Auch die Migranten und Flüchtlinge haben ein großes Interesse daran, in Deutschland eine Zukunft aufzubauen. Vor dem Hintergrund des Zustandes ihrer Heimatländer und oft jahrelanger Flucht - auch aus Kriegsgebieten - nehmen sie es sicher auch in Kauf, bis zu drei Jahre - es sind nicht unbedingt immer drei Jahre - an einem Ort zu leben, dem sie zugewiesen werden.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, Sie werden jetzt wieder versuchen, die Forderungen nach der Umsetzung des geltenden und von der SPD mitbeschlossenen Bundesrechtes als einen Rechtsruck zu stigmatisieren. Aber das wird Ihnen nicht gelingen. Die Diskussionen in den Kommunen werden dadurch nicht abgewürgt. Die Kommunen werden nicht nachlassen, diese Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen nicht aus der Verantwortung für eine Integration, die diesen Namen auch verdient, zu entlassen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, in der Stadt Hannover hat die AfD dort die meisten Stimmen bekommen, wo die SPD und die Grünen mit ihrem Multi-Kulti-Einsatz gescheitert sind.
(Filiz Polat [GRÜNE]: Das ist unver- schämt, Frau Jahns! Sie stellen An- träge mit der SPD zusammen! - Jo- hanne Modder [SPD]: Ach, seit wann denn? Reden Sie doch einmal mit der Bundesebene, mit Ihrer Kanzlerin! Immer nur „wir schaffen das“! Das ist doch unmöglich!)
Sozialdemokraten können das doch nicht zulassen. Stellen Sie das Land wieder vor die Partei und setzen Sie die Wohnsitzauflagen auch in Niedersachsen um!
Frau Jahns fühlt sich durch die ständigen Zwischenrufe in ihrer Rede gestört. Ich muss Sie darauf hinweisen: Ein Zwischenruf ist ja in Ordnung, aber nicht die Unterhaltung im Plenum. Bitte, stellen Sie das ein!
Unterschätzen Sie nicht die Gefahr, die durch Parallelgesellschaften entsteht. Wir haben dafür bereits leider negative Beispiele in Niedersachsen. Zerstören Sie nicht den sozialen Frieden in den betroffenen Städten in Niedersachsen durch Ihre Sturheit. Schaffen Sie eine menschliche Perspektive für Flüchtlinge und Planungssicherheit für besonders betroffene Kommunen.
Ich kann Ihnen nur sagen: Die Bundesebene diskutiert das ganz genauso, und viele - nicht nur der Deutsche Städtetag und der Niedersächsische Städtetag - fordern diese Wohnsitzauflagen.
Vielen Dank, Frau Jahns. - Frau Jahns, ich darf Sie darauf hinweisen, dass das Wort „Geschwätz“ in unserer berühmten Liste enthalten ist. Sie kommen nur deswegen an einem Ordnungsruf vorbei, weil Sie es nicht direkt auf eine Kollegin oder einen Kollegen bezogen haben, sondern allgemein formuliert haben. Aber Vorsicht, bitte! Auch dieser Begriff gehört nicht zu den parlamentarisch üblichen Begriffen. Ich wollte Sie darauf hinweisen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin Angelika Jahns, es mag sein, dass ich Sie mit meiner Rede jetzt ein bisschen enttäuschen werde; denn Ihre Prophezeiung, so denke ich, wird nicht ganz so eintreffen, wie Sie es eben hier versucht haben glaubhaft zu machen.
Ich bin nämlich sehr froh, verehrte Kolleginnen und Kollegen, dass wir am Ende dieses doch sehr kurzen Plenums in diesem Monat auf dieses wichtige Thema noch einmal zu sprechen kommen. Denn der vorliegende Antrag - das haben Sie sehr trefflich ausgeführt, Kollegin Jahns - stellt für einige Kommunen in unserem Land wirklich ein Problem dar.
In diesem Zusammenhang ist es mir aber doch noch wichtig, zu betonen, dass es bei der Diskussion um die Freizügigkeit von Geflüchteten darum geht, gerade auch im Sinne der Geflüchteten selbst ein möglichst gutes Zusammenleben in unserer Gesellschaft zu erreichen.
Es geht darum, dass Migration und Integration zu einem Erfolg werden. Ich denke - das ist in Ihrer Rede deutlich geworden, Kollegin Jahns -, in diesem Ziel sind wir uns einig.
Nun stehen wir allerdings vor der Herausforderung, dass es viele Flüchtlinge nach deren Anerkennung in ganz bestimmte Orte in unserem Land zieht - Sie haben es ausgeführt -: Salzgitter, Oldenburg, Wilhelmshaven, Delmenhorst und weitere Kommunen zählen dazu. Das mag sicherlich an sozialen Bindungen wie Freundschaften und Familien liegen, aber das liegt ganz gewiss auch daran, dass die Mietpreise in diesen Gebieten besonders niedrig sind und sie deshalb für diese Menschen auch besonders attraktiv sind.
Man kann - das muss ganz deutlich gesagt werden - unseren neuen Mitbürgerinnen und Mitbürgern sicherlich nicht vorwerfen, dass sie dorthin ziehen, wo sie Freunde und Verwandte haben und wo es obendrein auch noch günstigen Wohnraum gibt. Das ist alles viel zu menschlich und auch nachvollziehbar, gerade wenn man bedenkt, was die Betroffenen in der letzten Zeit durchgemacht haben.
Aber - das gehört selbstverständlich auch zu der Problematik -: Die Wohnsitzwahl stellt uns alle - Politik, Bürgerinnen und Bürger und natürlich auch die Geflüchteten selbst - vor große Herausforderungen.
Wir können und dürfen nicht einfach nur dabei zusehen, wie sich die Lage in manchen Teilen des Landes entwickelt. Deswegen ist es gut - das hat die Kollegin Jahns angesprochen -, dass die Landesregierung bereits von sich aus diese Problematik aufgegriffen hat und mit den betroffenen Kommunen in einem regen Austausch steht, um an einer wirksamen Entlastung zu arbeiten.
An dieser Stelle an Sie, Herr Minister Pistorius, und auch an den Ministerpräsidenten ganz herzlichen Dank dafür.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, in dem Antrag der CDU-Fraktion geht es um den konkreten Lösungsansatz zur Einführung einer Wohnsitzauflage. Die Forderung ist auf den ersten Blick durchaus nachvollziehbar. Der Gedanke, dass man einer Bildung von Gettos vorbeugen will, war sicherlich auch ein Grund dafür, weshalb sich andere Länder, fünf an der Zahl, bisher für dieses Instrument entschieden haben.
Ohne den Beratungen vorgreifen zu wollen, muss ich aber sagen, dass wir das Instrument der Wohnsitzauflage durchaus auch kritisch betrachten. Es muss genau hinterfragt werden, ob die Wohnsitzauflage als Allheilmittel zur möglichen Lösung des Problems geeignet ist.
Der Einschnitt in die persönliche Freizügigkeit für jeden Einzelnen ist schon, wie ich finde, erheblich. Ich halte es außerdem auf den ersten Blick nicht unbedingt für zumutbar, Menschen, die aus dem Bürgerkrieg kommen, zu verweigern, zu ihrer Verwandtschaft, zu ihren Freunden zu ziehen.
Auch - das gehört für mich ebenfalls zu einer objektiven Betrachtung - habe ich Zweifel daran, ob eine Wohnsitzauflage überhaupt juristisch vertretbar ist und ob sie z. B. auch im Einklang mit der Genfer Flüchtlingskonvention steht.
Wir alle konnten heute Morgen im Rundblick lesen, dass auch das Verwaltungsgericht Arnsberg mittlerweile Flüchtlingen Recht gegeben hat, die einer solchen Wohnsitzauflage widersprochen haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Integration der zu uns geflüchteten Menschen ist und bleibt eine riesengroße Herausforderung - eine Herausforderung, die wir angenommen haben und die wir auch gemeinsam - darin bin ich mir sehr sicher - vernünftig zu Ende und zum Erfolg führen werden.
Ich erinnere in diesem Zusammenhang auch noch einmal an den Festakt, den wir am vergangenen Montag anlässlich des 70. Jahrestages des frei gewählten Niedersächsischen Landtages gefeiert haben. Unter wesentlich einfacheren Bedingungen ist es uns, wie uns in den Beiträgen vor Augen geführt wurde, in der Geschichte unseres Landes
schon mehrfach gelungen, zu uns geflüchteten Menschen ein neues Zuhause bei uns zu geben. Daran wollen wir auch in Zukunft arbeiten, meine Damen und Herren.
Die Wohnsitzauflage ist ganz sicher kein Wundermittel. Ja, fünf Länder haben sich bisher für eine solche Regelung entschieden. Aber es gibt auch elf Länder, die sich bewusst gegen das Instrument der Wohnsitzauflage ausgesprochen haben. Wenn man in Länder mit einer Wohnsitzauflage schaut, dann sollten zumindest die Erfahrungen, die dort mit diesem Instrument gemacht worden sind, noch einmal beleuchtet und hinterfragt werden.
Meine Damen, meine Herren, ich freue mich auf die konstruktiven Beratungen, die jetzt im Innenausschuss anstehen. Ich wünsche der Landesregierung bei den Gesprächen mit den betroffenen Kommunen ganz viel Erfolg, dass auch das zum Gelingen führt. Ich bin mir ganz sicher, Herr Minister Pistorius, dass Sie auch dabei wieder einen grandiosen Job machen werden.
Vielen Dank, Herr Kollege Lynack. - Für die FDPFraktion hat Herr Kollege Jan-Christoph Oetjen das Wort.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegen von der CDU, Sie schreiben in Ihren Antrag, dass Sie einer Gettoisierung vorbeugen wollen.
Was ist denn ein Getto? - Ein Getto ist ein abgeschlossener Bereich in einer Stadt, in dem Menschen in der Regel dann wohnen müssen - das ist zumindest historisch gewachsen - und den sie nicht verlassen dürfen. Landläufig bezeichnet man als Getto eben einen Stadtteil, in dem eine bestimmte Bevölkerungsgruppe besonders stark ansässig ist. Das ist ja auch das, was Sie meinen.
Nur - so frage ich Sie einmal -: Hilft denn die Wohnsitzauflage gegen Gettoisierung in einer Stadt? Hilft die Wohnsitzauflage in Salzgitter, dass Menschen mit Migrationshintergrund gleichmäßig
auf die 31 Ortsteile verteilt leben, dass Menschen sowohl in Salzgitter-Bad als auch in Salzgitter-Lebenstedt wohnen und sich eben nicht in Fredenberg konzentrieren, wo es viel Wohnraum gibt, wo der Wohnraum günstig ist und wo ihre Landsleute leben?