Genauso wichtig ist aber auch das Signal, dass sich die Menschen unabhängig von der - sagen wir mal - etwas turbulenteren Lage mit den Mehrheitsverhältnissen bei uns im Landtag auf uns verlassen können. Dafür, verehrte Kolleginnen und Kollegen, ein ganz, ganz herzliches Dankeschön.
Nicht nur als Wahlkreisabgeordneter der Stadt Hildesheim bin ich froh, dass eine Klärung zur Übernahme der Schäden am Kulturcampus der Universität Hildesheim erreicht werden konnte. Die Kosten zur Beseitigung aller Schäden, die das Hochwasser verursacht hat, werden übernommen. Zu dieser Verantwortung steht das Land gegenüber den Studierenden und der Uni. Auch dafür ein herzliches Dankeschön, auch an Frau Ministerin Heinen-Kljajić, dass sie sich sofort - noch während des Hochwassers - ein Bild von der Lage gemacht hat.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Ereignisse des Julihochwassers müssen in den kommenden Wochen und Monaten vor Ort und natürlich auch hier im Landtag politisch bewertet werden. Erlauben Sie mir dazu zum Schluss noch drei ganz kurze Anmerkungen.
Erstens. Bei der Berechnung der Schutzmaßnahmen müssen in Zukunft sicherlich andere Maßstäbe als ein 100-jährliches Hochwasser angelegt werden.
Zweitens. Zwischen Bund, Ländern und Kommunen müssen verbindliche Regelungen für die Investitionen vereinbart werden, die wir vor dem Hintergrund der aus den Hochwassern gezogenen Lehren zu tätigen haben.
Drittens. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, bei allem Lob für unsere Feuerwehren, Hilfsorganisationen und Einsatzkräfte müssen wir auf allen politischen Ebenen für eine ausreichende Ausstattung sorgen, die es den oft vielen Helferinnen und Helfern erleichtert, nicht nur uns bestmöglich zu schützen, sondern auch selbst unversehrt von den oft sehr gefährlichen Einsätzen zurückzukommen.
Vielen Dank, Herr Kollege Lynack. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erhält nun das Wort Herr Kollege Heere. Bitte!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir beraten heute den Haushaltsnachtrag für eine Soforthilfe für die vom Julihochwasser betroffenen Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und Kommunen. Wir haben hohe Schäden durch die Dauerniederschläge zu verzeichnen, die wir auch hier in der Region und auch in Braunschweig, woher ich komme, gespürt haben, insbesondere aber auch im Harz, im Harzvorland, in Hildesheim und in Wolfenbüttel. Wir haben - das ist eben schon in mehreren Reden gesagt worden - eine vorbildliche Hilfsbereitschaft bei Freiwilligen aus der Bevölkerung und große Anstrengungen bei den Feuerwehren, beim THW, bei der Polizei usw. Ihnen allen auch von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ein großer Dank für diese Leistung!
Die Landesregierung hat schnell reagiert und eine finanzielle Soforthilfe eingebracht. Im Ausschuss hat Umweltminister Stefan Wenzel detaillierte Berechnungen über die notwendige Höhe dieser Hilfsmittel vorgetragen und einen Mindestbedarf von 45 Millionen Euro errechnet. Ich freue mich, dass wir dort gemeinsam entschieden haben, diese Mittel auf 50 Millionen Euro zu erhöhen, um einen ausreichenden Puffer zur Verfügung zu haben. Die rot-grüne Landesregierung als Einbringende und wir als gesamtes Parlament zeigen damit Handlungsfähigkeit auch in schwierigen Zeiten.
Die Zahl der Hochwasserereignisse ist spätestens seit der Jahrtausendwende deutlich angestiegen. Wir haben zu verzeichnen ein Elbe- und Donauhochwasser 2002 - bezeichnet als Jahrhundertereignis, Schäden in Europa in Höhe von 15 Milliarden Euro -, ein Alpen- und in der Folge ein Donauhochwasser 2005 - auch ein Jahrhunderthochwasser, Schäden in Europa in Höhe von 3 Milliarden Euro -, ein Elbehochwasser im Jahr 2006 - ein 100-jährliches Ereignis -, ein Donauhochwasser 2009, die Oderflut 2010, das Elbhochwasser 2011 und dann das große Elbe- und Donauhochwasser
2013, ein 500-jährliches Ereignis mit Schäden in Europa von über 12 Milliarden Euro. Es geht weiter: extreme Starkregen mit Überflutungen in Süddeutschland 2016 und nun Harz und Harzvorland im Jahr 2017.
In 15 Jahren neun großflächige Hochwasserereignisse in Deutschland, davon vier mit 100-jährlichem Charakter und Schäden von weit über 30 Milliarden Euro. Wenn vier 100-jährliche Hochwasser in nur 15 Jahren stattfinden, dann kann das nicht normal sein!
Nein, wir haben hier eindeutig die Auswirkungen des Klimawandels vor Augen. Wissenschaftler sagen das, ebenso die Rückversicherer.
- Herr Hocker, ich habe gewusst, dass Sie an der Stelle dazwischenrufen. Ich glaube, wenn gerade Sie mit Ihren Kenntnissen aus der Versicherungsbranche auf diese Daten schauen, sollten Sie zur Kenntnis nehmen, dass die Rückversicherer ganz eindeutig der klaren Auffassung sind, dass das Auswirkungen des Klimawandels sind. Wir müssen dagegen anarbeiten!
(Beifall bei den GRÜNEN - Dr. Gero Hocker [FDP]: Es geht um den Ein- fluss einer Klimaschutzagentur auf das Hochwasser! - Unruhe - Glocke der Präsidentin)
Sie alle mahnen uns zu mehr Anstrengungen beim Klimaschutz. Wir Grüne stehen dafür, das 1,5Grad-Klimaziel aus Paris umzusetzen. Diese rotgrüne Landesregierung handelt danach. Das ist ein sehr wichtiger Beitrag.
Dazu gehört natürlich auch die Anpassung an den Klimawandel: Hier reden wir - auch das ist hier schon vorgetragen worden - über Deichbau und Hochwasserschutz im Binnenland. Herr Hocker, die pauschalen Vorwürfe, wir hätten hierbei Mittel abgezwackt, stimmen nicht.
Man muss diese Situation bitte differenziert betrachten, weil sich auch die „Töpfe“ verändert haben.
2014 hat z. B. die Bundesregierung die auf Niedersachsen entfallenen GAK-Mittel zum Hochwasserschutz um 2 Millionen Euro gekürzt. Wer hat für
In der Folge haben wir dann selber die außerhalb der GAK laufenden Landesmittel - also eigene Mittel - auf inzwischen 1,6 Millionen Euro erhöht.
Aktuelle Planungen sehen auch deutlich größere Mittelanteile aus ELER vor, als das unter Ihrer Regierung noch der Fall war - inzwischen 10 Millionen Euro im Jahr, bei Ihnen waren es noch 3 Millionen Euro.
Die Gesamtbilanz: Sie haben 2011 25 Millionen Euro für Hochwasserschutz eingesetzt, 2012 waren es 18 Millionen Euro. Wir geben 2017 23 Millionen Euro aus. Wir liegen also in der gleichen Größenordnung. Ihre Behauptungen, hier sei abgezwackt worden, entsprechen einfach nicht der Wahrheit!
Darüber hinaus unterstützen wir die Renaturierung von Flüssen, u. a. um bei Hochwassergefahren mehr Platz zu schaffen. Wir unterstützen mit Fördermitteln übergeordnete Planungen für ganze Flusssysteme, die die Kommunen beantragen können. In diesem Kontext haben wir auch die Aufwertung des Zweckverbands Großraum Braunschweig genutzt, um ihm die Aufgabe des regionalen Hochwasserschutzes zu geben. Und wer hat dagegen gestimmt? - Die CDU! So viel zu Ihrer Verantwortung.
Natürlich kann man beim Hochwasserschutz mehr machen, und wir Grüne treten auch dafür an, das zu tun. Aber Ihre pauschalen Vorwürfe sind falsch. Rot-Grün ist seiner Verantwortung beim Hochwasserschutz in den vergangenen Jahren nachgekommen.
sung, sondern auch bei der Prävention. Ich verweise auf das Klimaschutzkapitel im Umwelthaushalt, dotiert mit 10 Millionen Euro, und auf die Klimaschutz- und Energieagentur mit ihren vielfältigen Beratungsleistungen, dotiert mit 2 Millionen Euro.
Sie von CDU und FDP haben mehrfach bei diesen Maßnahmen kürzen wollen; das waren Ihre Anträge zum Haushalt. Sie setzen nur auf Anpassung und haben die Prävention überhaupt nicht im Portfolio. Sie haben ganz klar kommuniziert, dass Sie das Klimaschutzgesetz, das wir eingebracht haben, nicht wollen. Sie zeigen eine ignorierende Politik gegenüber dem Klimawandel. Das ist ein Schlag ins Gesicht der Betroffenen, und das werden sie Ihnen bei der Landtagswahl ganz sicher zeigen.
Vielen Dank. - Es gibt nun die Kurzintervention des Kollegen Oesterhelweg. Anschließend folgt die Kurzintervention von Herrn Dr. Hocker. Bitte!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Heere, danke für den netten Hinweis, was die Zuständigkeiten des Regionalverbandes Großraum Braunschweig betrifft. In früheren Zeiten - das ist schon ein paar Jahre her - habe ich genau diesen Vorschlag gemacht: den Hochwasserschutz für Flussgebiete beim Zweckverband Großraum Braunschweig anzusiedeln. Inzwischen sehe ich dazu aber nicht mehr die dringende Notwendigkeit, weil - und das ist bei Ihnen offensichtlich untergegangen - wir inzwischen das Integrierte Hochwasserschutzkonzept Nördliches Harzvorland haben, betreut vom Wasserverband Peine, dem die Flussgebiete von Oker und Innerste zugrunde liegen. Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Dort müssen sich nur noch ein paar anschließen, und dann haben wir es. Ich sehe nicht ein, dass wir hier doppelt arbeiten.
Dieses Hochwasserschutzkonzept ist seinerzeit im Rathaus der Stadt Wolfenbüttel entstanden. Damals saßen drei Leute am Tisch: die Bürgermeister Pink und Memmert und ein Landtagsabgeordneter.
Das ist inzwischen ein Pilotprojekt in Niedersachsen. Wir brauchen hier nicht doppelt aufsatteln. Wenn einige Kollegen bei Ihnen da hinten das nicht begreifen, dann können Sie, der Sie es verstanden haben, es denen ja noch einmal erklären.