Protokoll der Sitzung vom 14.10.2015

Das kann ich nicht nachvollziehen. Das ist ihr Problem. Aber die neue Brandmauer gegen Bauten für landwirtschaftliche Betriebe steht damit, und sie kann einzig und allein durch politische Deals von Rot-Grün aufgehoben werden. Denn der Kreistag hat sich vorbehalten, dass nur er Ausnahmen genehmigen kann.

(Jörg Bode [FDP]: Was?)

Unter dieser Voraussetzung kann kein Landwirt, der bis drei zählen wird, noch Geld in die Hand nehmen. Denn auch die Erstellung von Bauunterlagen erfordert hohe Summen, Zigtausende Euro.

(Jörg Bode [FDP]: Unglaublich!)

Vor einigen Monaten hat nun die Kreisverwaltung im Kreis Holzminden nach mehreren Bauerndemos auf Nachfrage erklärt, dass einer Erteilung der Genehmigung nichts entgegenstehe; es gebe keine Ablehnungsgründe.

Jetzt war wieder das MU dran. Das MU schaltete sich ein und untersagte die Erteilung der Baugenehmigung.

(Christian Dürr [FDP]: Das ist unfassbar!)

Es bestellte Mitarbeiter der Kreisverwaltung ein. Mehrfach wurden die Entwürfe des Kreises zurückgewiesen. Blöde dabei ist, meine Damen und Herren, dass das MU Passagen beanstandet hat, die der Landkreis Holzminden wörtlich aus einer Genehmigung in Cloppenburg abgeschrieben hatte und die mehrfach gerichtlich ausgeklagt wurden. Man hat sich also nicht einmal die Mühe gemacht, Herr Minister, Ausreden für die weitere Verschleppung herzusuchen, die rein theoretisch vielleicht von Belang sein könnten. Nein, man hat Passagen erwischt - Pech! -, die völlig unumstritten sind.

(Beifall bei der FDP - Christian Dürr [FDP]: Unfassbar!)

Das ist die hässliche Fratze der Arroganz der Macht. Herr Minister, das ein kein Sündenfall mehr, das ist Sodom und Gomorrha.

(Volker Bajus [GRÜNE] lacht)

Im Kreis Holzminden, meine Damen und Herren, gibt es sehr wenig Nutztierhaltung. Um es andersherum zu sagen: Es ist nicht so, dass wir da Massen von Tieren hätten. Wir haben 0,5 Großvieheinheiten je Hektar. 2 Großvieheinheiten je Hektar sind normal; in den Problemgebieten haben wir 3 oder 4.

Die jetzige Situation kommt einem totalen Bauverbot gleich. Eine Genehmigung kann nur unter Ausschluss jeglichen Sachverstands durch Politdeals erlangt werden. Dem wird sich niemand aussetzen.

Der in diesem Falle betroffene Landwirt hat bereits über 80 000 Euro in das Verfahren investiert. Er ist sechs Jahre lang in seiner betrieblichen Entwicklung total blockiert worden. So kann man Bauernfamilien in den Ruin treiben.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU - Jörg Bode [FDP]: Un- glaublich!)

Wenn man eine bestimmte Art der Tierhaltung nicht will, meine Damen und Herren, wenn man die Größe oder die Gestalt von Ställen verändern will, dann muss die Politik die Rahmenbedingungen verändern.

Dazu hatten die Grünen auch genug Gelegenheit. Sie haben jahrelang im Bund regiert. Sie regieren in mehreren Bundesländern. Der Landwirtschaftsminister sagt uns: 40 000 Plätze in einem solchen Stall sind Massentierhaltung, 30 000 Plätze sind bäuerliche Landwirtschaft und in Ordnung. - Den qualitativen Unterschied hat er uns hier nie erläutern können.

(Zustimmung bei der CDU - Dr. Stefan Birkner [FDP]: Kann er auch nicht!)

Der Wissenschaftliche Beirat des Bundesministeriums sagt uns, dass die Größe eines Stalles den geringsten Einfluss in einem vielfältigen Portfolio von Maßnahmen hat, die man ergreifen kann.

Wenn aber 40 000 Plätze erlaubt sind - - - Meine Damen und Herren, der einzelne Landwirt kann nicht reagieren, weil 30 000 Plätze die Wirtschaftlichkeit so sehr verschlechtern, dass er von den schwarzen in die roten Zahlen rutscht.

Deswegen muss die Politik die Rahmenbedingungen schaffen. Die werden verweigert. Die Landwirtschaft wird für eine gesellschaftlich gewollte Tierhaltung an den Pranger gestellt. Man hat auch keine Gefahr, dass einem das Thema verloren geht, weil die Landwirte, wie gesagt, nicht reagie

ren können, solange die Politik die Voraussetzungen nicht schafft.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Deswegen brauchen wir zeitlich klar definierte Verfahren, die einen derartigen Missbrauch unmöglich machen. Ein Antragsteller hat, wie ich schon sagte, einen Rechtsanspruch auf einen Bescheid. Wenn die Landesregierung der Auffassung ist, dass ein Bauantrag für einen Nullachtfünfzehn-Stall, wie er hundertfach im Lande steht, sechs Jahre Genehmigungsfrist braucht, dann wäre das auch eine Antwort.

Wir sind der Auffassung, dass das in einem sehr begrenzten Zeitraum möglich sein muss. Darüber hinaus müssen die Unterlagen, die beizubringen sind, von der Behörde sofort zu Anfang des Verfahrens benannt werden, damit das Ganze in einer angemessenen Frist abgewickelt werden kann.

Rot-Grün im Landkreis Holzminden und Rot-Grün im Lande beschränken sich aber aufs Blockieren mit fragwürdigen Mitteln, meine Damen und Herren.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: So ist es!)

Damit zementieren Sie genau die Haltungsverfahren, die Sie vorgeben, verbessern zu wollen. Sie reduzieren das AFP von 40 Millionen auf 10 Millionen Euro. Sie bezichtigen Antragsteller und äußern falsche Anschuldigungen und Behauptungen - so wird in diesem Fall gesagt, der Antragsteller habe innerhalb von sechs Jahren die Antragsunterlagen nicht vollständig beigebracht; das ist eine Frechheit für sich -, um Ihre eigenen Verschleppungsstrategien zu kaschieren.

Sie haben im Landkreis Holzminden das konstruktive Verhältnis zwischen Landwirtschaft und Verwaltung zerstört. Statt bei Zukunftsforen sehen wir uns nun vor Gericht wieder.

Sie sind auf dem direkten Wege, im ganzen Lande jegliches Vertrauen zwischen Landwirtschaft und den Regierenden zu zerstören. 4 000 Landwirte, die in Hannover ausschließlich gegen diese Regierung und ihre Politik demonstriert haben, waren anscheinend nicht genug.

Deswegen fordere ich Sie auf: Kehren Sie auf Ihrem verhängnisvollen Weg um! Nehmen Sie unseren Antrag zum Anlass, Zukunftsinvestitionen für unsere jungen Landwirtsfamilien wieder kalkulierbar und umsetzbar zu machen! Nur so können wir auch mehr Tierwohl in die Tat umsetzen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Renate Geuter [SPD]: Das ist doch sachlich und inhaltlich völlig dane- ben!)

Danke, Herr Kollege Grupe. - Jetzt hat der Abgeordnete Volker Bajus, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, das Wort.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Damen und Herren von der FDP, was dieser Antrag hier soll, versteht, glaube ich, in diesem Hause niemand so richtig. Es kann doch nicht Aufgabe des Landtags sein, einzelne Stallbaugenehmigungsverfahren aufzuarbeiten! Wir sind doch hier nicht im Bauausschuss des Landkreises Holzminden!

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Der grüne Filz ist da! - Christian Dürr [FDP]: Sie benutzen das Umweltministerium, das ist die Wahrheit!)

Wir sind auch nicht das Verwaltungsgericht, das in dieser Sache bereits gegen den Antragsteller entschieden hat. Es kann doch niemand von uns zurzeit die Details des Genehmigungsverfahrens kennen, um das es in diesem Antrag geht.

(Jörg Bode [FDP]: Weil es Sie nicht interessiert! - Weitere Zurufe von der FDP)

Wenn es um die Geschwindigkeit der Antragsbearbeitung geht, muss man doch immer beide Seiten betrachten. Man muss prüfen, ob der Antragsteller eigentlich alle erforderlichen Genehmigungsunterlagen fristgerecht vorgelegt hat.

(Zustimmung bei der SPD)

Man muss auch prüfen, wie das Ergebnis der Gutachten ist, wie der zuständige Landkreis agiert, was die Rechtsaufsicht zu beanstanden hat bzw. was noch bearbeitet werden muss, was ausschlaggebend für die immissionsschutzrechtliche Bewertung war. Das alles ist für uns zurzeit doch überhaupt nicht nachvollziehbar. Was also soll ein solcher Antrag hier?

(Zustimmung bei der SPD)

Sie, meine Damen und Herren, wissen es doch offensichtlich selber nicht - auch Herr Grupe nicht, der hier wortreich und dynamisch auftritt. In Wirklichkeit haben Sie doch erst in der letzten Woche

zwei Anfragen an die Landesregierung zu diesem Thema gestellt. Aber Sie konnten nicht einmal die Antwort abwarten, sondern versuchen offensichtlich bar jeder Sachkenntnis, politischen Profit daraus zu ziehen.

(Zustimmung bei der SPD - Jörg Bode [FDP]: Das kann ja noch ein paar Jah- re dauern!)

Meine Damen und Herren, wenn ich richtig informiert bin, liegt der beantragte Hähnchenstall im Natura-2000-Gebiet Sollingvorland. Das Naturschutzgebiet Tuchtberg liegt nur 300 m entfernt. Da weiß doch eigentlich jeder, dass es kompliziert wird, wenn man in einem solchen Gebiet einen Stall für 80 000 Hähnchen bauen will. Auch der Widerstand in der Bevölkerung ist beachtlich. Über 3 000 Unterschriften wurden gegen das Vorhaben gesammelt, und im Verfahren wurden an die 900 Einwendungen eingereicht.

Ich will das alles gar nicht im Detail bewerten, weil ich das anhand der mir vorliegenden Informationen gar nicht kann. Aber beides, Naturschutz und Bürgerwiderstand, machen den örtlichen Abwägungsprozess zu einer besonderen Herausforderung.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir stehen zur kommunalen Planungshoheit, und der Landtag muss sich hüten, diese grundlos infrage zu stellen. Das kann man auch der FDP in diesem Fall nur empfehlen.

(Zustimmung bei der SPD)

Meine Damen und Herren, uns unterscheidet ein ganz zentraler Punkt: Für Sie ist eine Genehmigungsbehörde offenbar nur eine Ermöglichungsbehörde, die dafür da ist, Anträge durchzuwinken.

(Hermann Grupe [FDP]: Für Sie ist das eine Verhinderungsbehörde!)