Protokoll der Sitzung vom 15.12.2014

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! An dieser Stelle möchte ich zunächst einmal den Wolfsberatern in Niedersachsen und auch dem Jagdverband, der sich in der Vergangenheit sehr stark engagiert hat

(Zuruf von der CDU: Gute Leute!)

- Herr Dammann-Tamke weiß, wovon ich rede -, ganz herzlich für das Engagement danken, das sie in dieser Frage eingebracht haben.

(Beifall)

Meine Damen und Herren, ich bin überzeugt: Wir brauchen die Akzeptanz in der Breite der Bevölkerung, um Wildtiere nachhaltig schützen zu können. Das ist unbedingt erforderlich. Deswegen werden wir auch alles tun, um die Akzeptanz zu erhalten.

(Zuruf von Dr. Stephan Siemer [CDU])

- Herr Siemer, wer mich kennt, der weiß auch, dass ich meinem Vorgänger, Herrn Minister Sander, nur selten widersprochen habe. In diesem Fall muss ich das aber tun.

(Dr. Stephan Siemer [CDU]: Er erin- nert sich auch kaum noch!)

Ich glaube, man kann weder von „lieb“ noch von „böse“ sprechen. Der Wolf ist schlicht und einfach ein Wildtier. Und von daher müssen wir die Herausforderungen ernst nehmen und entsprechende Vorkehrungen treffen. Herr Angermann, wir haben das getan.

Ich weiß ja, dass Ihre Landesregierung damals damit angefangen hat, an einer Wolfsrichtlinie zu arbeiten. Sie ist aber nicht mehr fertig geworden. Insofern ist interessant, dass Sie hier jetzt davon sprechen, dass dies ein erster, aber später Schritt sei. Herr Angermann, Sie hatten die Chance, das noch während Ihrer Regierungszeit zu vollziehen. Es ist aber nicht mehr geschehen. Uns war es wichtig, die Tierhalter nicht alleinzulassen und vor allem auch eine Prävention im Bereich des Herdenschutzes sicherzustellen.

Wir werden - das kann ich Ihnen versichern - auch sicherstellen, dass die finanziellen Mittel tatsächlich ausreichen. Wir haben auch geguckt, was diesbezüglich in anderen Ländern los ist. Sachsen z. B. - schon seit 2005 mit diesem Thema konfrontiert - gibt etwa 30 000 Euro pro Jahr aus. In Niedersachsen sind in den Jahren 2008 bis 2014 nicht jährlich, sondern insgesamt 30 000 Euro für Billig

keitsleistungen bereitgestellt worden. Wir wollen jetzt zusätzlich den Herdenschutz anbieten. Wir wissen aus Sachsen auch: Das funktioniert. Wenn man die Zäune entsprechend gestaltet, dann kann man die Nutztiere damit sehr wohl gut schützen. Dann kann man sicherstellen, dass auf dem Lande auch in Zukunft auf offenen Flächen Nutztiere gehalten werden können.

(Zurufe von der CDU)

- Erkundigen Sie sich auch dort, wie es praktiziert wird. Unsere Wolfsberater bieten dabei gute Unterstützung an.

Ich möchte aber auch um Verständnis dafür werben - auch das war übrigens schon Praxis unter der alten Landesregierung -, dass der Gentest mit herangezogen wird, um eine Klärung der Ursache herbeizuführen. In 40 bis 45 % der Fälle, Herr Siemer, war es am Ende nicht der Wolf, sondern möglicherweise ein wildernder Hund oder eine andere Ursache.

Meine Damen und Herren, Herr Siemer, ich werde auch von Leuten angesprochen, die sagen: Hören Sie mal! Da geht es doch auch um Steuergeld. Sie müssen im Einzelnen doch auch sicherstellen, dass das an der richtigen Stelle landet. - Deswegen werden wir sicherstellen, dass wir bei der Kulisse für eine dynamische Entwicklung sorgen. Wenn es neue Regionen gibt, die einbezogen werden müssen, dann werden wir das so schnell und unbürokratisch wie möglich machen. Wir können aber nicht flächendeckend dort fördern, wo der Wolf gar nicht ist. Insofern hoffe ich und setze ich auf Ihrer aller Akzeptanz bei diesem nicht ganz einfachen Thema und danke Ihnen herzlich fürs Zuhören.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. - Zu Wort gemeldet hat sich jetzt der Kollege Ernst-Ingolf Angermann. Sie haben nach § 71 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung für zwei Minuten das Wort, Herr Angermann.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Wenzel, Sie führen immer wieder Hunderisse als Argument gegen die Beweislastumkehr an. Das trifft aber nur auf die nicht geklärten Fälle zu, also wenn der Wolf nicht auszuschließen ist. Wenn die DNA-Proben nachweisen, dass es ein

Wolf war, dann ist es völlig klar. Wenn aber ein Fall nicht geklärt ist und ein Wolf nicht ausgeschlossen werden kann, dann muss entschädigt werden. Das sind nur sehr wenige Fälle, über die wir sprechen. Das sollte Ihnen die Sache wert sein.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Dr. Stephan Siemer [CDU]: Genau!)

Des Weiteren, Herr Janßen, bin ich erstaunt, wie Sie mit den Schafhaltern umgehen. Das ist doch genau Ihre Klientel. Das sind die kleinen Tierhalter, die Ihnen nahestehen. Denen fallen Sie jetzt in den Rücken. Aber gerade die brauchen Unterstützung.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Dr. Stephan Siemer [CDU]: Richtig!)

Ähnliches gilt für die Förderprogramme, die Sie, Herr Minister Meyer, favorisieren: Die Weidehaltung soll ausgeweitet werden, aber Ihr Minister Wenzel schützt die Tiere auf der Weide nicht. Das ist genau das Problem, das auftreten wird. Die Programme werden nicht greifen. Wir werden das Problem haben, dass die Weidetierhaltung - insbesondere gilt das für die Rinderzäune - nicht wolfssicher sein kann. Dort wird es weitere Fälle geben. Diese Brisanz wird zunehmen. Das müssen Sie erkennen. Wenn dies nicht geschieht, bekommen Sie keine Akzeptanz.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Angermann. - Wir sind damit am Ende der Beratung dieses Tagesordnungspunktes.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktion der CDU in der sich aus der Beschlussempfehlung ergebenden geänderten Fassung annehmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Das Erste war die Mehrheit. Damit ist der Antrag in geänderter Fassung angenommen worden.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 12: Abschließende Beratung: Raumordnerische Erfahrung nutzen - eigenen Trassenvorschlag einbringen - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 17/1434 - Beschlussempfeh

lung des Ausschusses für Umwelt, Energie und Klimaschutz - Drs. 17/2527

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag in geänderter Fassung anzunehmen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Wir kommen zur Beratung. Zu Wort gemeldet hat sich der Kollege Karsten Becker, SPD-Fraktion. Herr Becker, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Niedersachsen nimmt die Verantwortung wahr, die sich aus dem Klimawandel ergibt. Wenn das

2-Grad-Ziel erreicht werden soll, dann müssen die CO2-Emissionen bis 2030 um 55 % und bis 2050 um 80 bis 95 % gesenkt werden. Das setzt massive Einschränkungen der Nutzung fossiler Energieträger voraus.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Laut Sachverständigenrat für Umweltfragen müssen dazu mehr als 95 % der heute bekannten fossilen Ressourcen im Boden bleiben. Dementsprechend hat sich Deutschland angemessen ehrgeizige Ziele gesetzt. 2050 sollen mindestens 80 % der Stromversorgung aus erneuerbaren Energien gespeist werden, und darüber hinaus sollen im Jahr 2022 die letzten Atomkraftwerke abgeschaltet sein - jedenfalls in Deutschland.

Sehr geehrte Damen und Herren, Niedersachsen hat eine Schlüsselrolle bei der Energiewende in Deutschland. Nicht nur als Windenergieland Nummer eins, sondern auch aufgrund seiner zentralen Lage ist Niedersachsen besonders vom geplanten Ausbau von Höchstspannungsleitungen betroffen. Dabei spielen leistungsstarke Nord-Süd-Verbindungen wie der SuedLink eine entscheidende Rolle, einerseits um die Volatilität der Erneuerbaren auszugleichen, andererseits um den Windstrom aus den Überschussregionen in den Süden Deutschlands zu transportieren, wo er bereits heute fehlt und wo er in Zukunft noch dringender benötigt wird, nämlich dann, wenn die Atomkraftwerke im Süden der Republik abgeschaltet werden.

Dem länderübergreifenden Ausbau von Höchstspannungsleitungen kommt aber nicht nur eine Schlüsselrolle für den Erfolg der Energiewende in Deutschland zu. Der SuedLink ist zusammen mit dem NordLink auch ein wichtiger Beitrag für die Integration des europäischen Energiemarktes. Die

EU-Kommission hat das entsprechend gewertet und beide Vorhaben in die Projekte von gemeinsamem Interesse aufgenommen.

Meine Damen und Herren, für diese Schlüsselprojekte der Energiewende - die SuedLink-Verbindung Wilster–Grafenrheinfeld - hat der Vorhabenträger TenneT am 12. Dezember 2014 den Antrag auf Bundesfachplanung bei der Bundesnetzagentur eingereicht. Damit beginnt das formelle Genehmigungsverfahren, für das die damalige schwarzgelbe Bundesregierung im Jahr 2011 mit dem Netzausbaubeschleunigungsgesetz die Grundlagen gelegt hat. Wie schon der Name treffend zum Ausdruck bringt: Ziel war die Beschleunigung des Ausbaus, und zwar im Wesentlichen durch eine Reduzierung der Planfeststellungs- und Genehmigungsverfahren auf Ebene der Länder.

Nun war auch in der Tat Eile geboten. Im Jahr 2022 sollen die letzten Atomkraftwerke im Süden der Republik vom Netz gehen. Darum soll mit dem Netzausbaubeschleunigungsgesetz bei diesen

Ländergrenzen überschreitenden Stromleitungsprojekten ein bundeseinheitliches Planfeststellungsverfahren gleiche Planungs- und Beurteilungsstandards gewährleisten und Verzögerungen infolge von Parallelzuständigkeiten vermeiden. Im Ergebnis ist das Raumordnungsverfahren damit von der Ebene der Landesbehörden auf die Ebene des Bundes verlagert worden. Damit haben die Landesraumordnungsbehörden weder einen rechtlichen Auftrag noch rechtliche Durchgriffsmöglichkeiten, mit denen sie auf das Verfahren Einfluss nehmen könnten; jedenfalls nicht über den Status eines bloß anzuhörenden Trägers öffentlicher Belange hinaus.

Im Ergebnis hat der Beschluss der Bundesnetzagentur über die Bundesfachplanung Vorrang vor den Raumordnungsplänen der Länder und ist bindend für die nachfolgenden Planfeststellungsverfahren. Das heißt konkret, dass die Bundesländer gemäß § 7 Abs. 3 des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes lediglich Vorschläge zum Trassenausbau einbringen können.

(Martin Bäumer [CDU]: Dann tun Sie es doch! Machen Sie einen Vor- schlag!)

Es gibt jedoch keinen eigenen Planungsauftrag für die Länder, und die Bundesnetzagentur ist in keiner Weise an die Eingaben der Länder gebunden. Mehr noch: Für die Projekte, die der Bundesfachplanung unterliegen, darf das Land keine eigenen Raumverträglichkeitsprüfungen mehr durchführen.

Ich kann dem Ansatz, dass die Raumordnung eine wichtige öffentliche Aufgabe sei, die weit über die Rechtsposition einzelner Bürger eingreife und daher nicht von privatrechtlichen Institutionen, sondern als hoheitliche Aufgabe von einer Behörde vorzunehmen sei, eine ganze Menge abgewinnen. Ich habe allerdings nicht erkennen können, dass es bei der Verabschiedung des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes im Jahr 2011 durch die damalige schwarz-gelbe Bundesregierung Widerstand aus den Reihen von CDU und FDP gegen diese Grundprinzipien des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes gegeben hätte.

Meine Damen und Herren von CDU und FDP, Sie sollten auch nicht so tun, als sei das Land Herr des Verfahrens, indem Sie es in eine Rolle drängen, in der es parallel zum Aufgabenträger TenneT quasi ein eigenes Raumordnungsverfahren durchführen und die Ergebnisse dann als Alternativvorschlag einbringen soll.

(Ulf Thiele [CDU]: Bei der Y-Trasse interes- siert Sie das nicht!)

Dann ist es klüger, die Rolle auszufüllen, die dem Land mit dem Netzausbaubeschleunigungsgesetz tatsächlich übertragen worden ist, und dazu hat sich das Land breit aufgestellt.