Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Götz, es ist spannend, wenn Sie zu einem Antrag zur zukunftsweisenden Anbindung des Harzes sprechen und uns ideologische Politik vorwerfen, aber gleichzeitig nur über Straße sprechen und nicht einen Satz zur Schiene verlieren. Das finde ich sehr spannend.
(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Jörg Bode [FDP]: Bei dem An- trag geht es um die Straßen!)
Denn gerade wenn Sie eine solche Kritik an der Politik der Landesregierung äußern, sollten Sie sich einmal vergewissern, dass Sie z. B. seit einiger Zeit innerhalb einer Stunde mit dem Zug von Goslar nach Hannover fahren können, und zwar auch nach 22 Uhr. Das ist ein Ergebnis von Ausschreibungsgewinnen des ZGB, die u. a. dadurch finanziert werden, dass wir mit dem Minister Olaf Lies verhandelt haben, dass das Land dem ZGB 5,3 Millionen Euro mehr gibt, um nicht nur diese Verbindung zu verbessern, sondern auch die Verbindung von Goslar oder Bad Harzburg nach Braunschweig. Ich finde es sehr schade, dass solche Elemente sehr erfolgreicher Verkehrspolitik von Rot-Grün in solchen Debatten immer völlig untergehen und Sie nur die Straße im Blick haben.
(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Christian Grascha [FDP]: Sie können doch einen Änderungsantrag stellen!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir hätten auch über die Schiene sprechen können. Aber das Thema waren nun einmal die Straßen.
Sie haben gesagt, dass die Verbindung von Goslar nach Hannover gut sei. Sie war schon immer gut. Dafür sind wir auch dankbar. Ein recht interessanter Hinweis aber sei mir erlaubt. Beim ZGB sind wir erst in der Lage gewesen, mehr Mittel für die Schiene, den Ankauf von Strecken, zur Verfügung zu stellen, nachdem wir nach zehn Jahren festgestellt haben, dass der damalige Ministerpräsident Gabriel gesagt hatte, dass auch die Bahn Aus
schreibungen gewinnen müsse. Erst als wir von diesen Zwängen frei waren und alle Schienenwege frei ausschreiben konnten, waren wir in der Lage, mehr Mittel zu kriegen. Das waren wesentlich mehr Mittel als der Betrag, den Sie soeben genannt haben.
Sehr verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Götz, wir reden hier über Infrastrukturpolitik und nicht nur über Straßenbaupolitik. Herr Grascha, mich ärgert, dass Sie immer wieder sagen, wir würden nur nach Berlin zeigen, und uns vorwerfen, dass wir unserer Verantwortung nicht gerecht würden. - Der Bund hat nun einmal Verpflichtungen, und denen kommt er nicht ausreichend nach. Die Länder sind ohnehin schon chronisch unterfinanziert. Entschuldigung, wir können nicht auch noch alles für den Bund mitfinanzieren.
(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Christian Grascha [FDP]: Das müssen Sie mit Lobbyarbeit in Berlin machen! Das machen Sie ja nicht!)
Im FDP-Antrag wird eine finanzpolitisch unseriöse „Alles-wird-gut-Straßenpaketforderung“ nach einem vierspurigen Weiterbau der Bundesstraße 243 zwischen der Landesgrenze Niedersachsen/Thüringen und der Stadt Nordhausen, der vierspurige Lückenschluss der B 6 zwischen Goslar und Salzgitter, die Nordverlängerung der Autobahn 71 von Sangerhausen zur Autobahn 14 und der mehrspurige Ausbau der Bundesstraße 82 zwischen der Bundesautobahnanschlussstelle Rhüden und Langelsheim gefordert.
Begründet wird die Forderung, diese Projekte in der Priorität des Bundesverkehrswegeplans an vorderste Stelle zu rücken, damit, dass eine verkehrlich gute Anbindung in die Region gewährleistet sein müsse, diese der negativen Bevölkerungsentwicklung entgegenwirke, die Wirtschaft in Schwung komme und damit Familien ernährt werden könnten. - So einfach sei das.
Wir finden es ganz und gar nicht einfach. Ein zukunftsfähiges Mobilitätskonzept im ländlichen Raum zu realisieren, ist vor dem Hintergrund des demographischen Wandels eine enorme Herausforderung;
denn ganz entscheidende Rahmenbedingungen fehlen: Wir brauchen dringend die Zusage für länder- und regionsübergreifende, einheitliche und zweckgebundene Mittel für die kommunale Infrastruktur. So ist bis heute durch das CSU-geführte Bundesverkehrsministerium die Nachfolge für das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz über das Jahr 2019 hinaus nicht geregelt.
Dieses Bundes-Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz ist wesentliche Grundlage für einen attraktiven und leistungsfähigen öffentlichen Personennahverkehr für gesicherte und verlässliche PendlerInnenfahrten aus ländlicheren Regionen in Mittel- und Oberzentren; etwas, das der Harz, aber auch andere ländliche Regionen dringend brauchen. Ebenso sind die Regionalisierungsmittel nicht gesichert. Auch diese brauchen wir dringend für den Ausbau des von Ihnen ebenso lange vernachlässigten Schienenpersonennahverkehrs.
Mit Ihrem Antrag haben wir es erneut mit einer tradierten und unter Ihrer Regierungszeit betriebenen Schwerpunktsetzung auf Straßenbau zu tun, frei nach dem Motto: Mehr Beton löst alle Probleme. Nimmt man die fatale Fehlentwicklung der Schieneninfrastruktur durch Herrn Mehdorn hinzu, gestaltet sich das vor uns liegende Aufgabenpaket als riesengroßer Problemsack, gefüllt mit Sturheit, Verdrängung und Schönfärberei Ihrerseits.
Unsere Infrastruktur ist längst in die Jahre gekommen. Deshalb sind Förderungen fortzuschreiben und mit der gesamtgesellschaftlichen Bedeutung zu verknüpfen.
Laut einer Berliner Studie würden Eltern bei PkwEngpässen eher das Auto des Nachbarn leihen, als den Bus zu nehmen, obwohl sich diese Eltern als umweltbewusst bezeichnen. Woran liegt das? Der Bus wird im ländlichen Raum als reiner Schülerverkehr wahrgenommen, flexible Bedienformen wie Anrufbusse sind umständlich und teuer, Vermittlungsplattformen zu privatem Carsharing sind
unbekannt, und Bürgerbusse hängen nun einmal von engagierten Leuten vor Ort ab. Aber nicht nur das ist eine Erklärung. Natürlich gibt es auch Landkreise, die gar keine Reaktivierung ihrer Schienenstrecken wollen oder diese längst überbaut haben, oder aber es fehlt das Geld, um hier zu investieren. Eine nachhaltige und zukunftsgerechte Verkehrspolitik sieht anders aus, meine Damen und Herren, und dabei ist es egal, ob es 26 oder 43 Kommunen sind, die das Hohelied auf mehr Flächenverbrauch und Straßenbau anstimmen.
Verantwortliche Infrastrukturpolitik erfordert heute die Einbeziehung regionaler Strukturen, die Beachtung realistischer Perspektiven und der gesellschaftlichen Entwicklung sowie Potenzialanalysen. Frau Menge hat ausgeführt, dass es auf das Gesamtkonzept ankommt.
In diesem Zusammenhang zu glauben, dass ein Straßenbaupaket die rettende Infrastrukturidee ist, ist verfehlt. Deswegen werden wir diesem Antrag nicht zustimmen.
Vielen Dank, Frau Hamburg. - Jetzt hat sich der Wirtschaftsminister zu Wort gemeldet. Bitte sehr, Herr Minister Lies!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst stelle ich mit großer Freude fest, dass die gesamte Begründung des Antrags eine Aussage von mir ist. Ich finde, das ist sehr wohlwollend.
Herr Götz, noch einmal in Ihre Richtung: Ich glaube auch, dass wir immer wieder betonen müssen, dass durch die Ausschreibung eine ganze Menge erreicht worden ist, gerade beim Thema Schiene. Dann muss man aber auch fairerweise sagen: Es war Peter Fischer, einer meiner Vorgänger, der damals mit der Poolbildung die Grundlage dafür geschaffen hat, dass wir diesen Vorteil genießen. Ich denke, das war eine gute Entscheidung, die damals Anfang der 90er-Jahre getroffen wurde, von der wir heute noch erheblich profitieren.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bleibe übrigens bei meiner Aussage, die in dem Antrag zitiert wird: Das ist ein richtiges Signal aus dem Harz. Genau darum geht es auch, nämlich darauf aufmerksam zu machen, dass es in allen Teilen unseres Landes darauf ankommt, eine vernünftige Infrastrukturanbindung - die ist dann übrigens breiter; das haben wir eben in der Diskussion deutlich gehört - sicherzustellen und das auch gegenüber dem Bund immer wieder deutlich zu machen. Deswegen, Herr Grascha ist das ein wichtiges Signal an vielen Stellen; denn der Bund überlegt tatsächlich, die demografische Entwicklung als negativen Faktor einzubeziehen. Da müssen wir in Niedersachsen genau aufpassen - hoffentlich mit anderen Flächenländern gemeinsam -, dass das nicht dazu führt, dass Infrastruktur sogar abgebaut wird. Dem müssen wir entgegenwirken. Ohne Infrastruktur und ohne ÖPNV wird das nicht gelingen. Deshalb muss das unser gemeinsames Ziel sein.
(Beifall bei den GRÜNEN - Christian Grascha [FDP]: Deshalb wäre es doch gut, wenn wir einen gemeinsa- men Antrag verabschiedeten!)
Aber wir müssen auch ein bisschen aufpassen - das ist auch die Bitte an all jene, die im Harz dieses Signal gesendet haben - und dürfen nicht den Eindruck erwecken, der Harz sei noch gar nicht angebunden. Dieses negative Image können wir uns auch nicht erlauben. Wir kennen die Schwierigkeiten, brauchen Lösungen, dürfen aber auch nicht das Bild erzeugen, dort könne man nicht hinkommen. Man kann gut dorthin kommen, dort kann man auch wunderbar Urlaub machen, aber wir müssen die Situation verbessern. Das ist unser gemeinsames Vorgehen. Wir haben dem Bund gegenüber sehr deutlich gemacht, dass wir insoweit Änderungsbedarf sehen, und ich denke, dass es unabhängig von der Beschlussfassung ein weiteres wichtiges Signal ist, dass es heute Tenor der Diskussion ist, darauf zu achten, alle Regionen anzubinden.
Aber, meine Damen und Herren, eines gehört auch dazu. Würden wir jetzt sagen: „Jeden Vorschlag, der kommt, nehmen wir auf, wir bündeln das, sagen, das ist toll, und schicken das weg.“, wäre das nicht ehrlich. Wir müssen jetzt schon sagen: Es liegen weit über 200 Anmeldungen für den Bundesverkehrswegeplan vor, die nicht alle in den
nächsten 15 Jahren umgesetzt werden können. Der Bund hat für den Teil der Bundesautobahnen und der überörtlichen Fernstraßen den vordringlichen Bedarf plus den vordringlichen und den weiteren Bedarf und er hat für die Bundesstraßen auch den vordringlichen und den weiteren Bedarf, und es hilft am Ende keiner Region, keine Perspektive auf Realisierung zu haben. Deswegen haben wir uns sehr detailliert mit diesen Vorschlägen auseinandergesetzt. Das muss das Ziel sein.
Ich will jetzt nicht alles wiederholen, weil ich das schon in meiner Rede bei der Einbringung des Antrags gesagt habe. Aber es gibt Teile, bei denen wir sehr gut unterwegs sind, bei denen die Bewertung aufgrund der Konferenzen, die auch schon unter der alten Landesregierung stattgefunden haben, durchgeführt wurde und bei denen wir gesagt haben: Ja, Perspektive, Aussicht auf Erfolg; das müssen wir mit Nachdruck voranbringen. - Es gibt Projekte, die wir selbst durchführen können. Das ist das Thema des geforderten vierspurigen Ausbaus der B 6 zwischen Goslar und Salzgitter. Dafür gibt es über die Verkehrsbelastung keine Rechtfertigung. Wir können uns lange darüber unterhalten, was wir gerne hätten. Wenn es keine Rechtfertigung dafür gibt, werden wir scheitern. Dann können wir uns hier hinstellen und sagen: Wir haben tolle Beschlüsse gefasst, aber den Menschen vor Ort haben wir kein Stück geholfen. Das kann nicht verantwortungsvolle Politik sein. Deswegen haben wir gesagt: Ein dreispuriger Ausbau aus Gründen der Verkehrssicherheit wäre möglich und könnte außerhalb des Bundesverkehrswegeplans erfolgen.
Sie sehen: Wir haben uns sehr differenziert mit den Vorschlägen auseinandergesetzt und haben nicht versucht zu sagen, durchweg sei es gut, sondern wir haben gefragt: Was geht? Was wollen wir umsetzen, und was ist am Ende möglich? Eine Reihe von Maßnahmen ist auf diese Art umsetzbar, es gibt aber auch eine Reihe von Maßnahmen, bei denen wir sagen müssen, dass sie nicht seriös bearbeitet werden können. Sie sind übrigens auch nicht angemeldet worden und können auch nicht nachgeschoben werden. Deswegen muss, so denke ich, das Ergebnis dieser Beratung lauten, dass wir uns intensiv dafür einsetzen, alle Regionen Niedersachsens voranzubringen, in allen Regionen Niedersachsens entsprechende Maßnahmen zu realisieren. Wir haben jetzt - ich will das noch einmal sagen - eine ganze Reihe von Maßnahmen, die planfestgestellt und unanfechtbar sind. Diese wollen wir umsetzen. Deswegen bitte
auch gemeinsamer Druck beim Bund, damit wir jetzt das Geld bekommen, nicht nur Maßnahmen zu planen, sondern auch zu bauen.