Im Übrigen will ich nur einfließen lassen: Von den 56 Vorträgen, die in den letzten Jahren beim Verfassungsschutz angefragt worden sind, waren nur sechs zum Thema Linksextremismus. Die übrigen 50 hatten den Rechtsextremismus und Salafismus zum Thema.
Neu eingerichtet ist außerdem eine wissenschaftliche Dokumentationsstelle zur Analyse und Bewertung von Demokratiefeindlichkeit und politisch motivierter Gewaltbereitschaft an der Universität Göttingen. Wir begrüßen es sehr, dass gerade in Göttingen diese Forschungsstelle eingerichtet wird.
Sie sehen: Wir sind auf diesem Feld ganz hervorragend aufgestellt. Linksextremismus und entsprechende Straftaten gibt es auch in Niedersachsen, aber mengenmäßig bewegt sich diese Zahl auf
einem recht geringen Niveau. Trotzdem hat das Land, wie ich eben dargestellt habe, sehr vielfältige Maßnahmen ergriffen.
Vielen Dank, Frau Kollegin Wahlmann. - Für die CDU-Fraktion hat jetzt im Rahmen einer Kurzintervention der Kollege Nacke für anderthalb Minuten das Wort. Bitte!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Wahlmann, ich habe mich jetzt doch zu Wort gemeldet, weil Sie aus meiner Sicht zunächst einmal sehr gut gestartet sind, aber dann eben doch der Eindruck entstand, dass Sie die Gefahren des Linksextremismus in unserem Land ein wenig herunterspielen.
Diese Argumentation kritisieren wir an dieser Stelle immer wieder, wenn Sie sagen, das hänge im Wesentlichen mit Gorleben zusammen oder das werde demnächst im Wesentlichen mit dem G-20- Gipfel zusammenhängen, wenn wir auf Linksextremismus zu sprechen kommen.
(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Nein, sie sagte, man müsse differenzieren, Herr Nacke! Das können Sie nicht!)
Oder Sie sagen, das sei im Wesentlichen Antifaschismus und damit der Kampf gegen Rechtsextremismus, das sei damit der Kampf gegen Rechtsradikale und damit im Wesentlichen vom Kerngedanken her etwas Gutes.
Sie haben es ungefähr so formuliert: Man darf sich dann auch darüber unterhalten, wie weit das gehen darf und welche Mittel man anwenden kann. - Das ist ein grundfalscher Gedanke bei der Betrachtung des Linksextremismus.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Johanne Modder [SPD]: Sie interpre- tieren da etwas hinein, was sie nicht gesagt hat!)
Die Wahrheit, Frau Kollegin Wahlmann, ist nämlich, dass unter dem Deckmantel des Antifaschismus in Wirklichkeit von diesen linksextremen, von diesen autonomen Gruppen der Staat, wie wir ihn kennen, wie wir ihn wollen und wie wir ihn verteidigen, der wehrhafte Staat, in seinen Grundfesten abgelehnt wird, weil sich diese Linksextremen in ihrem kruden Weltbild einreden, dass dieser Staat insgesamt faschistisch sei und deswegen abgelehnt werden müsse. Das heißt, linksextreme autonome Gruppen kämpfen eben nicht gegen Rechtsradikale, sondern die kämpfen gegen Sie, gegen mich, gegen die Landesregierung, gegen alles, wofür dieser Staat steht, gegen Demokratie und gegen Toleranz. Das ist Teil der Wahrheit. Deswegen brauchen wir ein Landesprogramm.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Nacke, Sie haben sich offenbar schon vorher überlegt, was Sie hier im Rahmen einer Kurzintervention sagen wollen.
Der Kollege Adasch hat Ihnen offensichtlich keine Redezeit mehr übrig gelassen. Sie sind nicht im Geringsten auf das eingegangen, was ich eben gesagt habe. Von daher wäre das im Rahmen einer Kurzintervention nicht zulässig gewesen.
Ich habe in keiner Weise Extremismus in jedweder Form negiert. Extremismus hat gerade zum Inhalt, die freiheitliche demokratische Grundordnung ab
zulehnen. Von daher sehen wir ganz klar, dass es auch im Land Niedersachsen Linksextremismus gibt, genauso wie es auch andere Extremismusformen gibt, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden und gegen die es Präventionsveranstaltungen gibt. Ich habe auf vielfältige Maßnahmen hingewiesen, die die Polizei durchführt, die der Verfassungsschutz durchführt.
Für uns ist es ein Anliegen, unsere Demokratie zu stärken. Wir wollen weder Rechtsextremismus noch Salafismus, noch Linksextremismus. Wir wollen hier unsere freiheitliche demokratische Grundordnung schützen. Das nehmen Sie jetzt bitte einmal zur Kenntnis!
(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Jens Nacke [CDU]: Dann spielen Sie es nicht so herun- ter!)
Vielen Dank, Frau Wahlmann. - Ich erteile jetzt das Wort für die FDP-Fraktion dem Kollegen Dr. Marco Genthe.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich gleich zu Anfang auf den Schlagabtausch zwischen dem Kollegen Nacke und Frau Wahlmann Bezug nehmen. Ich will an dieser Stelle eines ganz deutlich sagen: Als Freier Demokrat wehre ich mich gegen jede Form des Extremismus. Dabei ist mir völlig egal, ob er von links, von rechts, von oben oder von unten oder in welcher Farbe er auch immer daherkommt.
(Petra Tiemann [SPD]: Nichts anderes hat Frau Wahlmann eben gesagt! - Johanne Modder [SPD]: Das hat Frau Wahlmann eben gesagt!)
Natürlich ist es nachvollziehbar, dass die fremdenfeindlichen Gewalttaten den Fokus auf den Rechtsextremismus legen. Diese Gewalttaten sind auch gerade in der gegenwärtigen Diskussion eine reine Katastrophe. Die Abwehrbereitschaft aller politischen Parteien gegen den Rechtsextremismus muss daher kräftig sein. Das darf aber nicht dazu führen, dass gleichzeitig die Abwehrbereitschaft gegen andere extremistische Bewegungen geringer wird.
Genau an dieser Stelle, meine Damen und Herren, hat diese Landesregierung Nachholbedarf. Das hat sich insbesondere im Bereich des extremistischen Salafismus gezeigt. Die Landesregierung hat mehrere Monate gebraucht, um überhaupt ein Beratungsangebot für betroffene Familienangehörige einzurichten. Diese politische Zurückhaltung hat bereits diverse Male dazu geführt, dass sich Sicherheitsbehörden bei dieser Form des Extremismus zurückgehalten haben. Denken Sie nur einmal an die Aussage des Beamten aus dem Landeskriminalamt in dem Prozess gegen die Wolfsburger Terrorzelle, meine Damen und Herren!
Auch hinsichtlich des Linksextremismus reagiert diese Regierung nur zögerlich und eher unwillig. Es wird - so wurde es auch eben gemacht - darauf verwiesen, dass die Anzahl der Linksextremisten stagniere. Diese Beruhigungspille kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass deren Gewaltpotenzial gestiegen ist. Das bedeutet doch, meine Damen und Herren, dass die bisherigen Maßnahmen gegen den Linksextremismus nicht ausreichend fruchten.
Richtig ist, dass sich deren Gewalttaten bisher oft gegen Sachgegenstände richten. Jedoch hat sich in Frankreich, in Großbritannien und übrigens auch in Griechenland aus dieser Szene am Ende eine sehr militante Bewegung gebildet. Wir als Politik haben also allen Grund, jede Facette des Extremismus im Auge zu behalten.
Insoweit ist eine Studie der Freien Universität Berlin aus dem Jahr 2015 besonders erschreckend. Die Zahlen, die dort ermittelt worden sind, sprechen eine ganz andere Sprache als das, was Frau Wahlmann gerade vorgetragen hat. Die Forscher kamen nämlich zu dem Ergebnis, dass in Westdeutschland 14 % und in Ostdeutschland 28 % der Bevölkerung eine linksextreme Grundhaltung haben. Die durchschnittliche Zustimmung zum Einsatz politisch motivierter Gewalt auch gegen Personen, gegen das sogenannte System, lag bei 7 %. Für mich als Anhänger des Rechtsstaatsprinzips ist besonders unfassbar, dass sich 46 % für die Abschaffung des staatlichen Gewaltmonopols ausgesprochen haben.
Meine Damen und Herren, der Antrag der CDUFraktion ist okay. Aber: Die Landesregierung ist aufgefordert, ein umfassendes Konzept zur Bekämpfung des Extremismus in Niedersachsen vorzulegen, welches alle extremistischen Tendenzen umfasst. Daran ist sie bisher gescheitert.
Vielen Dank, Herr Dr. Genthe. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erteile ich das Wort jetzt der Abgeordneten Julia Willie Hamburg.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn Menschen durch die Straßen gejagt werden, wenn Menschen aufgelauert wird, um sie zu verprügeln, wenn Polizeibeamte aufgrund ihres Berufs angegriffen und Polizeistationen oder Ausländerbehörden zerstört werden, um ein Exempel gegen das Gewaltmonopol des Staates zu statuieren oder um staatliche Behörden einzuschüchtern, dann sind das Umstände, die wir alle in diesem Haus nicht tolerieren und aufs Schärfste verurteilen und denen sich unser Rechtsstaat offensiv entgegenstellen muss.
Wenn sich aber Menschen Nazis beim Verbreiten ihrer menschenverachtenden Propaganda in den Weg stellen, wenn Leute für Menschlichkeit in der Flüchtlingspolitik demonstrieren und zivilen Ungehorsam praktizieren, dann, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, ist das Zivilcourage und Teil unserer gelebten Demokratie. Das sollten wir anerkennen, und das verdient auch unseren vollsten Respekt hier in diesem Haus.
Es ist ja schon bezeichnend, dass dieser Antrag ausgerechnet von der Fraktion eingebracht wird, deren Fraktionschef laut und stolz verkündet hat, dass er grundsätzlich nicht zu Demonstrationen geht.
(Dr. Gero Hocker [FDP]: Das ist doch seine eigene Entscheidung, wenn er das nicht will! Er ist deshalb doch nicht weniger Demokrat als Sie!)