Meine Damen und Herren, mit der Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs stehen wir vor einer riesengroßen Herausforderung. Jeder von uns, der schon einmal versucht hat, zu Hause einen Computer oder etwas Ähnliches zu installieren, weiß, wie schwierig das ist, und kann sich vorstellen, vor welchen Herausforderungen wir stehen, wenn die
gesamte Justiz auf den elektronischen Rechtsverkehr umgestellt werden soll. Er kann sich auch vorstellen, welche ungeahnten Probleme dort auftreten, wie lange es dauert und wie viele Ressourcen es kostet, bis alles wirklich rund läuft. Allen, die mit der neuen Technik arbeiten müssen, sage ich einen ganz herzlichen Dank dafür, dass sie diese schwierige Aufgabe wahrnehmen. Wir wissen, es dauert noch ein paar Jahre, bis das System wirklich umgestellt ist.
Lassen Sie mich einen zweiten Aspekt des Haushalts herausgreifen. Wir begrüßen es sehr, dass es Verbesserungen für die mittlere Ebene gibt. Auch wenn leider nicht alle Forderungen der DJG erfüllt werden können - Herr Schmidt, Frau Pelzer und Herr Sommer haben wieder einmal sehr intensiv darauf hingewiesen -: Mit den zusätzlichen Ausbildungskapazitäten und den zusätzlichen Aufstiegsmöglichkeiten konnte sicherlich ein erster Schritt gemacht werden. Ich bin mir auch sehr sicher, dass das nicht der letzte war.
Drittens möchte ich auf die vor Kurzem vorgelegten PEBB§Y-Erhebungen eingehen. Danach zeigt sich ein stabil hoher, in Teilen auch gestiegener Personalbedarf. Die vorliegenden Zahlen machen den Handlungsbedarf deutlich. Ich will an dieser Stelle gern schon einmal ankündigen, dass wir gemeinsam mit den Verbänden jetzt in Gespräche eintreten werden; denn auch hier gilt der Grundsatz: Nach dem Haushalt ist vor dem Haushalt.
Wir wissen auch, dass die PEBB§Y-Zahlen Durchschnittswerte sind. Besondere Spitzen und Belastungen z. B. durch extrem komplexe Verfahren - wir hatten leider Gottes eine Vielzahl davon in der letzten Zeit - müssen immer wieder neu in den Blick genommen werden. Man muss immer wieder neu schauen, wie man mit diesen Belastungen umgeht. Ich habe den Eindruck, dass die Zielvereinbarung der Sozialgerichtsbarkeit, die in den vergangenen Jahren durch befristetes zusätzliches Personal den Abbau von Spitzen möglich gemacht hat, beispielhaft ausgeweitet werden können. Es gibt Vorschläge dazu. Ich bin mir sicher, dass die Diskussion dazu lohnt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir alle sind uns sicherlich einig: Voraussetzung für den Rechtsfrieden und für Gerechtigkeit ist eine starke, unabhängige Justiz, die rasch zu verständlichen Entscheidungen kommt. Wir wollen darüber hinaus eine bürgernahe Justiz, die auch in der Fläche gut
Frau Lorberg, Sie haben neulich eine große Veranstaltung mit Herrn Remmers gemacht und sich u. a. damit beschäftigt, dass wir in Zukunft alles dafür tun müssen, dass das Rechtsprechungsmonopol des Staates gewahrt wird und unzulässige Parallelstrukturen unterbunden werden. Ich glaube, das ist eine wichtige Aufgabe, die vor allen demokratischen Parteien liegt. Wir müssen uns darum in Zukunft sehr intensiv kümmern.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, zurück zum Haushalt. Der von Frau Ministerin NiewischLennartz vorgelegte Haushaltsentwurf findet unsere volle Zustimmung und Unterstützung. Er ist ausgewogen, und er stellt sich den aktuellen Herausforderungen.
(Zustimmung von Maximilian Schmidt [SPD] und Filiz Polat [GRÜNE] - Thomas Adasch [CDU]: Aber nicht ausreichend!)
Auf steigende Asylverfahren, auf Mehrarbeit bei den Familiengerichten durch alleinreisende Jugendliche hat die Ministerin sehr schnell reagiert, und uns allen ist doch klar, dass wir die Lage immer wieder beobachten und dann notfalls auch entsprechend anpassen müssen.
Liest man jedoch den Antrag der CDU zum Justizhaushalt, dann kommt man aus dem Kopfschütteln nicht heraus. Frau Kollegin Ross-Luttmann, Sie erwecken zum dritten Mal in Folge verbal den Eindruck von Wohltaten, während Sie tatsächlich einen zweistelligen Millionenbetrag aus dem Justizhaushalt herausnehmen. Sie nutzen den Justizhaushalt schon wieder als Steinbruch. Das ist scheinheilig und nicht zu verantworten.
Meine Damen und Herren, ein Blick auf die Zahlen zeigt: Sie setzen unrealistische Einnahmeerwartungen an und kürzen gleichzeitig 9 Millionen Euro heraus - und das alles zulasten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Justiz.
Ich glaube, Sie haben auch immer noch nicht verstanden, was es mit budgetierten Bereichen auf sich hat, mit deren Einrichtung bereits Herr Busemann begonnen hatte. In budgetierten Bereichen macht es doch gar keinen Sinn, dass Sie jetzt einzelne Positionen durchgehen und nicht erreichte Einnahmen und überzogene Ausgaben korrigieren. Das müssen Sie doch einsehen. Damit führen Sie die Budgetierung der Justiz ad absurdum.
Herrn Hilbers - wo ist er denn eigentlich? - hätte ich da jedenfalls etwas mehr zugetraut. Das, was Sie hier tun, Frau Ross-Luttmann, ist wirklich dilettantisch.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend zu unserem Haushaltsantrag kommen. Mein Kollege Höntsch hat ja bereits gestern mit seiner, wie ich finde, sehr eindrucksvollen Rede auf den großen Schwerpunkt in unserem Antrag hingewiesen, dass wir neben der Wiedereinrichtung der Landeszentrale für politische Bildung auch ein Programm gegen Rechtsextremismus unter der Federführung des Präventionsrates auflegen wollen.
Sie sehen die Haushaltsansätze dazu, Sie haben unseren Antrag dazu im Verfahren, Herr Adasch. Mit Blick auf die extrem rechten Strukturen und die rechtsextremen Ideologien, die unsere demokratischen Strukturen bedrohen, müssen wir jenseits des ordnungspolitischen Ansatzes Strukturen aufbauen, um uns gerade auch um die Opfer der rechtsextremen Gewalt zu kümmern. Unser Vorschlag ist da eine gute Ergänzung zu dem, was auch auf Bundesebene von Manuela Schwesig gerade diskutiert wird. Meine Damen und Herren, wir werden ein entsprechendes Landesprogramm aufbauen. Dafür stehen die Mittel bereit.
Bevor ich nun meiner Kollegin Kathrin Wahlmann das Wort - - - Nein, ich darf es ihr ja gar nicht erteilen! Bevor ich ihr das Rednerpult überlasse, wünsche ich Ihnen allen eine schöne Weihnachtszeit, ein gutes neues Jahr und gute Diskussionen für eine gute Justiz im nächsten Jahr.
Vielen Dank, Frau Schröder-Ehlers. Da haben Sie ja gerade noch so die Kurve gekriegt. Ich dachte schon, Sie brauchen das Präsidium nicht mehr.
Wir geben jetzt gerne der Kollegin Kathrin Wahlmann das Wort. Sie hat den zweiten Diskussionsbeitrag für die SPD-Fraktion. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch der Haushalt für den Bereich Justizvollzug und Straffälligenhilfe zeigt deutlich, dass Niedersachsen auf dem richtigen Weg ist.
Die Landesregierung setzt die richtigen Impulse. Wenn Sie sich die Gefangenenstruktur in Niedersachsen ansehen, werden Sie feststellen, dass die Inhaftierten dort sehr unterschiedlich sind, genauso wie auch die Gründe für die Straftaten sehr vielfältig sind. Was aber auffällig ist, ist der Umstand, dass eine große Mehrheit der Gefangenen psychische Auffälligkeiten aufweist, bis hin zu psychischen Krankheiten. In sehr vielen Fällen ist auch eine Suchtproblematik mit im Spiel. - Wir reden hier, wohlgemerkt, von ganz normalen Strafgefangenen und nicht von Maßregelvollzuglern.
Diese psychischen Auffälligkeiten stellen besondere Herausforderungen für den Vollzug dar. Es geht da zum einen um die täglichen Abläufe im Vollzug. Unsere AVDler - also das Personal im Allgemeinen Vollzugsdienst - sind sehr gut ausgebildet und darauf geschult, auch mit schwierigen Gefangenen umzugehen, im Übrigen auch mit sehr unterschiedlichen Gefangenen aus verschiedenen Kulturen, mit diversen Sprachhindernissen und auch subkulturellen Bestrebungen. Diese ganz große Masse von psychisch auffälligen Gefangenen stellt den Allgemeinen Vollzugsdienst aber vor große Herausforderungen. Nicht zuletzt stellen psychisch auffällige Gefangene auch ein Sicherheitsrisiko für den Vollzug dar.
Zum anderen müssen wir aber auch den psychisch auffälligen Gefangenen selbst in den Blick nehmen und überlegen: Was wird mal aus dem? - Selbst wenn man die zugrunde liegenden Straftaten für noch so verabscheuungswürdig hält, müssen wir doch alle damit leben - und das ist auch so gewollt -, dass fast jeder Straftäter irgendwann einmal wieder in die Freiheit entlassen wird. Und dann
wollen wir alle als Gesellschaft, dass dieser Mensch sich möglichst rechtskonform verhält. Das Ziel des Strafvollzugs ist daher die Resozialisierung. Erlauben Sie mir die Bemerkung, dass es bei manchen oder auch bei ein paar mehr Straftätern gar nicht um eine Resozialisierung, sondern eher um erstmalige Sozialisierung geht. Wenn die gelingen soll bzw. wenn man verhindern will, dass entlassene Häftlinge wieder Straftaten begehen, dann muss man gerade bei psychisch auffälligen Straftätern die Ursachen in den Blick nehmen und sich um die psychischen Probleme kümmern.
Die Niedersächsische Landesregierung hat sich dieses Problems angenommen und ein Programm aufgelegt, das bundesweit als Vorbild gilt. Sowohl an der Jugendanstalt Hameln als auch an der JVA Oldenburg wurden psychiatrische Stationen neu aufgebaut. Hierfür stellt das Land neben den Sachmitteln nach wie vor auch Stellen für Psychiaterinnen und Psychiater zur Verfügung. Gleichzeitig wurde und wird eine größere Anzahl von Krankenpflegern an der psychiatrischen Akademie Königslutter fortgebildet.
Vor knapp drei Wochen waren wir mit dem Unterausschuss „Justizvollzug und Straffälligenhilfe“ in Oldenburg und haben uns das Projekt ausführlich vorstellen lassen. Ich kann für den Unterausschuss sagen, dass wir alle sehr überzeugt sind von der wertvollen Arbeit, die dort geleistet wird und die letztlich auch der Sicherheit der Bevölkerung dient. Danke dafür nach Oldenburg!
Dass wir die richtigen Rahmenbedingungen setzen, zeigt sich auch im Bereich Extremismus. Die Anschläge von Paris haben uns bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr erschüttert und tief betroffen gemacht. Die Absage des Länderspiels hier in Hannover, die nach allem, was wir wissen, die einzig und absolut richtige Entscheidung war, hat uns zwei Dinge deutlich gemacht. Erstens: Unsere Sicherheitssysteme funktionieren Gott sei Dank sehr gut. Auch dank unseres hervorragenden Innenministers Boris Pistorius!
Zweitens - das ist etwas unschöner -: Wir haben es leider auch in Niedersachsen mit fanatischen Islamisten zu tun, die vor nichts zurückschrecken.
Einmal abgesehen davon, was das für Polizei, Nachrichtendienste und auch für die Gesellschaft bedeutet, hat das auch Auswirkungen auf den Justizvollzug. Für den Justizvollzug bedeutet das nämlich: Solche Personen werden aller Wahrscheinlichkeit nach in Zukunft verstärkt auch in unseren Gefängnissen sitzen.
Ich muss sagen, in erster Linie ist das auch erst einmal gut so. Wir begrüßen es selbstverständlich, wenn Personen, die Staatsschutzdelikte begehen, dafür auch verurteilt werden. Uns ist es wesentlich lieber, wenn Salafisten und sonstige gewaltbereite Straftäter, die Straftaten begangen haben, hinter Schloss und Riegel sitzen, als wenn sie im Untergrund aktiv sind. Aber auch das bringt natürlich besondere Herausforderungen für den Strafvollzug mit sich.
Die rot-grüne Mehrheit in diesem Hause stellt daher über die politische Liste 200 000 Euro für ein Aussteigerprogramm Islamismus in den Haushalt ein. Damit führen wir ein Deradikalisierungs- und Ausstiegsprogramm für inhaftierte Islamisten ein und sorgen gleichzeitig auch für ein Stabilisierungscoaching nach der Haftentlassung.
Denn auch das ist besonders wichtig. In Haft ist man immer noch in einem gewissen Schutzraum, ohne oder zumindest mit weniger Einflüssen von außen. Entscheidend ist, dass die Rückkehr zu unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung auch dann noch anhält, wenn die Person wieder in ihrem alten Umfeld ankommt. Dann zeigt sich, ob sich das Ganze bewährt.
Gleichzeitig stellen wir Mittel für die Aus- und Fortbildung der Bediensteten im Bereich interkulturelle Kompetenz und Radikalisierung ein; denn es ist von entscheidender Bedeutung, dass auch die Mitarbeitenden radikalislamistische Bestrebungen frühzeitig erkennen und dann entsprechend damit umgehen können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrter Herr Präsident, das Feld des radikalen gewaltbereiten Islamismus und Salafismus ist, glaube ich, eine der drängendsten Herausforderungen unserer Zeit. Ich will den einzelnen handelnden Straftätern oder auch potenziellen Straftätern gar nicht mehr an Aufmerksamkeit zukommen lassen, als sie verdient haben. Ich kann auch ganz