(Beifall bei den GRÜNEN - Jörg Hill- mer [CDU]: Sie ziehen hier doch keine Konsequenzen daraus! - Jens Nacke [CDU]: Ihrem Innenminister wird ge- rade schlecht! Sehen Sie das?)
- Sie waren doch in Bramsche, Herr Nacke. Ich schlage Ihnen vor, auch einmal die Außenstelle des BAMF in Bramsche zu besuchen. Es ist wirklich interessant, zu sehen, wie die Herrschaften damit ringen, 2 200 Verfahren, die anhängig sind, abzuarbeiten, wenn sie keine neuen Kolleginnen und Kollegen bekommen. Das ist die Realität des BAMF - sosehr Sie sich da auch wegducken. Mit Ihren Vorschlägen retten Sie Deutschland nicht, meine Damen und Herren.
Vielen Dank, Frau Kollegin Polat. - Das Wort hat jetzt für die SPD-Fraktion Herr Kollege Ulrich Watermann.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir beschäftigen uns ja schon zum wiederholten Mal mit der Frage, ob der Landtag sich dazu äußert, ob einem Asylpaket im Bundesrat zugestimmt wird: Ja oder nein? Wenn man diese Debatte verfolgt, sollte man sich erinnern. Im letzten Jahr haben wir es hier in diesem Landtag hingekriegt, dass der Landtag mit allen Fraktionen das Dublin-Verfahren kritisiert und gesagt hat, dass das ein falscher Weg ist.
Man muss sich daran erinnern, dass wir einen Zehn-Punkte-Antrag der CDU-Fraktion vorliegen hatten, der inzwischen zurückgezogen worden ist, in dem es um die Integration und um die Aufnahmesituation in Deutschland und ganz speziell in Niedersachsen ging. Warum ist dieser Antrag inzwischen zurückgezogen worden? - Das kann man
ganz deutlich sehen, wenn man sich den Antragstext, der heute dem Landtag zur Beratung vorliegt, genau anguckt.
Man muss noch feststellen, dass man ganz kurzfristig einen Antrag eingebracht hatte, in dem es um die Frage von Wohnsitzauflage und Residenzpflicht ging. Auch dieser Antrag ist inzwischen zurückgezogen worden. Er findet sich jetzt in diesem Antrag wieder. Dieser Antrag ist mit „Asylpaket II“ überschrieben. Aber in seinem Inhalt findet sich herzlich wenig dazu, sondern in dem Antrag wird ein Sammelsurium an Abschottungsmaßnahmen aufgereiht, denen wir auf keinen Fall zustimmen werden, weil sie in die vollkommen falsche Richtung gehen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wer versucht, die Flüchtlingsproblematik auf ein regionales Konzept herunterzubrechen, wird der Aufgabe niemals gerecht werden. Wir haben eine Situation, in der es darum geht, dass die Fluchtursachen bekämpft werden müssen und dass wir endlich etwas tun müssen, damit die Menschen keinen Anlass mehr haben zu fliehen.
Aber das liegt nicht in unseren Händen, sondern wir haben da zu appellieren und müssen auf diejenigen einwirken, die für uns die Politik in Berlin machen, aber vor allen Dingen auch in Europa. Deshalb ist es folgerichtig und wichtig - - -
Herr Kollege Watermann, bevor Sie jetzt mit der Folgerichtigkeit fortsetzen, die Sie anformuliert hatten: Frau Kollegin Jahns möchte Ihnen eine Zwischenfrage stellen. Lassen Sie die zu?
Das Problem ist, dass wir beim letzten Mal, als ich zu diesem Thema geredet habe, eine mehrere Minuten andauernde Fragesituation hatten. Meine Fraktion legt Wert darauf, dass ich das nicht wieder auslöse.
(Jens Nacke [CDU]: Das ist einer der wenigen Sätze, die ich Ihnen unein- geschränkt glaube, Herr Watermann!)
Dann muss schon etwas falsch gelaufen sein. Wenn Sie mir etwas glauben, dann muss ich etwas ganz fürchterlich verkehrt gemacht haben.
(Heiterkeit - Jens Nacke [CDU]: Das ist allerdings wahr! Vormittags ist es immer leichter als nachmittags!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es geht darum, dass wir uns mit der Lösung des Problems auseinandersetzen. Da folge ich all denjenigen, die sagen: Es hilft uns nicht sehr viel weiter, dass wir uns gegenseitig die Schuld zuweisen. - Vielmehr geht es darum, dass wir uns genau angucken müssen: Welche Antwort ist eigentlich richtig?
Heute und auch gestern ist in der Debatte deutlich geworden, dass wir uns damit auseinandersetzen müssen, dass wir mehr Menschen hier in Niedersachsen haben, und dass wir Antworten dafür brauchen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es gibt eine Kernproblematik, von der ich fest überzeugt bin - auch meine Fraktion -, dass sie zuerst einmal angepackt werden muss: dass wir diejenigen, die zu uns kommen und einen Antrag stellen wollen, erst einmal in die Situation versetzen müssen, dass sie überhaupt einen Antrag abgeben können.
Im letzten Jahr war die Situation so: Wenn in Hameln jemand angekommen war, bekam er einen Termin für den April dieses Jahres. Wenn jetzt jemand in Hameln ankommt, dann sagt das BAMF: Im Jahr 2017 kannst du den Antrag abgeben. - Das ist eine Verschlechterung, keine Verbesserung.
Wir müssen alle Kraft darauf konzentrieren, die Anträge zügig zu bearbeiten, zu entscheiden und die Maßnahmen umzusetzen, die aus der Entscheidung herrühren, nämlich dann, wenn man bleiben darf, die integrativen Maßnahmen verstärkt anlaufen zu lassen. Auch muss bei einer Ablehnung dafür gesorgt werden, dass es zurück in das Land geht, woher man gekommen ist. Das gehört dazu. Aber dafür brauchen wir ein ordnungsgemäßes Verfahren.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, man kann ja über sichere Herkunftsstaaten reden. Aber wenn Flüchtlinge aus sicheren Herkunftsstaaten über ein Jahr auf eine Entscheidung warten müs
sen und in dieser Zeit keinen Sprachunterricht erhalten dürfen, dann ist das die vollkommen verkehrte Situation.
Damit müssen wir uns auseinandersetzen. Wenn Menschen aus Afghanistan hier keine Sprachförderung bekommen, dann kann das niemand verstehen, weder diejenigen, die schwarz, gelb oder blau orientiert sind, noch diejenigen, die grün oder rot orientiert sind. Das kann niemand nachvollziehen.
Ich glaube, dass alles das, was Sie aufgeschrieben haben, nicht zu einer Lösung der Problematik führt, sondern dass Sie damit hier im Landtag im Prinzip nur eine Schuldzuweisungsdebatte führen wollen.
Ich bin fest davon überzeugt, dass wir unsere Kraft in eine zügige Bearbeitung der Fälle stecken müssen, damit die Menschen wissen, was für eine Perspektive sie haben. Wir kommen dann viel eher in die Situation, die Integration nach vorne zu bringen.
Ich bin darin verliebt, dass wir so etwas hinbekommen, dass wir das zusammen anpacken und dass wir aufhören, uns gegenseitig vorzuhalten, was warum nicht funktioniert. Ich könnte das jetzt tun und sagen: Daran sind der Innenminister und die Kanzlerin schuld. Dieser und jener sind schuld.
Wir brauchen keine Anträge, die nicht einen Satz an Lösungen bringen, sondern die im Prinzip nur darauf ausgerichtet sind, zu spalten. Nein, wir brauchen eine Gemeinsamkeit! Wir müssen zielführend dafür zu sorgen, dass die Anträge schneller bearbeitet werden.
Ich bin gespannt auf die Diskussion. Sie haben eine Kehrtwendung vollzogen. Schade! Dann müssen wir es eben alleine machen.
Vielen Dank, Herr Watermann. - Auf Ihre Rede hat sich der Kollege Jens Nacke für eine Kurzintervention gemeldet. Sie haben 90 Sekunden. Bitte, Herr Kollege!
Vielen Dank, Herr Präsident. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich auf den Beitrag von Herrn Watermann zu Wort gemeldet, weil ich Sie, Herr Kollege Watermann, aufgrund Ihres Vortrags gerade, wonach wir gemeinsam sehen müssen, dass wir die Lösung finden, fragen möchte, ob Sie eigentlich kürzlich einmal Interviews von Ihrem Ministerpräsidenten gelesen haben, die nur davon strotzen, dass andere schuld sind, die aber nicht ansatzweise einen eigenen Entwurf aufweisen und nicht ansatzweise präsentieren, was dieses Land eigentlich machen könnte.
Dieser Ministerpräsident verweigert seit Monaten, dass wir tatsächlich zu vernünftigen Lösungen kommen. Er hat die ausgestreckte Hand des Vorsitzenden der CDU-Fraktion mehrfach ausgeschlagen. Wenn Sie doch noch dazu kommen wollen, gerne!
Herr Watermann, Ihre Rede richtete sich in den allermeisten Teilen direkt an Ihren Herrn Ministerpräsidenten. Aber eines hätte ich mir in der Tat gewünscht, Herr Watermann: Nun sagen Sie doch bitte einmal, was Sie eigentlich vom Asylpaket II halten! Denn beim Asylpaket I haben Sie noch einen Tag vorher in dem entsprechenden Innenausschuss selbst gesagt, dass Sie es ablehnen. Ihr Ministerpräsident hat das ja mitverhandelt. Jetzt würde ich gerne einmal wissen, wie die SPDFraktion das sieht. Uns ist natürlich sehr genau aufgefallen, dass bei der Rede von Frau Polat niemand in der SPD-Fraktion geklatscht hat, nicht ein einziges Klatschen.
Jetzt möchte ich gerne wissen: Wie stehen Sie denn eigentlich zum Asylpaket II? Was werden Sie am Ende machen? Stehen Sie dazu, was Herr Gabriel verhandelt hat? Stehen Sie zu dem, dem Ihre Kollegen im Bundestag zugestimmt haben?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist natürlich gut, wenn man weiß, was im Asylpaket II steht. Im Asylpaket II geht es z. B. nicht um die sicheren Herkunftsstaaten. Im Asylpaket II, das der SPD-Bundestagsfraktion erst in dieser Woche vorgelegen hat, geht vor allen Dingen um die Nachzugssituationen.
Ich sage Ihnen ganz eindeutig, dass ich es als Kompromiss akzeptiere, dass ich es aber nicht für zielführend halte, weil wir uns mit einem Thema auseinandersetzen müssen, nämlich dem Nachzug auch bei Minderjährigen, das unser Problem werden kann, aber im Moment nicht unser Problem ist. In Bezug auf die sicheren Herkunftsstaaten kommt ein nächstes Paket. Ich sage Ihnen ganz deutlich: Dieser Ministerpräsident hat mehrfach darauf hingewiesen, dass wir dies gemeinsam entwickeln können.