Protokoll der Sitzung vom 25.09.2013

Ihre Einlassungen gerade eben und auch der Beifall haben mich schon ein Stück weit fassungslos gemacht. Sie konnten ersichtlich keine objektiven Argumente benennen, die wirklich für Ihr Vorhaben sprechen. Deshalb, sehr geehrter Herr Minister Pistorius, flüchten Sie in Scheinargumente. Glauben Sie eigentlich wirklich, Sie machen Kommunalwahlen attraktiver, wenn Rat und Bürgermeister, Kreistag und Landtag jeweils gleichzeitig gewählt werden können? - Sie werden dieses Ziel schon allein deshalb nicht vollständig erreichen können, weil es immer wieder durch vorzeitiges Ausscheiden von den Kommunalwahlen unabhängige Wahlen wird geben müssen. Das beste Beispiel ist doch die Regierungsbildung mit Herrn Ministerpräsidenten Weil, Herrn Pistorius, Herrn Mielke und Herrn Röhmann, um nur einige Namen zu nennen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Unruhe)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein Argument lassen Sie völlig außen vor: Wenn ehrenamtliche und hauptamtliche Vertreter gleichzeitig gewählt werden, wird sich die öffentliche Aufmerksamkeit hauptsächlich auf den Bürgermeister- bzw. Landratskandidaten richten.

(Jürgen Krogmann [SPD]: Das hat doch mit der Amtszeit nichts zu tun! - Grant Hendrik Tonne [SPD]: Was ist das denn für ein Argument? - Weitere Zurufe - Unruhe)

Ihr Wahlkampf wird die Podiumsdiskussion sowie die Berichterstattung in den Medien beherrschen. Meine Damen und Herren, die Ehrenamtlichen treten in den Hintergrund. Sie drängen ganz bewusst im Wahlkampf die ehrenamtlichen Ratsmitglieder in den Schatten der Bürgermeister. Das,

meine Damen und Herren, wollen wir von der CDU nicht!

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP - Ansgar-Bernhard Focke [CDU]: Sehr richtig!)

Das haben auch die vielen Menschen, die sich aus Überzeugung für ein Ehrenamt zur Wahl stellen und sich mit ihren Ideen und ihrer Tatkraft für andere - und zwar in ihrer Freizeit - einbringen wollen, nicht verdient.

(Jürgen Krogmann [SPD]: Sie haben Angst vor dem Bürger!)

Wir wollen das Ehrenamt stärken. - Sie wollen es schwächen!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen, bleiben Sie bei der jetzigen Dauer der Amtszeit und lassen Sie sich von den gewichtigen Gründen, die hierfür sprechen, noch überzeugen! Nicht nur Landräte und Bürgermeister aus Ihren eigenen Reihen sind der Überzeugung, die jetzige Amtszeit habe sich bewährt. Gefordert wird dies auch von Kommunalpolitikern aller demokratischen Parteien in den Gremien der kommunalen Spitzenverbände. Hören Sie doch diesen kommunalen Mandatsträgern zu!

Meine Damen und Herren, wie demografischer Wandel gestaltet, die Energiewende umgesetzt und schnelles Internet bereitgestellt wird, wie in erreichbarer Nähe Schulen, Krippen und Arbeitsplätze aufgrund von Gewerbeansiedlungen geschaffen werden, das entscheidet sich vor Ort durch Entscheidungen der Hauptverwaltungsbeamten und durch Entscheidungen der Räte und Kreistage.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Gott sei Dank nicht!)

Meine Damen und Herren, wer eine tragende Säule der Kommunalverwaltung schwächt, stärkt nicht die andere, sondern bringt das gesamte Gebäude zum Einsturz. Deshalb müssen wir beide Ebenen stärken.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Dafür brauchen Sie unsere Unterstützung. Wir brauchen gut ausgebildete Hauptverwaltungsbeamte, die sich engagiert und motiviert für die Belange ihrer Kommunen einsetzen.

In den kleineren Kommunen werden Sie schon heute feststellen, dass es schwierig genug ist, qualifizierte Bewerber für das Hauptamt zu finden. Und um wie viel schwieriger wird es, wenn Sie die Bedingungen mit einer nur fünfjährigen Amtszeit deutlich verschlechtern? Ich frage Sie: Welche junge Frau oder welcher junge Mann mit Familie wird sich aus einem Beschäftigungsverhältnis heraus in Zukunft darauf einlassen und das Risiko eingehen, nach fünf Jahren nicht wiedergewählt zu werden?

(Ansgar-Bernhard Focke [CDU]: So ist es!)

Herr Minister Pistorius, Sie haben immer wieder von der Beteiligung der Kommunen bei der Änderung der Kommunalverfassung gesprochen. Sie haben hier im Plenum gesagt: Vertraue den Kommunen! Sie tun gut daran. - Herr Pistorius, warum vertrauen Sie den Kommunen nicht?

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Was diese Aussage Ihres Innenministers wert ist, wird immer deutlicher. Sie sind in Wahrheit kommunalfeindlich. Sie machen Politik auf Kosten der Kommunen. Anders kann Ihr Umgang mit den Kommunen nicht verstanden werden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie wollen die Bundesmittel für Grundsicherung im Alter nicht uneingeschränkt an die Kommunen weiterreichen. Sie wollen den kommunalen Finanzausgleich zulasten der Landkreise und der kreisfreien Städte unangekündigt ändern.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie wollen das Quotale System, das seit zwölf Jahren die Finanzbeziehungen regelt, einseitig zulasten der Kommunen ändern. Sie wollen bei der EU-Förderung keine Regionalisierten Teilbudgets mehr.

Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, klingt es mir wie Hohn in den Ohren, wenn Sie, Frau Modder, sich heute hier hinstellen und erzählen, dass Sie die Schuldenbremse in der Landesverfassung verankern wollten, um die Kommunen zu schützen. Sieht so Ihr Schutz der Kommunen aus, wenn Sie den Kommunen die Mittel entziehen?

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, selbst der Göttinger Landrat und Präsident des Niedersächsischen Landkreistages Herr Reuter, SPD,

beklagt Ihren völlig unakzeptablen Umgang mit den Kommunen. Wenn Sie dieses Gesetz verabschieden, dann haben Sie die Kommunalverfassung eben nicht zum Guten hin verändert, sondern Sie haben die Bürgermeister geschwächt, Sie haben die Landräte geschwächt, Sie haben das Ehrenamt geschwächt, und all das nur, weil anscheinend Ihr Ministerpräsident um jeden Preis diesen Veränderungsbedarf zu sehen scheint und einen Parteitagsbeschluss exekutieren will.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wenn Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, schon nicht den kommunalen Spitzenverbänden folgen wollen, dann folgen Sie doch einfach einem erfahrenen Praktiker, nämlich dem Chef der Staatskanzlei, Herrn Mielke! Herr Mielke hat gesagt - ich zitiere -: Die Umstellung auf eine achtjährige Amtszeit unter Entkoppelung von Wahlen zur Vertretung war unter allen denkbaren Gesichtspunkten sachgerecht und ist zu begrüßen. - Dem ist nichts hinzuzufügen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der CDU: Aha! Aha! - An- gelika Jahns [CDU]: Wo er recht hat, hat er recht!)

Vielen Dank, Frau Kollegin Ross-Luttmann. - Es liegt der Wunsch des Kollegen Watermann nach einer Kurzintervention vor. Sie wissen: § 77 der Geschäftsordnung, anderthalb Minuten. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Man muss über den Redebeitrag, den wir hier gerade gehört haben, wirklich staunen.

(Zuruf von der CDU: Der war gut!)

- Nein, der war grottenschlecht, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei der SPD)

Ich weiß, dass Sie davon überrascht worden sind, weil Sie das ja gar nicht kennen. Wir schreiben etwas in unser Wahlprogramm, und dann machen wir das hinterher sogar. Daran können Sie sich einmal ein Beispiel nehmen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zurufe von der CDU)

- Ja, Sie können noch so laut plärren; es wird dadurch nicht besser.

Es gibt noch ein Weiteres: Bei uns ist es sogar erlaubt, eine andere Meinung zu haben. Auch daran könnten Sie sich einmal ein Beispiel nehmen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zurufe von der CDU)

- Nein, bei uns ist es so, wie es bei Ihnen nicht ist. Bei uns entscheidet die Mehrheit. Stellen Sie sich das einmal vor!

(Zustimmung bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es gibt noch was: Wir erinnern uns sogar an das, was gemacht worden ist. Ich erinnere mich daran, dass Sie die Verantwortung für das tragen, was Sie hier heute kritisieren. Sie waren es, die die Gelder nicht weitergegeben haben. Sie waren es, die die Kommunen im Stich gelassen haben. Sie waren es, die eine Kommunalverfassung erlassen haben, durch die die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen eingeschränkt worden ist. Sie haben hier eine schlechte Kommunalpolitik gemacht. Dort aber sitzt der richtige und der gute Minister.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Watermann. - Frau RossLuttmann, Sie können selbstverständlich gern erwidern. Anderthalb Minuten. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Mittel für die Grundsicherung werden den Ländern zur Weitergabe an die Kommunen vom Bund in drei Tranchen zur Verfügung gestellt. Wir haben die erste Tranche vollständig weitergeleitet. Wir haben die zweite Tranche vollständig weitergeleitet. Was die dritte Tranche anbelangt, befanden wir uns in Gesprächen mit den kommunalen Spitzenverbänden. Sie haben gesagt: Sie leiten diese Grundsicherungsmittel nicht vollständig weiter. - 107 Millionen werden von Ihnen nicht weitergeleitet. - Das ist das eine.