Also könnte man jetzt sagen: Die Bedeutung der Kommission ist nicht viel höher als die der Anzuhörenden bei einer normalen Anhörung zu einem Gesetzesvorhaben, nur dass sie eben kontinuierlich tagt und beständige Mitglieder hat.
Gleichwohl werden wir den von Ihnen vorgeschlagenen Änderungen nicht zustimmen. Ich möchte das kurz begründen.
Den ersten Punkt hatte ich bereits angesprochen: Ich glaube - ich weiß, dass Sie das nicht nachvollziehen können -, dass durch diese Änderung die Bedeutung der Beschlüsse der Kommission sinken kann - nicht muss, aber kann.
Eine Geschäftsordnung eignet sich für politische Schwerpunktsetzungen gerade nicht. Deswegen ist es immer gut, wenn man sie in großer Einigkeit verabschiedet und beschließt. Wenn wir uns eine Geschäftsordnung geben - Regeln, nach denen wir arbeiten wollen -, müssen wir immer jeden Eventualfall berücksichtigen.
Sie haben eben den Fall geschildert, dass die Externen einer Meinung sind, aber die Regierungsvertreter dagegen sind. So war es in der letzten Wahlperiode, was Sie manchmal kritisiert haben. Dann kam kein Beschluss zustande.
Was Sie jetzt einrichten, ist das Gegenteil. Möglicherweise sind die externen Vertreter nicht einer Auffassung. Gleichwohl kann ein Mehrheitsbeschluss zustande kommen. Das kann dazu führen, dass beispielsweise die Interessen der Sinti und Roma, die Sie neu in die Kommission aufnehmen, überstimmt werden. Es kann dazu führen, dass die Interessen der Aussiedler, denen Sie nur einen Platz zugestehen wollen, überstimmt werden, beispielsweise durch die neun Mitglieder landesweit tätiger Verbände der Migrantinnen und Migranten.
Das Gremium hat 19 Mitglieder. Zehn Mitglieder sind also eine Mehrheit. Das heißt, die Stimmen dieser neun Mitglieder und Ihre Stimme oder die eines anderen Mitgliedes würden ausreichen, nicht nur die Politiker zu überstimmen, die in diesem Gremium dabei sind, sondern auch externe Vertreter beispielsweise der Wohlfahrtsverbände. Das kann man bei einem solchen Gremium nicht wol
Wenn man hätte abschaffen wollen, was Sie kritisieren - dass Regierungsvertreter letztendlich eine Entscheidung unterbinden können -, dann hätte man die Politiker herausnehmen und nur noch Externe in diesem Gremium lassen können. Das wollten Sie aber natürlich nicht, weil Sie selbst den Vorsitz übernehmen wollen. Auch dafür wurde extra die Geschäftsordnung geändert.
Der zweite für uns sehr wesentliche Punkt ist in den Beratungen angesprochen worden - wir haben das auch hier angesprochen -: Sie ändern die Zuständigkeit. In der Kommission soll es künftig auch um die religiöse Vielfalt gehen. Dazu haben wir - wie ich finde, zu Recht - angemerkt: Ist es möglich, über religiöse Vielfalt zu diskutieren und dabei die Vertreter der großen christlichen Kirchen und der jüdischen Gemeinden außen vor zu lassen?
An dieser Stelle, Frau Polat, muss ich wirklich Kritik üben. Sie haben gesagt, das sei nicht erforderlich, weil in der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege Caritas und Diakonie vertreten seien, damit seien die Interessen der Kirchen ausreichend gewürdigt.
Da kommt eine echte, schlimme Kirchenfeindlichkeit zum Tragen. Durch Diakonie und Caritas im Verbund der Landesarbeitsgemeinschaft - möglicherweise nicht einmal mit einem eigenen Vertreter; denn wir wissen nicht, wer von denen benannt wird - die Interessen und Meinungen der christlichen Kirchen in diesem Land ausreichend vertreten zu sehen, finde ich nicht in Ordnung. Dafür sollten Sie sich bei den Kirchen in jedem Falle entschuldigen.
Wir mussten unser Ergebnis damit abwägen. Ich glaube, dass Sie der Kommission keinen Gefallen tun. Ich glaube, dass die Bedeutung der Beschlüsse der Kommission zurückfallen wird. Wenn, wie von mir gerade skizziert, Mehrheitsentscheidungen beispielsweise gegen die Position der Sinti und Roma, der Aussiedler, der Wohlfahrtsverbände oder der kommunalen Integrationsbeauftragten zustande kommen, dann gilt - das kann ich für die Fraktion der CDU sagen - zukünftig auch für die Kommission das, was für Anhörungen gilt: Nicht die Mehrheit entscheidet, sondern die Meinung. Wir werden uns also sehr genau ansehen, was diese Vertreterinnen und Vertreter gesagt haben,
Die Abstimmung in dieser Kommission hat an Bedeutung verloren. Dafür tragen Sie die Verantwortung. Gut gemeint, aber eben schlecht gemacht - das ist Teil Ihrer Politik und soll in diesem Falle umgesetzt werden. Wir werden dem nicht zustimmen können.
Vielen Dank. - Zu einer Kurzintervention hat sich Frau Kollegin Polat gemeldet. Sie haben anderthalb Minuten Redezeit.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Nacke, ich möchte entschieden zurückweisen, dass wir die Kirchen in irgendeiner Weise aus dieser Kommission heraushalten wollten. Der Charakter der Kommission ist historisch gewachsen: Sie ist die Vertretung der Ausländerinnen und Ausländer. Seit viele Ausländerinnen und Ausländer die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen haben - diese Weiterentwicklung haben Sie mitgetragen -, ist sie ein Gremium für Menschen mit Migrationshintergrund.
Wir gehen einen neuen Weg und nehmen explizit nur einen Vertreter der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege auf, weil diese Organisationen die wesentlichen Empfänger von Geldern zur Umsetzung von Integrationsmaßnahmen sind. Die Muslime haben, wie Sie wissen, keine Wohlfahrtsorganisation, weil sie noch keine als Körperschaft öffentlichen Rechts anerkannte Religionsgemeinschaft sind, sondern auch unter Ihrer Regierung nur als Vereine tätig sein konnten. Die Vereine in den Dachverbänden DITIB und Schura machen sehr viel Integrationsarbeit, fallen aber - auch zum Unmut der Muslime - immer noch in die Kategorie von Migrantenselbstorganisationen oder Vereinen muslimischen Glaubens.
Um ein Gleichgewicht herzustellen zwischen Wohlfahrtspflege und muslimischen Vereinen, die sich mit Fragen der Integration beschäftigen, haben wir diesen Weg gewählt. Ich glaube, es liegt auch im Interesse der Kirchen, auf diese Weise die verschiedenen Organisationen gleich zu behandeln. Nichts anders haben wir versucht. Das haben wir auch in den Ausschüssen deutlich gemacht. Ich
Die Uneinigkeit an dieser Stelle tut mir sehr leid. 1993 sind wir gemeinsam diesen Weg gegangen. Das war eine sehr wesentliche Weichenstellung. Heute, nach 20 Jahren, hätten wir gemeinsam den Weg weitergehen können. Ich bedaure, dass Sie da heute nicht mitstimmen wollen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Frau Kollegin Polat, auch ich bedauere, dass wir hier nicht zu einer gemeinsamen Lösung gekommen sind. Aber wenn Sie Gemeinsamkeit wollen, dann können Sie hier doch nicht das einbringen, was Sie schon seit zehn Jahren gesagt und vertreten haben, und sich weigern, daran auch nur ein Jota zu ändern.
Frau Kollegin Schröder-Köpf, ich freue mich, dass Sie - nachdem wir die 100-Tage-Bilanz jetzt durch haben; Sie sind mehrfach als besondere Leistung dieser Landesregierung erwähnt worden - jetzt doch noch gekommen sind. Sie waren vorhin nicht da; das hat uns sehr leid getan.
Frau Kollegin Polat, es ist ja keine Bewegung zu verzeichnen gewesen. Migration und Integration - das sehen Sie doch genauso - sind keine Einbahnstraße. Es gibt jene, die schon da sind, die Aufnahmebereitschaft zeigen, und jene, die kommen, die sich integrieren wollen, die sich einbinden wollen, die zur Gesellschaft hinzukommen. Beide sind in der Kommission vertreten. Sonst bräuchte man ja die Integrationsbeauftragten der Kommunen nicht. Sonst bräuchte man die Wohlfahrtspflege nicht, die genau diese Angebote macht. Das soll ja in die Kommission mit einfließen.
Wenn man sich aber, wenn es um religiöse Vielfalt geht, auf eine Religionsgemeinschaft, nämlich auf die Muslime, konzentriert und die anderen einfach außen vor lässt, dann bedeutet dies eine Einschränkung. Ich meine, dass den Kirchen in unserem Land und auch der jüdischen Glaubensgemeinschaft bei Fragen der Integration und Migration ein ganz wesentlicher Anteil in unserer Gesellschaft zukommt. Dass Sie darauf verzichten, zeigt
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch die FDP-Fraktion bedauert, dass wir bei diesem wichtigen Thema heute nicht zu einem gemeinsamen Beschluss kommen werden. Allerdings müssen wir, wenn wir uns die Beratungen sowohl im Rechtsausschuss als auch im Sozialausschuss vor Augen führen, feststellen, dass diese Gemeinsamkeit zumindest von den Mehrheitsfraktionen an dieser Stelle offensichtlich nicht gewollt war.
Leider bleiben viele Fragen offen. Der Herr Kollege Nacke ist auf die Stellungnahme des GBD zu einer Frage eingegangen, die wir im Rechtsausschuss gestellt haben. Diese Frage ist beantwortet worden.
Mit dieser Geschäftsordnungsänderung ist geplant, dass sich die Kommission mit allen Fragen, die sich aufgrund der kulturellen, weltanschaulichen und religiösen Vielfalt ergeben, beschäftigen soll. Diese Frage muss aber mit Inhalt gefüllt werden: Was bedeutet das eigentlich? Womit soll sich die Kommission konkret beschäftigen, und welches Ziel hat die Arbeit der Kommission?
Das heißt, man hätte zunächst einmal interfraktionell darüber sprechen müssen, mit welchen Inhalten sie sich beschäftigen soll. Dann hätte man darüber reden müssen, wer an der Kommissionsarbeit beteiligt werden soll. Rot-Grün hat hier leider die Chance verpasst, ihre integrationspolitischen Vorstellungen aufzuzeigen und diese in der Debatte zu präzisieren.
Was, meine Damen und Herren, bleibt von dieser Debatte? - Rot-Grün glaubt tatsächlich, dass man die Integration in diesem Land mit mehr Strukturen und mehr Verwaltung verbessern kann. Das ist typisch sozialdemokratische Wohlfühl-Strukturpolitik: Wir haben etwas für die Integration getan; wir haben eine Struktur geschaffen.
Es bleibt das Struktur- und Postenwirrwarr. In der Staatskanzlei haben wir eine Migrationsbeauftragte ohne Kompetenz mit einem SPD-Mitarbeiterstab. Die Integration ist weiterhin im Sozialministerium angesiedelt. Manche Teile sind auch im Innenministerium angesiedelt. Wir haben eine Härtefallkommission, deren Vorsitzende eigentlich die neue Landesbeauftragte hätte werden sollen. Wir haben einen Integrationsbeirat. Und wir haben jetzt die Kommission zu Fragen der Migration und Teilnahme, damit auch die Grünen mit im Boot sind und berücksichtigt wurden.
Das heißt: Jeder wurde hier von Rot-Grün integriert, nur von der Integration selbst ist tatsächlich nichts übrig geblieben.
Zum Schluss möchte ich den Kollegen Tonne zitieren, der gesagt hat - das ist ein nettes Zitat -: Akzeptierte Vielfalt geht weit über gelegentliches Spaghetti- und Döner-Essen hinaus.
- Das ist richtig. Genau. Aber man sollte es noch ergänzen: Akzeptierte Vielfalt geht auch weit über die Schaffung von Strukturen, Posten und Pöstchen hinaus.