Protokoll der Sitzung vom 12.12.2013

Danke schön. - Herr Innenminister!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Mechthild Loss-Luttmann - - -

(Mechthild Ross-Luttmann [CDU]: Ross-Luttmann!)

- Mechthild Ross-Luttmann. Richtig?

(Mechthild Ross-Luttmann [CDU]: Ja!)

- Es ist aber auch schwierig. Das müssen Sie zugeben.

(Zuruf von der CDU: Ihr Name ist auch schwierig!)

- Ja, das stimmt. Ich gebe es zu.

185 Fälle sind gerade genannt worden. Das ist in der Tat eine beachtliche Zahl, zumal sich etliche davon auch auf das Feld der Kinderpornografie beziehen.

Ich habe meine Auffassung zur Frage der möglichen Sinnhaftigkeit und Ausgestaltung der Vorratsdatenspeicherung dargelegt.

Ich will einmal darauf hinweisen, dass wir hier teilweise auch sehr im nebulösen Raum diskutieren. Einerseits ist die Frage unbeantwortet, wie der Europäische Gerichtshof zur Vorratsdatenspeicherung steht. Denn eines dürfen wir bei der historischen Betrachtung der Entstehung der Vorratsdatenspeicherung nicht vergessen: Entstanden ist das Ganze in einem sehr schnellen Verfahren im Jahre 2006, noch unter dem durchaus präsenten Eindruck von 9/11. Heute haben wir eine Situation, die völlig anders ist. Das ist heute und vor einigen Wochen mehrfach beschrieben worden. Die Situation ist also nicht 1 : 1 dieselbe wie bei der Entstehung. Das wird auch an dem Verfahren deutlich, das Irland und Österreich angestrengt haben. Diese Entscheidung bleibt abzuwarten.

Wenn das Gericht aber zu der Entscheidung kommt, dass die Richtlinie so oder anders mit den europäischen Menschenrechten vereinbar ist, wird nach meiner Auffassung kein Weg daran vorbeiführen, eine verfassungs- und damit grundrechtskonforme Regelung einzuführen. Dann wird in der Bundesrepublik darüber zu streiten sein. Meine Auffassung dazu habe ich dargelegt. Das werden wir dann in der gebotenen Sachlichkeit tun.

Meine Damen und Herren, andererseits darf das Vertragsverletzungsverfahren bei der Debatte auch nicht ins Hintertreffen geraten. Das steht ebenfalls im Raum. Hier geht es um eine Vertragsstrafe von 300 000 Euro pro Tag, glaube ich.

Das erschreckt mich zwar nicht unmittelbar, weil der Bund sie bezahlen muss. Trotzdem stehen wir natürlich etwas in dem Widerstreit beider Interessen. Einerseits steht die EuGH-Entscheidung zur Rechtmäßigkeit und Verfassungsmäßigkeit der Richtlinie aus. Andererseits besteht gleichzeitig die Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland, die Richtlinie umzusetzen.

Deswegen habe ich von Anfang an gesagt: Wir brauchen jetzt die Zeit bis zur Entscheidung des EuGH. Dann reden wir über die Ausgestaltung dessen, was möglich ist. Ich bin der Überzeugung, dass wir ein derartiges Instrument benötigen.

Danke schön, Herr Innenminister. - Zur nächsten Zusatzfrage für die Fraktion der SPD noch einmal Kollege Maximilian Schmidt. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass die Landesjustizministerin gerade bestätigt hat, dass die Bundesjustizministerin - ich nehme einmal an, in Tateinheit mit Herrn Innenminister Friedrich -

(Mechthild Ross-Luttmann [CDU]: Wie kann man nur von Tateinheit spre- chen?)

keine wesentlichen Initiativen zum Thema Datenschutz gestartet hat, frage ich die Landesregierung insgesamt, wie sie die Umsetzung des Entwurfs der EU-Datenschutz-Grundverordnung in nationales Recht begleiten wird.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Danke schön. - Herr Innenminister!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Datenschutz-Grundverordnung ist ja nur ein Teil der Baustelle, die wir gerade in Brüssel haben. Die entsprechende Richtlinie ist ein anderer Teil. Wir stehen als Landesregierung völlig auf der Seite derjenigen, die für einen europäischen Datenschutz eintreten. Wir brauchen ein entsprechendes datenschutzrechtliches Niveau in der Europäischen Union. Das sollte aber nicht unbedingt so sein, dass es uns am Ende zwingt, von unserem Datenschutzniveau herunterzugehen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Deswegen ist es für uns von zentraler Bedeutung, in Brüssel sowie in Berlin dafür Sorge zu tragen, dass bei der Verordnung alles umgesetzt wird, was irgendwie geht, aber bei der Richtlinie, bitte schön, die Spielräume erhalten bleiben, um gerade das deutsche Datenschutzrecht mit seiner im europäischen Vergleich durchaus vorbildlichen Positionierung vor einer Nivellierung auf einem niedrigeren Niveau zu schützen. Das ist die politische Linie, die wir verfolgen.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Danke schön. - Die nächste Zusatzfrage stellt der Kollege Adasch von der CDU-Fraktion. Bitte sehr!

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Vor dem Hintergrund, dass sowohl die Polizei als auch die Staatsanwaltschaften sehr für die Einführung der Vorratsdatenspeicherung als wirkungsvolles Instrument sind - der Innenminister hat eben auch die Notwendigkeit aus seiner Sicht dargelegt -, frage ich ganz gezielt die Justizministerin und knüpfe an die Frage des Kollegen Genthe an: Stehen auch das Justizministerium und die Justizministerin in Niedersachsen hinter der Einführung der Vorratsdatenspeicherung? - Vorhin sind Sie da ein bisschen hin und her geschwommen. Ich möchte ein klares Ja oder Nein.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke schön. - Frau Justizministerin NiewischLennartz, bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe jetzt leider den Wortlaut nicht vor mir. Ansonsten würde ich gerne den Wortlaut des Koalitionsvertrags vorlesen. Der verhält sich nämlich dazu ganz eindeutig. Er sagt sinngemäß - das ist kein wörtliches Zitat; ich kann das nicht auswendig -: Die Vorratsdatenspeicherung ist ein schwerwiegender Eingriff. Die im Augenblick diskutierten Varianten der Vorratsdatenspeicherung sind insgesamt nicht zu akzeptieren.

(Jörg Hillmer [CDU]: Na, da ist doch das Türchen!)

Genau das ist auch meine Position. Mir ist gegenwärtig keine Konzeption bekannt, die ich selbst mittragen könnte.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Zurufe von der CDU: Oh!)

Das heißt, wir müssen warten und sehen, was auf uns zukommt. Dann schauen wir weiter.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Danke schön. - Die nächste Zusatzfrage stellt der Kollege Winkelmann von der Fraktion der CDU. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin, Herr Minister, vor dem Hintergrund, dass Stalking im Internet zu einem immer größeren Problem wird und dazu widerstreitende Mitteilungen über die Standpunkte beider Minister zu vernehmen sind, nämlich Spiegel Online vom 2. Dezember: „Minister Pistorius sagt, gegen Stalking muss schärfer vorgegangen und die Bestrafung muss verschärft werden“, und gemäß Pressemitteilung des Justizministeriums vom 11. Dezember 2013, dass die Justizministerin dieser Position des Innenministers entgegentritt, frage ich die Landesregierung:

(Helge Limburg [GRÜNE]: Was hat das mit der Vorratsdatenspeicherung zu tun?)

Gibt es eine einheitliche Haltung der Landesregierung mit den beiden zuständigen Ressorts zur Frage der Anwendung der Vorratsdatenspeicherung im Zusammenhang mit Stalking und Internetkriminalität, und ist es nicht unglücklich, dass Sie beide wie heute hier geografisch so weit voneinander getrennt sitzen?

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der FDP - Helge Limburg [GRÜNE]: Das ist die Sitzordnung im Parlament! Daran können wir doch nichts ändern!)

Wenn sich die Landesregierung einig ist, wer antwortet, dann kann die Landesregierung natürlich antworten. Herr Innenminister!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die geografische Entfernung sollten Sie nicht auf die inhaltliche übertragen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Es gibt Positionen, die gerade deutlich geworden sind.

Herr Winkelmann, ich will auf diese Frage sehr deutlich eingehen. Über Stalking reden wir heute nicht, sondern wir reden über Vorratsdatenspeicherung.

(Christian Dürr [FDP]: Aber der Zu- sammenhang ist doch da!)

Über die Vorratsdatenspeicherung habe ich alles gesagt, was dazu zu sagen ist. Dass unter Fachressortministern in der einen oder anderen inhaltlichen Frage mal unterschiedliche Auffassungen bestehen, soll es meiner Erinnerung nach auch zu Ihrer Regierungszeit gegeben haben.

(Ulf Thiele [CDU]: Niemals!)

Oder irre ich mich da?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Innenminister. - Meine Damen und Herren, wenn ich das richtig überschaue, liegen zu dieser Dringlichen Anfrage keine weiteren Zusatzfragen vor.