Protokoll der Sitzung vom 29.08.2013

Dann wird die Landesregierung das Ergebnis bewerten und dann entscheiden.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Björn Thümler [CDU]: Das ist eine gute Antwort!)

Danke schön. - Die nächste Zusatzfrage kommt vom Kollegen Schminke, SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geht oft um die Effizienzen, die immer wieder betont werden, die man dem ÖPP zutraut, aber dem konventionellen Bau offensichtlich nicht. Ich frage die Landesregierung deshalb: Wie wäre es, wenn man die Effizienzen dem ÖPP-Bau nicht zurechnen würde? Wie würde sich das Ergebnis dadurch verändern? Was würde sich dann ergeben? Wäre dann der konventionelle Bau vielleicht sogar günstiger?

Herr Minister Lies!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Schminke, die vorläufige Wirtschaftlichkeitsuntersuchung beruht ausschließlich auf Annahmen. Bei der Untersuchung besteht immer noch das Problem, dass wir bei dem langen Betriebszeitraum von 30 Jahren tatsächliche Bewertungen, wenn wir ehrlich sind, erst nach 30 Jahren vornehmen können. Dann wissen wir eigentlich erst, ob das Projekt wirklich wirtschaftlicher war, als wenn wir es selbst gemacht hätten.

Diese Annahmen - ich habe vorhin vier Faktoren genannt - beruhen aber auch auf der Frage, welche Effizienzen gesetzt werden. Die Annahme, die dort Grundlage ist, ist sehr hoch. Es ist eine ausschließliche Annahme. Wenn man die Effizienzen kritischer bewerten würde, dann würde sich - jetzt bleibe ich einmal beim Ergebnis des Bundesrech

nungshofs - die Unwirtschaftlichkeit, die jetzt schon belegt ist, noch deutlicher darstellen.

Danke schön, Herr Minister. - Die nächste Zusatzfrage kommt noch einmal vom Kollegen Schminke. Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte noch einmal anführen, dass der Bundesrechnungshof darauf verweist, dass ÖPP-Projekte erst ab ca. 70 km als effektiv oder lohnend erscheinen. Wie viele Kilometer müssen denn jetzt noch ausgebaut werden, Herr Minister? Können Sie dazu Aussagen machen?

Herr Minister Lies!

(Björn Thümler [CDU]: Das kann er bestimmt! - Gegenruf von Grant Hendrik Tonne [SPD]: Das ist ein gu- ter Minister! Das kann er bestimmt!)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Von den 70 km der Gesamtstrecke sind noch 30 km auszubauen. Allerdings muss man der Sachlichkeit halber dazu sagen, dass der Betrieb für die gesamten 70 km realisiert wird. Es gibt aber keine Erfahrung, ob diese 30 km Bau wirklich effizienter und effektiver sind. Lassen Sie mich als Wirtschaftsminister, der natürlich auch für die Landesbehörden für Straßenbau und Verkehr in Niedersachsen zuständig ist, hinzufügen: Ich bin davon überzeugt, dass unsere Landesbehörden das in hervorragender Form in konventionellem Ausbau leisten können,

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

und ich bin auch davon überzeugt, dass unsere Straßenwärter in hervorragender Form den Betrieb realisieren können. Das müssen wir da mit einbeziehen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Danke schön. - Jetzt kommt eine Zusatzfrage vom Kollegen Angermann, CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir alle wollen sparen. Insofern ist es wichtig zu wissen, wie sich die bisherigen Planungen zusammensetzen. Daher frage ich die Landesregierung, ob sie dem Wirtschaftsausschuss die bisherigen Berechnungen der Straßenbauverwaltung mit einer Differenz von immerhin 25 Millionen Euro zwischen ÖPP und konventionellem Ausbau sofort und umfassend zur Prüfung vorlegt und sie uns auch jetzt und hier skizziert und vorträgt.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön. - Herr Minister Lies!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Zahl von 25 Millionen Euro stammt aus dem Bericht des Bundesrechnungshofs 2011 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes, veröffentlicht in der Drucksache 17/9250 vom 17. April 2012. Darin stellt der Bundesrechnungshof fest, dass das geplante ÖPP-Projekt den Baubeginn für den Ausbau der A 7 verzögern würde, dass die Streckenabschnitte in schlechtem Zustand sind und deshalb eben nicht gewartet werden kann, bis der eigentliche Ausbau durchgeführt wird, und zusätzliche Sanierungen notwendig sind.

Wir können Ihnen die Drucksache gerne zur Verfügung stellen. Dann können Sie das noch einmal nachlesen.

Danke schön. - Die nächste Zusatzfrage stellt der Kollege Toepffer von der CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Lies, wie beurteilen Sie eigentlich die Sorgen derjenigen, die in diesem Land Beschäftigung schaffen, wie beurteilen Sie die Sorgen der Unternehmerverbände in Niedersachsen, wie sie in einer Pressemitteilung vom 14. August 2013 zum Ausdruck kommen? Dort heißt es - Zitat -:

„Zur Frage der Rechtmäßigkeit der Weisung regelt das Grundgesetz das Weisungsrecht des Bundesministers gegenüber dem niedersächsischen Wirtschaftsministerium sehr eindeutig und bestätigt den Bundesverkehrsminister. Am Ende nimmt uns diese

Diskussion wertvolle Zeit und verursacht weitere Verzögerungen.“

(Beifall bei der CDU)

Danke schön. - Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Toepffer, ich habe vorhin gemeinsam mit den Vertretern der mittelständischen Wirtschaft deutlich gemacht, dass zu fragen ist, ob der große Teil der niedersächsischen Wirtschaft positiv oder eher skeptisch auf das Projekt schaut, skeptisch deshalb, weil er befürchten muss - wir haben über Qualität und Arbeitsbedingungen in Sub-, Sub- und Sub-Strukturen viel gesprochen -, dass wesentliche Teile der Aufträge nicht mehr im Land bleiben, sondern über die großen Konsortien abgewickelt werden.

(Ronald Schminke [SPD]: Werkver- träge kommen dann!)

Ich wäre also an dieser Stelle nicht so sicher, dass der Vertreter der niedersächsischen Wirtschaft, die Unternehmerverbände, die Meinung hat, die alle Unternehmer in Niedersachsen haben.

Außerdem habe ich deutlich gemacht: Wir könnten sofort etwas für die Wirtschaft tun, wenn wir in die Lage versetzt worden wären, auch sofort damit zu beginnen. Nehmen wir an, die Grundlagen seien mit dem ersten Abschnitt geschaffen und der Bund würde die 120 Millionen Anschubfinanzierung, die er sowieso gibt, sofort zur Verfügung stellen; dann könnten wir im Oktober sofort die Aufträge vergeben und könnten sofort die niedersächsische Wirtschaft am Ausbau der Infrastruktur beteiligen. Angesichts der Tatsache, dass das ÖPP-Projekt in seinem Verfahren alleine mindestens zwei Jahre dauert, dass wir hinterher noch einmal die Untersuchung vornehmen müssen, ob denn die Wirtschaftlichkeit im Vergleich zum konventionellen Vorgehen wirklich gegeben ist, gestatte ich mir die Bemerkung, dass die wenigen Wochen, die wir für die Rechtsklärung brauchen, nicht zu einer Verzögerung, sehr wohl aber zu einer Klarstellung führen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Minister Lies. - Jetzt hat sich Frau Gerda Hövel, CDU-Fraktion, gemeldet. Das ist dann die fünfte und letzte Frage aus dem Kontingent der CDU. Bitte sehr!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Lies sagte am15. März der Meppener Tagespost, er könne sich eine Finanzierung eines vierspurigen Ausbaus der Bundes- und Europastraße von Cloppenburg über Haselünne und Meppen nach Holland durchaus nach dem Modell der PPP vorstellen. Vor diesem Hintergrund und auch vor dem Hintergrund der Diskussion über Effizienz und kritische Bewertung, die gerade stattgefunden hat, frage ich die Landesregierung: Nach welchen Kriterien befürwortet die Landesregierung den ÖPP-Ausbau bei der E 233, wo das eben doch bei der A 7 so kritisch gesehen bzw. ausgeschlossen wurde?

(Beifall bei der CDU - Ronald Schmin- ke [SPD]: Das ist ein völlig anderes Projekt! Thema verfehlt! Aufsatz zum falschen Thema! - Gegenruf von Björn Thümler [CDU]: Erwischt! - Weiterer Gegenruf von der CDU: Er ist der Pressesprecher! - Björn Thümler [CDU]: Nein, der Lautsprecher!)

Danke schön!- Herr Minister Lies für die Landesregierung.

Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Hövel, wir führen eine Bewertung durch. Insofern - ich bin froh, dass Sie das noch einmal zitiert haben - schließen wir ÖPP ja nicht aus. Wir verteufeln kein Finanzierungsmodell. - Das ist aber das Bild, das der Bund gerade erweckt. - Nur, klar ist, dass es, wenn wir für diesen kurzen Teilabschnitt von 30 km auf ÖPP setzen, zu erheblichen Zeitverzögerungen kommt und dass wir dadurch, dass wir länger auf die Sanierung oder den Ausbau der Straße warten müssen, nicht nur einen wirtschaftlichen, sondern auch einen volkswirtschaftlichen Nachteil haben. Das muss man doch bewerten. Man muss genauso in der Lage sein - das ist diese Landesregierung -, bei jedem weiteren Projekt, wenn Zahlen, Daten und Fakten vorliegen, auch diese zu bewerten. Für die

E 233 ist das ein Thema. Wir haben vorhin über die A 20 diskutiert. Es liegt uns nichts vor.

(Zuruf von der SPD: Doch!)

- Nein, uns liegt gar nichts vor. Das mag vielleicht Herrn Ferlemann vorliegen, weil er es in den nächsten Wochen noch politisch nutzen will. Aber uns liegt gar nichts vor, was wir inhaltlich bewerten könnten. Das bedaure ich sehr.

Wenn es Projektansätze gibt, müssen diese also nicht nur den volkswirtschaftlichen bzw. wirtschaftlichen Nutzen darstellen, sie müssen bei einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung nicht nur wirtschaftlicher als ein ÖPP-Projekt sein, sondern vor allen Dingen bitte ich auch darum, dass man sich dann mit der Landesregierung an einen Tisch setzt. Das ist der allergrößte Vorwurf an Bundesverkehrsminister Ramsauer. Er hat unsere Bedenken ignoriert. Er hat sich nicht mit uns an einen Tisch gesetzt. Er hat, obwohl er weiß, dass es richtiger wäre, gegen ÖPP zu entscheiden, willkürlich für ÖPP entschieden. Das ist mein Eindruck.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Danke schön. - Eine weitere Zusatzfrage stellt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Westphely.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Welche Erklärung hat die Landesregierung dafür, dass das Bundesverkehrsministerium einen Teilausbau anweist, der offenbar unwirtschaftlich ist, wenn man den Einschätzungen des Bundesrechnungshofs und des Bundesfinanzministeriums folgt? Mittelstandsförderung und Sparsamkeit sind es ja offenbar nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Danke schön. - Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Lies. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Genau diese Frage stellen wir uns. Deshalb habe ich auch den Bundesverkehrsminister mehrfach angeschrieben und auf die Bedenken

des Bundesrechnungshofs hingewiesen. Deswegen habe ich gerade bewusst noch einmal vorgelesen, dass 7 500 Beschäftigte in Niedersachsen in der mittelständischen Bauindustrie mit großer Skepsis betrachten, was da gerade passiert.

Ich hätte mir gewünscht, dass es keine Entscheidung entgegen auf dem Tisch liegender Bedenken gibt, sondern dass es eine Entscheidung gibt, die man so lange miteinander berät, bis man einen gemeinsamen Weg, einen Konsens, gefunden hatte. Ich würde mich an dieser Stelle mit der Frage zurückhalten, warum man trotz der Bedenken, trotz vorliegender Zahlen des Bundesrechnungshofs, trotz der Kritik der mittelständischen Wirtschaft mit aller Gewalt ein ÖPP-Projekt umsetzen will. Dafür wird Herr Ramsauer irgendwann einmal eine Erklärung abgeben müssen.

(Beifall bei der SPD)