Herr Kollege, die Frage kann man einfach beantworten. Das hätte ich im weiteren Verlauf ohnehin getan. Natürlich muss man die Chance ergreifen, das noch einmal neu zu bewerten. Dagegen habe ich in diesem speziellen Fall nichts. Aber mich stört es, wenn man ständig versucht, über irgendwelche Dinge irgendetwas neu zu bewerten, um am Ende etwas Bestimmtes zu erreichen. Das ist nicht, dass
man einen neuen Stand von Wissen hat, sondern man versucht im Grunde - ich habe das Gefühl, dass das auch Ziel Ihres Antrages ist -, die Dinge damit kaputtzumachen, dass man sie immer wieder neu überprüft, damit am Ende eben nichts dabei herauskommt.
Was Ihre Forderung angeht, der Müll, die Behälter müssten aus den Landessammelstellen und aus den Zwischenlagern in ein Bundesendlager gebracht werden, sind wir bei Ihnen, Frau Kollegin Staudte. Die Frage ist nur: Wohin, und welchen Beitrag leisten Sie mit Ihrer Landtagsfraktion der Grünen, damit wir dabei zu einem Ergebnis kommen?
Mit Ihrer Forderung, die Endlagerkommission müsse auch die Frage der schwach und mittelradioaktiven Abfälle bewerten, habe ich kein Problem. Es wird nur zu fragen sein: Wird sie dann auch fertig?
Ich habe am Montag auf der Veranstaltung von Minister Wenzel, bei der ich nach eigener Wahrnehmung der einzige Abgeordnete war, wahrgenommen, dass man ursprünglich vorhatte, zum Ende dieses Jahres fertig zu werden. Dann hat man gesagt: Wir könnten auch ein halbes Jahr länger brauchen. - Diese Zeit wird man brauchen. Wenn man immer wieder neue Forderungen in diese Kommission hineingibt, kann das am Ende dazu führen, dass wir gar nicht fertig werden. Das ist gegenüber den Menschen, die von Zwischenlagern betroffen sind, eine riesengroße Ungerechtigkeit, weil man diesen einmal zugesagt hat: Es dauert 40 Jahre, und dann ist der Müll hier weg. Jetzt - das ist klammheimlich und durch die Hintertür - räumt man ein: Ich glaube, es dauert wohl länger. - Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, finde ich nicht in Ordnung.
Ich hätte kein Problem damit, dass man die Transportstudie überarbeitet. Wenn man zu neuem Wissen kommt, soll man das gerne tun. Zu fragen ist nur: Wird man das Ergebnis einer neuen Studie anerkennen, oder braucht es weiterer Studien, bis man an dem Punkt ist, dass man sagt: „Das erkenne ich jetzt an; denn das Ergebnis ist mir genehm.“? - An der Stelle habe ich mein Problem. Es muss am Ende doch gelingen; es muss uns doch gelingen. Wir als Gesellschaft haben diesen Müll produziert, und wir müssen in der Lage sein, dafür eine Lösung zu finden. Es kann doch nicht sein, dass wir das immer weiter wegschieben. Das werden uns eines Tages die nachfolgenden Generationen vorwerfen und sagen: Die haben das ge
braucht. Die haben den Vorteil gehabt. Aber die haben nicht den Hintern in der Hose gehabt, dafür zu sorgen, dass das Problem gelöst worden ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss kommen. Ich habe vorhin vom Thema Zwischenlager gesprochen. Alles, was wir tun, alles Neubewerten, alles Überprüfen, die Frage nach dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik, wird dazu führen, dass der Müll länger und länger an den Orten, wo er heute ist, sein wird. Wir haben noch keine Lösung für den Müll, der aus der Asse herausgeholt werden soll. Wir haben noch keine Lösung für die Frage, was aus den Zwischenlagern wird. Wir haben überall Müll, aber er steht herum. Das wird er, und das muss man anerkennen.
Deshalb, liebe Frau Kollegin Staudte, wäre ich Ihnen persönlich dankbar, wenn Sie den Hinweis, dass Gorleben eine Kartoffelscheune ist, von Ihrer Internetseite entfernen würden. Denn ich glaube, es wäre katastrophal, wenn die Menschen wüssten, dass der Müll noch weitere Jahrzehnte in dieser „Kartoffelscheue“ stehen bleiben wird.
Vielen Dank, Kollege Bäumer. - Für eine Kurzintervention hat Frau Kollegin Staudte für 90 Sekunden das Wort. Bitte sehr!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bäumer, Ihr letzter Hinweis zum Stichwort „Kartoffelscheune“ passt sehr gut. Ich gebe Ihnen recht, dass es in Bezug auf die Zwischenlager sehr viel länger dauern wird. Die Endlagerkommission hat ja auch selber schon gesagt: Verschluss eines potenziellen Endlagers womöglich erst im Jahr 2170. - Mit ein bisschen Glück auch früher, aber es ist definitiv klar: An den Zwischenlagern wird es sehr viel länger als 40 Jahre dauern. - Ich ziehe allerdings einen anderen Schluss als Sie. Ich finde nicht, dass man den Leuten sagen sollte: Das ist jetzt doch keine Kartoffelscheune mehr. - Wir alle müssen uns vielmehr dazu bekennen, dass diese Zwischenlager sicherer gemacht werden müssen.
- Herr Dr. Birkner, das möchte niemand sagen, aber es ist die Wahrheit. Es gibt keine andere Alternative. Die Alternative wäre, ein potenziell schlechtes Endlager zu nehmen und dort den Müll
zu versenken, auch auf das Risiko hin, dass man diesen Fehler trotz der großen Debatten um Rückholbarkeit eigentlich nicht revidieren kann.
Ich hatte mich aber ursprünglich aus einem anderen Grund gemeldet. Herr Bäumer, Sie suggerierten quasi: Wenn wir Schacht Konrad schnell zu Ende gebaut hätten, wäre es ja damals Stand von Wissenschaft und Technik gewesen, und nur durch diese Verzögerung ist es das nicht mehr. Da möchte ich anfügen: Es war auch schon in den 80er-Jahren nicht mehr der Stand von Wissenschaft und Technik.
Die Reaktorsicherheitskommission hat schon damals die Empfehlung herausgegeben, keine ausgebeuteten Bergwerke zu verwenden.
Dann rufe ich jetzt für die Landesregierung Herrn Umweltminister Wenzel auf. Bitte schön, Herr Minister!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Abgeordneter Bäumer, gestatten Sie mir eine Anmerkung: Der Stand von Wissenschaft und Technik ist im Planfeststellungsbeschluss sehr dezidiert beschrieben; dort ist genau ausformuliert, was das heißt. Und es ist natürlich die vornehmste Pflicht aller Beteiligten, mindestens das sicherzustellen, was im Planfeststellungsbeschluss festgehalten wurde.
Von daher steht Konrad natürlich in mehrfacher Hinsicht auf dem Prüfstand. Auch die Bundesregierung ist hier in der Pflicht, weil sie sich diesen Planfeststellungsbeschluss ja zu eigen macht. Niedersachsen ist sich der großen Verantwortung bewusst, der wir uns unter den gegebenen Randbedingungen und unter Beachtung einer sicheren, dauerhaften und dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprechenden Lagerung von schwach- und mittelradioaktiven Abfällen stellen müssen.
Der Bund hat im August seine Entsorgungsstrategie, das Nationale Entsorgungsprogramm, fristgerecht an die Europäische Kommission übermittelt. Niedersachsen hat dazu Ende letzten Jahres Stellung bezogen und sich dabei vehement gegen die optionale Erweiterung von Schacht Konrad ausgesprochen. Eine Erweiterung der planfestgestellten Einlagerungsmengen von 303 000 m3 ist und bleibt für Niedersachsen ein Tabu. Im Übrigen - Herr Försterling hat darauf hingewiesen - wäre dafür ein neuer Planfeststellungsbeschluss erforderlich.
Nachdem sich der Bund zunächst zögerlich verhalten hatte, haben, wie ich glaube, die 70 000 Einwendungen von Bürgerinnen und Bürgern aus der Region ihre Wirkung gezeigt. Darunter waren Vertreter aller im Landtag vertretenen Parteien, Bürgerinitiativen, Umweltverbände, das Landvolk und die IG Metall.
Wenn der Bund in seinen jüngsten Erklärungen jetzt Einsicht zeigt und den nicht Konrad-gängigen Müll aus der Asse, aus der Urananreicherung und aus Forschungsreaktoren und Leistungsreaktoren grundsätzlich in einem noch zu erkundenden Endlager für hochradioaktiven Müll mit unterbringen will, dann mag dies ein erster Schritt sein. Es reicht aber natürlich nicht aus, das nur deklaratorisch im Nationalen Entsorgungsprogramm zu verankern.
Niedersachsen und insbesondere die Bürgerinnen und Bürger in der Region Salzgitter brauchen hier mehr Gewissheit. Die Landesregierung wird deshalb weiterhin beim Bund darauf dringen, eine Erweiterung von Konrad verbindlich und dauerhaft auszuschließen.
Ich werde mich zum abfallmengenbezogenen Status quo von Schacht Konrad auch als amtierendes Mitglied der Atommüllkommission weiterhin deutlich einlassen. Ganz aktuell ist die Kommission mit der Thematik befasst, unter welchen Randbedingungen schwach- und mittelradioaktive sowie hochradioaktive Müllfraktionen, die nicht nach Konrad gehen und auch nicht für Konrad eingeplant waren, in einem gemeinsamen Endlager oder in räumlicher Nähe gelagert werden könnten und welche Anforderungen an ein Standortsuchverfahren für derlei Abfälle neu definiert werden müssen.
Verweisen möchte ich in diesem Zusammenhang auch auf die Ausführungen innerhalb der Koalitionsvereinbarung der niedersächsischen Landesregierung. Danach werden wir alle gesetzlichen Neuregelungen - natürlich auch die vorhandenen Regelungen - einer substanziellen Prüfung im Hinblick auf technische, juristische und atomrechtli
che, gesellschaftspolitische, geologische und wasserrechtliche Aspekte unterziehen. Dabei sind der Sicherheitsbegriff des Bundesverfassungsgerichts und der Stand von Wissenschaft und Technik zugrunde zu legen und ist die Möglichkeit einer Fehlerkorrektur sicherzustellen. Dies gilt auch für Konrad.
Lassen Sie mich den bereits seit Jahrzehnten andauernden Weg Konrads, von den ersten Überlegungen zur Nutzung bis hin zur geplanten Inbetriebnahme, kurz aufzeigen.
Die Schachtanlage Konrad wird nunmehr seit mehr als acht Jahren zu einem Endlager umgebaut. Die Unterlagen aus dem Planfeststellungsverfahren sind schon über 20 Jahre alt und technisch gesehen damit sehr, sehr alt, geradezu archaisch. Der Planfeststellungsbeschluss wurde bereits 2002 erteilt und dann noch einmal sieben weitere Jahre lang beklagt. Mit der Inbetriebnahme ist nicht vor dem Jahr 2022 zu rechnen.
Ich habe mich bereits 2013 an das Bundesamt für Strahlenschutz gewandt und um einen Bericht bzw. eine Neubewertung gebeten, wie der Stand von Wissenschaft und Technik bei der Errichtung des Endlagers nunmehr umgesetzt werden soll. Erfreulicherweise haben der Präsident des Bundesamtes und auch der Staatssekretär das grundsätzlich zugesagt.
Das seinerzeit zugesagte Verfahrenskonzept liegt jedoch noch nicht vor. Wir werden daher im kommenden Frühjahr zum Thema des Standes von Wissenschaft und Technik einen Workshop in Berlin veranstalten und dabei auch diese Fragen thematisieren. Der Stand von Wissenschaft und Technik ist aber natürlich auch im Zusammenhang mit der Lagerung von radioaktivem Müll insgesamt eine bedeutende Fragestellung. Auch die Fragen der Atommülltransporte - die waren hier eben schon Thema -, der Sicherheit und der Fehlerkorrekturmöglichkeiten werden dabei eine wichtige Rolle spielen.
Ich hoffe, dass wir hier an einem Strang ziehen, und denke, dass der Antrag, der von den Regierungsfraktionen vorgelegt wurde, dafür eine gute Grundlage bietet, Herr Dr. Hocker.
(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD - Dr. Gero Ho- cker [FDP]: Ich habe doch gar nicht gesprochen!)
Vielen Dank, Herr Minister. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit sind wir am Ende der ersten Beratung angekommen.
Vorgesehen ist der Ausschuss für Umwelt, Energie und Klimaschutz. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist ausreichend unterstützt und damit beschlossen.
Tagesordnungspunkt 19: Erste Beratung: Die niedersächsischen NE-Bahnen verstärkt ausbauen - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/4358
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bereits heute Morgen bei der Dringlichen Anfrage zu den Nahverkehrsmitteln ist deutlich geworden, dass in Niedersachsen in den nächsten Jahren eine neue Verkehrspolitik vorangebracht wird. Streckenreaktivierungen, Bahnhofssanierungen und Reaktivierungen von Maßnahmen zur Barrierefreiheit, der Ausbau des Bürgerbus-Systems, die Erprobung eines Landesbusnetzes und insgesamt die Sicherung des ÖPNV in der Fläche bleiben wichtige Bestandteile der Verkehrspolitik des Landes.
Niedersachsen hat jedoch mehr zu bieten, meine Damen und Herren. Derzeit sind ca. 30 Eisenbahnverkehrsunternehmen im Schienengüterverkehr und im Schienenpersonennahverkehr unterwegs. Sie weiterzuentwickeln und sie bei ihren Aufgaben zu unterstützen, ist ein Schwerpunkt der landeseigenen Schienenverkehrspolitik. Grundlage dafür ist die Gesetzgebung des Bundes. Seit dem Haushaltsjahr 2013 werden Ersatzinvestitionen der öffentlichen nichtbundeseigenen Eisenbahninfrastruktur, die dem Schienengüterverkehr dienen, mit Bundesmitteln gefördert. Die Dotierung liegt seit 2013 bei einem Betrag von 25 Millionen Euro jährlich.
Dieses Jahr sind von den 25 Millionen Euro insgesamt 11,6 Millionen Euro nach Niedersachsen geflossen. Es konnten 12 Projektanträge von Privat
bahnunternehmen mit einem Gesamtvolumen von 23,3 Millionen Euro realisiert werden. Das Land Niedersachsen hat sich mit eigenen Mitteln in Höhe von 9,3 Millionen Euro daran beteiligt.
Niedersachsen hat wegen der zahlreichen Eisenbahnverkehrsunternehmen fast 50 % der Bundesförderung für die Stärkung der heimischen nichtbundeseigenen Eisenbahnunternehmen binden können und durch Landesmittel entsprechend ergänzt - und das ist gut so.
Wir schaffen damit zusätzliche Kapazitäten für den Schienengüterverkehr und ergänzen und verstärken dadurch die Schieneninfrastruktur des Bundes. Das hilft auch beim Ausbau von Hafenhinterlandanbindungen, die in erster Linie Aufgabe des Bundes sind.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, nur mit der DB und den NE-Bahnen gemeinsam wird es im Güterverkehr eine sinnvolle Entwicklung und den Ausbau des Modal Split zwischen Straße, Schiene und Wasserstraße geben.
Der Einstieg ist durch den zielgerichteten Einsatz der Mittel in Niedersachsen hervorragend gelungen. Nun kommt es darauf an, das Gesetz weiterzuentwickeln. Ziel muss es sein, den Mitteleinsatz und die Förderquote zu erhöhen; denn in allen Bundesländern steigen die Bedarfe, und ihre Kofinanzierungskraft ist durchaus unterschiedlich.