Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin Ihnen dankbar für Ihre Wortmeldung, weil sie mir Gelegenheit gibt, das noch einmal zu erläutern.
Erstens. Derjenige, der hinzuverdient, zahlt in die gesetzliche Rentenversicherung ein. Es kommt also zu einer Verbreiterung der Bemessungsgrundlage. Sie haben genau das Gegenteil behauptet. Von daher ist diese erste Behauptung falsch.
Zweitens. Das ist besonders spannend. Natürlich kann man darüber nachdenken, auch weitere Gruppen in die gesetzliche Rentenversicherung einzuschließen. Aber dann möchte ich, dass Sie von Bündnis 90/Die Grünen den 86 000 Lehrern, denen Sie durch Ihr so genanntes Altersteilzeitmodell gerade Mehrarbeit aufgedrückt haben, auch erklären, dass sie zukünftig in die GRV einzahlen müssen und nicht mehr aus dem Landeshaushalt bedient werden. Diese Offenheit wünsche ich mir. Auf die Demonstrationen bin ich dann besonders gespannt.
Die Pressemitteilung von Bündnis 90/Den Grünen ist ja schon geschrieben. Also sagen Sie es gleich öffentlich: Alle Landesbeamten und alle Landesbediensteten sollen in Zukunft in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen.
Die Versprechen, die die Politik den Beamten in den letzten Jahrzehnten gegeben hat, sind damit auch hinfällig. Ich würde mir wünschen, dass die Grünen das auch öffentlich sagen.
Vielen Dank, Herr Dürr. - Ich erteile jetzt dem Abgeordneten Holger Ansmann für die SPD-Fraktion das Wort. Bitte, Herr Kollege!
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich denke, dass es an dieser Stelle, an der im Vorfeld des heutigen Fußballspiels Kampfbereitschaft erkennbar ist, sinnvoll ist, auf das zurückzukommen, worauf es bei dem Rentenpaket grundsätzlich ankommt.
In wenigen Tagen, am kommenden Dienstag, dem 1. Juli 2014, tritt das erste bedeutende Reformvorhaben der im Herbst des letzten Jahres neu gewählten Bundesregierung in Kraft. Mit der Verabschiedung des Rentenpaketes schließt die Große Koalition in Berlin Gerechtigkeitslücken, die sich bei der Rente aufgetan haben und die mit einer stärkeren Anerkennung der Lebens- und Arbeits
leistung von Millionen von Frauen und Männern verbunden sind. Ich denke, darauf kommt es an. Nach jahrelangen Abstrichen, sind dies die ersten Leistungsverbesserungen bei der Rente. Es ist ein Richtungswechsel zugunsten von etwa 10 Millionen Bundesbürgern. Dieser Richtungswechsel ist gerecht und verdient. Das kann und muss deutlich gesagt werden.
Der Deutsche Bundestag hat damit unbestreitbar ein klares, sichtbares Zeichen für mehr Solidarität und Gerechtigkeit in Deutschland gesetzt. Die Botschaft dabei ist deutlich und klar: Arbeit ist etwas wert, Anstrengung wird anerkannt, die Menschen haben im Alter teil an dem Wohlstand, den sie mit erarbeitet haben.
Herr Dürr, das Rentenpaket ist somit nichts anderes als die Verwirklichung eines Kerngedankens der sozialen Marktwirtschaft und das, was sich die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes von der sozialen Marktwirtschaft wünschen.
Im Bundestag haben 460 Abgeordnete - eine große Mehrheit der insgesamt 631 Abgeordneten - für die abschlagsfreie Rente nach 45 Beitragsjahren, für eine ausgeweitete Anerkennung der Kindererziehung, für ein verbessertes Reha-Budget und für Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente gestimmt. Sie haben dafür gestimmt, dass Menschen, die viereinhalb Jahrzehnte und mehr hart gearbeitet und Beiträge in die Rentenversicherung eingezahlt haben, künftig schon mit 63 Jahren ohne Abschläge in Rente gehen können.
Die große Anteilnahme an diesem Programm zeigt, wie sehr hart arbeitende Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer darauf gewartet haben. Das ist die Generation, liebe Kolleginnen und Kollegen, die mitgeholfen hat, dass Deutschland heute so gut dasteht, und die ihren Teil des Generationenvertrages mehr als erfüllt hat.
Die Sorge um neue Frühverrentungen vor dem 63. Lebensjahr zulasten der Arbeitslosenversicherung, wie sie auch hier geäußert wurde, ist dadurch ausgeschlossen, dass Zeiten der Arbeitslosigkeit in den letzten beiden Jahren vor dem Erreichen des Rentenalters nicht angerechnet werden können. Das heißt, es wurde aufgepasst. Im Verfahren bis zur Beschlussfassung über den Gesetzentwurf wurde vieles angeglichen und angepasst.
Rund 10 Millionen Frauen erhalten ein Zeichen der gesellschaftlichen Wertschätzung durch die Anrechnung von Zeiten für die Erziehung von Kindern, die vor 1992 geboren sind.
Sie erhalten für jedes Kind einen zusätzlichen Rentenpunkt, und zwar ohne die Notwendigkeit einer Antragstellung.
Dem Grundsatz „Reha vor Rente“ wird - auch das muss klar in den Blick gerückt werden - mit der Aufstockung der Mittel für Rehabilitationsmaßnahmen endlich Rechnung getragen. Durch die Ausweitung der Zurechnungszeit um weitere zwei Jahre kommt es zu erheblichen Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente.
Bei all dem bleibt der Beitragssatz zur Rentenversicherung stabil. Mit Ihrem Antrag „Generationenvertrag einhalten - keine Rentenexperimente zulasten künftiger Generationen“ - das war der Kern Ihres Antrages - haben Sie die Landesregierung auffordern wollen, so auf die Bundesregierung einzuwirken, dass sie auf dieses Vorhaben verzichtet.
Mit dieser Auffassung, Herr Dürr, waren die Abgeordneten der FDP bei den Ausschussberatungen sowohl im federführenden Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr als auch in den mitberatenden Ausschüssen nach jeweils sehr kurzer Beratung allein. Der Antrag wurde jeweils bei einer Gegenstimme abgelehnt. In der kurzen Aussprache wurde auch schnell erkennbar, dass kein Bedarf und keine Notwendigkeit gesehen wird, hier auf den Hoheitsbereich der bundespolitischen Zuständigkeit Einfluss zu nehmen.
Ich bitte daher das Parlament, der Ausschussempfehlung zu folgen, den zur Abstimmung anstehenden Antrag abzulehnen und damit auch ein klares Signal der Anerkennung für das Rentenpaket nach Berlin zu senden.
Mit dem neuen Antrag „Den Generationenvertrag neu beleben: Fairness für alle Generationen herstellen und allen eine verlässliche und individuelle Lebensplanung ermöglichen“ besetzen Sie das gleiche Thema. Wieder wird die Landesregierung aufgefordert - das ist hier der Schwerpunkt -, auf die Bundesregierung Einfluss zu nehmen und sich für ein flexibles Renteneintrittsalter einzusetzen.
Wir halten das für den falschen Weg. Wir halten den Antrag nach erster Sichtung - vorbehaltlich der Ausschussberatungen - für inhaltlich unausgewogen und in der Sache nicht für zielführend. Vielleicht will die FDP das Thema aber auch nur am Kochen halten. Dann wird, wie bei dem heute zur Abstimmung stehenden Antrag, auch diese Beratung relativ kurz ausfallen.
Nichtsdestotrotz halten wir es für sinnvoll, über die aktuelle Situation und Themen im Zusammenhang mit einem flexiblen Renteneintrittsalter zu sprechen. Aber Hintergrund darf nicht sein, dass das Rentenpaket ausgehöhlt werden soll. Wir freuen uns auf die Beratungen im Ausschuss.
Herr Kollege, Sie sind zwar am Ende angekommen, aber der Kollege Grascha hatte sich noch zu einer Zwischenfrage gemeldet. Lassen Sie die noch zu?
Sehr geehrter Herr Kollege, da Sie die kurze Dauer der Beratungen angesprochen haben: Würden Sie denn einer Anhörung im Ausschuss zu diesem Thema zustimmen?
(Christian Dürr [FDP]: Ihre Meinung war gefragt! - Reinhold Hilbers [CDU]: Sie müssen doch eine Meinung dazu haben!)
nungspunkten zwei Wortmeldungen abgegeben. Zunächst spricht zum Tagesordnungspunkt 25, zu dem die zweite Beratung stattfindet, der Kollege Rainer Fredermann. Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Generationenvertrag zur finanziellen Absicherung einer auskömmlichen Altersvorsorge ist und bleibt wichtigster Bestandteil unserer sozialen Systeme.
Ein funktionierender Generationenvertrag muss gewährleisten, dass die Jüngeren und die Alten gleichermaßen am wirtschaftlichen Erfolg teilhaben können. Der demografische Wandel zwingt uns dazu, neue Ideen dazu zu entwickeln, wie wir einerseits die Daseinsvorsorge auch im ländlichen Raum sichern und gleichzeitig Altersarmut verhindern können. Dabei ist leider nicht alles, was wir erreichen wollen, finanziell realisierbar. Wenn jedoch ausreichend Spielräume vorhanden sind, müssen Gerechtigkeitslücken geschlossen werden.
Es handelt sich dabei ohne Frage um einen nicht einfachen Balanceakt. Daher verstehe ich die in den letzten Wochen und Monaten geäußerten Kritiken durchaus, sofern sie konstruktiv bleiben und ein seriöses Zahlenwerk präsentieren.
Mit einem Überschuss von rund 33 Milliarden Euro verfügen die Rentenkassen aktuell über eine mehr als ausreichende Reserve, um die finanziellen Verpflichtungen für die Auszahlung der Mütterrente sowie der Rente mit 63 nach 45 Beitragsjahren zu erfüllen.