Protokoll der Sitzung vom 14.05.2014

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Für die SPD-Fraktion hat nun Herr Watermann für 8:20 Minuten das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Kollege Brunotte hat zur Reform des Verfassungsschutzes grundsätzlich Stellung genommen. Ich möchte auf zwei Punkte aus den Wortbeiträgen von Herrn Nacke und Herrn Dr. Birkner eingehen.

Ich will zuerst auf den Wortbeitrag von Herrn Dr. Birkner eingehen. Sie haben in Ihren Ausführungen - im Gegensatz zu dem, was Sie gestern in der Presse dargestellt haben - sehr viele Ausweichbewegungen formuliert, indem Sie versucht haben, das, was wir im letzten Jahr an Erkenntnissen hatten, in einen Zusammenhang zu bringen, in den es überhaupt nicht hineingehört.

Letztes Jahr wurde deutlich, dass zu Unrecht Daten gespeichert worden sind und dass dies untersucht werden muss. Ich glaube, es ist ein wesentlicher Punkt, dass man sich dazu bekennt und sich damit auseinandersetzt.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Haben wir!)

Das unterscheidet Sie ganz deutlich von Ihrem früheren Partner, der CDU.

Ich glaube, gerade heute, wo in Berlin und auch weltweit darüber geredet wird, ist es ganz wesentlich, dass wir uns einmal damit auseinandersetzen, was ein Staat eigentlich tun darf.

Wir brauchen den Verfassungsschutz, um unsere Verfassung zu schützen. Der Kollege Nacke hatte ja in seinem Wortbeitrag vorhin schon wieder von Strafverfolgung gesprochen. - Der Verfassungsschutz hat nichts mit Strafverfolgung zu tun!

(Angelika Jahns [CDU]: Das hat er gar nicht gemacht! Sie haben das nicht verstanden! - Thomas Adasch [CDU]: Sie haben nicht zugehört!)

- Lesen Sie es nach, dann finden Sie es! Er hat es genau so formuliert.

Deshalb sage ich noch einmal deutlich: Der Verfassungsschutz muss darauf achten, dass unsere Verfassung geschützt wird, und er muss sehr sorgsam darauf achten, wo Verfassungsfeinde - organisiert oder einzeln - die fundamentalen Punkte unserer Verfassung in Frage stellen. Dabei ist es wichtig, dass dafür Daten erhoben werden. Wenn Daten erhoben worden sind, ist es aber genauso wichtig, auch zu kontrollieren, ob das rechtens war. Wir haben zusammen ein Gesetz auf den Weg gebracht, in dem steht, dass Minderjährige nicht erfasst werden dürfen, wenn ihnen nicht nachgewiesen wird, dass sie persönlich Gewalt angewandt haben, und man kann jetzt im Nachgang nicht einfach sagen: Wir müssen noch einmal gucken, ob es nicht eventuell doch sinnvoll ist, das aufzuheben. - Das ist unzulässig, egal, ob Rechts oder Links.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, am Ende kommt es darauf an, dass wir auch bei Moscheebesuchen noch einmal genau hingucken. Jemand darf nicht allein deshalb in den Fokus geraten, weil er eine Moschee besucht, die als radikal eingestuft ist, sondern es müssen diejenigen in den Fokus geraten, die radikal sind. Es muss geguckt werden, dass derjenige, der predigt, kontrolliert wird, und nicht der, der zuhört. Sonst müsste der SPD-Bürgermeister, der bei einer NPD-Veranstaltung aufgestanden ist und Zivilcourage bewiesen hat, auch im Fokus des Verfassungsschutzes stehen. - Ich glaube, das will hier keiner.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Helge Limburg [GRÜNE]: Richtig! Ganz genau!)

Es muss noch einmal deutlich hervorgehoben werden, dass wir Sozialdemokraten einen Konsens mit allen Parteien finden wollen, damit das, was in den Gesetzen und in unserer Verfassung steht, ordnungsgemäß angewandt wird, und damit nicht im Nachgang geguckt wird, ob davon eventuell noch irgendetwas zu gebrauchen ist. - Das ist der feine und deutliche Unterschied zu Ihnen als Union!

Wir sagen ganz deutlich: Wir wollen, dass die Instrumente des Verfassungsschutzes und der Datenerhebung auf den Schutz der Verfassung und darauf zurückgeschraubt werden, dass Datenrech

te und Datenschutz oberste Priorität haben müssen, wobei der Schutz der Verfassung nicht vernachlässigt werden darf. Deshalb ist es gut, dass eine ganze Gruppe geguckt und festgestellt hat, dass dort zu Unrecht Daten erhoben worden sind. Das muss auch so benannt werden, und es darf nicht verniedlicht werden!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, genau darin unterscheiden wir uns. Wenn ich noch einmal an den Redebeitrag des Kollegen Nacke denke - auch, wenn es mir schwerfällt -, stelle ich dabei Folgendes fest: Er hat geendet, indem er gesagt hat, mit Ihnen als CDU könnten die zusammenarbeiten, die sich gegen „braune Mörderbanden“ zur Wehr setzen würden. Er hat gesagt, mit der CDU kann man zusammenarbeiten, wenn man die bedrohten Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte schützt. Ja, das tun wir auch! Dazu stehen wir auch. Aber es ist unzulässig, das in dieser Art und Weise wiederholt in einem Wortbeitrag zu sagen - aber das war bei der letzten Verfassungsschutzdebatte ja auch schon so. Denn damit sagt er ja im Umkehrschluss gleichzeitig, dass alle, die seinen geistigen Ergüssen nicht folgen wollen, genau das unterstützen würden. - Das ist das, was uns unterscheidet.

(Zustimmung von Susanne Menge [GRÜNE])

Sie wollen, dass wir Ihren falschen Einschätzungen zum Verfassungsschutz gehorsam hinterherdackeln. Nein! Wir stehen zu den Grundsätzen der Verfassung, zu den Grundlagen unserer Gesetze. Wir werden uns von Ihnen nicht vereinnahmen lassen für Vorurteile und Dinge, bei denen im Prinzip anerkannt ist, dass sie nicht rechtskonform sind.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Deshalb sage ich Ihnen: Wir machen mit Ihnen gemeinsame Politik auf der Grundlage dessen, was rechtens ist, nicht aber auf der Grundlage dessen, was Sie als rechtens empfinden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Weitere Wortmeldungen zu Tagesordnungspunkt 2 liegen nicht vor, sodass ich die Besprechung dazu schließen kann.

Ich eröffne die Besprechung zu dem

Tagesordnungspunkt 3: Aktuelle Stunde

Für diesen Tagesordnungspunkt sind mir vier Themen benannt worden, die Sie dem Nachtrag zur Tagesordnung entnehmen können.

Die in unserer Geschäftsordnung für den Ablauf der Aktuellen Stunde geregelten Bestimmungen setze ich bei allen Beteiligten - auch bei der Landesregierung - als bekannt voraus.

Ich eröffne die Besprechung zu

a) „Es ist höchste Zeit, dass davon auch die eigentlichen Leistungsträger unserer Gesellschaft profitieren, also die schwer arbeitenden Beschäftigten, die sonst unentwegt zur Finanzierung des Gemeinwesens herangezogen werden.“ Michael Vassiliadis, Vorsitzender der IG BCE, FAZ, 08.05.2014, zur kalten Progression - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 17/1511

Für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Dürr das Wort. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Bei einer Tariferhöhung von 3 % bleiben einem Normalverdiener in Deutschland nur 1,5 % übrig, und die werden dann noch von der Inflation aufgefressen. Umso mehr freue ich mich, dass vor wenigen Tagen mehrere Gewerkschafter erklärt haben, dass dieses Problem gelöst werden muss.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Auch der SPD-Bundesvorsitzende Sigmar Gabriel sagt - so steht es heute in der Rheinischen Post -: „Die kalte Progression ist sozial ungerecht.“

(Adrian Mohr [CDU]: Hört, hört!)

So weit, so gut, meine Damen und Herren. Aber wie war das im Jahr 2012? - Als im Bundesrat die Abschaffung der kalten Progression zur Abstimmung stand, gab es eine Partei, die das verhindert hat, und das war die SPD in Deutschland.

Herr Ministerpräsident, Sie haben ja damals an vorderster Front gekämpft. Der Spitzenkandidat der SPD, Stephan Weil, zur kalten Progression am 4. Dezember 2012: Die Abschaffung der kalten Progression „haben wir gestoppt.“ Sie hätte „zu keiner gerechten Entlastung geführt, aber die öffentlichen Haushalte 4 Milliarden Euro gekostet“.

Meine Damen und Herren, liebe SPD, was denn nun? - Lieber Herr Weil, es gibt nur eine einzige Erklärung für das Verhalten der SPD: Die SPD hat im Bundesrat Wahlkampf gemacht. Sie hat in Kauf genommen, dass die Menschen nicht um 4 Milliarden Euro entlastet werden. Die SPD hat in Kauf genommen, dass Arbeitnehmer nichts von den hart erarbeiteten Tarifsteigerungen haben. Die SPD hat auf dem Rücken der Arbeitnehmer den teuersten Wahlkampf der Geschichte gemacht. Und bezahlt haben das die Menschen im Land, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Auch der Finanzminister, Herr Schneider, hat jetzt angeblich seinen Frieden mit dem Abbau der kalten Progression gemacht. Für ihn ist sie jetzt plötzlich auch eine Frage der Steuergerechtigkeit. Gut so! Aber auch das ist nur ein Teil der ganzen Geschichte. Der Finanzminister wird nämlich nicht müde, in demselben Atemzug zu erklären, für den Abbau der kalten Progression bräuchte man eine strukturelle Gegenfinanzierung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die kalte Progression ist eine stetig ansteigende steuerliche Belastung, die eigentlich nicht gewollt ist. Wenn Sie für diese Entlastung eine neue Kompensation fordern, verändern Sie, meine Damen und Herren, nichts.

(Beifall bei der FDP)

Ich bin deshalb froh, dass der Bundesfinanzminister Schäuble in diesem Zusammenhang Steuererhöhungen eine Absage erteilt hat. Sie haben, lieber Herr Schneider, in den nächsten Jahren in Niedersachsen Steuermehreinnahmen in Höhe von 2,7 Milliarden Euro. Lieber Herr Schneider, wer den Menschen vormacht, die kalte Progression könne nur haushaltsneutral abgeschafft werden, der glaubt auch an einen vegetarischen

Schlachthof. Das ist unanständig; das ist Hinhaltetaktik.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Es geht um Einnahmen, die dem Staat eigentlich nicht zustehen. Die Arbeitnehmer haben hart dafür gearbeitet. Und wer vom Steuerzahler jetzt eine Kompensation fordert, der zeigt, dass er die Abschaffung der kalten Progression in Wahrheit gar nicht will, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)