Protokoll der Sitzung vom 15.10.2015

(Zustimmung von Heinrich Scholing [GRÜNE])

Es gebührt auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landesschulbehörde und vor allen Dingen auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Kultusministeriums besonderer Dank, dass sie schnell, umsichtig und sehr kompetent gehandelt haben. Und nicht zuletzt gebührt auch der Kultusministerin Dank. Denn sie hat umgehend nach dem OVG-Urteil die richtigen Schlüsse gezogen, hat sofort den Dialog mit den Verbänden aufgenommen und hat mit diesen Verbänden gemeinsam schnelle und pragmatische Lösungen gefunden. Das war gut, das war richtig, und das Ergebnis sehen wir jetzt, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Zustimmung bei der SPD)

Zu den beiden letztgenannten Punkten!

(Zuruf von Christian Grascha [FDP] - Glocke der Präsidentin)

Der Grund für den Boykott von Klassenfahrten fällt weg. Von daher haben schon viele Gymnasien signalisiert, dass sie wieder Klassenfahrten durchführen werden. Außerdem ist ein Klassenfahrtserlass gerade in der Beratung. Da gibt es noch einige kritische Punkte, aber auch dieser Klassenfahrtserlass wird zu Verbesserungen führen.

Über die letzte Forderung in diesem Antrag haben wir hier ja schon mehrfach diskutiert. Es wird von schwarz-gelber Seite ja immer so dargestellt, als seien Lehrkräfte erst seit zweieinhalb Jahren in Niedersachsen belastet. Die Kollegin Hamburg hat das ja schon durch ihre Zwischenfrage entlarvt. Dem ist nicht so, sondern es war tatsächlich ein gut gefüllter Topf an Belastungen, und wir müssen zugeben, die Mehrarbeit, die höhere Unterrichtsverpflichtung an Gymnasien war dann wohl der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht

hat. Das haben wir hier auch schon mehrfach diskutiert, natürlich auch selbstkritisch.

Ich habe in vorangegangenen Reden zu diesem Thema bereits auf die Beispiele NordrheinWestfalen und Hamburg hingewiesen. NordrheinWestfalen hat eine umfangreiche Erhebung gemacht, um die tatsächliche Arbeitszeit von Lehrkräften wissenschaftlich zu erfassen. Man ist im Schnitt auf 50 Stunden die Woche gekommen. Wirkliche Folgen hat das nicht gehabt. Tatsächlich haben die Gymnasiallehrer in Nordrhein-Westfalen eine Unterrichtsverpflichtung von 25,5 Stunden. Das heißt, es stellt sich in dem Zusammenhang die Frage: Welche Schlussfolgerungen wollen wir denn ziehen, wenn wir eine solche Erhebung machen, oder wollen wir beispielsweise ein Modell wie in Hamburg haben, wo die Lehrerarbeit faktorisiert ist, was eine erhebliche Mehrarbeit bei der Dokumentation der tatsächlichen Arbeitszeiten mit sich bringt?

Die Verbände haben gesagt, im Moment bedürfe es einer so breit angelegten wissenschaftlichen Erhebung der tatsächlichen Lehrerarbeitszeit im Land nicht, es bedürfe vielmehr des Dialogs zum Thema Belastungen am Arbeitsplatz Schule.

(Glocke der Präsidentin)

Diesen Dialog wollen wir führen, diesem Dialog werden wir uns stellen.

(Astrid Vockert [CDU]: Reden, reden, reden! Handeln ist gefordert!)

Und das wird eine Aufgabe sein, die uns noch die nächsten Jahre beschäftigen wird. Denn der Arbeitsplatz Schule ist mit vielfältigen Belastungen gesegnet. Es lohnt sich nicht, und es macht keinen Sinn, sich da nur auf die Lehrerarbeitszeit zu fokussieren. Denn der Hebel, den wir in der Lehrerarbeitszeit haben, ist kaum gegeben. Wir müssten generell absenken. Aber das können wir nicht, das ist nicht finanzierbar, und das ist hinsichtlich des Bedarfs an Lehrkräften auch grundsätzlich nicht machbar.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, abschließend - - -

Genau, Sie müssen jetzt zum Schluss kommen.

Der Antrag hat sich überholt. Ich prognostiziere, er wird abgelehnt. Das ist auch gut so. Wir haben die

richtigen Schlüsse gezogen. Von daher bin ich zum Schulstart 2015/2016 sehr zufrieden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Zu einer Kurzintervention auf Sie, Herr Kollege Bratmann, hat sich Herr Kollege Seefried gemeldet. Bitte!

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Da die Redner von SPD und Grünen ja so souveräne Redner sind und keine Zwischenfragen zulassen,

(Zustimmung bei der CDU - Zurufe von der SPD: Oh, oh! - Glocke der Präsidentin)

nutze ich das Mittel der Kurzintervention. Ich möchte zwei Punkte herausgreifen.

Herr Bratmann, Sie haben gelobt, dass Sie mit diesem Schulgesetz doch die Gymnasien stärken, und Sie haben gelobt, dass dadurch ja gar nicht diese Strukturdiskussion kommt, die von CDU und FDP in die Diskussion immer eingebracht worden ist. Aber Sie wissen ganz genau, dass wir in der Debatte immer deutlich gemacht haben: Diese Schulgesetzänderung hat Konsequenzen für die Gymnasien. Diese Schulgesetzänderung wird aber vor allem die Wahlfreiheit der Eltern einschränken, was die Anwahl von Oberschulen, Realschulen und Hauptschulen betrifft. Das werden die Schulformen sein, die zuerst betroffen sein werden. Genau das haben wir in der Diskussion immer gesagt.

Jetzt frage ich Sie - angesichts dieser Warnung, die wir früh gegeben haben -, wie Sie die Entwicklung in der Stadt Hannover beurteilen, wo jetzt ein Schulentwicklungsplan vorgelegt worden ist, dass man also jetzt in den nächsten Jahren die Schullandschaft so umgestalten möchte, dass es zukünftig nur noch Gesamtschulen und Gymnasien und gar keine andere Schulform in Hannover mehr geben wird. Ist das nicht genau das, was wir im Vorwege prognostiziert haben, oder wie beurteilen Sie das? - Das war die erste Frage.

Die zweite Frage dann noch in aller Kürze hinterher: Sie haben den Klassenfahrtenerlass gelobt, der ja jetzt so viel Verbesserung mit sich bringt. Ich frage mich, wie man Lehrern mehr Geld für Klas

senfahrten geben will, wenn die Schulen nicht mehr Geld bekommen, um den Lehrern das dann auch geben zu können, und Sie im Gegenteil mit dem Haushalt 2016 die Budgetmittel für die Schulen sogar noch kürzen wollen. Wie passt das denn, bitte schön, zusammen?

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Herr Bratmann antwortet Ihnen. Bitte!

(Astrid Vockert [CDU]: Aber antwor- ten, nicht schönreden!)

- Frau Kollegin Vockert, das entscheidet Herr Bratmann.

Frau Kollegin Vockert, wir kennen uns ja aus dem Kultusausschuss, und Sie wissen, dass ich immer fundiert antworte, wenn ich denn gefragt werden. Ich will zumindest versuchen, das jetzt hoffentlich auch zu Ihrer Zufriedenheit zu tun.

Zum Ersten: Wir haben ja hier die Debatte schon mehrfach geführt, dass Schwarz-Gelb behauptet, die Wahlfreit wird eingeschränkt. Ich glaube, das ist ein ziemlicher Popanz. Denn die Wahlfreiheit vor Ort - wenn wir einmal ins Land gucken, sieht man das - wird nicht eingeschränkt durch die Schulgesetznovelle. Im Gegenteil, da gibt es für die Schulträger mehr Möglichkeiten. Wir bauen da auch sehr stark auf die Schulträger und haben großes Vertrauen, dass die vor Ort schon die richtige Schullandschaft vorhalten, die sie benötigen. Denn wir haben nun einmal im Oberharz andere Verhältnisse als in der Stadt Hannover oder in Wolfsburg andere Verhältnisse als in Cuxhaven.

Die Vielfalt wird in einigen Landstrichen vielmehr durch die demografische Entwicklung bedroht,

(Kai Seefried [CDU]: In der Stadt Hannover, ja!)

dass Schulen geschlossen werden, weil sie nicht mehr hinreichend angewählt werden. Da können die Schulträger auch gar keinen anderen Schluss ziehen.

Und wenn dann anstelle von Haupt- und Realschulen, weil die Eltern sie für ihre Kinder nicht mehr anwählen, beispielsweise eine Integrierte Gesamtschule steht, dann ist das für die meisten Eltern eher ein Gewinn. Und wenn der Schulträger das vor Ort entscheidet, ist das auch richtig so.

(Zustimmung von Gerald Heere [GRÜNE])

In der Stadt Hannover - das hatte ich eben gesagt - wird gerade geprüft, ein weiteres Gymnasium einzurichten. Von daher kann auch da von Bedrohung der Gymnasien keine Rede sein.

Der Klassenfahrtserlass ist gerade in der Beratung. Das, was mit den Schulbudgets geschieht, muss noch mit dem Kultusministerium beraten werden. Es ist aber auch kein Geheimnis, dass die Schulen insgesamt auf einem nicht unerheblichen Berg von Budgets sitzen. Da muss man gemeinsam mit dem MK die richtigen Schlüsse ziehen, wie zukünftig die Finanzierung von Klassenfahrten erfolgen wird.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Wir fahren in der Beratung fort. Das Wort hat Herr Kollege Försterling, FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist natürlich relativ leicht für die Koalitionsfraktionen, lobende Worte von Lehrerverbänden aus Pressemitteilungen zu zitieren, weil man ehrlicherweise sagen muss: Die Lehrerverbände hatten von dieser Landesregierung zwischenzeitlich gar nichts mehr erwartet, und dann ist selbst der kleinste Tropfen manchmal genug, um solche Pressemitteilungen auszulösen.

(Beifall bei der FDP)

Tatsächlich kann man feststellen: Das flächendeckende Chaos zum Schuljahresbeginn ist ausgeblieben. Gleichwohl gibt es Schulen mit einer sehr schlechten Unterrichtsversorgung, mit einem wirklich dramatischen Unterrichtsausfall. Darüber haben verschiedene Zeitungen berichtet. Es ist anscheinend nicht gelungen, die Unterrichtsversorgung an den weiterführenden Schulen auf mehr als 100 % zu stemmen.

Das heißt, dass nicht das Angebot, das eigentlich vorgehalten werden müsste, an den Schulen vorgehalten werden kann. Das bedeutet auch, dass keinerlei Kapazitäten vorhanden sind, um beispielsweise bei Krankheitsausfällen zu vertreten. Aufgrund der Tatsache, dass Sie auch an die Altersermäßigung herangegangen sind, kann man

prognostizieren, dass die Krankenstände deutlich steigen werden.

Die kontinuierliche Absenkung der Unterrichtsversorgung - seitdem Sie Regierungsverantwortung tragen - führt auch zu der Situation, dass die Schulen jetzt überhaupt nicht mehr flexibel auf die schulpflichtigen Flüchtlingskinder reagieren können - weil sie bereits im Regelbetrieb an ihrem Limit sind und die Flüchtlingskinder die Situation in den Schulen jetzt noch verschärfen werden. Da helfen die Stellen, die Sie jetzt im Nachtragshaushalt ausgebracht haben, auch nicht.

Angesichts dieser Tatsache möchte ich gerne einmal eine Antwort von der Landesregierung, wie die 240 Vollzeitlehrereinheiten, die jetzt durch die Mehrarbeit der Lehrkräfte erwirtschaftet werden - das sind die Stellen, die nicht besetzt werden konnten -, künftig zurückgezahlt werden sollen. Wir alle wissen, dass der Bewerbermarkt im Lehrerbereich leergefegt ist. Das wird möglicherweise auch dazu führen, dass die ausgeschriebenen Stellen für die Sprachförderung nicht besetzt werden können. Im folgenden Jahr müssen Sie diese 240 Vollzeitlehrereinheiten, die jetzt durch Mehrarbeit abgeleistet werden, aber an die Lehrkräfte zurückzahlen. Das haben Sie versprochen. Bisher gibt es überhaupt kein Konzept, wie Sie das machen wollen.