Protokoll der Sitzung vom 15.10.2015

Angesichts dieser Tatsache möchte ich gerne einmal eine Antwort von der Landesregierung, wie die 240 Vollzeitlehrereinheiten, die jetzt durch die Mehrarbeit der Lehrkräfte erwirtschaftet werden - das sind die Stellen, die nicht besetzt werden konnten -, künftig zurückgezahlt werden sollen. Wir alle wissen, dass der Bewerbermarkt im Lehrerbereich leergefegt ist. Das wird möglicherweise auch dazu führen, dass die ausgeschriebenen Stellen für die Sprachförderung nicht besetzt werden können. Im folgenden Jahr müssen Sie diese 240 Vollzeitlehrereinheiten, die jetzt durch Mehrarbeit abgeleistet werden, aber an die Lehrkräfte zurückzahlen. Das haben Sie versprochen. Bisher gibt es überhaupt kein Konzept, wie Sie das machen wollen.

Und angesichts der Flüchtlingsströme können Sie auch nicht mehr davon sprechen, dass das alles irgendwann über die demografische Rendite laufen wird. Ich kann Ihnen heute sagen, dass es die demografische Rendite im Bildungsbereich nicht geben wird - weil wir bereits Ende dieses Jahres wieder so viele Schüler im Schulbereich wie zum Ende des vergangenen Schuljahres haben werden. Das heißt, der Schülerrückgang durch den demografischen Wandel wird Ende des Jahres schon komplett aufgebraucht sein. Und dann kommt in ein paar Jahren noch der 13. Abiturjahrgang auf Sie zu, und auch da müssen Sie auf einen Schlag 1 250 Lehrer einstellen und die Stellen auch besetzen.

Es fehlt an jeglicher Koordinierung, an jeglicher Verantwortung dieser Landesregierung, heute schon deutlich zu machen, wie Sie die Unterrichtsversorgung in den nächsten Jahren aufrechterhalten wollen. Deswegen ist dieser CDU-Antrag sehr richtig: Er zeigt auf, dass Sie es schon in der Vergangenheit versäumt haben, die richtigen Weichen zu stellen. Und die heutige Diskussion hat noch einmal deutlich gezeigt, dass Sie immer noch nicht

bereit sind, zu handeln, damit die Unterrichtsversorgung in diesem Land auch in den nächsten Schuljahren sichergestellt werden kann.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Försterling. - Für die Landesregierung hat nun Frau Kultusministerin Heiligenstadt das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Ziel der Landesregierung, die Schulen mit Lehrkräften zu versorgen, eine gute Unterrichtsversorgung sicherzustellen und gleichzeitig die Bildungsqualität in den Blick zu nehmen, hat oberste Priorität. Das haben wir mit den Einstellungsvorgängen zu diesem Schuljahrgang deutlich beweisen können.

Ein besonderes Augenmerk legen wir bei Unterrichtsversorgung auf die Grundschulen.

(Björn Thümler [CDU]: Deswegen klappt das auch nicht!)

Bei den Verlässlichen Grundschulen rechnen wir auch für den kommenden Schuljahrgang mit einer Unterrichtsversorgung zwischen 101,5 und 102 %. Für alle Schulformen insgesamt gehen wir zu Beginn des ersten Schulhalbjahres 2015/2016 von einer durchschnittlichen rechnerischen Unterrichtsversorgung von um die 99 % aus. Die Unterrichtsversorgung um diesen Wert ist u. a. natürlich auch dadurch hervorgerufen worden, dass wir umgehend, sehr flexibel und auch schon vorausschauend auf die Einstellungen, die wir mit dem zweiten Nachtragshaushalt, den wir vorgestern verabschiedet haben, vornehmen können, reagiert haben.

Die sofortige und unbürokratische Verbesserung der Situation der Beschulung von Flüchtlingskindern und jugendlichen Flüchtlingen hat es erforderlich gemacht, das Kontingent für besondere Fördermaßnahmen wie z. B. Sprachlernklassen oder auch spezielle Sprachförderung im Vorgriff auf den zweiten Nachtrag deutlich zu überschreiten. Dabei ist allerdings auch deutlich zu machen, dass die Flüchtlingssituation eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, die wir auch nur gemeinsam bewältigen können. Herr Seefried, ich nehme sehr gerne Verantwortung für viele Aufgaben im Bildungsbereich auf mich. Dafür, dass wir Flüchtlinge in nie

dersächsische Schulen bekommen, kann ich allerdings keine Verantwortung übernehmen - aber das ist eine Aufgabe, der wir uns gerne stellen, weil wir die jungen Flüchtlingskinder hier willkommen heißen wollen.

Frau Ministerin, darf ich Sie ganz kurz unterbrechen? - Es finden intensivste Beratungen im Plenum statt, und zwar auf allen Flügeln dieses Hauses. Wir werden erst fortfahren, wenn Sie Ihre Beratungen beenden. - Bitte!

Der Landtag hat vorgestern den zweiten Nachtragshaushalt mit zusätzlichen Ressourcen in einer Größenordnung von mehr als 700 Stellen insbesondere für dieses Thema beschlossen.

In Bezug auf die Entscheidung des OVG Lüneburg zur Lehrerarbeitszeit an Gymnasien ist das Gesamtpaket zur Sicherung der Unterrichtsversorgung einvernehmlich mit den bildungspolitischen Verbänden - insbesondere GEW, Direktorenvereinigung, Schulleitungsverband und Philologenverband - erzielt worden. Es bestand ein großer Konsens hinsichtlich der möglichst hohen Anzahl von Neueinstellungen von Lehrkräften und auch einer fairen regionalen Verteilung der Stellen sowie hinsichtlich einer verlässlichen Ausgestaltung des Arbeitszeitkontos für die kommenden Schuljahre.

Wir haben auch das Einstellungsverfahren zum 31. August 2015 erfolgreich abschließen können. Danach wurden zu Beginn des Schuljahres 2015/2016 mehr als 2 570 Lehrkräfte neu eingestellt, davon mehr als 700 Lehrkräfte in den von der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts betroffenen Schulformen. Dieses Ergebnis ist nur deshalb möglich gewesen, weil die Schulleitungen und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Niedersächsischen Landesschulbehörde und des Kultusministeriums sehr tatkräftig und konstruktiv zusammengearbeitet haben. Auch dafür spreche ich allen Betroffenen ganz herzlich meinen ausdrücklichen Dank aus.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die Arbeitszeitverordnung „Schule“ wird auf den Weg gebracht. Sie wird voraussichtlich in der nächsten Kabinettssitzung vom Kabinett verabschiedet werden. Wir haben bereits mit einer Vorgriffsregelung ab dem 2. September, also schon einen Tag vor Schulbeginn in diesem Schuljahr,

die entsprechende Rechtssicherheit herstellen können.

Zur Frage nach der tatsächliche Arbeitszeit der Lehrkräfte und einer entsprechenden Erhebung bei allen Schulformen hat Herr Bratmann schon ausgeführt, dass eine wissenschaftliche Erhebung im Schuljahr 2015/2016, wie in dem Entschließungsantrag gefordert, kurzfristig gar nicht durchführbar und im Übrigen von den bildungspolitischen Verbänden auch nicht gewollt ist. Im Gegenteil: Hier möchten insbesondere die Gewerkschaften und die bildungspolitischen Verbände im Rahmen eines Dialogs einen Konsens dahin gehend erreichen, dass die Vorbereitung und Umsetzung einer derartigen Erhebung eines gründlichen und durchdachten Prozesses bedarf. Auch dafür brauchen wir Zeit, die wir uns mit den Verbänden auch gerne nehmen wollen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich am Ende noch mit einem Märchen aufräumen, das Herr Seefried im Zusammenhang mit den Klassenfahrten hier erneut aufgetischt hat. Das Schulbudget ist im laufenden Schuljahr nicht gekürzt, sondern sogar um 5 % erhöht worden. Es ist im Übrigen stärker erhöht worden, als das zu Ihrer Regierungszeit der Fall war. Auch im kommenden Schuljahr ist beabsichtigt, das Schulbudget anteilsmäßig wieder zu erhöhen.

Es geht in der Diskussion ausschließlich um die Übertragung der Reste, die von den Schulen nicht verbraucht wurden. Dazu befinden wir uns in der Prüfung, weil wir uns zum Ende des Jahres mit etwas anderen Rahmenbedingungen auseinandersetzen müssen, als wir das noch bei der Aufstellung des Haushaltsplanentwurfs getan haben. Auch von daher sind die Schulen bei uns, bei dieser Landesregierung und der sie tragenden Mehrheit in guten Händen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Frau Ministerin, Moment, bitte! Herr Kollege Försterling hatte darum gebeten, eine Frage stellen zu dürfen. Aber er wird das dann sicherlich im Rahmen seiner zusätzlichen Redezeit machen.

Zunächst hat nun Herr Kollege Seefried nach § 71 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung das Wort. Frau Ministerin, Sie haben Ihre Redezeit um knapp zwei

Minuten überzogen. Sie haben drei Minuten, Herr Kollege Seefried.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Frau Ministerin, ich gebe Ihnen ja recht: Sie tragen nicht die Verantwortung dafür, dass die Flüchtlinge nach Deutschland und nach Niedersachsen kommen. Aber Sie tragen die Verantwortung dafür, wie schlecht unsere Schulen in Niedersachsen darauf vorbereitet sind.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung von Christian Dürr [FDP])

Man kann Ihnen vorrechnen, wie die Situation entstanden ist; denn es ist eben nicht so gewesen, dass Sie rechtzeitig die Weichen für eine gute Unterrichtsversorgung und für Lehrereinstellungen gestellt haben. Im Gegenteil: Sie haben nicht nur die Weichen nicht gestellt, sondern Sie haben sogar das Stoppzeichen aufgestellt - mit Ihrer Entscheidung, die Arbeitszeit für die Lehrkräfte zu erhöhen, keine Einstellungen vorzunehmen und gut ausgebildete Lehrkräfte eben nicht in den niedersächsischen Schuldienst zu holen. Das fällt Ihnen heute auf die Füße, weil diese Lehrkräfte in unseren Schulen nicht vorhanden sind. Das ist Ihre Verantwortung, und die haben Sie zu tragen.

(Beifall bei der CDU)

Daraus ergeben sich natürlich die entsprechenden Konsequenzen, die wir heute in der Praxis in allen Schulen erleben. Wir haben heute und auch in den letzten Tagen ständig darüber diskutiert, dass wir die Sprachlernklassen nicht vernünftig besetzen können und dass nicht ausreichend Personal vorhanden ist, mit dem die Schulen arbeiten können. Wir können das in der HAZ - Stadtanzeiger West von heute lesen. Dort ist ein Bericht über die PeterUstinov-Schule in Ricklingen, in der auch wieder die Einrichtung einer Sprachlernklasse gescheitert ist, weil die Landesschulbehörde kein Personal zur Verfügung stellen kann.

Sie scheitern an den eigenen bürokratischen Hürden, die Sie aufbauen. Sie geben den Schulen eben nicht die Möglichkeit, flexibel geeignetes Personal einzustellen. Mit Ihrer Politik verhindern Sie, dass diese Lerngruppen, dass diese Sprachlernklassen eingerichtet werden. Auch dafür tragen Sie die Verantwortung.

(Beifall bei der CDU)

Da Ricklingen nach meiner Kenntnis der Wahlkreis von Herrn Politze ist, erklärt sich wohl auch ein

Stück weit, warum er nicht selbst zu diesem Thema und zur Schulpolitik gesprochen hat. Wahrscheinlich ist es ihm selbst ein bisschen unangenehm, was seine Landesregierung da zu verantworten hat.

(Beifall bei der CDU)

Zum letzten Punkt, den Sie angesprochen haben: den Schulbudgets. Wir werden ja am Ende sehen, was die Wahrheit ist. Im Haushaltsplanentwurf 2016 steht definitiv: Streichung der Schulbudgets um 2,89 Millionen Euro. - Das ist ein Eingriff in diejenigen Kassen, die sich die Schulen angespart haben, um Projekte in den Schulen umzusetzen. Hat das irgendjemand den Schulen vorher gesagt? - Nein, Pustekuchen, so etwas muss man ja nicht machen. SPD und Grüne verordnen einfach, wie es funktionieren soll. Damit machen Sie alles kaputt, was in Niedersachsen an guten Rahmenbedingungen für Bildung notwendig wäre.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. - Das Wort hat nun Herr Kollege Försterling, FDP-Fraktion. Für Sie anderthalb Minuten, Herr Försterling.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon eine Dreistigkeit, wie vonseiten des Kultusministeriums und der Frau Kultusministerin in den letzten Tagen verbreitet wird, dass das Budget der Schulen in Niedersachsen gesteigert würde. Schauen Sie einmal in Ihren eigenen Haushaltsplanentwurf für das Jahr 2016! Auf Seite 87 des Einzelplans 07 ist das Schulbudget aufgeschlüsselt. Da wird die Summe gezogen: 102,57 Millionen Euro. Und nun gehen Sie bitte auf Seite 85 des Einzelplans 07 für das Jahr 2015! Was stellen Sie fest? - Sie stellen fest, dass das Schulbudget dort 103,02 Millionen Euro beträgt. Und dann haben Sie die Dreistigkeit, sich hier hinzustellen und zu behaupten, das Schulbudget für die Schulen im nächsten Jahr steigt um über 5 %!

(Astrid Vockert [CDU]: Ha, ha!)

Sie argumentieren in der Öffentlichkeit, das Schulbudget würde angeblich 108,6 Millionen Euro betragen, obwohl Ihr eigener Haushaltsplanentwurf etwas anderes sagt.

(Astrid Vockert [CDU]: Unglaublich!)

Die 6 Millionen Euro Differenz - das kann ich Ihnen sagen; das steht nämlich auch, wenn auch ganz klein versteckt, in Ihrem Haushaltsplanentwurf -, Ihre angebliche Steigerung, müssen die Schulen in diesem Jahr selbst erwirtschaften mit den Ausgaberesten, die Sie übertragen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Christian Dürr [FDP]: Unfassbar!)

Das heißt, man kann den Schulen sagen: Ihr müsste heute sparen, weil ihr morgen das Geld bei der Ministerin abgeben sollt. - Und Sie stellen sich hier ganz dreist hin und sagen: „Wir steigern das Schulbudget.“ Das ist wirklich schon fast unverschämt, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Christian Dürr [FDP]: Sehr richtig!)

Um zusätzliche Redezeit hat nun auch Herr Scholing, Bündnis 90/Die Grünen, gebeten. Auch für Sie anderthalb Minuten, Herr Scholing.

(Jörg Bode [FDP]: Noch mal nach- rechnen!)

Danke für den Hinweis.