Protokoll der Sitzung vom 14.06.2017

denz als verirrte Schafe, die etwas über das Ziel hinausschießen, betrachtet werden.

In wenigen Wochen findet der G-20-Gipfel in Hamburg statt. Es werden massive Ausschreitungen durch Linksextremisten befürchtet. Welche markigen Sprüche wird der Herr Innenminister dann von sich geben, und was wird dem folgen? - Wahrscheinlich wieder nichts.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, der Kampf gegen Linksextremismus interessiert diese Landesregierung nicht.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Le- sen Sie doch die Pressemitteilungen von Herrn Pistorius!)

Man nimmt die Gewalteskalation in Göttingen hin und fördert damit die Argumentationsmuster der Rechtsextremen. Der Innenminister tut so, als ob ihn die Grüne Jugend nicht beträfe. Dabei sind Sie es doch, die auf den grünen Delegiertenkonferenzen den Ton gegen die Polizei vorgeben und der Landesregierung die Grenzen der Sicherheitspolitik aufzeigen. Darum wollen Sie kein Programm gegen Linksextremismus.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, es ist an der Zeit, dass Niedersachsen wieder verantwortlich regiert wird. Dazu gehören auch größere Anstrengungen zur Prävention politisch links motivierter Gewalt.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU - Zuruf von den GRÜNEN: Die Frau Justizministerin hat gewürdigt, wie gut unser Verhält- nis zur Polizei ist! Aber das haben Sie nicht gehört! - Gerald Heere [GRÜ- NE]: Er kann wieder einmal nichts be- legen! Es wird einfach nur behauptet!)

Vielen Dank, Herr Kollege Adasch. - Für die SPDFraktion hat Frau Kollegin Kathrin Wahlmann das Wort.

Herzlichen Dank. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss da jetzt ein bisschen richtigstellen. Ich kann das, was der Kollege Adasch gesagt hat, nicht so stehen lassen.

(Zustimmung bei der SPD und Beifall bei den GRÜNEN)

Zunächst einmal möchte ich klarstellen, dass Demokratie und die freiheitliche demokratische Grundordnung für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten - das gilt genauso für unsere grünen Freundinnen und Freunde - das höchste Gut sind.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zurufe von der CDU: Oh! - Jens Nacke [CDU]: Grüne Freundin- nen und Freunde gibt es ja keine mehr!)

- Ich gehe davon aus, dass auch unsere grüne Freundin Frau Hamburg das gleich so bestätigen wird.

(Gerald Heere [GRÜNE]: Ganz sicher!)

Wenn wir in einige unserer europäischen Nachbarländer gucken, sind wir einigermaßen entsetzt darüber, wie leichtfertig dort derzeit demokratische Grundrechte und Bürgerrechte über Bord geworfen werden. Gerade in Deutschland wissen wir nämlich, wie zerbrechlich eine Demokratie sein kann und wie schnell sie abgeschafft werden kann.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Richtig!)

Umso erschreckender finden wir es, dass es auch in Deutschland von ganz unterschiedlichen Seiten demokratiefeindliche Kräfte gibt, die unser gesamtes gesellschaftliches System in Frage stellen. Da sind zum einen die Rechtsradikalen, die unsere Demokratie für schwach halten und mehr oder weniger laut nach einem starken Führer rufen. Darunter fasse ich alle Rechtsradikalen. Egal ob sie auf „-gida“ enden oder ob sie sich „Identitäre Bewegung“ nennen, ob sie einfach herkömmliche Neonazis sind oder ob es sich bei ihnen um sogenannte Reichsbürger handelt, eine Gefahr für unsere Demokratie sind sie alle.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Eine vielleicht noch größere Gefahr stellen der gewaltbereite Islamismus und Salafismus dar. Ich will das an dieser Stelle gar nicht näher ausführen, weil es hier im Kern um etwas anderes geht. Dazu komme ich gleich.

Es muss uns aber absolut alarmieren, wenn hier in Niedersachsen, mitten in unserer Gesellschaft, Kinder und Jugendliche aufwachsen sowie in unsere Schulen gehen, die all unsere Werte, die unsere freie und offene Gesellschaft sowie all das, was unser Leben ausmacht und von dem sie selbst profitieren, so sehr ablehnen, dass sie bereit

sind, dafür zu töten, und sogar bereit sind, ihr eigenes junges Leben zu opfern, nur um möglichst viele andere mit in den Tod zu reißen. Da müssen wir dringend handeln.

Das Land unternimmt hierbei schon große Anstrengungen, um dem gewaltbereiten Islamismus und Salafismus entgegenzuwirken, z. B. durch die ganz hervorragende Arbeit von beRATen e. V., dessen Berater in Schulen gehen und auch mit Eltern und Angehörigen sprechen, um Jugendliche, die auf die schiefe salafistische Bahn geraten sind, zurückzuholen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Demokratie vererbt sich nicht. Sie muss von jeder Generation neu erlernt, neu erfahren und neu gelebt werden. - Das stammt aus der SPD-Bundestagsfraktion, und unabhängig davon ist es auch richtig so.

(Beifall bei der SPD)

Wir stellen uns klar und deutlich gegen jede Bestrebung, die versucht, unsere freiheitliche demokratische Grundordnung abzuschaffen, sei es von links, von rechts, aus religiösen Motiven oder aus welchen Gründen auch immer. Der Fortbestand unserer Demokratie ist für uns - das sage ich ganz deutlich - nicht verhandelbar.

(Beifall bei der SPD)

Auch beim Linksextremismus schauen wir ganz genau hin. Auch dazu will ich ganz klar und deutlich sagen: Wir akzeptieren keine Angriffe auf unsere Demokratie. Wir akzeptieren keine Ausschreitungen. Wir akzeptieren keine Gewalt, weder gegen Sachen noch gegen Personen, sowieso und erst recht nicht gegen Polizeibeamte.

Im Rechtsausschuss haben wir uns ausführlich mit diesem Thema auseinandergesetzt und auch eine Anhörung durchgeführt, auf die der Kollege Adasch gar nicht eingegangen ist.

(Zuruf von der SPD: Genau!)

Aus unserer Sicht ist diese zu dem erfreulichen Ergebnis gekommen, dass Niedersachsen an dieser Stelle gut aufgestellt ist.

(Johanne Modder [SPD]: So ist es!)

Die Anhörung hat gezeigt, dass es Linksextremismus und linke Militanz durchaus in Niedersachsen gibt. Das wussten wir auch. Allerdings bewegt sich das zahlenmäßig auf einem sehr niedrigen Niveau.

(Susanne Menge [GRÜNE]: Aha!)

Der Vertreter des Landespräventionsrates hat uns im Ausschuss berichtet, dass er in den vergangenen Jahren nicht eine einzige Anfrage von betroffenen Opfern oder Kommunen bekommen hat, obwohl der Landespräventionsrat mit über 200 Kommunen sehr eng zusammenarbeitet.

(Zuruf von der SPD: Hört, hört!)

Das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen hat erst vor Kurzem eine repräsentative Umfrage unter 15-jährigen Jugendlichen durchgeführt. Danach liegt der Anteil der Jugendlichen mit linksextremen Einstellungen deutlich unter 5 %, also auf wirklich sehr niedrigem Niveau.

Die Polizei verzeichnet eine schwankende Anzahl von Straftaten im Bereich linksmotivierter Kriminalität. Laut Landespolizeipräsidium - Herr Brockmann war ja da - findet linksmotivierte Kriminalität häufig im Umfeld von Demonstrationen statt. Das heißt, als es viele Castortransporte gab, gab es entsprechend viele Gegendemonstrationen und auch vermehrt Straftaten.

Als es in den Jahren 2014 und 2015 viele Hagida, Bragida und noch andere „-gida“-Demonstrationen gab, gab es entsprechende Gegendemonstrationen und auch eine vermehrte Anzahl von Straftaten. Das ist die Aussage der Polizei.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Richtig!)

Bei den extremistischen Straftaten, also bei denjenigen, die sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richten, sind die Zahlen im Übrigen sogar zurückgegangen. Das sollte man auch dazusagen.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Ge- nau!)

Insgesamt muss man sehen - das bestätigte auch der Experte des Verfassungsschutzes -, dass die prägende politische Form des Linksextremismus heute der Antifaschismus ist. Das heißt, es geht um Konfrontation, es geht um „Gegen rechts“. Die Frage muss daher lauten: Wie weit darf das Engagement gegen Rechtsextremismus gehen?

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Jens Nacke [CDU]: „Alles nicht so schlimm“, Frau Kollegin? Ist das Ihre Aussage? - Unfassbar!)

Ich möchte gerne an die Aussagen vom Verfassungsschutz anknüpfen. Damit sind wir bei den Fragen: Welche Werte haben wir zu verteidigen? Wofür steht unsere Demokratie? Wofür steht unse

re freiheitliche demokratische Grundordnung? Wie können wir das an junge Leute vermitteln? - Dabei tut das Land Niedersachsen erfreulicherweise bereits eine ganze Menge. Da gibt es nämlich viele kommunale Partnerschaften im Rahmen des Programms „Demokratie leben!“, mit denen direkt in den Kommunen spezielle Handlungskonzepte für die jeweiligen Gegebenheiten vor Ort entwickelt werden.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Der Landespräventionsrat betreibt auch eine Zusammenarbeit mit den Kommunen zum Thema Demokratiestärkung. Diese richtet sich nicht nur gegen Rechtsextremismus, sondern auch gegen Linksextremismus und gegen andere Formen von Extremismus. Dabei geht es darum, Demokratie zu stärken.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Der Verfassungsschutz hat eine Veranstaltungsreihe - die war nicht hinter verschlossenen Türen - zu dem Thema „Was ist Linksextremismus heute?“, ein Symposium zu dem Thema „DDR und Linksextremismus“, eine Veranstaltung zu „Antisemitismus und Linksextremismus“ angeboten. Eine weitere Veranstaltung zu dem Thema „Antideutsche im Linksextremismus“ wird im August stattfinden. Der Verfassungsschutz hat außerdem enge Kontakte zu den Schulen. Bei Bedarf kann man anfragen; dann werden dort entsprechende Vorträge gehalten.

Im Übrigen will ich nur einfließen lassen: Von den 56 Vorträgen, die in den letzten Jahren beim Verfassungsschutz angefragt worden sind, waren nur sechs zum Thema Linksextremismus. Die übrigen 50 hatten den Rechtsextremismus und Salafismus zum Thema.