Und noch mehr: Meine Damen und Herren, es gibt heute bereits zehn weitere EU-Länder, darunter auch Länder wie Frankreich und Italien, die sich an der Einführung beteiligen wollen. Daher müsste es doch eigentlich auch Ihr Ziel sein, dieses Instrument möglichst auf breiter, internationaler Basis zu implementieren.
Die Einführung in elf Staaten der EU zeigt gute, supranationale Handlungstendenzen, die weitere Länder dazu einladen, sich - auch über die Grenzen der EU hinaus - daran zu beteiligen und den Finanzmarkt behutsam zu regulieren. Dies ist auch mit Blick auf das von der EU-Kommission angeregte Ansässigkeitsprinzip eine gute Nachricht.
Der durch die Fraktionen der Grünen und der SPD eingebrachte Antrag trägt dagegen die Handschrift nachhaltiger und sinnvoller Regulierung auf möglichst breiter Basis.
Er unterstützt die Bundesregierung konstruktiv bei ihren Bemühungen, gleiche Spielregeln auf internationalem Parkett einzuführen.
Wir haben es auch während der Informationsreise des Ausschusses für Haushalt und Finanzen nach Brüssel live vor Ort erleben und hören dürfen: Wir brauchen eine Bemessungsgrundlage für alle spekulativen Finanzprodukte.
Meine Damen und Herren, gleichzeitig sehen wir doch, dass private Haushalte und kleine und mittlere Unternehmen wenig belastet werden dürfen. Dies gewährleisten die bereits angesprochene Bemessungsgrundlage und die Tatsache, dass eine solche Steuer nur einmal pro Transaktion anfällt. Das heißt: Einmal Kapital zu verschieben, bedeutet wenig Finanztransaktionssteuer, mehrfaches, milliardenfaches Verschieben bedeutet dagegen viele Steuern. Aber die geringen Margen beim sogenannten Speed-Trading ermöglichen ja erst bei millionenfachem Verschieben innerhalb von Sekunden entsprechende Gewinne, und dies wird durch eine Finanztransaktionssteuer sinnvoll reguliert.
Meine Damen und Herren, die geringe Höhe der Steuern - bei Aktien 0,1 %, beim Derivatehandel 0,01 % des zugrundeliegenden Wertes - garantiert, dass der beschriebene Mechanismus auch funktionieren kann. Das - das haben wir auch in Brüssel gehört - ist im Übrigen das Ansinnen der EUKommission; denn Sie fordert - Herr Präsident, mit Ihrer Erlaubnis zitiere ich - „die Schaffung angemessener Anreize zur Zurückdrängung bestimmter Geschäftsmodelle“.
Meine Damen und Herren, die Einnahmen aus einer solchen regulativen Steuer könnten sicherlich auch dazu beitragen, ein funktionierendes Gemeinwesen zu bezahlen, und hätten somit eventuell auch eine finanzielle Stärkung Niedersachsens zur Folge. Das ist in unseren Augen nachhaltige Politik.
Mit einem solchen Regulationsmechanismus ist außerdem gewährleistet, dass die negativen Auswirkungen von Speed-Trading oder Wetten nicht mehr die Realwirtschaft belasten. Dies bestätigt im
Übrigen auch Dr. Diemer von der EU-Kommission. Für Kleinsparer und mittel- wie langfristige Investments spielt diese Steuer nur eine marginale bis gar keine Rolle, sodass sie Investitionen nicht einschränken wird.
Hypotheken, Unternehmens- und Verbraucherkredite fallen ebenso wenig unter diese Steuer wie Versicherungsverträge und Banksparpläne. Außerdem wird die Erstausgabe von Aktien ebenfalls nicht besteuert - wohl aber blitzschnelles computergesteuertes Hin- und Herschieben von Kapital. Dies würde nicht zuletzt zu einem realwirtschaftlich starken Niedersachsen beitragen, zur Arbeitsplatzsicherung und zur langfristigen Planungssicherheit von Unternehmen.
Ich freue mich auch außerordentlich über die befürwortende Haltung der Bundes-CDU bei diesem Thema. Ich bin sicher, dass die Damen und Herren Abgeordneten von der CDU-Fraktion der Bundeskanzlerin helfen und ihr konkrete Handlungsempfehlungen im Interesse unseres Landes mit auf den Weg geben werden.
Lassen Sie mich mit einer Feststellung schließen: Die Finanztransaktionssteuer ist nachgewiesenermaßen keine Bevormundung, sondern sie ist genauso notwendig wie eine Straßenverkehrsordnung.
Vielen Dank, Herr Kollege Heymann. - Wie eben schon angekündigt, erhält jetzt der Antragsteller zu Tagesordnungspunkt 6 das Wort. Herr Kollege Grascha, Sie haben für die FDP-Fraktion das Wort.
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Heymann, Ihr Beispiel mit der Straßenverkehrsordnung hinkt doch etwas - um das gleich vorwegzunehmen. Die Straßenverkehrsordnung regelt das Miteinander im Straßenverkehr. Mit der Finanztransaktionssteuer wird aber nur etwas besteuert und nichts geregelt; das
Die Geschichte der Finanztransaktionssteuer lässt sich ja sehr schön mit dem Bild des Tigers vergleichen, der startet und dann als Bettvorleger landet. Sie haben im Wahlkampf den Menschen immer wieder erzählt: Wir müssen die Verursacher der Krise an den Kosten beteiligen. - Damit haben Sie nicht nur Ihre eigenen Leute auf die Bäume getrieben, sondern auch viele Menschen, die geglaubt haben: Jawohl, damit schaffen wir es.
Jetzt stellt sich aber heraus - das haben die Ausschussberatungen gezeigt, sowohl die beiden Unterrichtungen durch die Landesregierung als auch die Unterrichtung, die wir in Brüssel durch die EU-Kommission erlebt haben -, dass es erstens nicht so ist, weil die Kosten nicht von den Verursachern getragen werden, sondern von den Kleinsparern, den Altersvorsorgesparern, den RiesterSparern und den Unternehmerinnen und Unternehmern, die Absicherungsgeschäfte durchführen. Das sind diejenigen, die die Kosten zu tragen haben. Zweitens ist die technische Umsetzung, insbesondere was die Frage der Abwanderung angeht, höchst kompliziert, und es ist sehr klar infrage zu stellen, ob es in der Praxis tatsächlich so funktioniert.
Meine Damen und Herren, dieses Pferd, die Finanztransaktionssteuer, ist also tot. Sie sollten endlich absteigen!
Das erste Argument ist: Wir sprechen auf europäischer Ebene, sowohl in der Europäischen Union als auch in der Eurozone, immer darüber, dass wir einen gemeinsamen Binnenmarkt und eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Ländern herstellen wollen.
Was passiert denn jetzt? - Von 17 Euroländern wollen elf Euroländer die Steuer einführen. Wenn man das ins Verhältnis zu den EU-Staaten setzt, dann ist das Verhältnis noch schlechter. Das heißt, im Prinzip wird die Zusammenarbeit zwischen den elf Ländern und den anderen Ländern sogar verschlechtert. Das sagt beispielsweise auch der Präsident des Sparkassen- und Giroverbandes, Georg
„Wir glauben, dass er mit erheblichen Gefahren verbunden ist, sowohl für den Binnenmarkt, denn das Instrument der verstärkten Zusammenarbeit ist ja dafür angedacht worden, um die Dinge zu verbessern in der Wettbewerbssituation. In der jetzigen Ausprägung, nur elf von 17 Euro-Staaten, nur elf von 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union gehen diesen Weg, wird es die Wettbewerbsfähigkeit nicht verbessern, sondern es wird die Wettbewerbsfähigkeit erheblich beschädigen.“
Das zweite Argument gegen die Finanztransaktionssteuer sind die Kosten. In Deutschland haben wir beispielsweise 3 Millionen fondsgebundene Riester-Verträge von insgesamt 15 Millionen Riester-Verträgen. Das heißt, diese Verträge sind sofort betroffen. Bei der niedrigen Zinssituation, die wir sowieso am Kapitalmarkt haben, kommt hier jetzt noch eine Steuer hinzu und verschlechtert die Rendite.
Der deutsche Mittelstand: 80 % der Unternehmen machen Absicherungsgeschäfte. Auch diese Absicherungsgeschäfte werden zusätzlich verteuert. Auch hier gibt es ein schönes Zitat von Georg Fahrenschon aus dem eben genannten Interview:
„Nicht nur weil die Kreditinstitute die Kosten entsprechend weiterleiten werden, sondern weil wir auch Gefahr sehen, dass der private Anleger vor allen Dingen im Rahmen seiner Altersvorsorge, vor allen Dingen wenn er sich in Verbünden bewegt, mit Kaskadeneffekten belastet wird. Da geht was in die falsche Richtung, da ist weit übers Ziel hinausgeschossen worden.“
Es gibt noch weitere Zitate von Herrn Uwe Fröhlich, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken. Es gibt weitere Zitate von der Chefin des Deutschen Aktieninstitutes, Frau Christine Bortenlänger, die ebenfalls vor diesen Auswirkungen warnt. Sogar der Verbraucherschützer Herr Gerd Billen warnt vor entsprechenden Auswirkungen der Finanztransaktionssteuer.
Das heißt, das Bild, das sich hier heute zeigt - ich komme jetzt leider nicht zu meinem dritten Argument; deswegen komme ich zum Schluss -, dass die FDP in dieser Frage alleine dasteht, ist wahrlich nicht so, sondern relevante Kräfte außerhalb dieses Parlamentes, von Sparkassen über Volksbanken bis hin zu Verbraucherschützern, die ja nun nicht in der Gefahr sind, dass sie Vorfeldorganisationen der FDP sind, haben sich schon eindeutig gegen die Finanztransaktionssteuer ausgesprochen.
Vielen Dank, Herr Kollege Grascha. - Für die CDUFraktion hat jetzt der Kollege Dr. Stephan Siemer das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer geglaubt hat, dass die Große Koalition in Berlin zu mächtig sei, sieht sich getäuscht. Wir haben gerade eine Große Koalition der FDP mit den Volksbanken, mit den Sparkassen, mit den Verbraucherschützern gesehen.
Ich habe nur noch auf ein Zitat von ver.di gewartet. Dann hätten wir wirklich eine formidable Große Koalition gehabt, vor der wir uns in Berlin ja dann fürchten müssten.