Protokoll der Sitzung vom 15.12.2015

Herzlichen Dank.

(Starker, lang anhaltender Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Ministerpräsident. - Ich schließe die Besprechung zu der von der SPD beantragten Aktuellen Stunde und eröffne die Besprechung zu

d) UN-Klimakonferenz in Paris: Konsequenzen für das Küsten-, Agrar- und Industrieland Niedersachsen - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/4794

Das Wort hat Herr Kollege Bajus, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Man soll sich ja mit überschwänglichen Bewertungen wie „epochal“ oder „sensationell“ zurückhalten. Aber das neue Klimaschutzabkommen ist nun wirklich ein historisches Ereignis, ein Wendepunkt, ja ein Riesenerfolg für den globalen Klimaschutz.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Ich bin dankbar, dass sich die Staaten der Welt zusammengerauft haben, um die drohende Klimakatastrophe abzuwenden. Denn wir in Niedersachsen wohnen ja in einem von Sturmfluten bedrohten

Küstenland. Im Binnenland verursachen Hochwasser immer wieder immense Probleme, und als Agrarland fürchten wir die zunehmenden Extremwetterereignisse.

Im eigenen Interesse muss das Ziel daher ambitioniert sein: die Erwärmung deutlich unter 2 Grad, besser noch unter 1,5 Grad zu begrenzen. Doch die Klimapläne der einzelnen Länder sind dafür bislang nicht ausreichend. Damit wird die globale Erwärmung allenfalls auf 3 Grad begrenzt - zu wenig, um unsere Küste zu schützen.

Auch der Klimafonds für die ärmeren Länder ist nicht sicher ausfinanziert. Das untergräbt ausgerechnet den Klimaschutz in den ärmsten Ländern, wo Klimakatastrophen mit schlimmsten humanitären Folgen drohen. Mit 200 Millionen Klimaflüchtlingen rechnet Greenpeace in den nächsten 30 Jahren, wenn der Klimawandel weiter so voranschreitet. Meine Damen und Herren, das können wir nicht wollen, und das werden wir auch nicht zulassen.

Aber bei aller berechtigten Kritik am Abkommen: Die Weichenstellung stimmt. Die Energiewende wird jetzt global. Umso besser, dass wir damit bereits angefangen haben. Niedersachsen hat doch die Nase vorn im Wind. Wir sind der Standort für die Entwicklung und Produktion von Windkraft an Land und auf See. Hier haben wir die Technologieführerschaft erreicht, und wir werden sie auch nicht mehr hergeben.

Meine Damen und Herren, das Thema hat für unsere Landesregierung Priorität. So bringen Stephan Weil und Stefan Wenzel am Runden Tisch Energiewende die wichtigsten Akteure im Land zusammen. Das Ziel ist ein integriertes Maßnahmenprogramm, mit dem wir unsere Energieversorgung innerhalb einer Generation zu 100 % klimaneutral gestalten werden.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

In Arbeit ist außerdem ein umfassendes Klimaschutzgesetz für Niedersachsen mit klaren Klimaschutzzielen und konkreten Maßnahmen.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Aha! Daher weht der Wind!)

Dann gibt es die Erfolgsgeschichte der neuen Klimaschutzagentur, die sich insbesondere um die Wärmewende, um Energieeffizienz und die Unterstützung des kommunalen Klimaschutzes kümmert.

Schließlich gibt es die neuen Schwerpunkte in der Verkehrspolitik, mit denen wir klimafreundlichen Verkehr auf die Schiene und in den Bus bringen.

Diesen Weg werden wir in Niedersachsen konsequent weitergehen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Aber auch Berlin muss endlich handeln. Der nationale „Klima-Aktionsplan 2020“ ist unzureichend, die Kohlefrage ist ungeklärt, und die Großbaustellen Effizienz, Speicher, Netze und der weitere Ausbau der Erneuerbaren werden im großkoalitionären Regierungskleinklein nur halbherzig angegangen. Wir brauchen ein neues, ein besseres Energiewendemanagement im Bund.

(Martin Bäumer [CDU]: Dann macht doch etwas!)

Der wegweisende Beschluss von Paris mahnt uns auch, Treibhausgase wie Methan und Lachgas stärker in den Blick zu nehmen. Der Einsatz von Mineraldünger, die Haltung von Wiederkäuern, der Humusverbrauch und der Torfabbau stehen auch klimapolitisch auf dem Prüfstand. Was wir brauchen, sind klare ökologische Standards, eine schonendere Bodenbewirtschaftung, Grünlandschutz und den Erhalt der wertvollen Moorflächen.

In erster Linie sollten wir beim Klimaschutz aber auch die Chancen für das Industrieland Niedersachsen sehen. Denn wir sind für eine nachhaltige globale Klimapolitik sehr gut aufgestellt:

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD)

bei Forschung und Entwicklung oder in der Produktion mit großen Herstellern wie GE, Enercon oder Siemens. Ich denke auch an das neue innovative Netzwerk Enera, das unter Führung von EWE zeigt, wie das Energiesystem der Zukunft - erst einmal im regionalen Maßstab des Nordwestens Niedersachsens - funktionieren kann.

Und dann ist da noch der wichtigste Arbeitgeber in unserem Land: Wo so viel Know-how und technischer Innovationsgeist versammelt sind wie bei VW, bieten sich stets auch neue Chancen - auch bei der Neuaufstellung.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer, wenn nicht wir in Niedersachsen, könnte die besten, ja die umweltverträglichsten, vor allem aber auch die klimafreundlichsten Mobilitätstechnologien der

Welt entwickeln? Darum geht es doch! Wir müssen raus aus den alten Denkmustern!

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Vor uns liegt eine Welt mit 100 % erneuerbaren Energien ohne fossile Klimakiller. Diese Zukunft will gestaltet werden. Wir haben keine Zeit zu verlieren.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Erlauben Sie mir noch einen Nachtrag: Weil wir keine Zeit zu verlieren haben - und nicht nur, weil bald Weihnachten ist -, haben wir noch ein kleines Geschenk vorbereitet, allerdings nicht für den Ministerpräsidenten - der hat sein Geschenk ja schon bekommen -, sondern für das Landtagspräsidium, für die Präsidentin: ein Geschenk, das sofort für 95 % Effizienzsteigerung sorgt, und zwar bei 100 % Erhaltung der weihnachtlichen Stimmung. Die energetische Amortisation ist in 200 Betriebsstunden erreicht; für die finanzielle Amortisation brauchen wir zwei bis drei Jahre. Es handelt sich um eine LED-Lichterkette für den Tannenbaum - nicht für den Tannenbaum hier, der ist schon State of the Art, sondern für den Tannenbaum am Eingang Leinstraße. Das ist eine Sofortmaßnahme.

Liebe Frau Präsidentin, ich hoffe, Sie nehmen das Geschenk entgegen. Die Installation soll ganz einfach sein.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Anja Piel [GRÜNE] überreicht der Präsidentin das Geschenk)

Herr Kollege Bajus, das Präsidium dankt Ihnen. Ich kann Ihnen versichern: Auch komplizierte Installationen würden wir bewältigen. Vielen Dank!

(Heiterkeit und Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Nun hat für die CDU-Fraktion Herr Kollege Bäumer das Wort. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! So ein bisschen, lieber Kollege Bajus, kam mir das vor wie bei meinen Kindern. Wenn ich ihnen sage: „Bringt mal den Mülleimer raus“, dann sagen sie manchmal: Mache ich gleich!

Wenn ich bedenke, dass Sie schon seit drei Jahren regieren, dann finde ich das Signal, dass Sie morgen anfangen wollen, ganz toll. Die Frage ist nur: Was haben Sie in den letzten drei Jahren gemacht?

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Volker Bajus [GRÜNE]: Sie ha- ben nicht zugehört!)

Natürlich ist der Klimagipfel in Paris historisch. Natürlich hat man dort tagelang um eine Einigung gekämpft, um weltweit Maßnahmen zu ergreifen, die dafür sorgen, dass es der Welt in Zukunft besser geht. Da ist kein Blut geflossen, aber es sind Schweiß und Tränen geflossen. Das alles war wirklich sehr, sehr gut.

Aber der Streit fing doch schon damit an, dass sich die USA gar nicht auf den Titel „Vertrag“ einlassen wollten, weil Obama einen Vertrag seinen Parlamentariern vorlegen müsste. Deshalb ist das Ganze jetzt nur ein Abkommen. Die Frage wird in den kommenden Jahren sein, wie verbindlich das ist.

Lieber Kollege Bajus, zum Thema Klima könnte man eine ganze Menge sagen, aber das will ich heute Morgen gar nicht tun. Man könnte darüber diskutieren, ob man das Klima überhaupt schützen kann. Man könnte darüber diskutieren, ob man das per Gesetz regeln kann. Man könnte darüber diskutieren, wer dafür sorgen soll, dass das Gesetz eingehalten wird, und wer sich darum kümmert, wenn gegen das Gesetz verstoßen wird. Man könnte auch darüber diskutieren, was Präsident Albers beim Wasserverbandstag gesagt hat. Er hat gesagt: An seinen Pegeln ist der Anstieg des Meeresspiegels bislang nicht ablesbar. - Ich habe sehr genau hingehört. Man könnte auch darüber diskutieren, welche Folgen der Klimaschutz für die Freiheit der Menschen hat. Aber das werden wir sicherlich an anderer Stelle tun; das will ich heute Morgen nicht tun.

Herr Kollege Bäumer, darf ich Sie kurz unterbrechen?

Frau Kollegin Menge bittet darum, eine Zwischenfrage stellen zu können.

Die mag ich. Die darf das.

(Jörg Bode [FDP]: Uiuiui! - Dr. Gero Hocker [FDP]: Wird das jetzt danach entschieden?)