Protokoll der Sitzung vom 21.01.2016

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 14: Abschließende Beratung: Landesraumordnung nach Gutsherrenart hat keinen Platz in Niedersachsen - Landesregierung muss die Öffentlichkeits- und Oppositionsbeteiligung ernster nehmen! - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 17/4881 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Ernährung, Landwirt

schaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung - Drs. 17/4933

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag abzulehnen.

Eine Berichterstattung ist ausschussseitig nicht vorgesehen.

Für die ursprünglichen Antragsteller hat das Wort der Abgeordnete Hermann Grupe, FDP-Fraktion. Bitte, Herr Kollege!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Minister nimmt für sich in dieser Frage in Anspruch, lernfähig zu sein. Richtig ist: Er ist vom Ministerpräsidenten wie ein Schuljunge zurückgepfiffen worden.

(Beifall bei der FDP)

Das war auch bitter nötig; denn einen größeren Scherbenhaufen hätte man wirklich nicht mehr anrichten können.

Nun liegt der zweite Entwurf vor, und in der Tat - das muss man zugestehen - hat er ein völlig neues Gesicht. Trotzdem und gerade deswegen gibt es dazu von den Verbänden eine Menge anzumerken. Die Oldenburgische Volkszeitung schreibt am 13. Januar, also ganz aktuell:

„Die Diskussion zum Raumordnungsprogramm geht vor Ort weiter. Städte und Gemeinden sehen sich in der Entwicklung gehemmt.“

Meine Damen und Herren, das erfordert dann natürlich ein vernünftiges Beteiligungsverfahren. Wollen wir doch mal sehen, was der Minister wirklich gelernt hat! Er hat ein Beteiligungsverfahren angesetzt, nach seiner Einschätzung sinnvollerweise in der Adventszeit. Das hat, liebe Kolleginnen und Kollegen, folgende Vorteile:

Erstens. Die zu Beteiligenden lungern nicht unnötig auf Weihnachtsmärkten herum und schonen ihre Leber.

Zweitens. Die zu Beteiligenden würden sich sowieso nur mit unnötiger Bürokratie - Jahresabschlüsse und so ein unnötiges Zeug - zum Jahresende die Zeit vertreiben.

Drittens. Wenn man die Frist gleich im neuen Jahr, z. B. am Dreikönigstag, enden lässt, kann man auch gleich der Unsitte den Garaus machen, zwi

schen den Jahren, wie diese Drückeberger oft sagen, frei zu machen.

Da hat man dann gleich drei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Im Ausschuss hat uns der Minister dann versprochen: Alles wird einbezogen. Alles wird auch dem Ausschuss zugeleitet. Selbst das, was noch bis kurz vor der entscheidenden Kabinettssitzung vorgelegt wird, wird einbezogen. - Aber all das kann nicht so schlimm werden; denn niemand weiß davon, weil man das alles so schön unter der Hand macht.

Völlig logischerweise hat man dann unseren Antrag, die Beteiligungsfrist bis Ende Februar zu verlängern - man will ja alles einbeziehen -, abgelehnt.

Schon ist man durch ein solches Verfahren den Großteil dieser Quälgeister los! Eine Vielzahl von Beteiligten - auch das wurde uns im Ausschuss berichtet - hat erklärt, sie sei außerstande, alle ihre Anmerkungen in dieser so gestalteten und kurzfristig gesetzten Frist anzubringen. Man gibt sich also basisdemokratisch und transparent, aber serviert die Verbände im Ergebnis eiskalt ab.

(Beifall bei der FDP)

Da sage noch einer, dieser Minister habe nichts gelernt! Herr Minister, hören Sie auf mit dieser Trickserei! Stimmen Sie unserem Antrag zu! Schaffen Sie Klarheit durch einen klaren Beteiligungszeitraum bis Ende Februar! Dadurch vergeben Sie sich nichts. Damit würden Sie beweisen, dass Sie wirklich ein wenig gelernt haben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Danke, Herr Kollege Grupe. - Für die SPD-Fraktion hat Frau Abgeordnete Renate Geuter das Wort. Bitte, Frau Kollegin!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich zu dem gesamten Antrag der FDPFraktion äußern.

Eine nachhaltige räumliche Entwicklung in unserem Land muss die vielfältigen Nutzungsinteressen und auch die Belange des Gemeinwohls berücksichtigen. Notwendige Voraussetzung dafür ist eine vorausschauende Landesraumplanung, die die Anliegen und die Sorgen der Kommunen und der Bürgerinnen und Bürger mit einbezieht. Dafür

gibt es ein geordnetes, gesetzlich geregeltes Verfahren zur Aufstellung eines Landes-Raumordnungsprogramms, auf das an dieser Stelle zum wiederholten Male hinzuweisen ist. Aber das passt vielleicht nicht so gut zum Begriff „Gutsherrenart“ in der Überschrift Ihres Antrags. Sie ignorieren in diesem Fall sogar, dass die derzeit geltende Rechtsgrundlage zu Zeiten der schwarz-gelben Landesregierung geschaffen wurde. So viel zur Seriosität Ihres Antrags!

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das bisherige Beteiligungsverfahren ist in diesem rechtlichen Rahmen so gestaltet worden, dass sich viele Bürger und Bürgerinnen einbringen konnten und das bekanntlich auch getan haben. Es hat eine Vielzahl von Hinweisen, Stellungnahmen, aber auch von deutlicher Kritik - das gebe ich gerne zu - gegeben, und das haben wir sehr, sehr ernst genommen.

Viele berechtigte Anliegen sind in den neuen Entwurf eingeflossen. Es hat wesentliche Änderungen gegeben, und man kann mit Recht sagen: Das Landes-Raumordnungsprogramm hat in seiner jetzigen Fassung ein neues Gesicht.

Darüber hinaus hat es sehr viele Gespräche mit den Vertretern der Kommunen, der Landwirtschaft, des Naturschutzes und der Wirtschaft mit dem Ergebnis gegeben, dass vieles aus diesen Gesprächen nach Abwägung der unterschiedlichen Belange in den Entwurf eingeflossen sind. So konnten die Konflikte, die sich durch unterschiedliche Nutzungsinteressen ergeben, deutlich abgemildert werden.

Auch im weiteren Verfahren - so steht es nämlich im Gesetz - wird es die Möglichkeit für Anregungen und Änderungswünsche geben, die auch immer wieder intensiv geprüft werden und die - wenn sie sachlich und begründet sind - im weiteren Verfahren mit einfließen können. Das gilt selbstverständlich auch für die Einwendungen, die nach dem 6. Januar 2016 eingehen. Auch darauf ist mehrfach hingewiesen worden.

Im nächsten Schritt werden alle Betroffenen im Rahmen der angesetzten Erörterungstermine an mehreren Standorten im Land die Möglichkeit haben, mögliche Hinweise und Wünsche noch im Rahmen dieses Verfahrens mit einfließen zu lassen. Hier ist u. a. auch der Wunsch von WeserEms, einen zweiten Standort für einen Erörterungstermin anzubieten, mit berücksichtigt worden.

Meine Damen und Herren, dieses von mir beschriebene Verfahren als Verfahren nach „Gutsherrenart“ zu bezeichnen, zeigt, dass mit diesem Begriff tatsächlich lediglich Effekthascherei betrieben werden soll.

(Zustimmung von Helge Limburg [GRÜNE])

Es mag sein, dass Ihr Antrag möglicherweise eine Zielsetzung hat, aber gewiss nicht die, sich zurzeit inhaltlich mit dem Thema zu befassen.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Insofern setzt dieser Antrag das fort, was wir mit den bisherigen Anträgen zu diesem Thema von der Opposition schon erleben durften. Es gab Anträge zu vielen Themen wie dem Moorschutz, den kommunalen Belangen, den wirtschaftlichen Belangen. Einige Anträge haben sich zum Teil sogar ein wenig widersprochen.

Eine inhaltliche Beratung dieser Anträge lag allerdings nicht in Ihrem Interesse. Das von mir schon angesprochene Verfahren zur Landesraumordnung sieht nach der jetzt erfolgten Auswertung der Stellungnahmen, die zu deutlichen Veränderungen geführt haben, und nach den Erörterungsterminen eine konkrete Beteiligung des Landtages vor. Nach der Beratung in den betroffenen Ausschüssen wird der Landtag vor Verabschiedung des LandesRaumordnungsprogrammes eine Stellungnahme abgeben.

Frau Kollegin, ich darf Sie unterbrechen. Der Kollege Miesner möchte Ihnen eine Zwischenfrage stellen. Lassen Sie sie zu?

Dann setzen Sie fort.

Als wir Ihnen im Agrarausschuss angeboten haben, Ihre bisherigen Anträge mit den unterschiedlichen Zielsetzungen im Verfahren zu belassen und diese dann, wenn der Landtag - so, wie es der Verfahrensablauf vorsieht - beteiligt wird, mit Ihnen zu beraten und zu diskutieren, haben Sie das abgelehnt und auf einer sofortigen Abstimmung bestanden.

(Zuruf von der SPD: Hört, hört!)

Das war zu einem Zeitpunkt, an dem die eingegangenen Stellungnahmen noch nicht ausgewertet sein konnten und von daher gar nicht klar war, ob und in welchem Umfang die Intention Ihrer Anträge im Rahmen der Abwägung mit berücksichtigt werden konnte. Ihnen ging es dabei eher darum, kurzfristig wieder einen Versuch der Stimmungsmache zu starten, obwohl Ihnen klar war, dass berechtigte Hinweise, die auch Gegenstand Ihrer Anträge waren, in die neue Fassung des Landes-Raumordnungsprogramms mit einfließen werden. Das ist bekanntlich auch erfolgt. Wir stehen eben zu unseren Zusagen!

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Sie haben sich damit selbst von der inhaltlichen Diskussion verabschiedet. Und auch mit diesem Antrag machen Sie wieder einmal deutlich, dass es Ihnen nicht um eine konstruktive Diskussion in der Sache geht; das hat ja auch der vorangegangene Redebeitrag deutlich gezeigt.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich möchte zum Schluss noch auf ein Thema eingehen, das in der letzten Zeit immer wieder Gegenstand der Diskussion war, nämlich der Hinweis, dass sich anhand des Kartenmaterials gebietsscharfe Abgrenzungen der betroffenen Räume nicht eindeutig nachvollziehen lassen. Abgesehen davon, dass das Kartenmaterial den gleichen Maßstab hat wie auch bei früheren Raumordnungsverfahren, gilt es auch hier, geltendes Recht zu beachten. Das Landes-Raumordnungsprogramm muss in der Darstellung einen geringeren Detaillierungsgrad haben, damit der Spielraum für die Konkretisierung durch die nachfolgenden Planungsebenen, nämlich der Landkreise, Städte und Gemeinden, erhalten bleibt. Andernfalls würden wir als Land unzulässig in die Planungshoheit der jeweiligen kommunalen Träger eingreifen. Das hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in einem Urteil Mitte letzten Jahres noch einmal deutlich bestätigt.

Ich stelle fest, dass es im bisherigen Verlauf des Verfahrens im Rahmen der geltenden Gesetze ein sehr umfangreiches Beteiligungsverfahren gegeben hat,

(Frank Oesterhelweg [CDU]: Dadurch wird es doch nicht besser!)