Sie haben uns hier heute wieder gezeigt, dass Sie Finanz- und Steuerpolitik nur unter dem Gesichtspunkt „senken, weniger, einseitig heruntergehen“ denken. Sie denken nicht daran, wofür wir Finanzpolitik machen, welche Aufgaben zu finanzieren sind. Diese Ihre Denkweise haben wir hier alle sehr eindrucksvoll mitbekommen. Und damit haben Sie ganz klar den falschen Kurs vorgegeben. Rot-Grün liegt hingegen auf dem richtigen Weg.
Vielen Dank. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, sodass ich die Besprechung zur Aktuellen Stunde der FDP schließen kann. -
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nun ist genau das eingetreten, was wir befürchtet haben: Die Wolfsrisse nehmen überhand, und einzelne Wölfe entwickeln sich zu Problemwölfen, weil sie sich von ihrem natürlichen Verhalten entfernen und überwiegend auf Weidetiere zugreifen. Ich nenne als Beispiel die Situation in Vechta: Dort sind bisher über 70 Schafe gerissen worden; allein 60 Schafe eines einzigen Tierhalters.
Wir haben in den Beratungen über die Wolfsrichtlinie uneingeschränkte, landesweite Präventionsmöglichkeiten gefordert - nicht Wolfs- und Herdenschutzregionen. Wenn dem gefolgt worden wäre, hätten die Schäfer in Vechta sofort reagieren können.
Sie, meine Damen und Herren von Rot-Grün, tragen für diese Risse mit die Verantwortung. Jedes einzelne Schaf hätte noch leben können, wenn Sie nach unseren Forderungen entschieden hätten.
Ebenso müssen Entschädigungen viel schneller gezahlt werden. Wir haben mit Unterstützung der Wolfsberater eine Beweislastumkehr gefordert. Damit hätte auch in Vechta eine Entschädigung
viel schneller gezahlt werden können. Stattdessen musste erst auf die DNA-Ergebnisse gewartet werden, die nun endlich vorliegen. Nach drei Monaten! Das ist viel zu lange.
Einen Moment, bitte, Herr Kollege Angermann! - Ich darf noch einmal alle Kolleginnen und Kollegen um etwas mehr Ruhe im Plenarsaal bitten. - Herr Angermann, wir fahren in der Beratung erst fort, wenn Sie die notwendige Aufmerksamkeit haben. - Bitte, Herr Angermann!
Die Herdenschutzregionen müssen abgeschafft werden, Präventionsunterstützung muss landesweit möglich sein!
Weidehalter, die ihre Herden vom Wolf bedroht sehen, müssen Vorsorge betreiben können. Das, was in Vechta vorgefallen ist, kann - das sage ich im Wissen, dass ein Wolf 70 km am Tag zurücklegen kann - zu jeder Zeit an einem anderen Ort im Land geschehen.
Die Menschen machen sich Sorgen, und diese Sorgen sind auch berechtigt. In der letzten Woche wurde im Raum Bergen/Munster durch zwei Videoaufnahmen die Scheulosigkeit der Wölfe belegt. Wenn ein Wolf an einem haltenden Pkw steht und zwei weitere Wölfe auf den Pkw zulaufen, wenn ein streifender Wolf - nachgemessen! - in 8 m Entfernung an mit Motorsägen arbeitenden Waldarbeitern vorbeizieht, dann wissen wir, dass diese Tiere jede Scheu verloren haben. Das heißt aber auch, dass Fußgänger und Wanderer jederzeit mit einer Begegnung rechnen müssen.
Und was sagen Sie den Leuten, die reiten? Pferde, die die Witterung des Wolfes aufgenommen haben, werden scheuen. Spätestens dann, wenn der Wolf zu sehen ist, werden sie reagieren. Diese Sorgen bewegen die Menschen.
Wie sollen sich die Tierhalter in den küstennahen Bereichen auf den Wolf einstellen? Dort werden die Weiden durch Grüppen und Gräben abgegrenzt. Es ist unmöglich, alle Schafs- und Rinderherden wolfssicher einzuzäunen.
Und was ist mit den Deichschäfereien? Wir haben vorgestern eine Deichschäferei in der Wesermarsch besucht. Im Sommer laufen dort 16 000 Schafe auf den Deichen. Und Deichschutz funktioniert nur mit den Schafen. Mit großer Sorge sieht man dort die Ausbreitung des Wolfes. Herr Minister Wenzel, was werden Sie tun, wenn die ersten Wölfe diese Region erreicht haben? Prävention durch wolfssichere Zäune ist dort nicht möglich. Der Wolf wird auf diejenige Nahrung zugreifen, die als Erstes zu erreichen ist, und das sind die Schafe. Haben Sie einen Plan für diesen Super-GAU?
Wenn man weiß, dass aus einem Wolfspaar in zehn Jahren über 1 000 Nachkommen erwachsen können, wird deutlich, wie rasant sich eine Wolfspopulation - Nahrungsangebot vorausgesetzt - entwickeln kann.
Meine Damen und Herren, das Thema ist hoch sensibel. Die Menschen im ländlichen Raum, besonders die Weidetierhalter, sind in Sorge, und diese Sorgen müssen unbedingt ernst genommen werden.
Das gelingt aber nur, wenn diese Landesregierung durch vorausschauendes Handeln Vertrauen schafft. Aber genau da versagen Sie. Sie arbeiten nur nach, und das auch nur auf Druck. Das war bei der Wolfsrichtlinie so, und das war auch bei der Präventionsunterstützung in Vechta so. Wenn Herr Ostmann nicht mit seinem vom Wolf gerissenen Schaf vor Ihrer Tür gestanden hätte, gäbe es noch heute keine Unterstützung für die Schafhalter in Vechta.
Meine Damen und Herren, so schaffen Sie keine Akzeptanz. Es ist dringend notwendig, dass Fachkompetenzen zum Thema Wolf, und zwar ideologiefrei, gebündelt werden. Die Wolfsberater haben wertvolle Erfahrungen gesammelt. Sie gehören genauso mit an den Tisch wie Vertreter der Tierhalterverbände, der Landesjägerschaft, des Ministeriums - und auch der Kommunen; denn nicht nur die Tierhalter sorgen sich, sondern auch die Menschen in der Fläche. Ziel dieser Gespräche muss ein nachhaltiges Wolfskonzept sein, das vorausschauende Lösungen für die zu erwartenden Herausforderungen bietet. Dazu gehören auch die Überarbeitung der Wolfsrichtlinie sowie die Möglichkeit einer Wolfsregulierung.
Herr Minister, nehmen Sie das Thema ernst, laden Sie die entsprechenden Fachleute ein, und nehmen Sie endlich das Heft des Handelns in die Hand! Dazu fordern wir Sie auf.
Vielen Dank, Herr Kollege Angermann. - Für die SPD-Fraktion hat nun Herr Kollege Bosse das Wort. Bitte!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! „Die Begegnung mit dem Wolf ist nicht gefährlich.“ So steht es in einem Flyer aus Zeiten der schwarz-gelben Landesregierung. Und was vor wenigen Jahren schon gegolten hat, gilt auch heute noch.
Herr Dr. Stefan Birkner sagte in 2012 in einer Pressemitteilung des Umweltministeriums: „Wir sind froh, dass der Wolf gerade wieder heimisch geworden ist bei uns.“ Das „ist ein großer Erfolg für den Artenschutz.“ In einer weiteren Pressemitteilung aus dem Umweltministerium heißt es: „Der Wolf ist in Niedersachsen willkommen.“ Minister Sander ist sogar noch weiter gegangen: „Nach Niedersachsen kommen nur gute Wölfe“, hat er gesagt.
Das ist nicht einmal drei Jahre her. Aber Sie haben das alles vergessen, meine sehr verehrten Damen und Herren: Jetzt soll der Wolf bejagt oder vertrieben werden und schnellstmöglich wieder aus Niedersachsen verschwinden.
(Frank Oesterhelweg [CDU]: Wer sagt das denn? - Weitere Zurufe von der CDU - Glocke der Präsidentin)
Haben Sie denn ernsthaft gedacht, der Wolf bzw. die Wolfsrudel würden nur auf Truppenübungsplätzen sein? So kleingeistig können doch nicht einmal Sie sein!
(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN - Frank Oesterhelweg [CDU]: Vorsichtig, Herr Kollege! - Wei- tere Zurufe von der CDU)
Das zeigt doch wieder einmal deutlich, dass Ihr Wort von gestern nichts gilt. Das ist Ihre Politik - gerade bei der Wiedereinführung von Wildtieren. Wenn es brenzlig wird, wird die Keule rausgeholt: draufschlagen, töten oder vertreiben.
Wie soll es denn weitergehen? Was machen wir denn, bitte schön, mit dem Biber? Soll auch der Biber, der Dämme baut - auch in der Region Hannover -, sodass landwirtschaftliche Flächen überflutet werden, bejagt werden?
Und was machen wir mit dem Luchs, der möglicherweise auch Fußgänger verschreckt und Rehwild erlegt? Soll der auch bejagt werden? Wie weit wollen Sie es denn an der Stelle treiben?
(Dr. Gero Hocker [FDP]: Was sind das denn für Vergleiche? Den Biber und den Wolf in einem Atemzug zu nen- nen! - Weitere Zurufe von der CDU)