Protokoll der Sitzung vom 26.02.2014

Dass ausgerechnet im Internet den öffentlichrechtlichen Anstalten ein enges Korsett angelegt wird, läuft ins Leere. Das Internet ist ja gerade darauf angelegt, einen sehr breiten und ständig verfügbaren Zugang zu Informationen zu ermöglichen. Meines Erachtens ist den Bürgerinnen und Bürgern letztlich nicht zu vermitteln, warum sie erst hochwertige Inhalte bezahlen, aber anschließend zusehen müssen, dass dieselben von ihnen bezahlten Inhalte ruckzuck wieder aus dem Netz verschwinden.

Die Nutzer müssen besonders nachgefragte Sendungen ebenfalls dauerhaft abrufen können, wenn - das ist die selbstverständliche Voraussetzung - die Anstalten über die entsprechenden Rechte verfügen. Das liegt im Interesse der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler, aber auch -

das füge ich ausdrücklich hinzu - im Interesse der gesamtgesellschaftlichen Akzeptanz unseres öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

(Glocke der Präsidentin)

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch einmal daran erinnern, dass die Länder wiederholt einen fairen Umgang der Sender mit den Produzenten angemahnt haben, gerade im Hinblick auf die Übertragung und die Vergütung von Verwertungsrechten. Kurzum: Auch in diesem Fall sieht die Landesregierung Ihrem Handlungsauftrag mit Freude entgegen. Wir werden sehr daran arbeiten, Ihre Vorstellungen zu erfüllen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich kann die Beratung schließen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der geänderten Fassung annehmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Mit Mehrheit ist dieser Antrag angenommen.

Ich rufe - vereinbarungsgemäß zusammen - auf den

Tagesordnungspunkt 8: Abschließende Beratung: Missbrauch von Werkverträgen bekämpfen! - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/464 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Drs. 17/1223 - Änderungsantrag der Fraktion der FDP - Drs. 17/1243

und den

Tagesordnungspunkt 9: Erste (und abschließende) Beratung: Missbrauch von Werkvertragsgestaltungen verhindern - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 17/1213 - Änderungsantrag der Fraktion der CDU - Drs. 17/1248

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag der Fraktionen der SPD und der Grünen in geänderter Fassung anzunehmen.

Der Änderungsantrag der Fraktion der FDP vom heutigen Tag hat zum Ziel, den Antrag in einer anderweitig geänderten Fassung anzunehmen.

Eine Berichterstattung zu Tagesordnungspunkt 8 ist nicht vorgesehen.

Wir kommen zur Einbringung des Antrages der Fraktion der CDU. Ich erteile für die CDU-Fraktion Herrn Kollegen Toepffer das Wort. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Schminke, ich bitte nochmals um Entschuldigung dafür, dass ich jetzt vor Ihnen spreche. Das ist bei diesem Thema für mich gänzlich ungewohnt. Ich darf auch gleich etwas Freundliches zu Ihnen sagen.

(Heiterkeit)

- Heute kommt noch mehr Freundliches.

Meine Damen und Herren, ich denke, es ist richtig, dass wir das Thema „Missbrauch von Werkverträgen“ in den letzten sechs Jahren immer wieder engagiert diskutiert haben. Herr Schminke, dazu haben Sie durchaus Ihren Beitrag geleistet.

Um das Lob vollzumachen, gebe ich es auch gleich an den Wirtschaftsminister weiter. Sehr geehrter Herr Lies, ich sage das mit vollem Ernst und in Anerkennung dessen, was Sie in den letzten fünf Jahren gemacht haben. Ich weiß, Sie haben das Thema immer wieder ins Plenum eingebracht und es auch als Minister zu Ihrer Chefsache gemacht. Das ist durchaus begrüßenswert.

(Zustimmung bei der CDU sowie Bei- fall bei der SPD und bei den GRÜ- NEN)

Man sollte aber auch die Tatbeiträge anderer nicht vergessen. Auch die frühere Bundesarbeitsministerin hat das Ihre getan. Viele Kommunalbeamte in den betroffenen Regionen haben das Ihre beigetragen. Innerhalb meiner eigenen Partei war es der CDU-Landesverband Oldenburg, der das Thema immer wieder vorangetrieben hat.

Meine Damen und Herren, wir haben hier eine öffentliche Debatte geführt. Diese Debatte war richtig, und sie war auch durchaus erfolgreich. Wir haben vieles erreicht. Wir haben erreicht, dass es in der Fleischindustrie jetzt tarifliche Vereinbarun

gen - insbesondere über einen Mindestlohn - gibt. Wir haben erreicht, dass Kommunen von sich aus angefangen haben, sich darüber Gedanken zu machen, wie Werkvertragsbeschäftigte untergebracht werden. Wir haben es heute Vormittag gehört: Einige Kommunen haben selbstständig begonnen, Standards zu setzen, die besser sind als das, was in der Vergangenheit zu sehen war.

Letztendlich war Teil dieser Debatte auch das, was im Koalitionsvertrag in Berlin vereinbart worden ist. Auch das wäre nicht denkbar gewesen, wenn wir hier in Niedersachsen das Thema nicht immer wieder öffentlich diskutiert hätten.

Ich hoffe, dass das Thema „Missbrauch von Werkverträgen“ heute ein Ende findet, dass wir heute letztmals eine Debatte zu diesem Thema führen. Dies ist auch der Grund dafür, dass ich jetzt schon ausdrücklich beantrage, den CDU-Antrag heute zur sofortigen Abstimmung zu stellen. Dann können wir das alles in einem Aufwasch erledigen.

Der Antrag von SPD und Grünen ist sehr umfangreich. Darin steht unglaublich viel. Je mehr in einem Antrag steht, desto eher finden sich Punkte, in denen man nicht zueinanderkommt. Deswegen mussten wir einen eigenen Antrag formulieren. Den haben wir ganz bewusst schlank gefasst, sodass möglichst viele mitmachen können. Wir haben ihn sogar noch durch einen Änderungsantrag nachgebessert und aus den Mitwirkungsrechten der Betriebsräte die Mitbestimmungsrechte der Betriebsräte gemacht. Vielleicht hilft das, den einen oder anderen doch noch von der Sinnhaftigkeit dieses Antrages zu überzeugen.

Meine Damen, dass wir hier breite Mehrheiten finden, ist wichtig, damit wir ein breites Signal aus dem Hause zum Thema Werkverträge geben: Wir machen den Missbrauch von Werkverträgen einfach nicht länger mit.

Da wende ich mich jetzt an meine Freunde von der FDP. Bei aller politischen Freundschaft,

(Ronald Schminke [SPD]: Jetzt kommt’s!)

Herr Kollege Bode, muss ich sagen: Ihren Änderungsantrag finde ich nicht zielführend. Er zeigt mir, dass wir da doch noch unterschiedliche Betrachtungsweisen haben. Ich will das an einem Satz deutlich machen. Sie fordern von der Politik im Bereich der Werkverträge „große Zurückhaltung“, und dann kommt ein Satz wie ein Hammer - ich zitiere -:

„Niemand weiß besser, welcher Vertrag unter welchen Bedingungen vorteilhaft ist, als die Betroffenen selbst.“

Das ist genau der Punkt. Wer sind denn „die Betroffenen“? - Ich denke, aus Ihrer Sichtweise sind das zwei: der Werkvertragsunternehmer und derjenige, der ihn beauftragt. Aus unserer Sicht sind aber auch diejenigen „die Betroffenen“, die für den Werkvertragsunternehmer arbeiten, nämlich die Beschäftigten.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Ich glaube, diese Beschäftigten wissen sehr wohl, was für sie gut ist. Aber ob sie das immer durchsetzen können, das wage ich zu bezweifeln. Deswegen müssen wir als Politik uns auch für die Interessen der Beschäftigten einsetzen.

(Beifall bei der CDU)

Nun zu den Punkten im Antrag von SPD und Grünen, die wir nicht mittragen können.

Erstens geht es um die Abschaffung der Barauszahlung an Werkvertragsbeschäftigte. Im ursprünglichen Antrag von Rot-Grün war das noch eine ziemlich radikale Forderung. Jetzt ist das ein Prüfauftrag. Das Problem liegt schlichtweg darin, dass es eine Wettbewerbseinschränkung sein könnte - es wird vermutlich sogar eine sein -, wenn der rumänische Werkvertragsunternehmer, der auch künftig hier arbeiten kann, seine Mitarbeiter in Deutschland nicht bar bezahlen darf, während er das in Rumänien darf. Das widerspräche dem EUBinnenmarkt. Das kann man nicht mitmachen.

Zweitens fordern Sie die gesetzliche Niederlegung von Kriterien zur Abgrenzung zwischen Werkverträgen und anderen Verträgen. Dazu kann ich Ihnen sagen: Es ist schön, dass Sie zur Kenntnis nehmen, dass es die Kriterien gibt. Das Problem liegt aber nicht darin, dass diese Kriterien gesetzlich niedergelegt werden müssten. Das Problem liegt vielmehr in der Tatsachenfeststellung.

Beispiel: Ein Kriterium ist, wer einem Mitarbeiter innerhalb eines Unternehmens sagt, was er machen soll. Das ist ein ganz klares Kriterium. Aber in einem Schlachthof festzustellen, wer wen angewiesen hat, welches Stück Fleisch zu schneiden ist, ist ein Problem.

Wir denken im Übrigen, dass die Entwicklung der Rechtsprechung so gut ist wie ein Gesetz. Die Rechtsprechung ist auch in der Lage, flexibel auf Änderungen in diesem Bereich einzugehen, die

uns möglicherweise noch erreichen werden. Von daher denken wir, dass es einer gesetzlichen Niederlegung nicht bedarf.

Der dritte und größte Problempunkt zwischen Ihnen und uns ist die Ausweitung der Generalunternehmerhaftung. Da haben wir zwei Probleme.

Das eine ist ein technisches Problem. Wenn Sie die Generalunternehmerhaftung ausweiten, dann müssen Sie auch dafür sorgen, dass derjenige, der den Nachunternehmer beauftragt, auch gucken kann, was der macht. Der braucht umfassende Informationsrechte, Weisungsrechte etc. Dann aber ist er im Bereich der Leiharbeit, und da wollen wir gerade heraus.

Zum anderen wollen wir auf keinen Fall ein neues Bürokratiemonster à la Vergabegesetz. Da haben Sie es geschafft, ein kleines, schlankes Gesetz von 9 Paragrafen zu einem Monstergesetz von 18 Paragrafen auszubauen. Das wollen wir in diesem Bereich unbedingt verhindern.

(Beifall bei der CDU)

Ich denke aber, dass es dieser Punkte - Barauszahlung, gesetzliche Niederlegung, Generalunternehmerhaftung - gar nicht bedarf. Entscheidend bleibt ein Punkt: die Lohngerechtigkeit. Denn die Ursache des Problems - warum diese Menschen hier überhaupt unter diesen Bedingungen beschäftigt werden - ist die Gier nach Gewinn. Dieser Gewinn soll durch ein gewisses Lohndumping maximiert werden. Deswegen ist der allerwichtigste Weg, diesen Missbrauch zu verhindern, ein Mindestlohn, wie er jetzt teilweise tariflich vereinbart worden ist und wie er auf Bundesebene gesetzlich eingeführt wird.

Die entscheidende Gefahr, die uns jetzt droht - darauf müssen wir künftig achten; dem müssen wir entgegenwirken; da müssen wir wieder zusammenarbeiten -, ist, dass findige Menschen versuchen werden, trotz Mindestlohn zu den alten Löhnen zurückzukehren. Das geht relativ einfach, wie wir in der Vergangenheit erfahren haben. Da werden Kosten für die Unterkunft abgezogen. Mit ein wenig Phantasie fällt einem noch mehr ein: Reisekostenspesen für die Fahrt hierher, vielleicht die Abzahlung eines Darlehens - und dann ist man real doch wieder bei einem Lohn von 5 Euro, obwohl etwas ganz anderes oben auf der Lohnabrechnung steht. Das ist die Gefahr, die uns droht und der wir künftig begegnen müssen. Wenn Sie uns da wieder an Ihrer Seite brauchen, stehen wir Gewehr bei Fuß.

Vielen Dank.