Vielen Dank, Herr Kollege Bosse. - Es hat jetzt für die FDP-Fraktion der Abgeordnete Björn Försterling das Wort. Bitte, Herr Kollege!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Bosse, seien Sie sich gewiss: Die FDP-Fraktion im Niedersächsischen Landtag unterstützt die Stadt Salzgitter, unterstützt auch die Region Braunschweig und die Menschen in der Region Braunschweig. Wir würden auch die SPDUmweltministerin unterstützen, wenn sie selbsttätig auf die Idee käme, das ihr untergeordnete Bundesamt für Strahlenschutz anzuweisen, Schacht Konrad auf der Grundlage des aktuellen Standes von Wissenschaft und Technik neu zu untersuchen. Dafür bräuchte es im Übrigen keines Beschlusses des Niedersächsischen Landtages, sondern einzig und allein der Initiative Ihrer Genossin Frau Bundesumweltministerin Hendricks, meine sehr geehrten Damen und Herren. Damit wären wir schon einen Schritt weiter.
Ansonsten muss man tatsächlich feststellen, dass auch wir über das Nationale Entsorgungsprogramm, das vorgelegt worden ist, sehr überrascht waren, weil für uns immer klar war, dass innerhalb der Region Braunschweig nicht die Anwohner der Asse plötzlich gegen die Anwohner von Schacht Konrad ausgespielt werden dürfen, indem man versucht, zu sagen: Wenn wir den Müll aus der Asse herausholen, dann bringen wir ihn nach Schacht Konrad. - Uns allen in der Region war klar, dass die Mengen, die im Planfeststellungsbescheid für Schacht Konrad stehen, gar nicht ausreichen. Da geht es nicht nur um die Gesamtmenge, sondern auch um die Einzelbestandteile der Abfälle, beispielsweise auch um die Frage, welche Chemikalien darin enthalten sind etc. Das, was in der Asse ist, ist in Schacht Konrad nicht einlagerungsfähig - nicht nur bezogen auf die Gesamtmenge, sondern auch auf die Zusammensetzung des Abfalls. Das gibt der Planfeststellungsbescheid nicht her.
Natürlich hätten wir uns gewünscht, dass die Bundesregierung dann, wenn das Ganze im Nationalen Entsorgungsprogramm aufgerollt werden soll, einen neuen Planfeststellungsbescheid beantragen würde. Ich glaube ganz ehrlich: Mit einem solchen Antrag könnten wir alle in der Region gut leben. - Denn - das haben Sie zu Recht gesagt - dann müsste Schacht Konrad nach aktuellem Stand von Wissenschaft und Technik untersucht werden. Wir alle in der Region sind uns ziemlich sicher, dass man dann keinen genehmigungsfähigen Planfeststellungsbescheid mehr bekommen
Denselben Vorwurf kann man auch in Richtung des Bundesamtes für Strahlenschutz machen. Ich habe das letztens schon im Kreistag gesagt. Mit großer Verwunderung nimmt man dann zur Kenntnis, dass die Transportstudie für Schacht Konrad zu dem Ergebnis kommt, dass von dem Transport keinerlei radiologische Gefahren ausgehen. Gleichzeitig sagt aber das Bundesamt für Strahlenschutz in Bezug auf die Asse, dass ein Zwischenlager zwingend standortnah an der Asse errichtet werden müsste, weil der Transport von verpacktem, neu konditioniertem Atommüll zu einem weiter entfernten Zwischenlager radiologisch so bedenklich sei, dass man die Bevölkerung diesem Risiko nicht aussetzen könne. Ich meine, dass das Bundesamt für Strahlenschutz dann einmal sagen muss, warum der Transport von schwach und mittelradioaktiven Abfällen aus der gesamten Republik nach Schacht Konrad weniger - bis gar nicht - gefährlich ist als der Transport des rückgeholten Asse-Mülls in ein entfernt gelegenes Zwischenlager.
Das sind Fragen, die jetzt in der Debatte geklärt werden müssen. Ich finde, dabei müssen alle eine gewisse Ehrlichkeit an den Tag legen. Von daher sind wir sehr gespannt, wie die Beratung des Antrags weitergeht. Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir hier geschlossen hinter den Menschen der Region Braunschweig und den Menschen der Stadt Salzgitter stehen werden.
Vielen Dank, Herr Kollege Försterling. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt die Abgeordnete Miriam Staudte das Wort.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich kann mich den Ausführungen meiner beiden Vorredner eigentlich komplett anschließen. Ich glaube, dass diese gemeinsame Sensibilität, die wir bei dieser Thematik im Niedersächsischen Landtag haben, auch mit dem gestrigen Thema, der Asse-Problematik, zusammenhängt. Wir wissen, was passiert, wenn voreilig ein ausgebeutetes Bergwerk genutzt und dort Atommüll eingelagert wird, ohne dass man auf die vielen Bedenken eingeht.
Wir haben das Thema „Schacht Konrad“ in dieser Wahlperiode im Landtag noch nicht diskutiert. Deswegen möchte ich für diejenigen, die nicht so stark in die Thematik involviert sind, etwas zu einigen grundsätzlichen Kritikpunkten an Schacht Konrad ausführen.
Der Punkt „ausgebeutetes Bergwerk“ ist schon angesprochen worden. Es geht dabei vor allem darum, dass bei einem Bergwerk, in dem gefördert wird, ganz andere Wegsamkeiten entstehen. Es werden Probebohrungen gemacht. Dadurch hat Wasser vielleicht zukünftig die Möglichkeit, sich seinen Weg durch das Gebirge zu suchen. Wenn man ein Bergwerk auffährt, um ein Endlager zu betreiben, geht man natürlich sehr viel vorsichtiger vor.
Ein weiterer Punkt ist das Abteufen der Schächte. Man hat die Schachtansatzpunkte nicht danach ausgewählt, wo hydrogeologisch der beste Punkt wäre, sondern auch unter Förderungsaspekten. Sie alle wissen, welche Problematik Wasser als potenzielles Transportmedium für Radioaktivität in einem Bergwerk bedeutet.
Man hat damals natürlich auch gesagt: Okay, wir haben jetzt hier ein ausgebeutetes Bergwerk. Fragen wir mal die Wissenschaft, ob sie sagt, dass das in Ordnung ist. - Das war 1982, als man die Gesellschaft für Strahlenforschung gefragt hat: Können wir das Bergwerk hier nehmen? - Die Gesellschaft sagte: Nein, im Schacht Konrad ist kein Wasser zu erwarten. - Das klingt ja erstmal gut. Man sollte dazu wissen, dass dieselbe Gesellschaft neun Jahre vorher auch zur Asse gesagt hat, dass sie bis in alle Ewigkeit sicher ist.
Wer einmal unten war, weiß genau: Es gibt Wasser in Schacht Konrad. Es gibt regelrechte Tropfsteinformationen. Das sieht man, wenn man in die hinteren Ecken guckt.
Ein weiterer grundsätzlicher Kritikpunkt ist die Frage der Bodenschätze. Es wurde dort Eisenerz gefördert, allerdings nicht vollständig ausgebeutet. Insofern hat man - beim Vorhandensein von Bodenschätzen - immer die Problematik, dass eventuell zukünftige Generationen auf die Idee kommen könnten, dort wieder etwas fördern zu wollen, und dann unwissentlich das Atommülllager anbohren.
Der Punkt Gasmigration ist damals überhaupt nicht berücksichtigt worden. Das ist ein Punkt, den wir aus der VS Gorleben kennen. Auch Gas ist natürlich ein potenzielles Transportmedium.
Wir haben also ein Konzept aus den 80er-Jahren. Wir als Land wollen die Überprüfung nach Stand von Wissenschaft und Technik durch das Bundesamt für Strahlenschutz einfordern.
Ein Punkt, der immer ins Feld geführt wird - die Zeit rast leider sehr -, ist: Schacht Konrad ist doch durchgeklagt und ist doch durch alle Instanzen gegangen. - Dazu muss man erwähnen, dass das Gericht zum Schluss begründet hat: Man ist nicht klageberechtigt, weil es keinen sogenannten Nachweltschutz gibt. Man kann nur klagen, wenn man selber betroffen ist, aber nicht für zukünftige Generationen. Das ist eigentlich absurd. Eigentlich müsste man tatsächlich einmal überprüfen, ob das weiterhin haltbar ist, wenn uns allen doch klar ist, dass wir Entscheidungen für zukünftige Generationen fällen. Wer soll es zukünftig überprüfen? - Die zukünftigen Generationen können es kaum machen. Wir fordern also die Neubewertung.
Der Punkt „Nationales Entsorgungsprogramm“ ist schon angesprochen worden. Ich möchte an der Stelle noch einen Aspekt ergänzen. Das Perfide an dem Vorschlag war, dass gesagt wurde: Wir wollen die Erweiterung um weitere 300 000 m³ nach Inbetriebnahme. - Wenn man das ohnehin vorhätte, dann könnte man auch sagen: Okay, dann wollen wir jetzt die Erweiterung. - Dann hätte man das Gesamtkonzept aber neu überprüfen lassen müssen. Da hat sich der Bund wahrscheinlich gedacht, dass es der Überprüfung wohl nicht standhalten würde. Stattdessen nun diese Salamitaktik! Nun ist es zwar aus dem Nationalen Entsorgungsprogramm herausgeflogen, aber eben nicht ausgeschlossen. Wenn eventuell 2022 Konrad in Betrieb gehen würde und die Zuständigkeit von Niedersachsen auf den Bund übergeht, könnte diese Erweiterung noch einmal aus dem Hut gezaubert werden.
Wir haben aufgrund dieser Thematik im Moment auch die Debatte in der Endlagerkommission. Es wurde doch quasi delegiert: Ja, dann überlegt ihr euch bitte einmal etwas, vielleicht ein Mischlager für den hoch, den mittel- und den schwach radioaktiven Atommüll. - Man muss aber sagen, dass das äußerst gefährlich ist. Der schwach- und mittel radioaktive Müll ist gasentwickelnd. Den hoch radioaktiven Müll sollte man vielleicht nicht unbedingt mit Gas in Berührung bringen. Insofern geht das Konzept „alles in ein Bergwerk“ ohnehin nicht. „Zwei Bergwerke an einem Standort“ würde bedeuten, dass wir eine unglaublich große Formation brauchen. Ich glaube, wir sollten unseren Schwerpunkt darauf legen, für den hoch radioaktiven Müll
Und - was auch deutlich wird -: Wir brauchen, wie es auch die Schweiz macht, für den schwach und mittelradioaktiven Müll ein vergleichendes Auswahlverfahren. Es kann doch nicht sein, dass wir 300 000 m3 nach Konrad geben, das alles nicht neu überprüfen lassen wollen und für die anderen 300 000 m3 einen neuen Standort suchen. Das alles ist nur Stückwerk. Es kann nur eine klare Lösung und einen klaren Weg geben. Auch für den schwach und mittelradioaktiven Müll brauchen wir die vergleichende Endlagersuche. Ich meine, damit würden wir zukünftigen Generationen mehr als einen großen Gefallen tun.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielen Dank, dass ich zu diesem Punkt reden darf.
Ich muss schon sagen, ich finde den Antrag von SPD und Grünen sehr interessant, vor allem auch die Wortwahl, die bei der Einbringung benutzt wurde. Wenn von „Erweiterung durch die Hintertür“ die Rede ist, dann stelle ich mir die Frage, ob wir noch in einem Staat leben, in dem Recht und Gesetz gelten oder nicht. Der Kollege Försterling hat ja vorhin sehr zu Recht gesagt: Wenn man so etwas machen will, braucht man einen neuen Planfeststellungsbeschluss, mit all den Verfahren, die dahinter hängen. Insofern, lieber Herr Kollege Bosse, kann von einer „Erweiterung durch die Hintertür“ eigentlich überhaupt nicht die Rede sein.
Sie sagen, Sie wollen die Region unterstützen. Ich sage Ihnen: Das wollen auch wir. Wir wissen, dass die Region Braunschweig/Wolfenbüttel durch die Asse, durch Schacht Konrad außerordentlich belastet worden ist. Wenn wir eine Chance haben, an der Seite der Menschen dort zu sein, dann sind wir das. Aber ich habe bei der Art und Weise, in der Sie Ihren Antrag vorgetragen haben, eher den Eindruck, dass es hier darum geht, den gesamten Landtag dazu zu bringen, Ihre SPD-Umweltministerin in Berlin in die Pflicht zu nehmen, damit die
Dame nicht das macht, was Ihnen hier vor Ort nicht gefällt. Insofern muss ich vermuten: Das Verhältnis zwischen Ihnen, d. h. der SPD in der Region rund um Wolfenbüttel, rund um Schacht Konrad, rund um Salzgitter, und der Ministerin in Berlin muss relativ schlecht sein. Ich glaube, es gab Zeiten, in denen man so etwas telefonisch regelte.
Liebe Frau Kollegin Staudte, was das Thema Wasser angeht: Ja, ich weiß, es macht die Menschen immer nervös, wenn Wasser in einem Bergwerk auftaucht.
Ich hatte das Vergnügen, vor einigen Jahren gemeinsam mit Ihrem heutigen Umweltminister in Skandinavien zu sein. Damals haben wir uns in Norwegen und in Schweden Endlagerprojekte angeschaut. Es war nicht nur ein bisschen Wasser, was da in Schweden durch den Berg rauschte; das war schon beinahe ein kleiner Bach. Ich habe damals ein kleines Video davon gemacht. Leider habe ich es nicht mehr. Das Wasser rauschte dort einfach durch; denn es ist normal, das in bestimmten Formationen Wasser vorhanden ist. Daher muss man dann eben andere Maßnahmen treffen. Wenn Sie Wasser von vornherein ausschließen, werden Sie bei den Formationen, die vorhanden sind, Probleme bekommen. Denn Salz, liebe Frau Kollegin Staudte, wollen Sie ja auch nicht.
Wie Sie wissen, bin ich bei der Anwendung von Wissenschaft und Technik immer bei Ihnen. Alles das, was man tut, muss dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprechen. Man kann nicht die Probleme von heute mit der Technik von gestern lösen. Aber das Problem, das ich damit habe, ist: Schacht Konrad sollte ursprünglich im Jahr 1986 in Betrieb gehen. Ich habe versucht, mich zu erinnern, wie das 1986 war.
Damals stand ich persönlich ein Jahr vorm Abitur. Damals gab es nach meinem Wissen noch kein Internet, es gab noch keine LED-Lampen, und der Computer, den ich damals nicht hatte, hatte ein Floppy-Laufwerk - Dinge, an die sich heute niemand mehr erinnern kann. Wenn man Schacht Konrad schnell gebaut hätte, dann wäre er ja heute schon fertig. Aber er ist immer wieder verzögert
worden, mit allen rechtlichen Möglichkeiten, die es gab. Wenn Sie heute beklagen, dass wir heute nicht den Stand von Wissenschaft und Technik haben, weil das damals schon geplant worden ist, dann müssen wir uns alle fragen - und ich frage besonders Sie -: Was war denn Ihr Beitrag zu den gesamten Verzögerungen?
Frau Kollegin Staudte und Herr Kollege Bosse, Sie reden von Transparenz. Dazu sage ich ganz deutlich: Gegen Transparenz habe ich nichts. - Aber ich persönlich habe Probleme damit, wenn es jemandem an dem Willen fehlt, die Dinge umzusetzen. Sie können gerne Transparenz fordern. Aber dann erwarte ich von Ihnen auch, dass die Dinge, wenn Transparenz herrscht, am Ende umgesetzt werden.
Herr Kollege Bäumer, ich darf Sie fragen, ob der Kollege Bosse Ihnen eine Zwischenfrage stellen kann.
Mich interessiert die Antwort auf die Frage - diese Frage würde ich gerne mit Ja oder mit Nein beantwortet bekommen -, ob Sie es für richtig halten, dass bei Schacht Konrad nicht noch ein zweites Mal hingeschaut wird. Halten Sie es für richtig und vernünftig, Konrad noch einmal neu zu bewerten?
Herr Kollege, die Frage kann man einfach beantworten. Das hätte ich im weiteren Verlauf ohnehin getan. Natürlich muss man die Chance ergreifen, das noch einmal neu zu bewerten. Dagegen habe ich in diesem speziellen Fall nichts. Aber mich stört es, wenn man ständig versucht, über irgendwelche Dinge irgendetwas neu zu bewerten, um am Ende etwas Bestimmtes zu erreichen. Das ist nicht, dass