuntersuchungen und der Lage der Ställe gilt es als sehr unwahrscheinlich, dass eine aerogene Übertragung, also eine Übertragung durch die Luft oder durch Staub, stattgefunden hat. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird es auf andere Quellen zurückgeführt.

Wir haben z. B. auch untersucht, an welchem Tag Sturm war und ob in der entsprechenden Windrichtung Ställe befallen sind. Dies haut aber nicht hin. Einen Ausbruch gab es ganz woanders. Der Wind kann eine Ursache sein, aber dies wird aus Sicht der Experten für sehr unwahrscheinlich gehalten. Wir ermitteln aber weiter.

Gerade in der letzten Woche, bei dem Fall, den ich vorhin geschildert habe, hat das FLI angeboten, weitere Untersuchungen im Zusammengang mit Luftübertragung zu machen. Wir haben jetzt gerade einen Fall in Garrel. Dort sind die Expertinnen und Experten vor Ort und untersuchen z. B. genau, ob in der Stallluft, in den Partikeln, etwas zu finden ist. Das unterstützen wir als Land.

Also, wir forschen in alle Richtungen, was die Übertragungswege angeht. Wir hoffen ja darauf,

dass wir aus dieser Krise lernen und für die Zukunft verbesserte Empfehlungen treffen können.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Kollege Hermann Grupe, die zweite Zusatzfrage. Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Minister, vor dem Hintergrund, dass Sie hier geschildert haben, wie sich die verschiedenen Experten geäußert haben - z. B. hat der Landkreis Cloppenburg nach Ihrer Aussage gesagt, das FLI stochert im Nebel; Sie haben dann quasi Zeugnisse verteilt, dass Sie dem nicht so richtig glauben, sondern lieber den Bundesinstituten;

(Hans-Joachim Janßen [GRÜNE]: Das tun Sie doch in der Regel auch, wenn es Ihnen in den Kram passt!)

im Endeffekt haben Sie in dem einen Fall eine ganz normale Standard-Vorsichtsmaßnahme unterlassen -, frage ich Sie - vielleicht zum zwölften oder dreizehnten Mal -, da Sie die Verantwortung übernommen haben: Worauf stützt sich Ihre Anordnung als Minister? Stützt sie sich auf den Expertenrat? Oder haben Sie einfach nur auf Kosten des Tierwohls gepokert, um als vermeintlicher Tierretter dazustehen, wenn es gut gegangen wäre?

(Zustimmung bei der FDP)

Vielen Dank. - Herr Minister, bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich weise die Unterstellungen zurück. Gesunde Tiere nicht zu töten - ich finde, das ist etwas, bei dem wir eine Gemeinsamkeit haben sollten. Ich hoffe nicht, dass die FDP möchte, dass wir die Tiere im gesamten Landkreis Cloppenburg präventiv töten. Das wird ja wohl niemand sagen.

Worauf ich mich in der Entscheidung gestützt habe? - Nicht auf Vermutungen oder Verdachtsmomente, sondern auf Fakten. In diesem Fall hatten wir nämlich, anders als bei allen anderen Fällen, ein amtlich bestätigtes negatives Ergebnis des LAVES. Da wurden 40 Proben genommen. In keiner einzigen Probe gab es einen Verdacht auf

H5N8. Auf der Basis dieses Probenergebnisses habe ich meine Entscheidung getroffen. Es war keine Studie, es war keine Wahrscheinlichkeitsberechnung, sondern es waren faktenbasierte Probenergebnisse, auf deren Basis ich meine Entscheidung getroffen habe.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Vielen Dank. - Ebenfalls die zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Dr. Birkner!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung, wann die Staatskanzlei bzw. der Ministerpräsident davon erfahren hat, dass der Minister gegen den fachlichen Rat die Tötung der Tiere verhindert hat.