Protokoll der Sitzung vom 17.09.2015

Danke schön. - Die nächste Frage stellt der Kollege Ottmar von Holtz. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Gesetzentwurf ist vorgesehen, dass die Haftung und die Kostenübernahmeverpflichtung mit dem Verschluss eines Endlagers für den Müll enden. Ich frage die Landesregierung: Wer würde dann die Kosten für den Fall einer späteren Bergung oder Rückholung tragen?

(Zustimmung von Miriam Staudte [GRÜNE])

Danke schön. - Herr Minister Wenzel!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege, dieser Punkt ist u. a. in § 4 geregelt. Darin ist derzeit eine Endlagerfiktion aufgeführt, weil wir noch nicht wissen, welche Entscheidung bezüglich einer dauerhaft sicheren Lagerung getroffen wird: Gibt es eine längere Phase der Zwischenlagerung? Gibt es eine Endlagerung in tiefen geologischen Schichten mit Rückholung? Gibt es möglicherweise noch andere Varianten? - Derzeit prüft die Atommüllkommission alle denkbaren Optionen. Darunter sind natürlich einige, die höchst unwahrscheinlich sind oder die man verwerfen wird. Andere wird man möglicherweise noch für einen längeren Zeitraum parallel prüfen.

Davon hängt es natürlich ab, wie hoch am Ende die Kosten tatsächlich sind. Insofern sollte man meines Erachtens diese Regelung im Gesetz offener formulieren, um nicht der Arbeit der Atommüllkommission vorzugreifen.

Ihre Frage zielte auf den Punkt, was passiert, wenn eine Rückholung oder Bergung zu einem

späteren Zeitpunkt notwendig ist. Mittlerweile herrscht in der Atommüllkommission sehr breite Übereinstimmung in Bezug auf die Notwendigkeit einer Fehlerkorrekturmöglichkeit, also die Möglichkeit einer zukünftigen Rückholung bzw. Bergung.

Allerdings ist davon auszugehen, dass eine Entscheidung durch eine staatliche Institution so verantwortungsvoll gefällt werden muss, dass die Rückholung bzw. Bergung am Ende eine Option bleibt, die hoffentlich nicht eintreten wird. Insofern ist davon auszugehen, dass ein Fehler dann mit von denjenigen zu verantworten wäre, die über diese Frage zu befinden hatten, also auch im Bereich der öffentlichen Hand zu verantworten wäre. Jedenfalls ist davon auszugehen, dass der Gesetzentwurf diese Rahmenbedingung setzt. Ich glaube, an der Stelle wäre es angemessen, so zu verfahren.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. - Die nächste Frage stellt der Kollege Martin Bäumer. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass Rückstellungen von Unternehmen in der Regel nicht in einem Tresor liegen und auch nicht auf einem Sparbuch angelegt sind, sondern in der Regel eher im Unternehmen angelegt sind, und vor dem Hintergrund, dass die Energieversorger ihr Kapital vermutlich in Kraftwerken angelegt haben, frage ich die Landesregierung: Was wird sie tun, damit die Kohle- und Gaskraftwerke, in denen diese Gelder angelegt sind, auch in Zukunft erfolgreich betrieben werden können?

Vielen Dank. - Herr Minister!

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bäumer, Sie haben drei Konditionalsätze in Ihrer Fragestellung verschachtelt.

Die Landesregierung ist nicht dafür verantwortlich, die Unternehmenspolitik anstelle der CEOs zu gestalten. Wir sind vielmehr dafür verantwortlich, wettbewerbliche Rahmenbedingungen zu sichern und - - -

(Martin Bäumer [CDU]: Aber wenn Sie keine Kohlekraftwerke und keine Gaskraftwerke wollen!)

- Herr Bäumer, Sie nennen viele, viele Voraussetzungen. Sie wissen selbst nicht, ob es tatsächlich so ist.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Wenn Sie sich z. B. die Berichterstattung im Handelsblatt in der letzten Woche angucken, dann stellen Sie fest, dass die Rückstellungen zum großen Teil offenbar in einer virtuellen Berechnung liegen, also in der Annahme, dass beispielsweise im Jahr 2060 eine Summe x benötigt wird. Dann machen sie eine Kapitalertragsberechnung und -zinsen den im Jahr 2060 zu erwartenden Betrag auf den heutigen Zeitpunkt ab. Dann ist entscheidend, mit welchem Zinssatz sie rechnen. Bei Pensionszahlungen hat man dort offenbar mit 2 % oder 2,3 % gerechnet. Bei den Rückstellungen für die Atomkraftwerke hat man mit 4 %, 4,3 % oder 4,6 % gerechnet.

Wenn Sie diese Rechnung einmal machen, dann stellen Sie fest, dass man im Jahr 2015 vergleichsweise wenig zurücklegen muss, wenn der Kalkulationszinssatz hoch ist, und vergleichsweise viel zurücklegen muss, wenn der Kalkulationszinssatz niedrig oder sogar nahe null ist.

Ich weiß nicht, was Ihre Sparkasse zahlt. Meine zahlt im Moment nur 0,1 % Zinsen für Geldanlagen. Wenn Sie mit diesen 0,1 % rechnen, dann wird es verdammt teuer.

Insofern kann ich die Frage erst beantworten, wenn mir das Gutachten vorliegt, das Herr Bundeswirtschaftsminister Gabriel in Auftrag gegeben hat. Dann werden wir nämlich wissen, ob ein Teil dieser Gelder heute tatsächlich in Kraftwerken investiert ist, also aus Assets besteht, die heute sozusagen am Markt mitwirken, oder ob es sozusagen nur eine Annahme ist, die in der Bilanz vorgenommen wurde, um künftig diese Zahlungen tatsächlich leisten zu können.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Christian Dürr [FDP]: Ihnen ist es doch total egal, ob die Strominfra- struktur zusammenbricht!)

Vielen Dank, Herr Minister. - Weitere Fragen zu Punkt c liegen nicht vor.

Wir kommen jetzt zu der Dringlichen Anfrage

d) Rückgang bei Tierwohlinvestitionen und der Anzahl der Ökobetriebe, Imageschaden für Bauernfamilien - Kommt die Wende in der Agrarpolitik der Landesregierung? - Anfrage der Fraktion der FDP - Drs. 17/4239

Die Frage wird Hermann Grupe von der FDPFraktion vortragen. Bitte schön, Herr Grupe!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Rückgang bei Tierwohlinvestitionen und der Anzahl der Ökobetriebe, Imageschaden für Bauernfamilien - Kommt die Wende in der Agrarpolitik der Landesregierung?

Die nach Meinung vieler Experten immer mehr ausufernden Kontrollen im Agrar- und Ernährungsbereich lösen vor allem bei kleineren Betrieben ein Gefühl der Ohnmacht aus. Der Staat wird hier mittlerweile als „Überwachungsstaat“ wahrgenommen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Besonders kleinere Betriebe fühlten sich hilflos ausgeliefert, weil sie dem unüberschaubaren Berg an bürokratischen Vorschriften gar nicht mehr gerecht werden könnten.

Die Landesregierung hat mit den anlasslosen Kontrollen die Kontrolldichte weiter ausgeweitet und eingeführt, dass der Kontrollierte auch dann Zahlungen leisten muss, wenn es keine Beanstandungen gibt.

(Zuruf von der FDP: Das ist unfass- bar! Ein Skandal!)

Die Zahl der Schweinemäster in Niedersachsen ist im letzten Jahr um 3,4 % zurückgegangen. Vor allem haben viele kleinere Betriebe aufgegeben. Diese leiden in besonderem Maße unter der Bürokratie und den Kontrollen und Überwachungsmaßnahmen des Staates.

Die Anzahl der Ökobetriebe ist in der schwarzgelben Regierungszeit kontinuierlich um insgesamt 35 % gestiegen. Dieser Trend ist unter der aktuellen rot-grünen Landesregierung gebrochen. In den letzten beiden Jahren ging die Anzahl der Biobetriebe in Niedersachsen um 1,5 % zurück.

(Christian Dürr [FDP]: Das ist das Er- gebnis eurer Agrarwende! - Gegenruf von Miriam Staudte [GRÜNE]: Quatsch!)

Die Biofläche - Frau Staudte, das wird Sie vielleicht interessieren -, die unter Schwarz-Gelb um 33 % gestiegen ist, ging in den letzten beiden Jahren unter Rot-Grün trotz der Anhebung der Hektarprämie um fast 100 Euro um 4,3 % zurück.

(Beifall bei der FDP)

Am 11. März 2015 fand im Agrarausschuss eine Unterrichtung über eine Studie der Tierärztlichen Hochschule Hannover zum Verzicht auf das Schwänzekupieren bei Schweinen statt. Dort sagte der Staatssekretär - ich zitiere -:

„Die Studie hat unter Inkaufnahme von viel Tierleid gezeigt, dass man auf das Schwänzekupieren in konventionellen Betrieben nicht verzichten kann, wenn die Haltungsformen nicht grundlegend verändert werden.“

Für mehr Tierwohl werden also neue bzw. baulich veränderte Ställe gefordert. Die Landesregierung hat jedoch das Agrarinvestitionsförderungsprogramm (AFP) von 40 Millionen Euro auf 10 Millionen Euro gekürzt und die Fördergrenzen verändert. Damit handelt sie im Widerspruch zum Gutachten „Wege zu einer gesellschaftlich akzeptierten Nutztierhaltung“, das im März 2015 vom wissenschaftlichen Beirat für Agrarpolitik beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft herausgegeben wurde. In der Folge ist die Zahl der Anträge für das AFP um mehr als 90 % zurückgegangen. Stattdessen wurde vom ML eine Ringelschwanzprämie ins Leben gerufen, von der nun 115 000 Mastschweine profitieren sollen. Da in Niedersachsen jedoch 19 Millionen Schweine im Jahr gemästet werden, betrifft die Prämie gerade 0,6 % der Tiere.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Wie will die Landesregierung vor dem Hintergrund, dass die nach Ansicht vieler Betroffener „unüberschaubare“ Bürokratie und „ausufernden“ Kontrollen zunehmend viele kleinere Betriebe im Agrar- und Ernährungsgewerbe in die Betriebsaufgabe treiben und der Strukturwandel so zunehmend verstärkt wird, den Niedergang dieser Betriebe, die sie nach eigenen Aussagen besonders fördern will, stoppen und umkehren?

2. Mit welchem Konzept will die Landesregierung den zurückgehenden Investitionen in Ställe mit verbessertem Tierwohl, dem negativen Trend in der Biolandwirtschaft und den überdurchschnittlich vielen Betriebsaufgaben kleinerer landwirtschaftlicher Höfe begegnen?

3. Legt die Landesregierung vor dem Hintergrund, dass sich viele Landwirtsfamilien insbesondere durch Aussagen und Vorwürfe des Landwirtschaftsministers an den Pranger gestellt und verunglimpft fühlen und Kinder von viehhaltenden Landwirten bereits im Kindergarten und in der Schule von Gleichaltrigen als „Tierquäler“ und „Tiermörder“ beschimpft und gemobbt werden, Wert darauf, das weitgehend zerstörte Vertrauen wiederherzustellen? Wenn ja, wie will sie dieses bewerkstelligen?

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Grupe. - Für die Landesregierung antwortet der Landwirtschaftsminister. Bitte schön, Herr Meyer!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung nimmt die Sorgen und Ängste der landwirtschaftlichen Betriebe in Niedersachsen sehr ernst.

(Lachen bei der CDU)

Gerade die aktuelle Marktlage setzt vielen Betrieben zu. Besonders die Sauen- und Mastschweinehalter und natürlich auch die Milchviehhalter -

(Zurufe von der FDP)