Am Ende gilt der alte Grundsatz: Rot-Grün zu wählen, muss man sich leisten können. Insofern ist die einzig frohe Botschaft heute, dass Sie zur Umsetzung dieser Pläne die Mehrheit im Bundestag bräuchten. Und das werden wir zu verhindern wissen.
Wie ich eben schon anmerkte, Herr Kollege Lechner: Das war Ihre erste Rede. Ich habe das bisher bei allen getan, die ihre erste Rede gehalten haben: Auch Ihnen einen herzlichen Glückwunsch zu diesem Einstieg!
Im Rahmen der Beratung liegt jetzt eine Wortmeldung für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor. Das Wort hat der Kollege Heere.
Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Kollege Lechner, vorab: Ich kann mich erinnern, dass der Landesfinanzminister hier in diesem Haus, aber auch im Finanzausschuss deutlich über die Finanzsituation in Niedersachsen gesprochen hat. Sie haben hier gerade dargestellt, dass es im Haushalt nur einen Bedarf von 100 Millionen Euro gibt. Dazu möchte ich Ihnen sagen: Der Finanzminister hat deutlich gemacht, dass wir alleine in diesem Jahr mit Ihrem alten Haushalt 1,2 Milliarden Euro an neuen Krediten aufnehmen. Ich finde es wirklich etwas vermessen, sich hier hinzustellen und zu sagen: Die Situation ist fast gelöst. - So geht das nicht.
Nun zum Antrag der FDP: Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor dem Hintergrund der vor uns liegenden Herausforderungen und der damit verbundenen Kosten muss Ihr Antrag wohl ein schlechter Scherz sein.
Herr Kollege Heere, es liegt vom Kollegen Hilbers der Wunsch nach einer Zwischenfrage vor. Lassen Sie das zu?
Herr Kollege Heere, vor dem Hintergrund, dass der Finanzminister nach meinem Wissen in der letzten Plenarsitzungswoche hier nicht erklärt hat, dass wir 1,2 Milliarden Euro neue Schulden machen,
sondern versucht hat, damit das strukturelle Defizit zu erläutern, frage ich Sie: Können Sie mir vorrechnen, wie sich die 1,2 Milliarden Euro an Nettokreditaufnahme, die wir in diesem Jahr angeblich machen, aus Ihrer Sicht ergeben?
Es ist sehr interessant, dass Sie diese Frage stellen. Sie waren nämlich in der Ausschusssitzung. Sie haben mitbekommen, dass er das vorgerechnet hat.
Darin ist die Kreditaufnahme der HanBG enthalten, die Kredite aufnimmt, um Anteile an der NORD/LB zu kaufen. Außerdem ist darin die alte Kreditaufnahme enthalten. Es gibt noch einen dritten Posten, den ich, weil meine Notizen gerade da hinten liegen, jetzt nicht vorrechnen kann.
Aber es stimmt: 1,2 Milliarden Euro ist die Summe, die der Finanzminister genannt hat. - Ich finde, das sollten Sie zur Kenntnis nehmen.
(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Christian Dürr [FDP]: Das ist nur falsch! Das ist das Problem!)
Nun zurück zu dem Antrag! - Wir haben es mit Herausforderungen zu tun, die Sie überhaupt nicht in Betracht ziehen. Wir haben das Thema Bildung. Wir alle wollen mehr Ganztagsschulen, kleinere Klassen, den Ausbau der Kinderbetreuung. Wir wollen bessere Qualität, Inklusion. Wir wollen die Herausforderungen des Klimawandels beherrschen, nämlich die konsequente Energiewende, Anstrengungen zur Energieeffizienz, den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs usw. Sie kennen sicherlich die Berechnungen des britischen Ökonomen Nicholas Stern. Wissen Sie, was der gesagt hat? - Er hat gesagt, dass es mittelfristig teurer ist, nichts zu tun, als heute kostenträchtige Maßnahmen durchzuführen. Wir jedenfalls kennen diese Berechnungen, und wir handeln auch danach.
Oder nehmen wir die Straßen. Der Städte- und Gemeindebund sprach gerade erst von einem Sanierungsstau im Lande von 500 Millionen Euro. Das würde natürlich mit jeder neuen Straße noch mehr werden. Oder greifen wir die örtlichen Krankenhäuser heraus, die Investitionen in Qualität und medizinischen Fortschritt aufschieben, weil der öffentliche Investitionsetat vorne und hinten nicht reicht, usw. usf.
Wenn wir einfach nach Ihrem Prinzip verfahren und so weiter machen, fahren wir die Infrastruktur und die öffentlichen Einrichtungen sehenden Auges gegen die Wand. Nicht mit uns!
Wir haben auch die Mitverantwortung für die Kommunen, von denen diverse unverschuldet handlungsunfähig geworden sind und in denen zum Teil kaum noch freiwillige Leistungen wie Schwimmbäder, Bibliotheken oder der Nahverkehr möglich sind. All dies ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass wir unsere öffentlichen Haushalte endlich sanieren müssen und bis 2020 die Schuldenbremse einhalten wollen. In dieser Situation mit diesen vielfältigen Herausforderungen kommen Sie mit einem solchen Antrag! Sagen Sie einmal: Nehmen Sie die Situation da draußen überhaupt noch wahr, oder in was für einer FDP-Realität leben Sie eigentlich?
Sehr geehrte Damen und Herren, die genannten Herausforderungen sollten eigentlich unstrittige Punkte sein - überparteilich. Aber was ist Ihr Beitrag dazu? - In jedem Fall liefern Sie keinen Beitrag zu der Frage, wie wir das alles finanzieren wollen. Ganz kontraproduktiv fordern Sie hingegen, dass wir auf Steuererhöhungen für Spitzenverdiener verzichten und gleichzeitig die Schuldenbremse vorzeitig umsetzen sollen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, möglicherweise wird es Sie überraschen: Diese Zukunftsaufgaben werden nicht ohne zusätzliche Mittel möglich sein. Sie fordern nun das Gegenteil. Wenn Sie das Gegenteil fordern, dann darf ich Herrn Nacke zitieren. Das hat nämlich zur Folge, dass Sie die folgende Politik machen: liegen lassen, später machen! - Das wäre die Folge Ihrer Politik!
Wir hingegen sagen nicht nur ganz klar, dass die Maßnahmen, die ich genannt habe, wichtig sind, sondern auch, wie sie finanziert werden können. Nun tun Sie mal nicht so, als ob die Anhebung des Spitzensteuersatzes, eine effektive Erbschaftsteuer für hohe Erbschaften und eine Wiedereinführung der Vermögensteuer den Untergang des Abendlandes bedeuten! Gerade in den letzten Jahren sind die hohen Vermögen in der Finanzkrise überdurchschnittlich angestiegen. Das reichste 1 % der Bevölkerung besitzt 35 % des Vermögens. Diese und ähnliche Einnahmen wollen wir zugunsten unseres Gemeinwesens abschöpfen.
Natürlich begleiten Sie Ihre Forderungen mit dem bekannten Getöse und behaupten in Ihrer Pressemitteilung, durch diese Steuererhöhungen seien Tausende Jobs in Unternehmen und der Bestand von kleinen und mittelständischen Unternehmen in Gefahr,
und sie würden insbesondere Mechaniker, Verkäuferinnen und Pflegehelfer betreffen. - Das steht in Ihrer Pressemitteilung. - Das verstehe ich nicht. Ich bin zunächst einmal überrascht über den Abgesang auf diese Branchen. Gucken Sie sich das doch einmal an! Sie sagen, dass es in absehbarer Zeit den Abbau von Pflegearbeitsplätzen geben soll. Entschuldigung, wo leben wir denn?
Sie sagen, dass sie durch unsere Steuerpläne in Bedrängnis gerieten. Entschuldigung! Die verdienen im Eingangstarif zwischen 7 und 13 Euro in der Stunde. Davon wird man sicherlich nicht diese hohen Steuersätze bezahlen. Da kommt man damit gar nicht heran, es sei denn, sie haben reiche Ehepartner, oder man hat Erbschaften gemacht.
Zum Schluss: Was sagen Sie denn dazu, dass sogar Unternehmer wie jüngst Dirk Rossmann, der nun wirklich als jemand bekannt ist, der sich hier und da auch einmal anders aufregt, an dieser Stelle sagt: „Ein Steuersatz von 49 % ist gerecht.“? - Übrigens schätzt auch die Wirtschaft gute Dienstleistungen in Deutschland, eine zuverlässige Infrastruktur und ein hohes Bildungsniveau. Alles dieses werden wir mit den zusätzlichen Einkünften schaffen, die wir von Verdienern hoher Einkommen
(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Reinhold Hilbers [CDU]: Die holst du von der breiten Mitte! Bei 100 000 Euro Spitzensteuersatz!)
Vielen Dank, Kollege Heere. - Im Sport nennt man es einen Hattrick: Die dritte Kurzintervention heute Nachmittag für Herrn Nacke. Bitte!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank. Ich wollte nicht warten, bis ich eine persönliche Erklärung abgeben kann.
Der Kollege Heere war so freundlich, mich zu zitieren. Das war leider nicht ganz so schön, weil leider falsch. Deswegen will ich das hier gerne richtigstellen: liegen lassen, später machen. - Das war der Leitsatz unseres Fraktionsvorsitzenden Björn Thümler in seiner Erwiderung auf die Regierungserklärung. Das war da, als wir Sie das erste Mal im ersten Parlamentsabschnitt vorgeführt haben.
Das, worauf Sie sich beziehen, ist mein Beitrag zur Aktuellen Stunde im letzten Plenarabschnitt. Da hieß es: liegen lassen, gar nichts machen, Schuld auf den Bund schieben. - Ihr Beitrag von heute hat noch einmal sehr deutlich gemacht, dass das Ihre Politik ist.