Vielen Dank, Frau Kollegin. - Es spricht jetzt für die CDU-Fraktion die Abgeordnete Editha Lorberg. Sie haben das Wort, Frau Kollegin.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Europa braucht eine solidarische Flüchtlingspolitik. - Ja, dieser Forderung stimmen wir alle zu!
Solidarität ist ein Ausdruck von Geschlossenheit. Doch leider zeigt sich die EU in der Flüchtlingsfrage nicht geschlossen. Zahlreiche Länder der EU sehen in der Aufnahme von Flüchtlingen eine unlösbare Herausforderung. Oftmals zeigen sich Politik und Bevölkerung in diesen Ländern kaum kooperativ und solidarisch.
Doch wir müssen auch den Blick auf die arabischen Staaten wenden, wie z. B. Kuwait und Saudi-Arabien. Auch dort fehlt es an Solidarität, dort schaut man weg, Hilfe kommt nicht, die Flüchtlingsströme werden ignoriert.
Eine der brennenden Fragen in diesen Tagen ist doch für uns alle: Wie schaffen wir eine gerechte Verteilung der Flüchtlinge auf alle Länder in der EU? - Niemand glaubt hier an eine schnelle Lösung, an eine Entscheidung, die in wenigen Wochen greift und die Lage entspannen wird. Und doch müssen wir auf die Solidarität aller Länder in der EU hinarbeiten.
Mir persönlich macht die neueste Entwicklung in Dänemark und damit natürlich auch in Schweden große Sorgen. Ich habe in diesem Jahr in meinem Urlaub erleben können, wie es auf den Fähren nach Schweden zugeht, wie groß die Flüchtlingsströme auch dort sind. Im Hinblick auf den nahen
den Winter ist Schweden natürlich auch in der Situation, eine Infrastruktur zu schaffen, die es ermöglicht, Menschen würdig unterzubringen. - Die Angst davor, dass es nicht gelingt, diese Herausforderung zu meistern, kann ich natürlich nachvollziehen.
Ich bin davon überzeugt, dass wir alle Länder der EU in die Pflicht nehmen müssen, einen Teil der Flüchtlinge aufzunehmen. Doch um diese Solidarität auch nur annähernd zu erreichen, müssen wir die Rahmenbedingungen anpassen. Zu diesen Rahmenbedingungen zählt auch, die Westbalkanstaaten zu sicheren Ländern zu erklären und sogenannte Hot Spots an den Außengrenzen der EU anzusiedeln, damit den Schleppern das Handwerk gelegt wird, damit diese Machenschaften eingedämmt werden und damit sich die Menschen nicht weiter in Lebensgefahr begeben und es nicht mehr zu diesen furchtbaren Tragödien kommt.
Meine Damen und Herren, Solidarität bekommt in diesen Tagen eine kaum vorstellbare Bedeutung. Solidarität hat auch sehr viel mit Vertrauen zu tun. Daher, liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen, fordern Sie nicht nur Solidarität, sondern tun Sie auch alles, damit die Länder der EU den Schritt in diese Solidarität mit uns gemeinsam gehen!
Die Westbalkanstaaten müssen zu sicheren Ländern erklärt werden, Asylverfahren an den Außengrenzen müssen ermöglicht werden, Rückführungen von abgelehnten Asylbewerbern müssen so schnell wie möglich durchgeführt werden, raschere Visumserteilungen durch das Auswärtige Amt, um Familien zusammenzuführen - Herr Oetjen hat das sehr eindringlich dargestellt -, müssen möglich sein. - Sie sehen, meine Damen und Herren, es gibt viel zu tun: auch hier in Niedersachsen, auch wenn der Minister sagt, wir sind nur ein kleines Rädchen. Auch Sie können eine Menge dazu beitragen, damit sich diese Situation nicht weiter verschärft.
Europa braucht eine solidarische Flüchtlingspolitik. Tun Sie alles dafür! Ich glaube, dass wir alle dann gemeinsam auf einem guten Weg sind.
Meine Damen und Herren, am nächsten Wochenende, am Samstag, findet in Friedland die Gedenkfeier der Deutschen aus Russland statt. Man stelle
sich einmal vor, dass sich eine rechtsextreme Splitterpartei dazu berufen fühlt, am Rande dieser Veranstaltung in Friedland eine „Mahnwache“ abzuhalten! - Ich finde das so was von schrecklich, dass ich dafür im Grunde genommen gar keine Worte finde. Das hat mich so tief bewegt, dass ich es kaum ausdrücken kann. Wie kann man in einer solchen Situation an eine „Mahnwache“ dort denken?
Meine Damen und Herren, natürlich hat sich auch eine Gegendemonstration angemeldet. In der Erstaufnahmeeinrichtung in Friedland befinden sich derzeit ca. 4 000 Menschen. Was so eine „Mahnwache“ von diesen Rechtsextremisten bedeuten kann, muss ich Ihnen sicherlich nicht erklären.
Tun Sie alles, was diesem Rechtsstaat zur Verfügung steht, damit diese furchtbare Veranstaltung dort nicht stattfinden kann, dass das unterbunden wird! Wir als CDUFraktion finden kaum Worte dafür und hoffen, dass sie nicht stattfindet.
Zum Schluss noch ein Aufruf an diese Menschen: Bleiben Sie Friedland fern! Sie haben dort nichts zu suchen!
Vielen Dank, Frau Kollegin Lorberg. - Für die FDPFraktion hat jetzt der Abgeordnete Dr. Stefan Birkner das Wort. Bitte, Herr Kollege!
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich noch kurz auf den Beitrag von Herrn Minister Pistorius zum vorherigen Antrag eingehen.
Herr Pistorius, Sie haben gesagt, Sie seien nicht rückwärtsgewandt. Wenn Sie Ihre Rede noch einmal selbstkritisch reflektieren, werden Sie aber feststellen, dass Sie eigentlich nur rückwärtsgewandt argumentiert haben. Da, wo es spannend wurde, wo es darum ging, konkret zu werden, sind Sie zum Schluss gekommen und haben das Podium verlassen. - Meine Damen und Herren, das scheint mir ein bisschen symptomatisch für die Politik der Landesregierung bzw. hier auch der
Die Flüchtlingspolitik ist eine zentrale und wichtige Herausforderung für Europa, und auf dieser Ebene muss man auch handeln. Frau Schröder-Köpf hat so schön gesagt, das Landesparlament sei nicht die Ebene, wo Europapolitik gemacht werde. Es ist schon bemerkenswert, dass die größere Regierungsfraktion den einzigen aktiven Beitrag, den sie hier einbringt, mit einer Initiative einbringt, von der sie selbst sagt: Das hier ist eigentlich gar nicht die richtige Ebene, auf der wir das diskutieren müssen.
Das zeigt auch ein bisschen, wie Sie mit diesem Thema umgehen. Sie wollen es nämlich ausschließlich in der Exekutive verorten. Sie sagen: Das ist bei denen in den besten Händen, und am besten stört ihr uns nicht und macht hier keine Sondersitzung, denn das alles ist eigentlich nur störend. - Und dann kommen Sie mit irgendwelchen nichtssagenden Dingen bzw. Dingen, die in der Sache wichtig sind, die aber nicht auf der Landesebene verortet sind. Das ist ein Politikverständnis und insbesondere auch ein parlamentarisches Verständnis, das angesichts der dramatischen Entwicklung der Flüchtlingssituation völlig unangemessen ist und an den Realitäten vorbeigeht.
Meine Damen und Herren, zur Sache - darin sind wir uns, glaube ich, weitestgehend einig -: Das Dublin-Abkommen ist gescheitert, und wir brauchen dringend neue Regelungen. Das hat sich nicht zuletzt in den letzten Wochen gezeigt. Es ist aber eigentlich schon seit Längerem klar.
Was wir brauchen, ist eine europaweite Festlegung entsprechender Quoten zur Aufnahme von Flüchtlingen. Da müssen die Anstrengungen dann natürlich durch die Bundesregierung und die zuständigen Vertreter weitergehen.
Es darf aber nicht nur eine Diskussion über Quoten sein, also über Zahlen, sondern wir werden uns auch über Standards und über die Anforderungen im Asylverfahren - möglicherweise materieller Art - unterhalten müssen, und wir werden uns auch darüber unterhalten müssen, wie die Unterbringungssituation in den einzelnen Ländern tatsächlich ist. Ich bin gespannt, wie dann die Position der
Landesregierung aussieht; denn ich könnte mir vorstellen, dass sich nicht jeder Mitgliedstaat der Europäischen Union die gleichen Standards vorstellt wie wir. Auch da wird es sicherlich noch Auseinandersetzungen und Positionierungsbedarf geben.
Meine Damen und Herren, klar ist: Die EU ist eine Wertegemeinschaft. Für uns ist der Schutz der Menschenrechte einschließlich des Schutzes der Verfolgten zentral, gerade auch aus einer historischen Verantwortung infolge der beiden großen Weltkriege, die insbesondere in Europa gewütet haben, und daraus folgend der Genfer Konvention.
Wenn es mit dieser Wertegemeinschaft ernst ist, dann muss auch eine gemeinsame europäisch funktionierende Regelung geschaffen werden, die es ermöglicht, denen, die auf der Flucht sind, die vor Verfolgung und Krieg flüchten, tatsächlich den gemeinsamen Schutz zu gewährleisten. Hier ist die Bundesregierung gefordert, hier sind die europäischen Staaten gefordert. Wenn dies nicht gelingt - das muss man leider auch feststellen -, dann ist ein zentraler Pfeiler der europäischen Idee erheblich beschädigt. Das dürfen wir nicht zulassen. Insofern müssen wir alles daransetzen, dass dies gelingt.
Vielen Dank, Herr Dr. Birkner. - Für die Landesregierung hat jetzt Herr Innenminister Pistorius das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als Osnabrücker beginne ich mit einem Zitat von Erich Maria Remarque. Er hat einmal gesagt: „Mein Thema ist der Mensch dieses Jahrhunderts, die Frage der Humanität.“
Wenn das schon für das 20. Jahrhundert galt, meine Damen und Herren, dann gilt es erst recht für das 21. Jahrhundert mit den größten Flüchtlingsbewegungen seit Generationen von Menschen.
Ich habe in der Vergangenheit immer wieder betont, dass die Flüchtlingspolitik eine enorme, vielleicht sogar die Herausforderung des 21. Jahrhunderts - oder zumindest dieses Jahrzehnts, aber
wahrscheinlich wirklich länger - sein wird. Ich habe deshalb nachdrücklich auch auf Bundesebene immer wieder unterstrichen, dass wir an dieser Stelle eine gesamtgesellschaftliche, eine nationale Aufgabe zu bewältigen haben.
Und die Rahmenbedingungen, unter denen sich die Fluchtbewegungen inzwischen abspielen - der Blick nach Bayern, Österreich, Ungarn usw. macht das deutlich -, verbieten es geradezu, auch nur daran zu glauben, niedersächsische, hamburgische, bayerische oder gar kommunale Lösungen könnten eine Problemlösung herbeiführen. Das ist eine Aufgabe, bei der wir bundeseinheitlich sprechen müssen. Es muss eine gemeinsame, abgestimmte Vorgehensweise geben. Aus diesem Grund habe ich schon lange für eine stärkere, dauerhafte Beteiligung des Bundes gekämpft.
Aus diesem Grund haben wir übrigens zuletzt - gerade seit dem 4. September - den Bayern bei den aus Ungarn einreisenden Flüchtlingen nachhaltige Hilfe und Unterstützung zukommen lassen. Niedersachsen hat alleine aus dieser Gruppe 3 700 Flüchtlinge aufgenommen. Ich wüsste nicht, dass ein anderes Bundesland - Stand gestern Nachmittag - mehr Flüchtlinge aus diesem Kontingent aufgenommen hat als Niedersachsen. Damit liegen wir weit über unserer Aufnahmequote.
Wie gesagt: Das geschah aus der Überzeugung, dass diese Herausforderung von bundesweiter Bedeutung ist. Aber wie ich eben schon sagte, ist die Dimension der Bedeutung längst gewachsen. Wir reden über Europa - das sollte eigentlich spätestens der entsetzliche Tod von Tausenden von Menschen im Mittelmeer auf grauenhafte Weise klargemacht haben.
Der Friedensnobelpreisträger Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten müssen hier endlich mehr tun. Mein Standpunkt ist deshalb völlig klar: Die EU-Mitgliedstaaten haben eine gemeinsame Verantwortung, Asylbewerber unter menschenwürdigen Bedingungen aufzunehmen, und dies bei einer gerechten Verteilung zwischen den Mitgliedstaaten.
Das klingt zwar zunächst einmal logisch und eigentlich wie selbstverständlich, aber leider ist die Realität eine andere. Deutschland, Schweden und Österreich nehmen heute deutlich die meisten Flüchtlinge auf. Länder wie Italien oder Griechenland sehen sich aufgrund ihrer geografischen Lage