Protokoll der Sitzung vom 24.09.2014

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU - Helge Limburg [GRÜ- NE]: Aber nur für die oberen Einkom- mensgruppen! Das wissen Sie ganz genau, Herr Kollege!)

Ich teile die Einschätzung des Vorsitzenden der LandesHochschulKonferenz, Jürgen Hesselbach. Er rechnet damit, dass zumindest stufenweise für ausländische Studenten und für Masterstudenten die Studienbeiträge spätestens nach der nächsten Landtagswahl wiedereingeführt werden.

Wir als FDP werden uns weiterhin dafür stark machen, dass wir nachgelagerte Studienbeiträge haben und dass die Verantwortung für die Studienbeiträge bei den Hochschulen liegt. Das ist für uns wichtig.

Diese Hochschulfreiheit fördert am Ende die Studienqualität, und darum muss es in dieser Debatte gehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Grascha. - Für die Fraktion der Grünen erteile ich dem Abgeordneten Ottmar von Holtz das Wort. Bitte, Herr Kollege!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Letzte Woche, am Freitag, startete die Ostfalia-Hochschule in das neue Semester, genauso wie die Hochschule Hannover, die Hochschule Emden-Leer, die Jade-Hochschule und die Hochschule Osnabrück. Einzelne Fachbereiche der HAWK in Hildesheim, Holzminden und Göttingen haben vorher bereits losgelegt. Bald beginnt das Wintersemester an der Hochschule für Musik, Theater und Medien in Hannover. Und dann folgen alle anderen Universitäten des Landes. Alle Studierenden haben es bereits beim Überweisen der Verwaltungsgebühren gemerkt: Die Studiengebühren für das Erststudium sind entfallen.

Vor fast zwei Jahren waren wir im Wahlkampf unterwegs und haben vor den Universitäten gestanden. Mit uns sind die Studierenden ins Gespräch gekommen und haben ihre Situation geschildert. Nein, es waren damals nicht die Kinder reicher Eltern, die vom Parkplatz in Richtung Haupteingang strömten. Denn auf die Parkplätze haben wir uns nicht gestellt. Wir standen an den Straßenbahn- und Bushaltestellen. Diejenigen, die uns ansprachen, waren die, die jeden Euro zweimal wenden müssen, bevor sie ihn ausgeben. Für sie gab es nur ein Thema, das sie interessierte: Was passiert nach der Wahl mit den Studiengebühren?

Wir saßen in etlichen Schulen in Podiumsdiskussionen, alle Kandidatinnen und Kandidaten gemeinsam. Neben allerlei schulpolitischen Themen gab es eine Konstante, nach der wir immer wieder gefragt wurden: Was passiert nach der Wahl mit den Studiengebühren?

Meine Damen und Herren, Grüne und SPD haben damals versprochen, die Studiengebühren abzuschaffen. Das Versprechen haben wir gehalten. Die Universitäten und Hochschulen starten jetzt in

das Wintersemester erstmals wieder ohne Campusmaut.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Niemand hier im Saal wird ernsthaft die Ansicht vertreten, dass sich Niedersachsen als einziges Bundesland hätte leisten können, weiterhin noch Studiengebühren zu erheben. Der Wettbewerbs- und Imageschaden wäre enorm gewesen. Es geht am Ende allerdings um mehr als um das Image. Im rot-grünen Koalitionsvertrag steht - ich zitiere -:

„Ein zentraler Schwerpunkt unserer Arbeit wird die Bildungspolitik sein.“

Und weiter:

„Nur so gelingt eine vorsorgende Politik, die zugleich soziale Teilhabe und wirtschaftlichen Erfolg ermöglicht.“

Im gleichen Zusammenhang:

„Deshalb werden wir Bildungshürden, etwa die Studiengebühren, im Sinne von Chancengleichheit überwinden.“

Meine Damen und Herren, es geht also um diejenigen, die mir bestätigt haben, sie studieren nicht, weil sie sich die Studiengebühren nicht leisten können. Es geht um die alleinerziehende Mutter von zwei Kindern, die mir gesagt hat: Solange es Studiengebühren gibt, können meine Kinder nicht studieren. - Es geht um den türkischen Jugendlichen, der mir gegenüber beklagt hat: Meine Eltern können mir die Studiengebühren nicht bezahlen. Ich werde nicht studieren, obwohl ich mein Abitur geschafft habe. - Seine Geschwister überlegen sich sogar, nicht einmal das Abitur anzustreben, obwohl sie es schaffen könnten.

Es geht, Herr Grascha - da unterscheiden wir uns möglicherweise -, bei diesem Thema zentral darum, den Zugang zu Bildung gerechter zu gestalten. Der Bildungserfolg darf nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen. Bildungsferne darf sich nicht vererben.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Im Übrigen finde ich, dass wir bei dieser Debatte eines nicht vergessen dürfen: CDU und FDP haben die Studiengebühren seinerzeit einzig und allein zu dem Zweck eingeführt, dass die Studierenden die Haushaltslöcher stopfen können, die die schwarz-gelbe Landesregierung mit dem Hochschuloptimierungskonzept gerissen hat.

Wir dagegen, Grüne und SPD, gehen einen anderen Weg. Wir haben die Studiengebühren in Studienqualitätsmittel umgewandelt. Den Hochschulen entgeht kein einziger Euro, und die Studierenden werden zu 100 % entlastet. Das, meine Damen und Herren, ist Hochschulpolitik nach rot-grüner Art, und die kann sich sehen lassen.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD - Zurufe von der CDU)

Danke, Herr Kollege von Holtz. - Für die Fraktion der CDU hat jetzt der Abgeordnete Jörg Hillmer das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren von Rot-Grün! Sie trauen sich etwas, dass Sie die Wissenschaftspolitik heute in den Fokus rücken. Die Studiengebühren sind doch schon am 20. Januar durch die Wähler abgeschafft worden. Sie können doch mit der Aufwärmung dieses Themas nicht davon ablenken, dass Sie seit eineinhalb Jahren in der Wissenschaftspolitik nichts Weiteres auf den Weg gebracht haben. Bei Ihnen herrscht lähmende Ideenlosigkeit.

(Beifall bei der CDU - Lachen bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Frau Lesemann, das Fachhochschulentwicklungsprogramm, das Sie hier als zweite Großtat angedeutet haben, ist nichts anderes als alter Wein in neuen Schläuchen. Da sind Hochschulpaktmittel einfach umetikettiert worden. Und das wollen Sie uns schon wieder als Großtat verkaufen? - Na ja, darüber werden wir beim Haushalt noch zu reden haben.

Meine Damen und Herren von der SPD, es ist nichts mehr als die Erfüllung eines Wahlversprechens, Ihres Wahlversprechens. Es ist aber bezeichnend, dass Sie heute eine solche Selbstverständlichkeit, nämlich dass man Wahlversprechen erfüllt, so abfeiern. Das ist bei Ihnen schon ein besonderes Ereignis.

Ich sage nur: Altersermäßigung, Pflichtstunden der Lehrkräfte werden nicht verändert, die Mittel für die Grundsicherung müssen an die Kommunen weitergeleitet werden, Gorleben wird bei der Endlagersuche ausgeschlossen - alles Ihre gebrochenen Wahlversprechen. Freuen Sie sich doch, dass Sie

unter so vielen gebrochenen Wahlversprechen eines gehalten haben!

Wir als CDU-Fraktion haben Form und Höhe der Kompensation nicht kritisiert. Für uns hat Priorität, dass die Studienbedingungen in Niedersachsen nicht verschlechtert werden und die Hochschulen gut ausgestattet bleiben. Es gab allerdings schon damals, im letzten Jahr, große Bedenken, was die Kompensation anbetrifft. Ich zitiere Herrn Professor Hesselbach, TU-Präsident, gegenüber dpa am 19. März 2013:

„Eine Befürchtung ist, ob wir es wirklich dauerhaft kompensiert bekommen. Die Erfahrungen sind einfach so, dass letztendlich die Hochschulen oft die Gekniffenen sind und waren. Deshalb haben die Hochschulen so viel Wert darauf gelegt, jede denkbare Kürzungsmöglichkeit im Hochschulentwicklungsvertrag auszuschließen.“

Aber die Hochschulpräsidentinnen und -präsidenten hatten nicht alle Kürzungsmöglichkeiten im Blick. Die Skepsis gegenüber den klebrigen Fingern von Rot-Grün war nicht unbegründet.

Die Bundesregierung hat in diesem Sommer ihre Zusage, mehr für Wissenschaft und Hochschulfinanzierung zu tun, eingelöst. Sie hat neben anderen Maßnahmen für die Bildung explizit 1,17 Milliarden Euro für die Hochschulbildung aufgewendet und dazu den sinnvollen Weg der Entlastung der Länderhaushalte bei der BAföG-Finanzierung gewählt. Wohlgemerkt: Das war kein Programm zur Entlastung der Länderhaushalte, sondern ein Programm zur Verbesserung der Situation der Studierenden.

In der Bundesratsdrucksache 375/14 zum aktuellen BAföG-Änderungsgesetz, der übrigens diese Landesregierung zugestimmt hat, heißt es:

„Um den Ländern zusätzlichen Spielraum für die Bildungsfinanzierung, insbesondere für Hochschulen, zu öffnen, übernimmt der Bund die Finanzierung der Geldleistungen nach dem BAföG ab dem Jahr 2015 allein.“

Nur in Niedersachsens Hochschulen sind die den Studierenden zugedachten 110 Millionen Euro niemals angekommen - abgefangen und zweckentfremdet von Weil, Schneider & Co. Die Fachministerin Heinen-Kljajić stand nicht an der Seite der Hochschulen, sondern argumentierte aktiv gegen die Interessen der Studentinnen und Studenten.

Meine Damen und Herren, noch bevor der erste Kompensationseuro für die Studiengebühren bei den Hochschulen angekommen war, greifen Sie bereits zu. Sie sagen den Hochschulen für das Jahr 2015 127 Millionen Euro Ersatz für die ausgefallenen Studienbeiträge zu und entziehen ihnen gleichzeitig durch Nichtweiterleiten 110 Millionen Euro Bundesmittel.

Die Wissenschaft, meine Damen und Herren, ist bei Rot-Grün in schlechten Händen, weil Ihre Einstellung falsch ist. Für Sie ist die Wissenschaft ein Steinbruch nach dem Motto: Die Hochschulen brauchen kein Geld. Sie haben ja schon die Kompensation für die Studienbeiträge bekommen. - Mit dieser Einstellung bedient sich jedes Ressort beim Wissenschaftshaushalt.

Meine Damen und Herren, der Kollateralschaden dieses Verhaltens, dass man das Bundesgeld nicht an die Hochschulen weiterleitet, ist nicht zu unterschätzen. Wie wollen Sie jemals wieder vom Bund Hilfe für die Wissenschaft einfordern, wenn der Geber damit rechnen muss, dass Sie die Mittel wieder einstreichen und die Hochschulen leer ausgehen?

Für die vom Bund beabsichtigten Verbesserungen der Studienbedingungen fehlt das Geld nun z. B. bei dringend nötigen Sanierungen und Neubauten, bei dringend benötigten zusätzlichen Studienplätzen in der Medizin oder in der Sonderpädagogik oder bei der Sanierung und Erweiterung von Studentenwohnheimen und Mensen. Gerade heute melden die Studentenwerke, dass sie mindestens 40 Millionen Euro brauchen, um zusätzliche Wohnheimplätze zu schaffen, die dringend benötigt werden.

(Johanne Modder [SPD]: Was haben Sie denn so gemacht? Können Sie das einmal aufzählen? Nichts haben Sie gemacht!)

Sie, Frau Modder, haben sich bei den Studentinnen und Studenten mit der Abschaffung der Studienbeiträge die Wählerstimmen abgeholt. Für ein Sparprogramm im Wissenschaftsetat haben Sie allerdings kein Mandat bekommen.

Meine Damen und Herren, wenn Sie in ein Restaurant gehen, wählen Sie zunächst das Gericht aus, dann bekommen Sie Ihre Mahlzeit, und nach dem Essen zahlen Sie. Bei Rot-Grün wählen Sie auch zuerst, dann wird Ihnen nach langer Verzögerung die Mahlzeit geliefert, doch bevor Sie essen können, hat Rot-Grün schon wieder abgeräumt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Johanne Modder [SPD]: Das war ja furchtbar! Mann, Mann, Mann!)

Danke, Herr Kollege Hillmer. - Für die Landesregierung erteile ich jetzt der Frau Wissenschaftsministerin Dr. Heinen-Kljajić das Wort. Bitte schön, Frau Ministerin!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit dem Wintersemester 2006/2007 mussten junge Menschen hier in Niedersachsen 500 Euro pro Semester zahlen, um an einer Hochschule studieren zu dürfen. In dieser Zeit haben die Studierenden und ihre Familien rund 725 Millionen Euro auf den Tisch legen müssen, und im gleichen Zeitraum haben CDU und FDP den Hochschulen die Mittel um 400 Millionen Euro gekürzt.

(Johanne Modder [SPD]: Was? - Zu- rufe von den GRÜNEN und von der SPD: Ach!)

So sah schwarz-gelbe Bildungsverantwortung aus. Damit ist jetzt zum Glück Schluss.