Protokoll der Sitzung vom 18.02.2015

Sie, meine Damen und Herren auf der rechten Seite des Hauses, haben eine ganze Menge Murks gemacht.

Einen Moment, bitte, Herr Kollege Bosse!

(Heinz Rolfes [CDU]: Das ist eine Un- verschämtheit! - Weitere Zurufe von der CDU)

Wir fahren erst fort, wenn wieder Ruhe im Plenarsaal ist.

Ich nutze die Pause, Herr Kollege Bosse, um Sie darauf hinzuweisen, dass „kleingeistig“ kein Begriff ist, den wir hier im Parlament verwenden.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Jens Nacke [CDU]: Dafür sollte man sich entschuldigen!)

In der Debatte werden wir erst fortfahren, wenn auf allen Seiten des Hauses wieder etwas Ruhe eingekehrt ist. Bei aller Leidenschaft für das Thema - wir wollen der Debatte folgen können. - Bitte, Herr Kollege Bosse!

Sie haben während Ihrer Regierungszeit eine ganze Menge falsch gemacht. Was Sie richtig gemacht haben, war die Kooperationsvereinbarung mit der Landesjägerschaft. Die Landesjägerschaft unterstützt das Land neben ihren umfangreichen weiteren Aufgaben auch durch das sogenannte Wolfsmonitoring sowie die Schulung von ehrenamtlichen Wolfsberatern und durch Informationen vor Ort.

Das Wolfsmonitoring ist von der Landesjägerschaft freiwillig übernommen worden. Deshalb möchte ich an dieser Stelle der Landesjägerschaft einen recht herzlichen Dank sagen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das muss auch einmal gesagt werden.

(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP)

Ich sage auch: Die Großmütter frisst der Wolf nur im Märchen. Aber, Herr Angermann, es ist in der Tat so, dass auch Haustiere auf seinem Speiseplan stehen. Das Land hat an der Stelle aber durchaus gehandelt und mit der Richtlinie Wolf einen richtigen und wichtigen Schritt für Prävention und Herdenschutz getan. Im Übrigen unterliegt die Richtlinie Wolf einer ständigen Aktualisierung. Sie ist nicht in Stein gemeißelt.

Die Skepsis gegenüber der Wiedereinführung von Wölfen oder Wildtieren im Allgemeinen ist eigentlich etwas ganz Normales. Es gibt mittlerweile etwas über 50 Wölfe in Niedersachsen. Und falls es tatsächlich bei einem Wolf zu extremen Auffälligkeiten im Verhalten kommt, kann selbstverständlich reagiert werden.

(Dr. Gero Hocker [FDP]: Wie denn, Herr Kollege?)

Auch bei einer zunehmenden Population ist durchaus eine Reaktion, möglicherweise auch eine Dezimierung, möglich.

(Dr. Gero Hocker [FDP]: Wie wollen Sie die Populationen denn dezimie- ren? Wollen Sie „husch, husch!“ sa- gen oder was?)

Das muss aber naturschutzfachlich festgestellt und bewertet werden. Das kann nicht von der Opposition im Niedersächsischen Landtag in einem Handstreich bewertet werden. Dazu müsste man zumindest noch ein paar Fachleute hören.

Was Sie hier betreiben, hat eine ganze Menge mit Populismus und Oberflächlichkeit zu tun. Wir dürfen das Thema nicht verharmlosen; wir dürfen es aber auch nicht dramatisieren.

Und natürlich haben wir auch sehr viel Verständnis für die Eltern der Kinder, die in den Waldkindergarten in Goldenstedt gehen. Ihre Sorgen und Ängste müssen in der Tat ernst genommen werden.

(Karsten Heineking [CDU]: Das hörte sich aber anders an!)

Herr Kollege Bosse, Sie haben einige Nachfragen provoziert. Wollen Sie eine Frage des Kollegen Grupe zulassen?

Eines sage ich an der Stelle ganz deutlich: Wir nehmen die Sorgen und Nöte der Eltern der Kinder des Waldkindergartens, der Erzieherinnen und auch des Bürgermeisters von Goldenstedt natürlich ernst. Die Sicherheit der Menschen geht immer vor. Das ist eine Selbstverständlichkeit.

Es geht doch aber auch um eine sachliche Auseinandersetzung mit der Rückkehr der Wölfe und um die Akzeptanz dieses Beutegreifers, der bis vor 100 Jahren hier immer heimisch war.

Herr Bosse, auch der Kollege Focke hat eine Nachfrage. Möchten Sie die zulassen?

Auch nicht.

Sie lassen also keine weiteren Fragen mehr zu.

(Dr. Stephan Siemer [CDU]: Nicht sehr souverän!)

Es gilt, meine sehr verehrten Damen und Herren, hier besonnen zu reagieren, aufzuklären und auch zu informieren. Das hat auch nichts mit Wolfsromantik zu tun. Der Wolf ist nun hier - das Tier, das Sie sich immer so sehr gewünscht haben. Das ist jetzt Realität. Und unser gemeinsames Ziel muss es doch sein, ein möglichst konfliktarmes Verhältnis zwischen Mensch und Tier anzustreben. Die

Wolfsrichtlinie der Landesregierung trägt wesentlich mit dazu bei.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Für die FDP-Fraktion: Herr Kollege Hocker, Sie haben das Wort.

(Ansgar-Bernhard Focke [CDU]: Du kannst ja einmal fragen, wie viele Bi- ber im letzten Jahr Schafe gerissen haben! - Jens Nacke [CDU]: Keine Entschuldigung? Reißt das hier ein, dass beleidigt wird?)

- Herr Kollege, wir beginnen erst, wenn hier Ruhe eingekehrt ist. - Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Verehrter Herr Kollege Bosse, ich höre von Ihnen immer wieder: Der Wolf ist auf dem Weg nach Niedersachsen. - Nein! Der Wolf ist schon längst da, auch wenn Sie das vielleicht noch gar nicht mitbekommen haben.

Der Wolf ist nach Niedersachsen migriert. Wir haben mittlerweile fünf Rudel, zwei Paare und zwei territoriale Einzeltiere bei uns in Niedersachsen. Über 70 Risse hat es gegeben. Es wird allerhöchste Zeit, dass Sie die Sorgen und Nöte der Menschen tatsächlich ernst nehmen! Da müssen Sie nicht nur A sagen, sondern Sie müssen auch B sagen: Sie müssen Vorsorge treffen! - Mit diesen halbherzigen Sprüngen, die Sie an den Tag legen, wird das nicht gelingen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Es gibt ein exponentielles Wachstum in den kommenden Jahren, weil der Wolf anpassungsfähig ist, weil es für den Wolf nicht sozusagen Hot-Spots gibt, wo er sich besonders gerne ansiedelt. Er ist anpassungsfähig und hat keine Fressfeinde. Deswegen wird die Wolfspopulation in den nächsten Jahren - vielleicht schon in den nächsten zwei oder drei Jahren - exponentiell wachsen. Darauf muss die Politik, bitte schön, Antworten finden! Man kann nicht einfach sagen: Wolf, komm zu uns, und der Rest wird sich von alleine regeln. - Das wird nicht funktionieren, Herr Kollege Bosse!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich weiß nicht, ob Sie in Ihrer Region die Zeitung lesen.

(Dr. Stephan Siemer [CDU]: Wahr- scheinlich nicht!)

- Wahrscheinlich nicht.

Erst vor wenigen Tagen haben wir zur Kenntnis nehmen können, dass bei der panischen Flucht vor einem Wolf ein Schafbock ertrunken ist. Ich sage - das hört sich fast schon zynisch an -: Vielleicht ist es von Vorteil, dass dieser Schafbock ertrunken ist und nicht auf die nächste Bundesautobahn, nicht auf die nächste Gleistrasse gelaufen ist; denn das hätte Schäden in Millionen- und Abermillionenhöhe für den Halter verursachen können. Da ist es - so zynisch es sich auch anhören mag - sogar noch besser, dass dieses Tier leider im Wasser verendet ist.

Das ist die Realität, wenn der Wolf nach Niedersachsen kommt, Herr Bosse. Sie sollten endlich Vorsorge treffen, damit sich dabei etwas ändert.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Es ist noch gar nicht so lange her, dass sich der Umweltminister mit den Worten hat zitieren lassen: Wir beginnen sofort damit, dass unbürokratisch und schnell Gelder bewilligt werden. - Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich sage Ihnen eines: Was in den letzten Wochen und Monaten passiert ist, geht auf keine Kuhhaut mehr. Wenn Sie den Wolf in Niedersachsen wirklich akzeptiert sehen wollen, Herr Minister, dann sorgen Sie dafür, dass diese Gelder tatsächlich unbürokratisch und unkompliziert unter Umkehr der Beweislast bewilligt und an diejenigen Nutztierhalter ausgezahlt werden können, die darunter leiden, dass der Wolf nach Niedersachsen kommt.

Ich habe zuhause einen kleinen Mischlingshund. Dieser kleine Mischlingshund kommt aus einem Tierheim. Wir haben uns einmal die Mühe gemacht herauszufinden, welcher Abstammung er ist. Wir haben einen DNA-Test machen lassen. Er hat 90 Euro gekostet und drei Wochen gedauert. - Es ist unerträglich, Herr Minister, dass ein Nutztierhalter, der einen Schaden aufgrund des Wolfs zu beklagen hat, drei Monate darauf warten muss, bis das Ergebnis dieses DNA-Tests endlich vorliegt.

Sie halten die Menschen hin, die Menschen brauchen aber unbürokratische Unterstützung und Hilfe. Sonst wird dem Wolf ein Bärendienst erwiesen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Dazu gehört auch, dass man nicht nur über DNATests nachdenkt, sondern dass der Wolf logischerweise auch dem Jagdrecht unterstellt wird. Wir werden das im Laufe des heutigen Tages noch diskutieren. Das heißt mitnichten, dass wir jeden Wolf gerne über die Kimme aufs Korn nehmen wollen. Aber das heißt, dass Politik wenigstens die Voraussetzungen dafür schafft, einer Situation Herr zu werden, die wir in zwei oder drei Jahren vielleicht haben werden.

Wer A sagt, muss auch B sagen, Herr Minister. Deswegen reicht es nicht aus, nur Prävention zu machen - auch da haben Sie Defizite -, sondern das heißt auch, dass wir den Wolf ins Jagdrecht überführen müssen, gerne auch mit einer einjährigen Schonzeit.