Protokoll der Sitzung vom 22.01.2015

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Sie wissen doch, wie die Verfahrenswege sind!)

Wir wissen, dass die Ergebnisse seit September vorliegen. Jetzt hat man den genialen Trick angewendet, diese Ergebnisse verschweigen zu wollen.

(Jörg Bode [FDP]: Unglaublich! - Hans-Joachim Janßen [GRÜNE]: Man merkt, dass Sie in der letzten Aus- schusssitzung nicht da waren!)

Dadurch hat man einen solchen Spannungsbogen erzeugt, dass jetzt wirklich jeder über dieses Thema Bescheid weiß. Meine Damen und Herren, davon, dass 70 % der Tiere in diesen Versuchen verletzt wurden, war schon länger die Rede. Professor Blaha, der Projektleiter, hat kürzlich nachgelegt und von bis zu 90 % verletzter Tiere gesprochen.

Die Ergebnisse liegen jetzt also klar auf dem Tisch. Und durch das geniale Verhalten der Regierung gegenüber der Öffentlichkeit ist auch sichergestellt, dass wirklich niemand mehr behaupten kann, er wüsste nichts von diesem völligen Scheitern der Versuche.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Professor Blaha jedenfalls, meine Damen und Herren, rät von einem übereilten Kupierverbot ab. Er rät auch davon ab, die Ringelschwanzprämie einzuführen. Dr. Welp, der Vorsitzende des Vereins zur Förderung der bäuerlichen Veredelungswirtschaft, ist im Agrarausschuss gewesen, als wir dieses Thema in einer Anhörung behandelt haben. Er hat sich noch etwas deutlich geäußert. Er hat gesagt:

„Aus meiner Sicht stellt man mit der Ringelschwanzprämie den Tierschutzplan und die Aktivitäten der AG Schwein nicht nur infrage, sondern boykottiert sie auch.“

Meine Damen und Herren, deutlicher kann man es nicht mehr sagen. Und das sagen uns alle Experten querbeet.

Der Agrarausschuss hat sich - die Kollegen waren dabei - das Ökolandbauzentrum in Visselhövede angeguckt. Da haben wir uns auch einen Biobetrieb angeguckt. Meine Damen und Herren, auch die Berufskollegen in der Biolandwirtschaft sind vor diesem Phänomen nicht gefeit.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Und wie ist es mit dem Kupieren von Schwänzen?)

Da war ein Landwirt, der Tierhaltung mehr hobbymäßig machte. Er sagte: Tierhaltung gehört auch dazu. - Das war kein wirklicher Betriebszweig. Er hatte 40 Schweine. Der Kollege Deppmeyer sagte dann: Die Schwänze sind ja auch zum Teil kupiert. - Darauf sagte er: Die sind nicht kupiert, die sind abgebissen.

Meine Damen und Herren, die Kollegen in der biologischen Landwirtschaft haben die gleichen Probleme. Der Anteil der biologischen Landwirtschaft an der Schweinehaltung beträgt 1 %. Und das hat Gründe. Die Preise des Schweinefleisches liegen beim Dreifachen. Es gibt eine ganze Reihe von Rückumstellern in diesem Bereich, die einfach nicht damit klarkommen, diese Krankheiten nicht entsprechend behandeln zu können.

Meine Damen und Herren, dann komme ich zu dem eigentlich Empörenden. Der Minister hat sich auch in dem berühmten Zeit-Artikel geäußert. Er wird damit zitiert, er habe weiterhin das Ziel, in der Nutztierhaltung keine Antibiotika mehr einzusetzen.

Dann wird das Bild natürlich rund. Man schafft ein Haltungssystem, bei dem bis zu 90 % der Tiere verletzt werden, und zwar am Ringelschwanz.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Das wird jetzt immer absurder, Herr Grupe!)

Der Ringelschwanz ist eine direkte Fortsetzung der Wirbelsäule. Deswegen ist er eine Eintrittspforte für Keime. Dort entstehen dann Entzündungen, die oftmals in kürzester Frist zu Lähmungen der Tiere führen, bis hin zum Tode.

Einerseits aus populistischen Gründen eine solche Haltungsform zu propagieren und andererseits zu sagen: „Ich will den Tieren medizinisch nicht mehr angemessen helfen“,

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Das ist doch absurd!)

ist - das habe ich schon gestern gesagt - boshaft.

(Frank Oesterhelweg [CDU]: Das ist Tierquälerei und nichts anderes!)

Das kann man nicht tun.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wer mit solcher Unkenntnis - - -

Herr Kollege Gruppe, lassen Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Staudte zu?

Ich bin gleich am Schluss. Dann kann Miriam Staudte gerne eine Kurzintervention machen, und dann diskutieren wir das weiter.

Alles klar.

Wer also, meine Damen und Herren, unbelastet von jeglicher Sachkenntnis, glaubt, mit derart weltfremden Anschauungen den Tierschutz voranbringen zu können, der wird auf unseren ganz entschiedenen Widerstand stoßen.

Wenn Sie Ihre Pläne in die Tat umsetzen könnten, Herr Minister, hätten Sie eine Tierquälerei zu verantworten, die ihresgleichen suchte. Das, was Sie hier vorhaben, ist keine sanfte Agrarwende, sondern eine sarkastische.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Grupe. - Für die SPDFraktion hat nun Herr Siebels das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Tierleid durch Kannibalismus verhindern - Ringelschwanzprämie stoppen und Tierschutzplan auf wissenschaftlicher Basis umsetzen“ lautet der Titel des Antrages. Ich will versuchen, mich tatsächlich an diesem Titel entlangzuarbeiten. Denn ich finde, dass diese wirklich hoch komplizierte Frage, die im Tierschutzplan Niederschlag gefunden hat, sachlich abgearbeitet werden sollte.

Erstens weise ich darauf hin, dass das routinemäßige Kupieren eigentlich schon heute verboten wäre.

Zweiter Hinweis: Zum Tierschutzplan - aufgestellt zu Zeiten der schwarz-gelben Regierung, unter Herrn Lindemann, CDU-Mitglied; dies sei mir vorab gestattet, weil bei Ihnen gelegentlich Absetzbewegungen deutlich werden - und zu dieser Thematik insgesamt liegt uns jetzt, wenn ich richtig mitgezählt habe, der dritte Antrag vor. Die beiden anderen stecken auch noch in den Ausschussberatungen.

(Zuruf von Hermann Grupe [FDP])

Insofern kommt dieser hier obendrauf, Herr Grupe.

(Thomas Schremmer [GRÜNE]: Sie können es selber nicht glauben!)

Wir haben eine Anhörung durchgeführt, in der durchaus klar geworden ist, dass eine Ringelschwanzprämie von verschiedenen Seiten kritisch gesehen wird; das ist nicht zu bestreiten.

Bei dem, was wir jetzt diskutieren, geht es eigentlich um drei Bereiche.

Erstens geht es um die Umsetzung des Ausstiegs aus dem routinemäßigen Kupieren 2016. Ich will noch einmal betonen - weil das Gegenteil immer wieder, mindestens unterschwellig, herauszuhören ist -, dass auch der Minister - eine Selbstverständlichkeit! - klargestellt hat, dass wir ein Tierleid nicht durch ein größeres Tierleid ersetzen wollen und werden.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zurufe von der CDU und von der FDP: Aha!)

Das ist überall öffentlich klargestellt worden, und das ist sowieso eine Selbstverständlichkeit. Alles andere wäre überhaupt nicht darstellbar. Aber ich will das noch einmal deutlich machen, damit das Gegenteil bei Ihnen, meine Damen und Herren, künftig nicht mehr unterschwellig mitschwingt.

Ich will aber auch darauf hinweisen, dass die Ziellinie 2016 von Ihnen nicht dauernd infrage gestellt werden sollte. Sie ist im Tierschutzplan vereinbart worden. Wer Erfolge in Sachen Tierwohl erreichen will, der tut gut daran, eine Ziellinie vorzugeben. Das wollen wir.

Das unterscheidet uns übrigens von einer Äußerung aus der FDP. Ich zitiere aus einer Pressemeldung von Herrn Bode, der offenbar auch für diesen Bereich Experte ist: „Es muss eines Tages möglich sein, auf das Kupieren der Ringelschwänze zu verzichten.“ Vielleicht können Sie das ein bisschen konkretisieren!

(Miriam Staudte [GRÜNE]: „Eines Ta- ges“! Am Sankt-Nimmerleins-Tag!)

Meine Damen und Herren, wir hätten schon gern eine feste Ziellinie, einen Zeitpunkt, zu dem das routinemäßige Kupieren der Schweineschwänze in Niedersachsen aufhört.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Auf Ihre Zwischenfrage möchte ich freundlich verzichten. Herr Bode, ich habe Ihre Meldung gesehen.

(Heiterkeit bei den GRÜNEN)

Zweitens geht es um die Frage der Prämienzahlung. Auch hier habe ich den Eindruck, dass im Gesamtkonzept einiges vermischt wird. Die Landwirte selbst haben immer wieder Bonus- statt Malussysteme gefordert. Nun machen wir so etwas, und Sie kritisieren das auf das schärfste.

(Zuruf von der CDU: Ja, weil ihr es falsch macht!)