Protokoll der Sitzung vom 15.07.2015

Herr Minister Lies, jetzt mal ehrlich: In Deutschland sind die Rahmenbedingungen so gut, dass es Wachstum und tatsächlichen Zuwachs gibt. Von diesem Glanz bleibt natürlich bei jedem Bundesland etwas hängen. Es wäre schon wahnsinnig schwer, sich als Bundesland von diesem Trend komplett abzukoppeln. Und deshalb, Frau Westphely, ist es nicht entscheidend, wie die allgemeine Stimmung in Deutschland ist, sondern wie sich Niedersachsen im Verhältnis zu den anderen Bundesländern verhält.

Das ist die entscheidende Frage: Wird das Land Niedersachsen gut regiert, und hat es eine hohe Wirtschaftskompetenz, oder wird es schlecht regiert, und hat es eine schlechte Wirtschaftskompetenz? - Um diese Frage zu beantworten, helfen keine allgemeinen Wohlfühlwerte, sondern da geht es um harte Fakten, z. B. um das Wirtschaftswachstum.

Wie hat sich Niedersachsen entwickelt? - Als die CDU/FDP-Koalition damals an die Regierung gekommen ist, befand sich Niedersachsen beim Wirtschaftswachstum im Bundesländerranking auf den hinteren Tabellenplätzen. Wir haben uns dann über zehn Jahre bis an die Spitze hochgearbeitet. Und nun, nachdem Sie zweieinhalb Jahre regiert haben, müssen wir feststellen, dass Niedersachsen wieder auf den Abstiegsplätzen gelandet ist.

(Maaret Westphely [GRÜNE]: Als ob Sie Wirtschaftswachstum produziert hätten!)

Das zeigt: Niedersachsen kann mehr, aber Sie machen nichts aus den Chancen, die wir haben. Das ist schlecht für die Menschen in Niedersachsen. Und deshalb muss hier dringend eine Änderung passieren.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Wie wird eigentlich in Niedersachsen investiert? Wer siedelt sich hier an? Wer kommt aus dem Ausland, wenn er nach Deutschland geht, nach Niedersachsen? - Wie die Antworten auf diese Fragen ausfallen, ist ein entscheidendes Kriterium

dafür, ob der Wirtschaftsminister seinen Job gut macht.

Ernst & Young hat gerade eine Studie herausgegeben, in der gefragt wurde, welches Bundesland für Ansiedlungen interessant ist. Diese Studie ist sehr interessant. Wenn Sie genau hinschauen, stellen Sie fest: Niedersachsen taucht bei niemandem auf. Das wird gar nicht erwähnt.

Ernst & Young vergleicht des Weiteren, wie es mit Auslandsinvestitionen tatsächlich gewesen ist. - Hier geht um das Ausland ohne Bayern. Das muss man ja so sagen; denn für Sie, Herr Minister, ist Bayern neuerdings ja Ausland.

Wie hat sich Niedersachsen also bei den Auslandsinvestitionen tatsächlich entwickelt? - Niedersachsen hatte im Jahre 2014 einen Rückgang von 37 % zu verzeichnen. Herr Lies, die Mitarbeiter, die früher dafür zuständig waren, die Sie aber vergrault haben, nehmen diesen Job jetzt in Berlin wahr und haben dafür gesorgt, dass Berlin eine Zuwachsrate von 220 % hat. Diese Arbeitsplätze hätten in Niedersachsen entstehen können! Sie persönlich tragen die Schuld, dass diese Arbeitsplätze in Berlin entstanden sind und nicht bei uns.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Schauen wir uns die Ansiedlungen aus dem Ausland an. Was hat uns das für Arbeitsplätze gebracht? - Niedersachsen liegt im Vergleich der Bundesländer bei den Arbeitsplätzen auf Platz 14, immerhin noch vor Schleswig-Holstein und dem Saarland.

(Maaret Westphely [GRÜNE]: Was ist das denn für eine Statistik?)

Und Herr Lies, weil Sie gefragt haben, ob es früher anders war: Ja, es war anders. Bei den Arbeitsplätzen gab es einen Rückgang im Verhältnis zum Vorjahr von 53 %.

(Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN: Wie bitte?)

- 53 % im Verhältnis zu - - -

(Weitere Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)

- Ernst & Young, Herr Schmidt. Ich kann es ja verstehen, dass Ihnen die Zahlen wehtun, aber sie sprechen halt eine harte Sprache.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es kommt halt darauf an, wie man - -

(Zurufe von Maximilian Schmidt [SPD])

Herr Kollege Schmidt, Sie können Zwischenfragen stellen - Sie können es versuchen -, aber wir sollten jetzt aufhören, ständig Zwischenrufe zu machen. Das Wort hat Herr Bode. Er hat noch 45 Sekunden zur Verfügung. - Nutzen Sie die bitte jetzt!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es kommt darauf an, dass man nicht nur wohlfeile Reden schwingt, sondern dass man tatsächlich auch handelt,

(Gerd Ludwig Will [SPD]: Das hätten Sie ja machen können!)

dass man Unternehmen nach Niedersachsen holt.

(Gerd Ludwig Will [SPD]: Richtig!)

Das geht nicht, wenn man sie wie die Meyer Werft an den Pranger stellt. Das geht nicht, wenn man gesteht, dass man Unternehmen durchleuchtet, ausforscht und hinterfragt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir leben immer noch in der sozialen Marktwirtschaft. Wir haben keine Staatswirtschaft. Herr Minister Lies, Sie sind nicht derjenige, der unternehmerische Entscheidungen zu treffen hat, Sie haben dafür zu sorgen, dass unternehmerische Entscheidungen dazu führen, dass man sich in Niedersachsen ansiedelt, dass man hierher kommt, dass Niedersachsen als Willkommensland für Unternehmensansiedlung und für Wirtschaftswachstum gesehen wird.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Sie aber wollen alle aus dem Land treiben.

(Johanne Modder [SPD]: Das ist doch Quatsch, was Sie da erzählen! Sie haben von der Meyer Werft keine Ah- nung! - Weitere Zurufe von der SPD - Glocke des Präsidenten)

Sie haben in einem Interview gesagt, Herr Lies, Sie seien unterwegs bei „befreundeten“ Unternehmen. Sie unterscheiden also zwischen befreundeten und nicht befreundeten Unternehmen. Leider wächst die Zahl der nicht mit Ihnen befreundeten Unternehmen rasant.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der SPD - Gegenruf von Christian Grascha [FDP]: Ernst & Young schon einmal gehört?)

Vielen Dank, Herr Kollege Bode. - Für die Landesregierung hat jetzt Herr Wirtschaftsminister Lies das Wort. Bitte, Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Unruhe)

Meine Damen und Herren im Plenum, jetzt spricht Herr Minister Lies! Lassen Sie bitte die Diskussion in den Bänken!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schon ein wenig befremdlich, wenn der eine aus der Opposition ausschließlich aus Zeitungen zitiert und der andere aus der Opposition ausschließlich aus Statistiken. Das unterscheidet Sie von dieser Landesregierung und mir als Minister. Ich setze mich zusammen mit Kammern, mit Kommunen, mit Unternehmern, Verbänden und Gewerkschaften. So machen wir Politik und nicht mit Statistiken und Zeitungsanzeigen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Christian Dürr [FDP]: Ge- nau! Wie es dem Land geht, ist egal, aber Sie sprechen mit den Menschen! - Christian Grascha [FDP]: Wichtig ist, dass der Kaffee schmeckt, oder?)

Ich will es noch einmal sagen: Ich betrachte mich in dieser Funktion als oberster Wirtschaftsförderer des Landes. Genau diese Aufgabe nehmen wir auch wahr, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Deswegen: Nicht zuschauen wie in der Vergangenheit, sondern sich beteiligen und mitwirken, Kümmerer für Unternehmen sein, das ist die Aufgabe, die ich für mich sehe, aber auch für meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dass das sehr gut funktionieren kann, will ich an einem Beispiel

aufzeigen, das Sie leider weggelassen haben. Das hätten Sie auch zitieren oder vielleicht eine Statistik dazu aufrufen können. Das ist der gemeinsame Wirtschaftsfonds, den wir mit NiedersachsenMetall auf den Weg gebracht haben und der dafür sorgt, dass wir über Beteiligungskapital Unternehmen in Niedersachsen stärken. Das ist Wirtschaftspolitik von Wirtschaft und Politik gemeinsam, und so muss es funktionieren, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Herr Minister, erlauben Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Pieper?

Ja, gerne.

Bitte, Frau Kollegin!

Danke schön, Herr Präsident. - Herr Minister Lies, Sie haben gerade ausgeführt, dass Sie sich als Förderer der Wirtschaft sehen. Wie bewerten Sie denn Ihre Aussage und die Aussage des Landwirtschaftsministers Meyer gegenüber den Betreibern des DOS aus Soltau, die darum gebeten haben, eine Erweiterung vornehmen zu können, wozu Landwirtschaftsminister Meyer ganz klar sagt, die Landesregierung werde dieser Erweiterung nicht zustimmen? Da passt doch etwas nicht!

(Beifall bei der CDU)

Bitte, Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Factory Outlet Center in der Diskussion, die wir gerade führen, mit Wirtschaftsförderung zu vergleichen, wenn es gleichzeitig darum geht, Arbeitsplätze bei den Einzelhändlern in den Städten und Gemeinden zu erhalten, finde ich, bei allem Respekt, merkwürdig.