Protokoll der Sitzung vom 09.03.2016

Zweitens haben Sie gerade zu mir gesagt, ich würde reflexartig schärfere Gesetze fordern. Aber dafür gibt es nicht einen einzigen Beleg, und ich sage Ihnen auch, warum nicht: Ich halte die Gesetze in diesem Land nämlich für ausreichend. Aber ich halte es für erforderlich, dass sie auch ausgeführt werden, dass den Sicherheitsbehörden Vertrauen entgegengebracht wird -

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

so, wie es dieser Minister gestern skizziert hat, aber wie es die grüne Landtagsfraktion nicht hinbekommt. Sie behindern die Sicherheitsbehörden in ihrer Arbeit, und dann kommen solche Fälle dabei raus!

(Starker, anhaltender Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Nacke. - Das Wort hat jetzt Dr. Birkner, FDP-Fraktion. Sie haben anderthalb Minuten. - Alle anderen, die sich noch gemeldet haben, bekommen die gleiche Zeit. Herr Limburg und Herr Watermann folgen noch. - Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister, zwei Anmerkungen zu dem, was Sie ausgeführt haben.

Erstens. Sie haben gesagt, Sie hätten erst jetzt die Erkenntnis gewonnen, dass man möglicherweise auch unter 16-Jährige durch den Verfassungsschutz beobachten können lassen sollte. - Aber ganz so neu kann die Erkenntnis ja nicht gewesen sein.

Denn erstens waren genau solche Fälle der Anlass für unsere Forderung, bei der bisherigen Altersgrenze zu bleiben. Der Kollege Nacke hat ausgeführt, dass das sehr intensiv in der bisherigen Gesetzesberatung erörtert worden ist, und im Übrigen haben wir das auch schon bei der Einbringung des Gesetzentwurfs hier im Landtag erörtert.

Und zweitens war das Thema der Ausreise gerade von Minderjährigen im Kontext IS schon bekannt. Das ist ja nicht die erste Minderjährige, die versucht hat, auszureisen. Am Ende machen solche

Versuche natürlich nicht bei Altersgrenzen halt, sondern das betrifft auch 15-, 16- und 17-Jährige. Insofern ergibt sich schon daraus die Notwendigkeit, das vor dem Hintergrund der Rückkehrerthematik zu beachten.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Im Ergebnis wird eigentlich eher bestätigt, Herr Minister, dass Sie damals aus Koalitionsräson Ihrem grünen Koalitionspartner gegenüber das Zugeständnis machen mussten, dass eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz erst ab 16 Jahren möglich ist. Und nun erleben Sie leider die bittere Realität und sehen, dass die niedrigere Altersgrenze notwendig ist, um keine Sicherheitsrisiken aufkommen zu lassen.

Zweitens haben Sie gesagt, dieses Attentat hätte nicht verhindert werden können. Aber wie kommen Sie eigentlich dazu? Ich bin mir da nämlich nicht so sicher. Man kann weder behaupten, es hätte verhindert werden können, noch kann man behaupten, es hätte nicht verhindert werden können.

Aber eines steht doch fest: Die Sicherheitsbehörden hatten - ich meine, seit etwa einem Monat - Kenntnis von diesem Mädchen, sie war im Blick von Polizei und Verfassungsschutz, und es ist nicht gelungen, dieses Attentat zu verhindern.

Daraus ergeben sich doch eine Reihe von Fragen. Sie werden auch intern alles auf den Kopf stellen müssen, um zu klären, ob das Attentat wirklich nicht zu verhindern gewesen wäre und ob hier Konsequenzen zu ziehen sind. Dazu haben Sie heute - das ist möglicherweise noch verständlich - nichts gesagt. Aber es wäre schon gut, zu erfahren, wie Sie sich das weitere Prozedere vorstellen. Denn es müssen Konsequenzen und Schlussfolgerungen gezogen werden, wenn es darum geht, wie so etwas künftig möglicherweise doch verhindert werden kann. Einfach zu sagen, es hätte sowieso nicht verhindert werden können, ist eine politische Kapitulationserklärung.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Dr. Birkner. - Jetzt hat sich Herr Limburg, Bündnis 90/Die Grünen, gemeldet. Sie haben die gleiche Zeit. Bitte schön, Herr Limburg!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Nacke, in der Tat: Sie haben von Anfang an die Altersgrenze 14 gefordert. Sie

haben das im Ausschuss angesprochen. Sie haben sie ja auch damals, als Sie noch die Regierungsmehrheit hatten, ins Gesetz geschrieben. Das alles ist keine Frage.

Was ich mit reflexhaften Reaktionen, Forderungen und Erklärungsmustern meinte, ist genau das, was Sie in den anderthalb Minuten gerade eben wieder unterstrichen haben: Sie suggerieren der Öffentlichkeit - und unterstreichen das durch Ihren Auftritt -, dass eine Speicherung dieses Mädchens die schreckliche, brutale Messerattacke hätte verhindern können. - Das meine ich mit „unseriöser Sicherheitspolitik“, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD - Ulf Thiele [CDU]: Das wissen Sie doch gar nicht! - Gegenruf von Anja Piel [GRÜNE]: Aber genauso wenig weiß man das andere!)

Sie haben erneut behauptet, diese Landesregierung würde das Thema Islamismus nicht ernst nehmen und nichts unternehmen.

Zunächst einmal, Herr Nacke, weise ich in aller Schärfe Ihren Vorwurf zurück, die Grünen würden in irgendeiner Form die Sicherheitsbehörden behindern. Dafür gibt es überhaupt keinen Beleg; das ist völlig abwegig.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD - Lachen bei der FDP)

Wir sind in einem demokratischen Rechtsstaat, Herr Bode, und es ist bitter, dass sich die frühere Bürgerrechtspartei FDP über Checks and Balances so amüsiert, wie Sie das hier tun. Offenbar haben Sie Ihren Anspruch, die Partei der Bürgerrechte zu sein, völlig über Bord geworfen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD - Jörg Bode [FDP]: Ihr solltet euch schämen für eure Sicher- heitspolitik! - Christian Grascha [FDP]: Sie diskreditieren die Sicherheitsbe- hörden!)

Meine Damen und Herren, diese rot-grüne Landesregierung hat beRATen e. V. auf den Weg gebracht, eine Beratungsstelle für Angehörige von Islamisten.

Das Kultusministerium, die Frau Kultusministerin, hat Fortbildungen und Kongresse zum Thema Umgang mit Islamismus in Schulen auf den Weg gebracht. Daran haben übrigens auch Lehrkräfte -

das war der Unterrichtung zu entnehmen - aus der betroffenen Schule in Hannover teilgenommen.

Diese rot-grüne Koalition hat Aussteigerprogramme für Islamismus auf den Weg gebracht, die Sie - das scheinen Sie vergessen zu haben, Herr Nacke - explizit mit Ihren Haushaltsanträgen abgelehnt haben. Der CDU, meine Damen und Herren, war die Ideologie der Schuldenbremse wichtiger als die Sicherheit in diesem Land!

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Limburg. - Jetzt hat sich Ulrich Watermann gemeldet. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man sich Ihre Redebeiträge im zweiten Teil der Debatte anhört, dann muss man sich wirklich ernsthaft fragen, woher Sie eigentlich die Erkenntnis haben, Herr Dr. Birkner, dass man das mit den von Ihnen beschriebenen Maßnahmen hätte in den Griff bekommen können.

(Jörg Bode [FDP]: Das hat er gar nicht gesagt! - Dr. Stefan Birkner [FDP]: Das weiß man nicht!)

Ich sage Ihnen noch einmal in aller Deutlichkeit: Die Fehler sind aus meiner Sicht zu dem Zeitpunkt gemacht worden, als man es zugelassen hat, dass ein Hassprediger auf diese Minderjährige einwirken konnte.

(Jörg Hillmer [CDU]: Und stellen Sie sicher, dass das heute nicht passieren kann?)

Aber zu der Frage, wie man das in den Griff bekommt, haben Sie nicht einen Satz gesagt. Und Sie sind damals verantwortlich gewesen!

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Aber auch ich kann Ihnen heute kein Patentrezept benennen, wie man eine solche Situation in den Griff bekommt. Ich würde gerne an diesem Fall lernen und dann schauen, wo man Weichen anders stellen kann.

Das gilt übrigens für alle Phänomene. Ich war genauso entsetzt darüber, was in Salzhemmendorf passiert ist, als junge Menschen bei einer Mutter,

die ein kleines Kind hat, einen Molotowcocktail reingeworfen haben.

Ich sage Ihnen: Die Art und Weise, wie Sie die Unterrichtung im Nachgang kommentieren, zeigt, dass Sie genau das tun, was Sie uns vorwerfen: Sie haben ein Grundmisstrauen gegenüber unseren Sicherheitskräften, Sie gehen beliebig mit dem Thema um, und Sie arbeiten überhaupt nicht an einer Lösung.

(Christian Grascha [FDP]: Sie haben keinen Plan!)

Alles, was Sie machen, ist „Skandal“ zu rufen. Lösungsorientiert ist das nicht. Das spielt diesen Kräften in die Hände.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Watermann, ich darf Sie bitten, noch am Mikrofon zu bleiben. Der Kollege Adasch würde Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen. - Herr Adasch, bitte schön!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrter Herr Kollege Watermann, vor dem Hintergrund, dass Sie in Ihren Ausführungen heute nichts zu dem Vorschlag des Innenministers gesagt haben,

(Ulrich Watermann [SPD]: Habe ich! - Helge Limburg [GRÜNE]: Doch, hat er! Hat er! - Zuruf von der SPD: Hat er! Zuhören!)

bei der Neufassung des Verfassungsschutzgesetzes bei der bisherigen Regelung zu bleiben, habe ich ganz konkret vermisst, wie Sie zu dem Vorschlag stehen. Wie stehen Sie denn zu dem Vorschlag des Innenministers? Ist die SPD dafür, oder ist sie dagegen?

(Zustimmung bei der CDU)

Herr Watermann, bitte schön!