Protokoll der Sitzung vom 08.03.2016

Vielen Dank.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Thiele. - Abschließend, vermute ich, noch einmal Herr Försterling zur Geschäftsordnung!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Natürlich haben wir eben die Chance genutzt, allen hier im Haus und damit auch der Landesregierung deutlich zu machen, wo die Unterschiede zwischen der bisherigen Darstellung der Kultusministerin und der Landesregierung auf der einen Seite und der Aktenlage auf der anderen Seite sind.

(Christian Grascha [FDP]: Oder stim- men die Akten nicht?)

Ich finde, es muss doch der Anspruch eines Parlaments sein, noch in diesem Tagungsabschnitt Auskunft darüber zu bekommen, ob entweder unvollständige Akten vorgelegt worden sind oder die Landesregierung bisher den Sachverhalt nicht richtig dargestellt hat.

(Grant Hendrik Tonne [SPD]: Sie ha- ben nicht zugehört! Das ist der Punkt!)

Genau darum muss es doch gehen! Es ist doch das Recht dieses Parlaments, von einer Landesregierung die Wahrheit zu erfahren! Wir wollen doch nichts anderes, als die Wahrheit über diesen Vorgang wissen!

(Starker, nicht enden wollender Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen zu diesem Geschäftsordnungsantrag liegen nicht vor.

(Christian Dürr [FDP]: Warum meldet sich der Herr Ministerpräsident nicht? Das hat er das letzte Mal auch ge- macht! - Christian Grascha [FDP]: Er ist für die Verfassung zuständig! Dann ist er auch für Verfassungsbruch zu- ständig!)

Das Petitum der FDP und der CDU ist, diesen Punkt - ich bezeichne ihn einmal als Komplex „Versetzung einer Lehrerin“ - in den heutigen Tagungsabschnitt aufzunehmen. Wenn wir denn so beschließen würden, wäre damit über den Zeitpunkt noch nichts gesagt. Ich würde dann weitergehend einen Vorschlag machen oder die Parlamentarischen Geschäftsführer bitten, einen Vorschlag zu machen, damit wir die Tagesordnung für heute entsprechend gestalten könnten. Wie gesagt: sofern das eine Mehrheit findet.

Selbst wenn wir - diesen Hinweis gebe ich auch - hier mehrheitlich die Aufnahme dieses Tagesordnungspunktes beschließen, löst das nicht zwangsläufig die Verpflichtung der Landesregierung aus, tatsächlich auch zu reden. Das hat jede Regierung so herum und so herum stets in der Hand.

Nachdem ich das noch einmal erklärt habe, darf ich das Haus fragen, wer dem Antrag von Herrn Försterling und anderen auf Unterrichtung zu diesem Komplex „Versetzung einer Lehrerin“ beipflichten möchte. Wer also dafür ist, das heute noch in die Tagesordnung aufzunehmen, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Zweite war die Mehrheit. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie sind sicherlich innerlich darauf eingestellt, dass es jetzt unter dem Tagesordnungspunkt 2 zu einer Regierungserklärung des Herrn Ministerpräsidenten zum Komplex „Flüchtlingspolitik“ kommt. Ich möchte Sie aber darüber in Kenntnis setzen, dass sich kurze Zeit vor Beginn des heutigen Tagungsabschnitts der Herr Umweltminister gemeldet hat, um hier eine Unterrichtung vorzunehmen, und zwar - ich darf das so bezeichnen - zum Komplex „Ritterhude“. Ist das richtig? - Er nickt. Auch innerhalb der Landesregierung ist abgestimmt, dass diese Unterrichtung vor der Regierungserklärung stattfindet.

Außerhalb der Tagesordnung: Unterrichtung durch den Minister für Umwelt, Energie und Klimaschutz über eine Durchsuchung durch die Staatsanwaltschaft zum Themenkomplex „Ritterhude/Organo Fluid“

Dazu erteile ich jetzt Herrn Umweltminister Wenzel das Wort. Bitte sehr!

(Christian Dürr [FDP]: Das geht jetzt, aber das andere nicht! Das ist un- glaublich!)

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich danke für die Gelegenheit, Sie kurz zu unterrichten.

Die Staatsanwaltschaft Verden hat heute, am 8. März 2016, Räumlichkeiten des Gewerbeaufsichtsamtes Cuxhaven im Rahmen eines laufen

den Ermittlungsverfahrens auf Beschluss des Amtsgerichts Verden durchsucht. Konkret geht es um den Verdacht der Bestechlichkeit gegen eine beschuldigte Person des Amtes im Zusammenhang mit der Aufsichtstätigkeit über den Betrieb Organo Fluid in Ritterhude.

Ich erinnere in diesem Zusammenhang daran, dass die Landesregierung zur Unterstützung der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen bereits am 11. Mai 2015 den Abschlussbericht der Koordinierungsgruppe vom niedersächsischen Innenministerium, vom niedersächsischen Sozialministerium und vom niedersächsischen Umweltministerium an die Staatsanwaltschaft übergeben hat. Zu dem laufenden Verfahren der Staatsanwaltschaft kann die Landesregierung keine Auskunft geben.

Ich danke Ihnen herzlich fürs Zuhören.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister Wenzel. - Meine Damen und Herren, diese Unterrichtung hat etwa eine Minute gedauert. Diese Unterrichtung löst - so denn Bedarf besteht - eine Aussprache mit entsprechenden Redezeiten aus. Besteht Bedarf?

(Jörg Bode [FDP]: Nein, das war ja die Wahrheit!)

Es gibt keine Wortmeldungen zu dieser Thematik. Von daher können wir diese Unterrichtung jetzt so für sich stehen lassen.

Ich rufe jetzt auf den

Tagesordnungspunkt 2: Abgabe einer Regierungserklärung mit dem Titel „Integration von Flüchtlingen - Unterwegs auf einem langen Weg“ - Unterrichtung durch den Ministerpräsidenten - Drs. 17/5301

Zunächst gibt der Herr Ministerpräsident die angekündigte Regierungserklärung unter dem Titel „Integration von Flüchtlingen - Unterwegs auf einem langen Weg“ ab. Herr Ministerpräsident, ich erteile Ihnen das Wort. Bitte sehr!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wenn wir in diesen Tagen auf die politische Lage in Europa und in Deutschland schauen, dann se

hen wir eine kombinierte Krise. Es ist eine seit Monaten anhaltende Unfähigkeit in Europa, auf die großen Flüchtlingswanderungen gemeinsam zu reagieren. Es ist gleichzeitig eine europäische Krise, weil damit auch die Handlungsfähigkeit der Europäischen Gemeinschaft insgesamt gefährdet ist.

Minister Stefan Wenzel und ich haben vor acht Tagen in Brüssel Gespräche führen können. Wir hatten Gelegenheit, in kurzer Zeitabfolge Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, Parlamentspräsident Martin Schulz und eine ganze Reihe von in diesem Zusammenhang wichtigen Mitgliedern der Europäischen Kommission zu sprechen. In allen diesen Gesprächen ist uns eine tiefe Sorge im Hinblick auf die Zukunft der Europäischen Gemeinschaft begegnet.

Wie sieht es derzeit mit der Aufnahme von Flüchtlingen in unserem Land aus? - Seit dem Jahresbeginn hat Niedersachsen ca. 16 000 Menschen aufgenommen. Das entspricht einem Wochendurchschnitt von etwa 1 800 Menschen oder mehr als 250 Menschen täglich. Wer an dieser Stelle erleichtert über den Rückgang der Zugangszahlen gegenüber den Erfahrungen der letzten Monate ist, der, meine Damen und Herren, freut sich zu früh. Denken wir nur an die Situation der Flüchtlinge in Griechenland an der Grenze zu Mazedonien! Dort warten Zehntausende von Menschen auf die Weiterreise, größtenteils nach Deutschland. Bedenkt man dann noch die schlechten Witterungsbedingungen in dieser Jahreszeit, gibt es nur eine Schlussfolgerung: Es gibt leider keinen Grund zur Entwarnung. Wir brauchen dringlich eine Lösung.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Lassen Sie mich hinzufügen: Mehr denn je bin ich davon überzeugt: Es gibt nur eine vernünftige Lösung, aber viele unvernünftige Lösungen. Es gibt entweder eine gemeinsame europäische Vorgehensweise oder eine Reihe von nationalen Alleingängen. Bei Letzterem - das sehen wir in diesen Tagen jedes Mal aufs Neue sehr deutlich, wenn wir Nachrichten schauen - sind Leidtragende die Flüchtlinge. Das sehen wir auf dramatische Weise auf dem Balkan. Das zeigt eindringlich, wie schnell wir eine Lösung benötigen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Der gestrige EU-Gipfel war vor diesem Hintergrund sicherlich nicht der erhoffte Durchbruch, aber sehr

wohl ein Zeichen der Hoffnung. Durch die neuen Vorschläge der Türkei zeichnet sich nun zum ersten Mal die Chance ab, zu einer gemeinsamen Lösung auch innerhalb der Europäischen Union zu gelangen, zu einer Lösung, die den Schleusern das Handwerk legt, zu einer Lösung, die ein Europa der offenen Grenzen bewahrt, und zu einer Lösung, die künftige Zuwanderung planbar macht auf der Grundlage von Kontingenten.

Meine Damen und Herren, hoffen wir gemeinsam darauf, dass es in den nächsten Tagen und Wochen tatsächlich zu dieser Lösung kommen wird.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die Antworten auf diese Fragen sind auch von entscheidender Bedeutung für die innere Entwicklung bei uns in Deutschland. Wir sehen doch genau, vor welcher Aufgabe wir stehen. Im vergangenen Jahr waren alle Beteiligten in einem permanenten Krisenmanagement gefordert, Massenobdachlosigkeit zu verhindern. Das ist in Niedersachsen gelungen. Mein Dank gilt den Kommunen für ihr Engagement sowie den Bediensteten des Landes, ob sie nun in den Aufnahmeeinrichtungen oder bei der Polizei oder an anderen Stellen angepackt haben.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vor allem aber erleben wir bis zum heutigen Tage eine überwältigende Hilfsbereitschaft der Mitglieder von Hilfsorganisationen, der Kirchen, vieler anderer Organisationen und Tausender Bürgerinnen und Bürger, die sich engagieren. Diese Erfahrungen machen Mut für die nächste Etappe, in der wir nun stehen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die jetzt anstehende Aufgabe wird noch schwieriger sein. Zu Recht rückt nun die Integration in den Mittelpunkt des Interesses. Gewiss nicht alle, aber sehr viele Flüchtlinge werden viele Jahre und vielleicht auch für immer bei uns in Niedersachsen bleiben. In ihrem Interesse und im Interesse von uns allen sollen sie so schnell und so gut wie irgend möglich in unserer Gesellschaft ankommen und Teil unserer Gemeinschaft werden. Das ist gut für die Menschen, um die es geht und die noch einmal etwas machen wollen aus ihrem Leben. Und das ist für eine erfolgreiche Zukunft unserer ganzen Gesellschaft notwendig, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

In dieser Grundhaltung, so denke ich, sind wir uns in Niedersachsen in hohem Maße einig. Das zeigt vor allem die Resonanz auf die Initiative „Niedersachsen packt an!“, der inzwischen dankenswerterweise fast alle relevanten Organisationen unseres Landes angehören, einschließlich aller im Niedersächsischen Landtag vertretenen Parteien. Wir sind uns in dieser Haltung einig, und wir sollten diese Einigkeit auch immer nach vorne stellen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Lassen Sie mich einen Zwischenstand über die Integrationsarbeit und einen Ausblick darauf geben, wo wir bei den Integrationsbemühungen stehen und wohin wir wollen.

Ein besonders wichtiges Handlungsfeld ist zunächst einmal die Wohnungspolitik. Es ist doch gar keine Frage, dass der Druck auf dem Wohnungsmarkt gestiegen ist. Alleine die Nachfrage nach Wohnraum für die Menschen, die zu uns gekommen sind, beeinflusst die Verhältnisse und auch den Mietmarkt. Ich nehme dieses Thema außerordentlich ernst. Eine Konkurrenz zwischen denjenigen, die neu dazugekommen sind, und denen, die auch schon bisher Schwierigkeiten auf dem Wohnungsmarkt hatten, müssen wir unbedingt vermeiden. Das wäre Gift für den sozialen Frieden.