Protokoll der Sitzung vom 10.12.2013

Meine Damen und Herren, Studieren heißt nicht, die Schulzeit um ein paar Jahre zu verlängern. Studieren heißt auch, selbstständiges Denken zu entwickeln, individuell und frei. Die jungen Leute an den Universitäten brauchen Zeit und Raum, Wissen zu vertiefen und zu forschen. Sie brauchen auch - um diesen Aspekt geht es mir - Zeit und Raum, nebenbei zu jobben, mal dies und mal das auszuprobieren.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Richtig!)

Volkshochschulkurse, soziales Engagement - alles das formt die Menschen.

1 000 Euro pro Jahr müssen erst für Studiengebühren abgeliefert werden. Wohnungskosten, Ausgaben für Kleidung, Fachbücher und Internetanschluss - unverzichtbar im heutigen Studium - kommen dazu.

Ich bin froh, dass wir den schwarz-gelben Irrweg der Campusmaut heute endlich beenden können. Wie gesagt: Ein guter Tag für Niedersachsen und ein Tag auf dem langen Weg zu mehr Bildungsgerechtigkeit!

Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr von Holtz. - Zu Wort gemeldet hat sich für die FDP-Fraktion Frau Almuth von Below-Neufeldt. Sie haben das Wort.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Abschaffung der Studienbeiträge ist die finanzielle Entlastung des akademischen Mittelstandes.

(Lachen bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das, meine Damen und Herren, schaffen Sie heute. Ich sage Ihnen: Sie verfehlen das Ziel der Chancengerechtigkeit damit ganz besonders.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Herr Kollege, ich möchte einmal mit dem Märchen aufräumen, wie teuer ein Studium ist. Wenn jemand zehn Semester studiert, bezahlt er dafür 5 000 Euro.

(Anja Piel [GRÜNE]: Allein an Stu- diengebühren! - Johanne Modder [SPD]: Was kommt denn noch dazu?)

Ich habe es neulich auch im Ausschuss gesagt: Wenn jemand Physiotherapeut wird, dann bezahlt er im Monat - im Monat! - 350 Euro. Nach dreijähriger Ausbildung sind das mehr als 12 000 Euro. Die Chancengleichheit ist da in keiner Weise gegeben.

(Angelika Jahns [CDU]: Beim Ver- dienst überhaupt nicht!)

Wer in Niedersachsen studiert hat und danach ein Leben lang beste berufliche Perspektiven hat -

keine Arbeitslosigkeit, Karrierechancen, gute Verdienstmöglichkeiten -, der hat sich selber seine Zukunft aufgebaut.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Daher ist das eine gute Investition.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, Sie schreiben jetzt diese 120 Millionen Euro - denn so viel ist es insgesamt - kurzerhand ab.

Muss sich unsere Gesellschaft aber nicht endlich einmal fragen, wie man Talente erreicht und entwickelt, die beim Lernstart benachteiligt sind und hinten stehen? Für sie stellt sich nämlich die Frage „Studium oder nicht Studium?“ überhaupt nicht. Der Lernstart findet in der frühen Kindheit statt. Die Anhörung hätte für Sie doch Nachhilfeunterricht genug sein können. Allerdings - - -

(Unruhe)

Eine Sekunde! - Ich habe vorhin bei Frau Dr. Lesemann auch um Konzentration und Aufmerksamkeit gebeten. Das mache ich jetzt wieder. Das ist ein wichtiges Thema in der Landespolitik.

(Johanne Modder [SPD]: Das stimmt!)

Lassen Sie uns doch bitte gemeinsam der Rednerin zuhören!

Sie haben das Wort!

Herr Präsident, vielen Dank. - Meine Damen und Herren, es ist belegt: Akademikerkinder studieren meistens, und Nichtakademikerkinder studieren dann, wenn sie entsprechende Chancen auf Einkommen und Aufstieg sehen. In beiden Gruppierungen ist dieses als Zukunftsinvestition gesehen worden. Sie lassen sich durch Studienbeiträge in keiner Weise abschrecken.

(Beifall bei der FDP)

Für Sie ist das ein Wahlversprechen, das Sie erfüllt wissen wollen. Dies könnten Sie ruhig einfach mal kippen - wie bei den Lehrern.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, 120 Millionen Euro hätten Sie wunderbar auch in den Bereich investieren können, den Sie in der letzten Wahlperiode immer eingefordert haben. Damals haben Sie im

mer gesagt: Wir brauchen mehr Medizinstudienplätze.

Auch den Landärztemangel haben Sie heute beklagt. Aber auch an dieser Baustelle hätten Sie etwas machen können.

Ich möchte noch eines sagen: Sie machen hier Augenwischerei. Ich finde, das ist nicht seriös, und das Label „sozial“ verdient das auch nicht.

Die Studienbeiträge konnten z. B. für Stipendien für begabte Studierende verwandt werden. Sie dienten auch der Ausfinanzierung von Krippen- und Kindergartenplätzen an den Universitäten. Das, meine Damen und Herren gerade von RotGrün, sollte doch auch ein Thema im Bereich Chancengerechtigkeit sein.

(Zustimmung von Christian Grascha [FDP])

Denn gerade die jungen Frauen, die jungen Akademikerinnen stehen doch vor der Frage: Wie kann ich mit Kind weiter studieren? - Das Studieren mit Kind müssten wir viel einfacher machen. Wir wollen doch auch lebenslanges Lernen. Wir wollen doch die Aufnahme eines Studiums auch in der Familienphase ermöglichen können. Von daher hätten Sie das Geld aus den Studienbeiträgen ganz anders einsetzen können.

Ich möchte noch darauf hinweisen, dass das Gesetz verfassungsrechtlich fraglich erscheint. Das haben wir im Ausschuss hinreichend beschrieben.

Ich kann nur sagen: Kein Gestaltungswille und Verrat an den eigenen Zielen. Sozial ist etwas anderes. Wir lehnen den Gesetzentwurf ab.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank. - Es gab den Wunsch nach einer Zwischenfrage. Aber da hatten Sie Ihren Beitrag schon beendet. Dann hat sich das erledigt.

Meine Damen und Herren, wir haben jetzt drei Bitten auf Kurzinterventionen, wobei zwei Kurzinterventionen von den Grünen nicht möglich sind. Sie haben sich sicherlich geeinigt.

Frau Janssen-Kucz hat das Wort für eine Kurzintervention zu diesem Thema.

Frau Kollegin von Below, auf welchem Stern leben Sie eigentlich?

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Ich will Ihnen einmal etwas erzählen. Ich komme aus einem Haushalt mit vier Kindern. Das Geld war immer sehr knapp. Allein schon die Beteiligung am BAföG war ein Problem und hat infrage gestellt, ob ich mein Studium fortsetzen kann.

(Zustimmung von Ina Korter [GRÜNE])

Ich habe aber meinem Sohn sieben Semester in Niedersachsen finanziert. Das ist mir, alleinstehend, auch nicht immer ganz einfach gefallen. Ich habe nach sieben Semestern gesagt: Liebes Kind, wenn du einen Master machen willst, dann gehe bitte in ein anderes Bundesland, weil es bei noch einmal drei, vier Semestern eng wird. - Denn zu den Studiengebühren - das blenden Sie komplett aus - kommen noch der Lebensunterhalt, eine Wohnung und die anderen Beiträge hinzu. Ich könnte Ihnen das super vorrechnen. Das Kindergeld ist mit den Studiengebühren und den Semesterbeiträgen komplett weg.

Sie haben hier etwas von Verfassungsfeindlichkeit und nicht handlungsfähig erzählt. Wir zeigen den jungen Menschen einen Weg, hier in Niedersachsen zu bleiben und das Studium in diesem Land anzupacken.