Sollte die Goldenstedter Wölfin aber auch dann so optimal geschützte Tiere anfallen, ist aus meiner Sicht die Entnahme rechtlich zulässig, weil ohne zumutbare Alternative und dann auch unumgänglich.
Ob das dann tatsächlich so ist, werden abschließend im Übrigen Gerichte klären; denn eine fehlerhafte Genehmigung kann einen Straftatbestand darstellen, und mit Sicherheit wird nach der Entnahmezulassung jemand Strafanzeige erstatten, zumal es der erste Wolf in Deutschland wäre.
Herr Kollege Janßen, darf ich Sie kurz unterbrechen? - Herr Kollege Nacke bittet darum, eine Frage stellen zu dürfen.
Meine Damen und Herren, die Niedersächsische Landesregierung handelt hier im Übrigen nicht anders als die schwarz-rote Landesregierung in Sachsen beim Milkeler Rudel. Denn auch dort ist erst durch Zaunerhöhungen und durch den Einsatz von Herdenschutzhunden dieses Rudel von in der Region gehäuft auftretenden Schafsrissen abgebracht worden.
Insofern, meine Damen und Herren von der CDU: Sie stehen hier nicht in der Verantwortung, und es ist recht einfach, diese Forderungen zu erheben. Es ist nur sehr viel komplizierter, sie umzusetzen. Kommen Sie mal wieder auf den Teppich!
(Zustimmung bei den GRÜNEN - Zu- ruf von der CDU: Da klatscht keiner von der SPD! Ist Ihnen das aufgefal- len? - Gegenruf von Björn Thümler [CDU]: Sehr zu Recht! - Jens Nacke [CDU]: Herr Bosse, Sie sind gerade vom Koalitionspartner kassiert wor- den! Das ist Ihnen klar, oder?)
„Eine erfolgreiche Rückkehr des Wolfes, eine der seltensten Tierarten Mitteleuropas, wäre nicht nur ein großartiger Beitrag zum Erhalt der natürlichen biologischen Vielfalt in Deutschland; sie wäre auch ein Beweis dafür, dass Mensch und Natur auch in einer hoch zivilisierten Gesellschaft kein Gegensatz sind.“
So mein Vorvorgänger, Herr Sander, vor fünf Jahren in seinem Vorwort zum Niedersächsischen Wolfskonzept.
Fragestunde, auch keine Dialogrunde. Es dürfen Fragen gestellt werden. Herr Oesterhelweg möchte eine stellen. Herr Minister Wenzel, lassen Sie diese zu?
Herr Oesterhelweg, das ist hier nicht Gegenstand von Diskussionen. Herr Minister Wenzel möchte jetzt in seiner Rede fortfahren. Bitte!
Meine Damen und Herren, so schön dieses Bekenntnis zum Wolf klingt, so unzureichend war das System der Maßnahmen und Richtlinien, das uns CDU und FDP für den Umgang mit dem Wolf zurückgelassen haben.
Wir haben das Wolfsmanagement neu aufstellen müssen. Das ist die Wahrheit. Während Sie, Herr Dr. Angermann
- Herr Angermann -, in Ihrer Fantasie auf Safari gehen, sorgen wir für die Sicherheit der Menschen und den Ausgleich der Interessen.
(Zustimmung bei den GRÜNEN und von Gerd Ludwig Will [SPD] - Wider- spruch bei der CDU - Unruhe - Glocke der Präsidentin)
Meine Damen und Herren, Anlass unserer heutigen Erörterung ist eine Wölfin, der eine Reihe von Nutztierrissen zugeordnet werden kann. Das Gros dieser Risse betrifft ungeschützte Tiere und stellt unter Beweis, dass der Wolf gewissermaßen ein Opportunist ist, der einfache Angebote - das sind ungeschützte Schafe auf der Weide im Vergleich zu Wildtieren - bevorzugt. Allerdings wurden deutlich weniger Tiere gerissen, als teilweise öffentlich behauptet wird. Zudem muss man immer die richtige Ursache klären. Ich erinnere nur an manchen Fehlalarm. In knapp 40 % aller Vorfälle haben wir
Das Artenschutzabkommen, die europäische Richtlinie, das Bundesnaturschutzgesetz stellen seltene wildlebende Tiere unter besonderen Schutz. Um die finanziellen Verluste aufzufangen, die der Wolf verursacht, wurden jedoch Möglichkeiten zum finanziellen Ausgleich geschaffen. Nutztierhalter sollen auch in Zukunft ihrem Beruf nachgehen können, selbstverständlich. Seit unsere Richtlinie in Kraft getreten ist, werden nicht nur finanzielle Verluste ausgeglichen. Für diese Billigkeitsleistung wurden mit der Richtlinie Wolf klare Regeln und auch Fördermöglichkeiten für Prävention geschaffen. Beides wird seitdem regelmäßig in Anspruch genommen. Von 175 Anträgen kommen insgesamt 19 aus dem Bereich Diepholz/Vechta. Das sind bei der dortigen Nutztierhalterdichte allerdings noch ziemlich wenige.
Die Tiere von Herrn Barth waren besser geschützt. Trotzdem wurden die Zäune wahrscheinlich zweimal von einem Tier überwunden. Meine Staatssekretärin Almut Kottwitz war auch zweimal vor Ort und hat mit Herrn Barth gesprochen, wie der Grundschutz weiter verbessert werden kann. Derzeit wird geklärt, wie sichergestellt werden kann, dass der Halter auch über Herdenschutzhunde bzw. eine entsprechende Förderung und die notwendige Ausbildung verfügt.
Außerdem hatte der Halter Esel angeschafft. Wo die Esel auf der Weide standen, ist der Wolf nicht eingedrungen, meine Damen und Herren.
Aber lassen Sie mich nun zu dem Anliegen der CDU kommen. Sie fordern den sofortigen Abschuss - Überschrift Bild-Zeitung vom 6. November: „CDU will Problem-Wolf erschießen lassen“. Da stellt sich bei allem Verständnis für geschädigte Nutztierhalter und solche, die Schäden fürchten, zunächst die Frage, ob dieser Forderung unter Beachtung der rechtlichen Voraussetzungen über
haupt nachgekommen werden kann. Nach derzeitigem Stand ist Ihre Aufforderung ein Aufruf zum Rechtsbruch.
Meine Damen und Herren, das Artenschutzrecht sieht für besonders geschützte Tiere nur in Ausnahmefällen die Möglichkeit einer Entnahme einzelner, individuell bekannter Tiere aus der Natur vor.
Beim Wolf heißt das: Er muss entweder eine konkrete Gefahr für Menschen darstellen, oder er muss sich darauf spezialisiert haben, regelmäßig Nutztiere zu reißen, die hinreichend geschützt sind.
Dabei müssen aber auch alle verfügbaren Mittel, beispielsweise auch Herdenschutzhunde, zum Einsatz gebracht werden, und die Arbeiten müssen sachgerecht ausgeführt werden.
(Beifall bei den GRÜNEN - Dr. Gero Hocker [FDP]: Wo waren denn die Ar- beiten nicht sachgerecht ausgeführt?)
Andere Länder sind hier weiter, wie die Tagung in Wolfsburg gezeigt hat. Deshalb wollen wir unsere Tierhalter weiterhin bestmöglich unterstützen.
Eine Entnahme ist im Artenschutzrecht das letzte Mittel zur Problemlösung. Sie ist nur zulässig, wenn es dazu keine Alternative gibt. Vorsorglich habe ich aber angeordnet, dass dieses Tier besendert werden soll. Sollte das Tier dann wiederholt einen als hinreichend erachteten Schutz überwinden, kann man seiner mit Hilfe des Senders relativ schnell habhaft werden.
Meine Damen und Herren, nach dem Artenschutzrecht ist es zwingend erforderlich, nur das Tier zu entnehmen, das tatsächlich gemeint ist. Das geht nicht, wenn man irgendwo in der Zielgegend einen Wolf sieht oder meint zu sehen, sondern nur, wenn dieser Wolf dank genetischer Analysen genau bestimmt ist. Würde man das falsche Tier treffen, hätte das erhebliche strafrechtliche Konsequenzen für die betreffende Person. Übrigens ist vor allem Sachsen hier dank der viel längeren Wolfserfahrung ein wichtiger Vorreiter. Auch dort gab es ähn
liche Fälle, in denen man entsprechend reagiert hat. Vor Ort wird auch dort die Entnahme gefordert. Die sächsische Regierung aber fordert schlicht und einfach eine Verstärkung der Schutzmaßnahmen.
Meine Damen und Herren, insgesamt haben wir es zugestandenermaßen mit einer rechtlich komplexen Lage zu tun. Man muss sich angesichts dieser Forderungen hier im Parlament aber fragen, warum Ihre Partei, Herr Angermann, fortwährend auf Landesebene Alarm ruft und nicht früher auf Bundesebene aktiv geworden ist, um bei der EU eine Änderung der Richtlinie zu erwirken.