Protokoll der Sitzung vom 27.09.2013

Vielen Dank. - Wir sind am Ende der Beratung.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung.

Federführend soll der Ausschuss für Wissenschaft und Kultur sein. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Sie haben so beschlossen.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 36: Erste Beratung: Natur und Landschaft in Niedersachsen - Das Landschaftsprogramm hat Priorität in der niedersächsischen Naturschutzstrategie - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/575

Zur Einbringung erteile ich das Wort Herrn Kollegen Janßen von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

„Die überörtlichen konkretisierten Ziele, Erfordernisse und Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege werden für den Bereich eines Landes im Landschaftsprogramm … dargestellt.“

Das steht im ersten Absatz des § 10 des Bundesnaturschutzgesetzes.

Das zurzeit geltende Niedersächsische Landschaftsprogramm ist von 1989, mittlerweile also fast 25 Jahre alt. Ein so altes Planwerk ist naturgemäß nicht mehr geeignet, die Ziele, Erfordernisse und Maßnahmen von Naturschutz und Landschaftspflege darzustellen. In der Zwischenzeit wurden Schutzgebiete nach europäischem Vogelschutzrecht und der FFH-Richtlinie abgegrenzt, die Wasserrahmenrichtlinie mit ihren Anforderungen an den Gewässerschutz ist hinzugekommen, die Nutzung der Landschaft hat sich völlig verändert. Maisäcker waren 1989 eher eine Seltenheit. Heute reden wir von der Vermaisung der Landschaft.

Viele Arten sind seitdem seltener geworden, einige Arten haben sich allerdings auch wieder erholt oder sind in Niedersachsen heimisch geworden, wie z. B. Wolf oder Uhu.

Auch der Naturschutz insgesamt hat sich verändert. Vor 25 Jahren stand der konservierende Naturschutz viel stärker im Mittelpunkt, während heute der Ansatz dahin geht, Naturschutz und Nutzung der Natur stärker miteinander zu verbinden.

Deshalb ist dieses Landschaftsprogramm keine Basis mehr, um die Belange von Natur und Landschaft als Grundlage für die Raumordnung und den Naturschutzplanung der Landkreise darzustellen. Meine Damen und Herren, es hätte schon längst, in der letzten oder vorletzten Wahlperiode, neu gefasst werden müssen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Naturräume, Schutzgebiete, Bäche und Flüsse halten sich nämlich nicht an Landkreisgrenzen. Insofern brauchen wir etwas, was darüber hinausgeht. Was wir brauchen, ist eine naturräumliche Orientierung der Gesamtplanung des Landes, eine Planung, die die Vernetzungen z. B. durch Gewässer oder Hecken zwischen den Natura-2000Gebieten darstellt, so wie es die Natura-2000Richtlinie auch erfordert, eine Planung, die die aus Landessicht wichtigen unzerschnittenen Räume identifiziert und die vor allem auch die Instrumente aufzeigt, mit denen wir die Schutzziele hinterher in Natur und Landschaft umsetzen können, um unser wertvolles Naturerbe hier in Niedersachsen angemessen schützen und entwickeln zu können.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Filiz Polat [GRÜNE]: Sehr rich- tig! Meine Damen und Herren, Niedersachsen ist ein landschaftlich sehr reiches Land, reich an Natur- räumen und Arten, an ganz verschiedenen Land- schaften: Es gibt das Wattenmeer und die Mar- schen mit ihrer großen Bedeutung für Wiesenbrü- ter und nordische Gänse, es gibt die Geestberei- che, großflächige Moore mit ihrer besonderen Flo- ra, die waldreichen Höhenzüge des Teutoburger Waldes und des Wiehengebirges, (Filiz Polat [GRÜNE]: Sehr schön!)

das Weserbergland und den Harz.

(Filiz Polat [GRÜNE]: Auch schön!)

Diesen vielfältigen landschaftlichen Reichtum in Niedersachsen gilt es zu schützen und zu bewahren. Das tun wir und dies wollen wir auch mit dem vorliegenden Antrag von SPD und Grünen tun.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Allerdings müssen wir, meine Damen und Herren, beim Naturschutz in Niedersachsen fast wieder bei Null anfangen.

(Filiz Polat [GRÜNE]: Ja!)

Zehn Jahre FDP im Umweltministerium haben ihre Spuren hinterlassen.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Da muss er selbst lachen!)

Die europäischen Schutzgebiete nach FFH und Vogelschutzrichtlinie sind zum Teil miserabel abgegrenzt, was uns jetzt gerade auf die Füße fällt. Die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie, gerade hinsichtlich des ökologischen Zustandes der Fließgewässer, werden bei Weitem verfehlt, wie wir gerade gestern diskutiert haben. Die Naturschutzverwaltung des Landes ist zusammengeschrumpft worden, und der Naturschutz hat insbesondere bei Herrn Sander bestenfalls als Popanz gedient, um sich als Sachwalter der Nutzerinteressen aufspielen zu können.

Meine Damen und Herren, Sie haben in den vergangenen zehn Jahren die Naturschätze dieses Landes ziemlich ramponiert, und das insbesondere im Naturschutz.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Deshalb gehen wir jetzt auf „Neustart“. Wir werden in einem intensiven Dialog mit den gesellschaftlichen Gruppen eine niedersächsische Naturschutzstrategie erarbeiten, und wir werden diese Strategie in einem neuen Landschaftsprogramm räumlich und planerisch konkretisieren und abbilden, damit eine nachhaltige Politik zum Schutz unseres Naturerbes in Niedersachsen möglich wird und effizient umgesetzt werden kann.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Der nächste Redner ist Herr Brammer von der SPD-Fraktion. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! „Natur und Landschaft in Niedersachsen - Das Landschaftsprogramm hat Priorität in der niedersächsischen Naturschutzstrategie“ - mit diesem Antrag streben wir eine Neuauflage des Landschaftsprogramms an. Unsere Landschaft befindet sich aufgrund verschiedenster Einflüsse fortlaufend im Wandel. Das hat Auswirkungen auf die Natur und auch auf unsere Kulturlandschaft. Diesen Entwicklungen hat ein modernes Landschaftsprogramm Rechnung zu tragen. Drei wichtige Ziele des Landschaftsprogramms sind die Sicherung der Artenvielfalt, der Erhalt eines leistungsfähigen Naturhaushalts und der Erhalt eines naturraumtypischen Landschaftsbildes.

Das derzeitige Niedersächsische Landschaftsprogramm ist in die Jahre gekommen. Herr Janßen sagte es ja schon: Es ist vom 18. April 1989 und erfüllt nach fast 25 Jahren die eben beschriebenen Anforderungen schon lange nicht mehr. Seit Bestehen dieses Programms hat es zahlreiche gesetzliche Änderungen auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene gegeben. Beispielhaft nenne ich Natura 2000, FFH-Richtlinie, aber auch das niedersächsische Waldgesetz. All diese Änderungen sind nach 1989 eingetreten und können im Landschaftsprogramm folgerichtig gar nicht abgebildet sein. Den Begriff „Klimaschutz“ sucht man vergeblich. Er kommt im alten Landschaftsprogramm überhaupt nicht vor. Hoch- und Niedermoorschutz kommen im alten Landschaftsprogramm vor, die Ausführungen hierzu müssen allerdings überarbeitet werden.

Das Landschaftsprogramm ist laut Naturschutzgesetz von der oberen Naturschutzbehörde aufzustellen, dann aber auch fortzuschreiben. Was unser Landschaftsprogramm angeht, wäre eine Fortschreibung schon vor zehn Jahren dringend erforderlich gewesen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das ist zwischen 2003 und 2013 unter der schwarz-gelben Landesregierung liegen geblieben. Oder besser: Man hat es liegen lassen. Aber, meine Damen und Herren, vielleicht ist es auch gut so. Wer weiß, was unter dem seit 2003 amtierenden Umweltminister in ein solches Programm hineingeschrieben worden wäre.

(Zuruf von der FDP: Na, na! - David McAllister [CDU] - zur FDP -: Ihr wer- det gerade beleidigt! - Gegenruf von Dr. Stefan Birkner [FDP]: Das nehme ich gar nicht ernst! Da muss er auch lachen!)

Das wäre vielleicht noch hinter dem Programm von 1989 zurückgeblieben. Nicht auszudenken!

Aber wir fassen das jetzt an. Wir brauchen dieses Programm als Rahmen für alle zukünftigen Planungen, aber auch um einen Überblick zu bekommen, wo wir heute stehen. Welche Arten sind stark gefährdet bzw. vom Aussterben bedroht? Sind im Jahr 1989 aufgeführte Arten teilweise schon ausgestorben? Gerade das Thema „stark gefährdet“ bzw. „vom Aussterben bedroht“ sollte die Kolleginnen und Kollegen der FDP interessieren. Sie wissen seit vergangenem Sonntag, was es für ein Gefühl ist, von einem Tag zum anderen auf der Roten Liste der gefährdeten Arten zu stehen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Dr. Stefan Birkner [FDP]: Kein Schutz der Grünen!)

Ein kleiner, blau-gelber Schmetterling, vom Aussterben bedroht.

(Clemens Große Macke [CDU]: Mann, bist du witzig!)

- Herr Macke, der Unterschied ist:

(Clemens Große Macke [CDU]: Große Macke, bitte! - Weitere Zurufe von der CDU - Glocke der Präsidentin)

In der Natur ist eine Art häufig durch den Einfluss des Menschen gefährdet. In der Politik ist das anders; da hat man selbst schuld. Meine Damen und Herren von der FDP, da kommt bei Ihnen wahrscheinlich ein ganz anderes Denken in Bezug auf den Artenschutz auf.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Es ist wie mit den Dinosauriern!)

Aber kommen wir zurück zum Thema.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit dem vorliegenden Antrag räumen wir jetzt eine Baustelle ab, die uns von der Vorgängerregierung überlassen wurde. Wie schon erwähnt: Das fassen wir jetzt an.

Ich freue mich auf die Diskussion im Ausschuss und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)