Nun haben wir ja auch schon darüber gesprochen, dass sich die Abgeordneten der Regierungsfraktionen und auch die Ministerin landauf, landab den Debatten und den Diskussionen gestellt haben, dass wir den Protest sehr, sehr ernst genommen haben und auch merken, dass so langsam die Einstellung um sich greift, dass die Entlastungen wirken.
Die Lehrkräfte merken, dass es an den Gymnasien nicht nur um Einschnitte geht, sondern dass die Rückkehr zu G 9, der Ausbau des Ganztages und der Ausbau der Schulsozialarbeit den Gymnasien auf lange Sicht weiterhelfen.
Wir haben also Verständnis für den Protest. Was wir aber nicht haben, ist Verständnis für gewisse Formen des Protestes, nämlich dann, wenn zum einen der Protest auf dem Rücken der Schülerinnen und Schüler ausgetragen werden soll, wie dies beim Klassenfahrtsboykott, den wir entschieden ablehnen, der Fall war,
und wenn zum anderen der Eindruck entsteht - aus meiner Sicht entsteht er hier -, das Schülerinnen und Schüler dafür instrumentalisiert werden.
Das ist, wie gesagt, eine 6. Klasse. Wenn 11- und 12-jährige Schülerinnen und Schüler vorausschauend eine Petition einreichen und der Meinung sind, dass eine Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung um 45 Minuten pro Woche zur Folge hat, dass die Qualität der Schule und des Unterrichts sinkt und die Lehrer wegen Burn-outs krank werden oder versetzt werden müssen, dann denke ich, dass sich diese Schülerinnen und Schüler dies wahrscheinlich nicht selbst ausgedacht haben. Ich will niemandem etwas unterstellen, aber ich habe den Verdacht, dass hier nicht unbedingt im Sinne des Überwältigungsverbots gehandelt wurde
und die Schülerinnen und Schüler nicht umfassend informiert wurden. Ich will allerdings nicht hoffen, dass das so war.
Wir nehmen das nach wie vor ernst, aber wir werden diese Petition mit „Sach- und Rechtslage“ entscheiden.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Mechthild Ross-Luttmann [CDU]: Das ist so was von unglaub- lich!)
Meine Damen und Herren, man kann ja unterschiedlicher Auffassung sein; das ist hier im Parlament auch normal. Aber die Argumente sollten vielleicht, da die Fraktionen noch Redezeit haben, hier oben und nicht durch eine hohe Zahl an Zwischenrufen vorgetragen werden. Das, was die Rednerinnen und Redner sagen, ist hinzunehmen; das gilt für alle Seiten. So viele Zwischenrufe auf einmal sind einer ordnungsgemäßen Abwicklung nicht unbedingt dienlich.
Zu der gleichen Eingabe hat jetzt für die FDP-Fraktion der Kollege Björn Försterling das Wort. Bitte schön, Herr Kollege!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben hier schon vielfach über die Arbeitszeiterhöhung für die Gymnasiallehrkräfte gesprochen, auch weil wir schon zahlreiche Petitionen zu dem Thema hatten. Aber das, was wir eben erlebt haben, schlägt dem Fass wirklich den Boden aus.
Ich habe es in den letzten sechs Jahren wirklich noch nie erlebt, dass Petenten von dieser Stelle aus
- ja! - so beschimpft worden sind, dass ihnen unterstellt worden ist, sie seien instrumentalisiert worden. Das zeigt, auf welche Art und Weise Sie versuchen, einer sachlichen Diskussion aus dem Weg zu gehen. Das ist absolut unhaltbar.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie müssen sich wirklich einmal überlegen, wie beleidigend das für diese Sechstklässler ist, die sich eines demokratischen Instruments bedienen, wenn sie so abgebügelt werden wie von Ihnen hier. Das entspricht nicht meiner Vorstellung von Parlamentarismus.
Ich weise darauf hin, dass Kurzinterventionen bei der Beratung der Eingaben nicht möglich sind. Es gab eine entsprechende Wortmeldung, die ich nicht zulassen kann.
Noch einmal zur Zeitdisposition: Für die weiteren Eingaben hat die CDU-Fraktion noch eine Redezeit von 3:20 Minuten, die SPD-Fraktion von 4:10 Minuten, die FDP-Fraktion von 2:27 Minuten, und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen haben noch die komplette Redezeit von 3:30 Minuten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin! Der Petent begehrt, dass die Haftanstalt, in der er selber einsitzt, nicht geschlossen wird. Die Regierungsseite sagt: Nein, er hat nicht recht. - Die Mehrheit plädiert für „Sach- und Rechtslage“.
Warum ist dieser Petition zu folgen? - Der Häftling hat etwas getan, was die Landesregierung versäumt hat. Der Häftling, der aus seinen Haftjahren mehrere Justizvollzugsanstalten kennt, hat verglichen und gesagt: In Salinenmoor wurde und wird - noch besteht Salinenmoor ja - eine hervorragende Sozialarbeit im Sinne guter Resozialisierung geleistet. Deswegen soll diese Einrichtung aufrechterhalten bleiben.
Die Landesregierung dagegen hat noch im Dezember bei den Haushaltsberatungen kein Sterbenswörtchen darüber gesagt, dass sie beabsichtigt, Justizvollzugsanstalten zu schließen. Im Januar ist dann konzeptionslos, einfach aus der hohlen Hand heraus entschieden worden, u. a. Salinenmoor dichtzumachen.
Dass das ein Fehler war, haben wir im Fachausschuss schon gesagt. Denn hier wird nur aus Kostengründen, ohne Sinn und Verstand ein Haus mit einem qualitativ weit überdurchschnittlichen Standard geschlossen, ohne dass zuvor geprüft worden ist, ob es nicht auch eine andere Lösung hätte geben können.
Ich verweise darauf, dass nach dem Landesjustizvollzugsgesetz - § 189 - eine Evaluation vorgeschrieben ist. Es wäre die Verpflichtung der Regierung gewesen, bevor sie Entscheidungen zur
Schließung bestimmter Standorte trifft, zunächst einmal zu prüfen, wie der Justizvollzug in Niedersachsen inhaltlich aufgestellt ist, was notwendig ist, damit wir bestmögliche Resozialisierungserfolge haben und bestmöglichen Opferschutz durch Prävention bei inhaftierten Tätern betreiben können. Man hätte sich erst inhaltlich mit der Frage der Justizvollzugsarbeit auseinandersetzen müssen, bevor man über Standortschließungen entscheidet.
Die Stellungnahme der Landesregierung lautet schlicht und ergreifend, aus Kostengründen sei Salinenmoor dichtzumachen. - Wir haben Salinenmoor besichtigt. Es ist nirgendwo an den Gebäuden zu erkennen, dass dort Millioneninvestitionen, die angeblich notwendig sind, tatsächlich notwendig sind. Es gibt keinerlei eklatante Mängel, die eine Schließung von Salinenmoor aus Kostengründen erfordert hätten.
Es ist schlicht und ergreifend notwendig, dass die Regierung aufgrund der Petition ihre Haltung überdenkt. Eine gut laufende Resozialisierungsarbeit einhergehend mit einer hervorragend ausgestatteten Metallwerkstatt, in die in der Vergangenheit viel Geld investiert wurde und in der die Häftlinge optimal auf das spätere Berufsleben vorbereitet werden können, schlicht und ergreifend aufgrund einer spontanen Entscheidung dichtzumachen, ohne vorher ein vernünftiges, ganzheitliches Vollzugskonzept für Niedersachsen zu erarbeiten, ist unvertretbar.
Deswegen ist dieser Petition zu entsprechen und ist sie der Landesregierung als Material zu überweisen.
Ich muss noch einmal auf die Aussprache über die Eingabe zur Lehrerarbeitszeit an Gymnasien zurückkommen. Ich hatte mich geirrt; ich hatte noch die alte Geschäftsordnung in Erinnerung, nach der bei der Eingabenberatung keine Möglichkeit zu Kurzinterventionen besteht. In der Neufassung ist diese Passage gestrichen. Ich muss mich insofern korrigieren.
Der Kollege Bratmann hätte das Recht, seine rechtzeitig angemeldete Kurzintervention jetzt zu machen. Möchten Sie das, Herr Kollege? - Dann haben Sie für 90 Sekunden die Möglichkeit dazu.
Die Kurzintervention bezieht sich auf die Rede von Herrn Försterling. Herr Försterling hat dann auch die Möglichkeit zu antworten. Bitte schön!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor allem lieber Kollege Försterling, ich glaube, ich habe hier mit keiner Silbe die Petenten, die Klasse 6 a des Gymnasiums in Rotenburg (Wümme), auch nur ansatzweise beleidigt.
Diese Unterstellung kann ich nur zurückweisen. Ich habe Zweifel daran geäußert, ob Schülerinnen und Schüler tatsächlich solche Petitionen in dieser Hinsicht ausformulieren und einen politischen Beschluss mit solchen Auswirkungen so bewerten würden.