Protokoll der Sitzung vom 21.09.2017

All diese Punkte wussten wir auch schon vorher. Nun sind diese bestätigt worden. Eines Untersuchungsausschusses hätte es dafür aber nicht bedurft.

(Starker, lang anhaltender Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Tonne. - Für die FDPFraktion hat nun Herr Kollege Dr. Birkner das Wort. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Tonne, zu Beginn Ihrer Rede habe ich noch gedacht, dass von Ihnen jetzt doch neue Töne zu hören sind. Im ersten Teil Ihrer Rede haben Sie ja durchaus eingeräumt, dass es mindestens bei Safia Fehler gegeben hat, die durch den Untersuchungsausschuss zutage getreten sind.

(Grant Hendrik Tonne [SPD]: Nein, eben nicht! - Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Die sind vorher schon zu- tage getreten!)

- Doch, exakt durch den Untersuchungsausschuss.

Da habe ich für einen Moment gedacht, Sie haben es endlich verstanden; denn das war doch eine andere Diktion als die, die Sie während des gesamten Untersuchungsausschusses, eigentlich sogar von Anfang an, gebracht haben. Aber zum Schluss sind Sie dann doch wieder in altbewährte Muster zurückgefallen. Damit ignorieren Sie im

Prinzip komplett die Erkenntnisse, die wir im Untersuchungsausschuss über die monatelange Arbeit - durchaus streitig, aber am Ende gemeinsam - erarbeitet haben. Ich würde mir ein bisschen mehr den Blick für die Realitäten wünschen. Kommen Sie aus Ihrer Verteidigungshaltung heraus, und stellen Sie sich den Herausforderungen, die die Sicherheitsbehörden in Niedersachsen zu bewältigen haben!

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Zurückweisen will ich mit aller Deutlichkeit die Behauptung - das ist ja ein typisches Muster der SPD; ich vermute, dass es von den Grünen auch noch kommen wird; der Minister macht das üblicherweise auch -, dass mit dem Anstrengen einer parlamentarischen Untersuchung über Themen der Sicherheitsbehörden ein Misstrauen gegenüber den Bediensteten zum Ausdruck kommt.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Nein, der Inhalt der Befragung war das Misstrauen!)

Zum einen ist das ein fragwürdiges Verständnis des parlamentarischen Untersuchungsrechts. Zum anderen geht es aber auch komplett an der Sache vorbei. Uns geht es um unser Misstrauen gegenüber dem Regierungshandeln. Es geht nicht um die Bediensteten, es geht nicht um die Polizeibeamten oder die Mitarbeiter des Verfassungsschutzes, sondern es geht um die politische Verantwortung dieser Regierung. Dieser Minister ist verantwortlich, wenn es dort zu strukturellen Fehlentwicklungen gekommen ist. Und dass es dazu gekommen ist, ist durch den Untersuchungsausschuss zutage gebracht worden.

Unterlassen Sie also bitte diese billigen Versuche, davon abzulenken, indem Sie uns unterstellen, wir würden den Mitarbeitern Misstrauen entgegenbringen. Das Gegenteil ist der Fall!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Einen dritten Punkt möchte ich Herrn Tonne direkt erwidern. Sie unterstellen - das ist auch ein erstaunliches Verständnis, zumal für einen Parlamentarischen Geschäftsführer -, dass die parlamentarische Kontrolle bei Themen im Bereich der inneren Sicherheit eine Gefährdung der Sicherheitslage mit sich bringen würde.

(Zuruf von Grant Hendrik Tonne [SPD])

- Doch, das haben Sie gesagt.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Das stimmt doch gar nicht!)

Am liebsten wäre Ihnen, das Parlament hielte sich aus der Politik der inneren Sicherheit komplett heraus; denn jede kritische Frage könnte nach Ihrer Interpretation ja eine Gefährdung der Sicherheitslage mit sich bringen, weil dann vielleicht auch Dokumente vorgelegt werden müssten. Aber so ist das im Parlament. Wir wollen die Dokumente sehen, und das ist auch unser Recht. Das Untersuchungsausschussrecht ist das Selbstinformationsrecht des Parlaments. Dieses Recht werden wir uns von Ihnen mit einer solchen Argumentation auch nicht nehmen lassen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Dafür haben wir im Übrigen in allen Gesprächen, die wir selbstverständlich auch mit Vertretern der Sicherheitsbehörden, also den Mitarbeitern, geführt haben, auch immer größtes Verständnis erfahren. Die Mitarbeiter haben gesagt, selbstverständlich hat das Parlament ein Untersuchungsrecht. Sie waren aber erschüttert, als sie gehört haben, dass das, was wir von den Sicherheitsbehörden haben wollten, sehr viel weniger war als das, was der Minister bei ihnen abgefragt hat.

Die Arbeit ist durch das Innenministerium in dem Maße ausgelöst worden, um genau dieses Signal auszusenden: Schaut euch an, was diese Opposition hier macht! - Aber es war völlig unnötig. Wir wollten diese Informationen nie haben. Und als wir den Mitarbeitern das mitgeteilt haben, haben sie nur noch den Kopf geschüttelt und gesagt: Dann werden hier wohl politische Spielchen durch diese Landesregierung auf unserem Rücken gemacht. - Das müssen Sie sich bzw. muss der Innenminister sich vorwerfen lassen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Dass Sie ein gestörtes Verhältnis zur parlamentarischen Kontrolle haben, ist nicht zuletzt auch durch die Entscheidung des Staatsgerichtshofs in diesem Verfahren deutlich geworden, nachdem Sie versucht hatten, den Untersuchungsauftrag in rechtswidriger Weise auszuweiten und quasi zum unzulässigen Gegenangriff überzugehen, wie es in der Rechtsprechung heißt.

Meine Damen und Herren, nachdem ich dies vorweggeschickt habe, möchte ich Ihnen nun darstellen, was für mich die politische Erkenntnis aus diesem Untersuchungsausschuss ist. Sie sehen das naturgemäß anders, und das ist auch Ihr gutes Recht. Es ist völlig in Ordnung und auch nicht ver

wunderlich, dass wir da eine unterschiedliche Einschätzung haben.

Für mich ist die wesentliche Erkenntnis, dass im Rahmen der politischen Neuausrichtung der Sicherheitsbehörden nach der Regierungsübernahme durch Rot-Grün das Signal ausgesandt worden ist, dass man sich beim Islamismus zumindest zurückhalten muss, weil man - - -

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Das stimmt überhaupt nicht! Sie haben nicht einen einzigen Beleg dafür!)

- Das ist ein Gesamteindruck, der aus vielen einzelnen Belegen entsteht.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Das ist doch keine saubere Beweisfüh- rung!)

- Ich will Ihnen das ja darstellen. Wir können ja darüber diskutieren.

Man muss sich vergegenwärtigen, über welche Zeit wir reden. Sie sprachen von einem Paradigmenwechsel in der Politik, auch in der Sicherheitspolitik. Ihre Fraktionsvorsitzende hat den Verfassungsschutz als „Scheißhaufen“ bezeichnet. Und dann ist ein Koalitionsvertrag entstanden, in dem man festgehalten hat, dass man Moscheekontrollen nicht haben will.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Welche Partei hat das denn vor 2013 gesagt? - Gegenruf von Christian Dürr [FDP]: Das haben Sie auf Ihrem Parteitag! gesagt! - Weiterer Gegenruf von Dr. Gero Hocker [FDP])

Sie hatten die Sorge - und diese Sorge ist ja auch legitim -, dass man damit einen Generalverdacht gegenüber Muslimen zum Ausdruck bringt. Das verstehe ich durchaus. Das ist ja auch nachvollziehbar.

Herr Kollege Birkner, lassen Sie eine Frage der Kollegin - - -

Nein, im Moment bitte nicht. Später vielleicht.

Dann fahren Sie fort! - Alle anderen bitte ich um etwas mehr Ruhe und Aufmerksamkeit im Plenarsaal. Das betrifft alle Fraktionen.

Vielen Dank.

In dieser Phase - Paradigmenwechsel, „Scheißhaufen“, keine Moscheekontrollen mehr - will man Gespräche mit den Verbänden führen.

Es gab nichts Gezieltes nach dem Motto: Wir verfolgen den Islamismus nicht, weil wir Gespräche mit den Verbänden führen wollen. - Das unterstelle ich nicht. Aber es ist eine gesamtpolitische Stimmungslage entstanden. Sie haben entsprechende politische Signale in die Sicherheitsbehörden ausgesandt, die dann natürlich auch ihren Widerhall gefunden haben.

(Zuruf von Johanne Modder [SPD])

- Darauf komme ich noch, Frau Modder. Das ist nicht weit hergeholt.

Natürlich gibt es nicht ein Schreiben, in dem steht: Wir wollen nicht, dass Ihr islamistische Moscheen kontrolliert.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Es gibt auch keinen anderen Hinweis!)

Es gibt zum DIK Hildesheim eine Anfrage mit dem ausdrücklichen Hinweis darauf, terroristische Potenziale zu untersuchen - ob Antrag oder nicht, ist zweitrangig - - -

(Grant Hendrik Tonne [SPD]: Aha, zweitrangig! - Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Sie sind doch Jurist! Sie kennen doch den Unterschied!)

- Natürlich ist das zweitrangig, weil die politische Entscheidung im Ministerium gefällt wurde. Unter Hinweis auf den rot-grünen Koalitionsvertrag und darauf, dass dieser Moscheekontrollen nicht vorsieht, hat man eine sicherheitspolitisch motivierte Maßnahme der Polizeibehörden abgelehnt und untersagt.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Das stimmt doch überhaupt nicht! Das wurde polizeitaktisch als nicht zielfüh- rend angesehen! Sie haben doch schon bei Ihrer Dringlichen Anfrage gezeigt, wie Sie es mit politischen Fakten nehmen!)

Das ist ein deutliches Zeichen dafür, dass Ihre Politik so gewirkt hat, wie Sie sie intoniert haben. Was wir Ihnen politisch vorwerfen, ist, dass Sie sich aus der Verantwortung stehlen. Wenn Sie das

politisch so gewollt haben, dann stehen Sie auch dazu,