Protokoll der Sitzung vom 12.11.2015

Ich will Ihnen eine Alternative vorstellen: Kommunale Initiativen scheitern am Eigenkapital. Der Landrat in Diepholz - er ist, glaube ich, von der CDU - schlägt jetzt vor, dass sich die Kommune selbst mit 2 Millionen Euro engagiert, die Investitionen auslösen. Auch dazu kann man sagen: Hätte man früher daran gedacht, die kommunalen Baugesellschaften nicht zu privatisieren, dann hätten wir jetzt eine andere Situation.

(Glocke des Präsidenten)

Aber das wäre ein zielführender Vorschlag. Die deutsche Wohnungswirtschaft fordert mehr Personal in den Bauabteilungen der Kommunen, damit es dort schneller geht. Auch das ist ein zielführender Vorschlag. Auch das ist in den zehn Jahren und zuvor verändert worden. Ich finde, das geht so nicht.

Wenn Sie mit Herrn Hilbers‘ Hilfe 500 Millionen Euro locker machen wollen, dann machen Sie doch mal den Vorschlag, dass wir eine Landesbaugenossenschaft gründen! Dann können wir selbst bauen.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Das ist doch Staatswirtschaft!)

Dann müssen wir nicht immer darauf hören, dass die Privaten noch mehr Geld fordern. Wenn jemand von uns erwartet, dass wir das Darlehenssystem ändern, dann sollten wir es vielleicht selbst machen.

Zu den energetischen Standards will ich nur sagen - ich habe nicht mehr so viel Zeit -: Wenn man mit Bauleuten spricht, habe ich noch nie gehört, dass es schneller geht, wenn man mit den alten Methoden baut und die neuen Standardmaterialien nicht verwendet. Das ist eine Chimäre. Auf der Bauministerkonferenz der Länder hat man sich schon auf eine Neukonzeption im EnEV- und EEGBereich geeinigt.

(Glocke des Präsidenten)

Insofern ist da alles auf dem richtigen Weg. Ich finde, wir schlagen den einzig richtigen Weg ein.

Jetzt will ich noch Herrn Pott mit einer Aussage von gestern oder vorgestern zitieren:

Das muss ein kurzes Zitat sein!

Ein kurzes Zitat. - Er hat gesagt: Lassen Sie uns alle Anstrengungen von Politik, Stadtplanung und Wohnungswirtschaft auf die Umsetzung fokussieren. - „Umsetzung“ heißt nicht, noch mehr Geld bereitzustellen, sondern: bauen, bauen, bauen!

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Kollege Schremmer. - Es gibt eine Wortmeldung zu einer Kurzintervention durch Herrn Hilbers von der CDU-Fraktion. 90 Sekunden, bitte!

(Thomas Schremmer [GRÜNE]: Der sagt jetzt, woher das Geld kommt!)

Herr Präsident! Herr Schremmer, Sie haben eben gesagt, wir hätten den Fonds geschleift. Ich will Ihnen ein bisschen helfen, damit Sie die Historie richtig auf die Reihe bekommen: Den revolvierenden Wohnbauförderfonds haben erst wir eingerichtet und die Wohnbauförderung damit verstetigt. Sonst wäre das Geld weg gewesen. - Das ist das Erste, was ich Ihnen sagen will.

(Zustimmung bei der CDU)

Das Zweite, was ich Ihnen sagen will: Wir setzen eben nicht ausschließlich auf den Staat. Sie können nur in staatlichen Gesellschaften denken! Wir denken in Anreizsystemen für die Privatwirtschaft. Damit kann man um Längen mehr Kapital mobilisieren, als wenn ich es als Staat auslegen muss. Deswegen ist das der bessere Weg.

Das Dritte, was ich Ihnen gerne sagen will: Wenn sich Bedingungen ändern, dann muss man über andere Dinge nachdenken. Als wir 10 % oder 8 % oder 9 % Kapitalmarktzinsen im zehnjährigen Bereich für den Wohnungsbau hatten, waren andere Instrumente gefragt als in Jahren, in denen man Geld bei der Bank für kaum mehr als den Inflationsausgleich ausleihen kann. Derzeit sind die Kapitalmarktzinsen so niedrig, dass Zinssenkungsinstrumente augenblicklich keinen großen Hebel auslösen. Da müssen Sie über andere Instrumente nachdenken. Das ist der Punkt.

Sie müssen doch erlauben, dass man in Zeiten verschiedener Zinsentwicklungen, verschiedener Marktentwicklungen auch unterschiedlich denkt.

Das tun wir an dieser Stelle. Der Wohnungsmarkt hat sich geändert. Er ist völlig anders als vor zehn Jahren. Der Zinsmarkt hat sich völlig geändert, und die wirtschaftliche Entwicklung und die Anforderungen an Bauvorhaben haben sich geändert. Allein durch energetische Auflagen und Ähnliches sind die Bauvorhaben in den letzten zehn Jahren bis zu 30 % teuer geworden. Das müssen Sie realisieren, und deswegen geben wir heute andere Antworten. Wenn Sie - - -

(Der Präsident schaltet dem Redner das Mikrofon ab)

Jetzt geben Sie gar keine mehr, weil die 90 Sekunden um sind, Herr Kollege. Ich empfehle den Rednern, bei Kurzinterventionen auf die Uhr zu gucken. Dann weiß man ungefähr, wann die Redezeit vorbei ist. - Herr Kollege Schremmer möchte antworten. 90 Sekunden!

In aller Kürze. Ich höre Herrn Hilbers immer gerne zu. Aber leider bringt er keine Schecks mit; dies ist das Problem. Das kann er auch nicht, weil wir hier an der Regierung sind.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das ist der Punkt. Ich war beim letzten Mal zwar nicht dabei. Aber ich habe nicht festgestellt, dass Sie den revolvierenden Fonds eingeführt haben, sondern Sie haben ihn geplündert. Das muss man mal festhalten.

Was Sie jetzt machen, Herr Hilbers, ist doch ganz klar. Sie versuchen, die alten Versäumnisse dadurch wieder aufzuholen, indem Sie jetzt sagen: Wir verschenken das Geld an die Privaten, weil denen sozusagen das Kapital, was sie leicht bekommen können, nicht genug ist.

Ich will Ihnen ein Beispiel aus der Region Hannover geben, weil der Kollege Matthiesen das immer zitiert. Fragen Sie den Kollegen Erwin Jordan, wie das Förderprogramm der Region Hannover angenommen wird! Das beruht nämlich auf Zuschüssen. Null und nichts wird da abgerufen. Das ist ein Anreizsystem, das offensichtlich nicht funktioniert.

Dann frage ich Sie: Wie soll das funktionieren? - Ich glaube, wir müssen mit der Wohnungswirtschaft im Gespräch bleiben und dafür sorgen, dass die Bedingungen angenommen werden. Dafür muss man Kommunikation vielleicht ein bisschen mehr üben und gucken, an welchen Stellen man

den Bau beschleunigen kann. Das ist, glaube ich, das Gebot der Stunde. Dies wollen die auch. Kapital brauchen die eigentlich in der Höhe gar nicht mehr. Deswegen kann ich Ihren Vorschlägen überhaupt nicht folgen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Das Wort hat jetzt für die FDP-Fraktion Frau Kollegin Sylvia Bruns.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich muss jetzt ganz anders einsteigen, weil wir gerade über Herrn Jordan geredet haben. Für Herrn Jordan gibt es das sagenumwobene Zitat, dass der soziale Wohnungsbau, den alleine der Staat macht, viel zu teuer ist und dass deswegen der Abruf zu problematisch ist. Das ist die andere Seite.

(Zustimmung von Björn Försterling [FDP])

Dennoch ist die Wohnraumfrage für mich die zentrale Frage und für den sozialen Frieden im Land bestimmend. Hierzu ist schon viel gesagt worden.

Bereits im letzten Jahr belegte die Wohnraumbeobachtung der NBank, dass es aufgrund des demografischen Wandels immer mehr Wohnraumbedarf gibt. Für unsere älter werdende Bevölkerung brauchen wir immer mehr kleinere Wohnungen. Das ist der Unterschied zu der Zeit von vor zehn Jahren. Damals war das Ergebnis der NBankBeobachtung, dass wir keine neuen Wohnungen gebraucht haben. Das gehört zur anderen Hälfte der Wahrheit.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung von Dr. Max Matthiesen [CDU] - Re- nate Geuter [SPD]: Da sieht man, wie sich die Situation ändern kann!)

- Können Sie in die Kugel gucken? Haben Sie hellseherische Fähigkeiten? Das finde ich ja phänomenal. Wenn man die so einsetzen könnte, dann müsste hier aber vieles anders laufen, Frau Geuter.

(Beifall bei der FDP)

Auch für die Menschen, die bei uns Schutz suchen, brauchen wir mehr Wohnraum, damit es nicht zu Konkurrenzsituationen kommt. Da ist schnelles Handeln erforderlich. Hierzu hat Max Matthiesen schon eine ganze Menge gesagt.

Eine Vorbemerkung dazu, weil es so viel Schimpfe gab, was alles wir den Privaten geben würden: Fast drei Viertel des Wohnungseigentums befinden sich im privaten Besitz. Anreize, die der Staat schaffen will, müssen sich auch daran orientieren. Die öffentliche Hand wird diese Investitionen nicht vollumfänglich und alleine leisten können. Etwa 280 000 Wohnungen werden gebraucht. Mit den 400 Millionen Euro, die im Antrag stehen, werden ca. 500 Wohnungen gebaut. Das ist bei Weitem nicht ausreichend. Es muss endlich mehr Geschwindigkeit kommen.

(Zustimmung von Dr. Max Matthiesen [CDU])

Zu den Dingen, die wir machen müssen, hat Max Matthiesen schon eine ganze Menge gesagt, beispielsweise zur Sonder-AfA für die zielgerichtete Förderung von Investitionen. Das teilen wir, damit endlich ein bisschen Schwung in die ganze Geschichte kommt.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung von Dr. Max Matthiesen [CDU])

Ich habe tatsächlich meine Probleme, die Mittel für das weitere Sonderprogramm in Höhe von 500 Millionen Euro, das mit Ihrem Antrag gefordert wird, im Haushalt wiederzufinden und zu erkennen, wie sich diese Mittel abbilden lassen. Auch halte ich eine alleinige Erhöhung, ohne einen einfachen und effektiven Abfluss der Mittel zu garantieren, nicht für hilfreich.

Eine Anfrage im Deutschen Bundestag hat gerade ergeben, dass viele Länder die Baumittel überhaupt nicht vollständig abrufen. Auch im letzten Jahr gab es bei uns im Land Probleme mit dem Mittelabruf. Ich finde leider keine neuen Ideen, wie man den Mittelabruf beschleunigen soll. Spitzenreiter beim Wohnungsbau sind Bayern und NRW. Vielleicht kann man die Kollegen einmal fragen, was sie anders oder besser machen.

(Marco Brunotte [SPD]: Sie haben ei- nen Wohnraumförderfonds!)

Im Antrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen finde ich auch einen guten Punkt. Zum Beispiel im großstädtischen Bereich schafft das studentische Wohnen Konkurrenzsituationen bei kleinen Wohnungen. Dem entgegenzuwirken finden wir gut, und das unterstützen wir.

Zu der energetischen Sanierung hat Max Matthiesen bereits eine ganze Menge gesagt. Das Klimaschutzziel muss im Umweltministerium ange

siedelt sein und hat im Wohnraumförderfonds überhaupt nichts zu suchen. Auch hinsichtlich der Standards unterstütze ich das, was Max vorgetragen hat.