Protokoll der Sitzung vom 18.02.2016

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei den GRÜNEN sowie Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Miesner. - Für die FDPFraktion hat nun Herr Dr. Hocker das Wort. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Verehrter Herr Minister, ich gebe gerne zu, dass ich noch ein bisschen unter dem Eindruck der Diskussion stehe, die wir hier im Rahmen der Dringlichen Anfrage vor einer guten Stunde geführt haben.

Dabei ging es ja um die Höchstspannungsnetze und die Frage, wie weit der Ausbau erfolgt ist. Wir mussten - das hat mich sehr beeindruckt - dreimal nachfragen, bis wir endlich eine Zahl von Ihnen bekommen haben, sehr verehrter Herr Minister. Sie haben dann von 228 km Höchstspannungstrassen gesprochen, die während Ihrer Amtszeit planfestgestellt worden sind.

Manchmal sagt die Art und Weise, wie man eine solche Zahl aus Ihnen herauskitzelt, mehr aus als die Zahl selber. Ich habe schon den Eindruck gehabt, dass es Ihnen unangenehm gewesen ist, bekennen zu müssen, wie wenig Aktivitäten diese Landesregierung und Sie ganz persönlich hier in den letzten Jahren an den Tag gelegt haben.

Meine Damen und Herren, wenn man die Energiewende wirklich gestalten will, dann reicht es nicht aus, Windkrafterlasse auf den Weg zu bringen, sondern dann bedarf es Investitionen in die Verteilnetze. Und in diesem Bereich haben Sie Ihre

Hausaufgaben leider bislang noch nicht hinreichend gemacht, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Deswegen mutet es einigermaßen abenteuerlich an, wenn Sie mit diesem Antrag mit den Fingern nach Berlin zeigen, die Landesregierung auffordern, sich diesem Thema mehr zu widmen, wobei Sie doch auch selber Möglichkeiten hätten, Einfluss zu nehmen und Planfeststellungen auf den Weg zu bringen.

Trotzdem, meine Damen und Herren, unterstützen wir diesen Antrag, weil wir die große Befürchtung haben, dass diese Energiewende mit Karacho gegen die Wand fährt, wenn nicht endlich an den Stellschrauben gedreht wird, die erforderlich sind. Das ist eben nicht der Windkrafterlass, den Sie vor einigen Monaten durch das Kabinett gebracht haben, sondern es geht darum, endlich die Voraussetzung zu schaffen, damit der volatil eingespeiste Strom abtransportiert werden kann, dass dieser volatile Strom endlich gespeichert werden kann.

Wenn man Wasser in eine Flasche füllt, verehrter Herr Minister, und die Flasche dann überläuft, muss man den Hahn zudrehen, anstatt ihn weiter zu öffnen. Anstatt auf die Überlastung der Netze zu reagieren, indem weniger Strom volatil eingespeist wird, sorgen Sie mit Ihrem Windkrafterlass dafür, dass noch mehr volatiler Strom in die Netze eingespeist wird. Das ist der eigentliche Angriffspunkt, das ist der eigentliche Flaschenhals der Energiewende. Deswegen sind Sie da noch viel mehr gefordert als bei dem Thema des Windkrafterlasses.

Wir stimmen trotzdem zu, weil wir das als unsere Verantwortung sehen und es als einen Schritt in die richtige Richtung betrachten. Ich bin aber der festen Überzeugung, dass dieser Antrag nicht mehr sein wird als der berühmte Tropfen auf den heißen Stein. Wenn Sie die Energiewende zum Erfolg führen wollen, Herr Minister, dann handeln Sie endlich auch bei der volatilen Erzeugung und sorgen dafür, dass unsere Netze ertüchtigt werden, damit der Strom, der volatil eingespeist wird, tatsächlich auch abtransportiert werden kann. Sonst wird diese Energiewende scheitern.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. - Das Wort die SPD-Fraktion hat nun Herr Kollege Becker. Bitte!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Die Anreizregulierungsverordnung wird nun einmal in Berlin gemacht. Von daher sind Anregungen und Forderungen auch dorthin zu adressieren und nicht an das niedersächsische Umweltministerium, Herr Dr. Hocker.

Die Anforderungen an die Stromverteilnetze werden auch in den kommenden Jahren weiter zunehmen. Wir wollen in Deutschland spätestens bis 2050 80 bis 100 % des Stromverbrauchs aus erneuerbaren Energien decken. Für Niedersachsen bedeutet das im Wesentlichen Windkraft und Photovoltaik. Circa 99 % aller Photovoltaikanlagen und 95 % aller Windräder werden dann den erzeugten Strom in die Mittel- und Niederspannungsnetze, also in die Verteilnetze, einspeisen.

Die Verteilnetze müssen damit nicht mehr nur auf einen schwankenden Verbrauch reagieren, sondern mit der rasant aufwachsenden dezentralen Energieerzeugung auch in zunehmendem Maße eine schwankende Erzeugung und Einspeisung verarbeiten können. Damit werden - das haben Herr Miesner und Herr Bajus richtig ausgeführt - die Verteilnetze noch stärker zum Dreh- und Angelpunkt einer dezentralen Stromerzeugung und Vermarktung, in der sich Energiegenossenschaften und kleine Stadtwerke um regionale Stromvermarktung bemühen und in der ehemals bloße Kunden vermehrt zu Lieferanten und neuen Akteuren im Stromsystem werden. Darauf müssen die Verteilnetze dringend vorbereitet werden, und zwar parallel zum Ausbau der erneuerbaren Energien, also am besten gestern.

Nach Berechnungen der dena müssen die Stromverteilnetze zur Integration der erneuerbaren Energien in einer Größenordnung von 135 000 bis 193 000 km ausgebaut und auf einer Länge von 21 000 bis 25 000 km umgebaut werden. Der entsprechende Investitionsbedarf liegt zwischen 27,5 und 42,5 Milliarden Euro. Daran wird deutlich, welche Gesamtaufgabe vor uns liegt.

Diese Investitionen werden eben nur dann fließen, wenn sie über die Netzentgelte refinanziert werden. Die Anreizregulierungsverordnung bietet erwiesenermaßen keinen ausreichenden Anreiz zur Finanzierung des notwendigen Netzausbaus, weil die Verteilnetzbetreiber unter den bestehenden regulatorischen Bedingungen eben keine ausreichenden Renditen erwirtschaften können. Wer beim Netzbetrieb bereits Geld zulegt, wird darin nicht noch zusätzliches Geld investieren.

Gerade unter den besonderen Bedingungen des Netzbetriebs in einem Flächenland mit besonders hohen Zuwachsraten an Erneuerbaren-EnergienAnlagen und entsprechend hohen Anschlussbedarfen hat Niedersachsen nun einmal ein vitales Interesse an einer wirksamen Anreizregulierung, die den Ausbau der Verteilnetze nicht ausbremst, sondern beschleunigt. Darum ist es zunächst einmal zu begrüßen, dass das Bundeswirtschaftsministerium am 16. März des vergangenen Jahres die Eckpunkte für die geplante Novellierung der Anreizregulierungsverordnung veröffentlicht und zur Diskussion gestellt hat.

Ob die Ziele, nämlich substanzielle Verbesserung der Investitionsbedingungen für Verteilnetzbetreiber und das Setzen von Anreizen für innovative Lösungen, damit erreicht werden können, ist hingegen fraglich. Insbesondere der Zeitverzug bei der Anerkennung von Investitionskosten für den Großteil der Verteilnetzbetreiber, aber auch die Abschaffung der Best-of-Four-Sicherungsmechanismen und die Reduzierung der Zugangsmöglichkeiten zum vereinfachten Verfahren für Netzbetreiber mit weniger als 15 000 Stromkunden sind für die betroffenen Akteure in Niedersachsen kontraproduktiv. Darum ist es aus niedersächsischer Sicht zu begrüßen, dass die Wirtschaftsministerkonferenz mit den Stimmen aller 16 Länder am 17. Juni 2015 das BMWI gebeten hat, den Entwurf der Anreizregulierungsverordnung entsprechend zu überarbeiten.

Ebenso ist zu begrüßen, dass wir dazu heute einen Beschluss des Niedersächsischen Landtags mit einer von allen vier Fraktionen getragenen Aufforderung an den Bund adressieren. Davon kann das gewünschte starke Signal nach Berlin ausgehen, bevor die Änderung der Anreizregulierungsverordnung wohl noch vor der Sommerpause vom Bundeskabinett beschlossen wird. Ich denke, wir haben Hoffnung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Für die Landesregierung hat nun das Wort Herr Umweltminister Wenzel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Dr. Hocker, Ihre Einlassung habe ich nicht verstanden. Ich glaube, Sie haben Hochspannung und Niederspannung bei Ihrer Einlassung verwechselt. Ich habe auch nicht verstanden, warum Sie diesem Antrag eigentlich nicht zustimmen.

(Dr. Gero Hocker [FDP]: Wir stimmen zu! Das haben Sie nicht ganz ver- standen!)

- Sie stimmen zu?

(Ulf Thiele [CDU]: Er hat gesagt, sie stimmen zu! Wortwörtlich!)

- Sie stimmen trotzdem zu.

Das klären wir nachher bei der Abstimmung, Herr Minister.

Aber Sie sind nicht Mitantragsteller. Das ließ die Vermutung zu, dass Sie nicht mitmachen wollen.

Meine Damen und Herren, eine Verbesserung des Investitionsrahmens für Verteilnetzbetreiber ist dringend geboten, und zwar vor allen Dingen, weil die Verteilnetze anders als die viel diskutierten Hochspannungsnetze zu 90 % den Strom transportieren, den wir tagtäglich nutzen, und weil diese Verteilnetze heute nicht nur den Strom zu den Verbraucherinnen und Verbrauchern leiten, sondern die Richtung des Stroms mittlerweile oft umgekehrt ist, weil die Verbraucherinnen und Verbraucher heute auch Produzenten, sogenannte Prosumer, geworden sind.

Wir drängen seit Längerem darauf - darüber sind wir mit sehr vielen anderen Bundesländern einer Meinung -, dass der Bund seine Modelle überarbeitet. Zuletzt hat eine Sitzung kurz vor Ende des letzten Jahres stattgefunden. Nun ist der Bund dabei, seinen Arbeitsentwurf zu überdenken. Ich hoffe, dass er den Ländern an dieser Stelle entgegenkommt. Wir wollen nämlich endlich diesen Zeitverzug beseitigen, der auftritt, wenn Netzbetreiber, also in der Regel Stadtwerke, investieren und erst mit größerer Verzögerung ihre Investitionskosten bei den Netzentgelten geltend machen können. Das ist bei den Hochspannungsnetzen längst der Fall. Das brauchen wir aber auch in der Verteil

netzebene, um dafür zu sorgen, dass diese Investitionen jetzt tatsächlich zeitnah getätigt werden. Wir wollen auch die Beibehaltung der Schwellenwerte zum vereinfachten Verfahren und des Best-ofFour-Verfahrens, wie es heißt. Dafür haben wir uns seit Beginn der Debatte eingesetzt. Das ist eine Maßnahme, die am Ende Verwaltungskosten und unnötige Bürokratie vermeiden kann. Von daher sind wir der Meinung, das muss man fortsetzen.

Wir wollen auch eine größtmögliche Transparenz. Wir sind daher dankbar, dass die Fraktionen diesen Antrag auf den Weg gebracht haben und unsere Bemühungen dabei unterstützen. Bei den Fragen, was veröffentlicht werden darf und kann, haben wir in Niedersachsen schon heute sehr viel mehr auf der Website der Regulierungsbehörde öffentlich gemacht, als das in anderen Ländern der Fall ist. § 74 EnWG und § 71 EnWG setzen dabei aber die Grenzen. Wenn wir noch darüber hinausgehen wollen, dann müssen wir uns insbesondere diese Punkte noch einmal ansehen. Dann muss es möglicherweise auch rechtliche Änderungen geben. Grundsätzlich spricht nichts dagegen. Aber wir sind als Land gehalten, die bundesrechtlichen Grenzen einzuhalten. Wir sollten gemeinsam schauen, ob das gelingen kann.

Ich wünsche mir vor allem von den Fraktionen, die auch in Berlin Verantwortung tragen: Helfen Sie uns, voranzukommen! Helfen Sie uns dabei, gemeinsam für bestmögliche Investitionsbedingungen unserer Stadtwerke zu sorgen! Ich kann Ihnen versichern, Sie haben die Unterstützung meines Hauses und der Regulierungskammer. Dort werden Sie kompetent beraten und betreut, wenn Sie als Betreiber eines Netzes in Niedersachsen aktiv sind. Deswegen war es in jedem Fall auch eine gute Entscheidung, die Verantwortung wieder in das Land zurückzuholen. Das ermöglicht uns, an der richtigen Stelle den Finger in die Wunde zu legen.

Ich danke Ihnen herzlich fürs Zuhören.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. - Wir sind am Ende der Beratung und kommen zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses folgen und damit den Antrag der Fraktion der CDU, der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 17/5085

unverändert annehmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das war einstimmig.

Vielen Dank.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 18 und 19 vereinbarungsgemäß zusammen auf

Tagesordnungspunkt 18: Abschließende Beratung: Wegweiserkurse für Flüchtlinge stärken - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 17/3428 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport - Drs. 17/5131

Tagesordnungspunkt 19: Erste Beratung: Wegweiserkurse für Flüchtlinge stärken - Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion der FDP - Drs. 17/5134

Zu dem Antrag unter Tagesordnungspunkt 18 empfiehlt Ihnen der Ausschuss einstimmig, ihn für erledigt zu erklären.

Zur Einbringung des Antrags unter Tagesordnungspunkt 19 erteile ich Herrn Kollegen Dr. Pantazis, SPD-Fraktion, das Wort. Bitte!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wie sich bereits gestern in der Aktuellen Stunde herausgestellt hat, gelingt Integration lediglich durch den selbstverständlichen gesellschaftspolitischen Anspruch auf Teilhabe, und zwar in kultureller, sozialer, politischer und vor allem auch sprachlicher Hinsicht.

Diesem Grundsatz einer teilhabeorientierten Migrationspolitik sehen wir uns seit dem Regierungswechsel verpflichtet, und er hat auch im rot-grünen Koalitionsvertrag „Erneuerung und Zusammenhalt“ seinen Niederschlag gefunden.