Ich will das an einem Beispiel verdeutlichen: Wenn ich die Pflege frei wählen kann, habe ich dadurch eine Kontrolle; das ist der Wettbewerb. Die resolute ältere pflegebedürftige Dame kann den Pflegedienst jeden Monat wechseln. Sie kann sagen: Der ist mir zu teuer, ich finde das Pflegepersonal nicht gut oder die Qualität ist nicht in Ordnung. - Da gibt es überhaupt keine Probleme. Wenn aber die Verträge miteinander verbunden sind, dann muss die ältere Person ausziehen; sie hat sonst keine Chance, den Pflegedienst zu wechseln. Das muss man wissen. Darum meinen wir, dass der Schutz dieses Gesetzes greifen muss. Wir finden es nicht richtig, dass die Heimpersonalverordnung dort nicht gilt.
Dafür haben wir aber in anderen Bereichen Erleichterungen vorgesehen. In § 5 geht es um die gesundheitliche Betreuung, um die Aufbewahrung von Arzneimitteln, um die Umsetzung der Pflegeplanung und um die hauswirtschaftliche Betreuung. Wir finden es nicht richtig, dort einen unverhältnismäßig großen Aufwand auszulösen, und haben deshalb die Vorschläge aus einer Eingabe übernommen. Übrigens ist es dann möglich, dass die Bewohnerinnen und Bewohner den Umfang der Pflegeleistung frei wählen können. Sonst ist man auch daran gebunden und kann nicht sagen: Bestimmte Dinge möchte ich nicht in Anspruch nehmen.
Über die organisatorische und räumliche Trennung haben wir lange diskutiert. Wir möchten nicht, dass
ganze Heime oder Teile von Heimen, z. B. Stationen, auf einmal in ambulant betreute Wohngemeinschaften umstrukturiert werden. Ich zitiere hier die Bundesinteressenvertretung für alte und pflegebedürftige Menschen:
„Vielmehr befürchten wir, dass... das Bewohnerschutzgesetz weitgehend abgelöst und primär ein Anbieterförderungsgesetz geschaffen wird.“
Andererseits möchte ich betonen, dass Verbundeffekte sehr wohl wahrgenommen werden können, z. B. bei der Verpflegung. Es spricht nichts dagegen, eine andere Küche damit zu beauftragen; das wird dadurch nicht verhindert.
Ich komme zur Heimleitung. Wir meinen, dass bei all den unterstützenden Wohnformen, die Heime sind, ebenso wie bei der Tagespflege eine Leitung nicht erforderlich ist. Dies haben die Kirchen, die Wohlfahrtsverbände, die privaten Anbieter und der Pflegerat auch so gesehen. Wir meinen, es reicht aus, wenn man einen Verantwortlichen benennt. Der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst hat auch darauf hingewiesen, dass es äußerst problematisch ist, wenn für die Tagespflege die gleichen Anforderungen gelten, die für Heime gelten.
Nun insgesamt zum Heimgesetz. Es ist so, dass vieles einvernehmlich geregelt werden konnte; ich habe eben darauf hingewiesen. Deshalb wird die CDU dem Gesetz insgesamt zustimmen. Wir wollten aber noch einmal verdeutlichen, wo wir andere Ansichten haben. Deshalb haben wir die Änderungsanträge eingebracht und werden darüber abstimmen.
Aber insgesamt hoffen wir, dass dieses Gesetz dazu beiträgt, vielfältige Wohnformen zu schaffen. Das entspricht der Situation der älteren Menschen; denn auch dort besteht eben Vielfalt. Dieses Gesetz soll dazu beitragen, dass entsprechende Wohnformen geschaffen werden.
Herzlichen Dank, Herr Kollege Jasper. - Auf Ihre Rede hat sich der Kollege Uwe Schwarz zu einer Kurzintervention gemeldet. Er hat für 90 Sekunden das Wort. Bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Jasper, vielen Dank für die sachlichen Hinweise. Allerdings bin ich schon sehr erstaunt, dass Sie hier einen Änderungsantrag einbringen, der 1 : 1 Ihrem Änderungsvorschlag im Sozialausschuss entspricht. Ich bin deshalb so erstaunt, weil schon im Sozialausschuss vom Sozialministerium und vom GBD darauf hingewiesen wurde - wenn wir das sagen, muss das ja nicht stimmen -, dass Ihre Punkte 2 bis 6 sämtlich im Gesetz enthalten sind. Das gilt jetzt auch. Insofern hätten Sie das hier nicht vortragen müssen. Das ist erledigt.
Anschließend haben Sie den Punkt 1 mit der organisatorischen Trennung fabriziert, und zwar so, wie es die kommunalen Spitzenverbände wollen. Aber es kann doch nicht unser gemeinsamer Wille sein, dass Betreiber sozusagen dazu übergehen müssen, einen zweiten Eingang zu schaffen, einen zweiten Fahrstuhl einzubauen, damit die oberste Etage erreicht werden kann, oder eine betreute Wohneinrichtung im Garten nicht organisatorisch mit der zentralen Einrichtung verbinden zu dürfen, weil ansonsten nicht klar ist, was räumlich zusammenhängt.
Darüber haben wir im Ausschuss in der Tat lange geredet. Das ist genau das, was die Menschen wollen. Sie wollen die Sicherheit einer Einrichtung im Rücken haben. Deshalb gehen sie in solche Einrichtungen. Wenn wir denen und den Betreibern die Chance nehmen, dann tun wir weder den Pflegebedürftigen in spe noch den Betreibern auch nur ansatzweise einen Gefallen, die gehen dann nämlich pleite. Deshalb verstehe ich die Dickköpfigkeit der CDU an dieser Stelle überhaupt nicht. Sie ist völlig sachfremd.
Das geht nicht mehr, das Mikrofon ist abgeschaltet. Die Regelung gilt für alle. Ich weise darauf hin. - Der Kollege Jasper möchte antworten. 90 Sekunden. Bitte!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Schwarz, es ist nicht so, dass wir als CDU das nur deshalb vorgebracht haben, weil die kommunalen Spitzenverbände dieser Auffassung sind. Nein, auch die privaten Anbieter sehen das so und haben uns gesagt, dass sie dort eine solche Vorschrift brauchen.
Wir meinen, dass das eine zusätzliche Sicherung ist, um zu verhindern, dass Heime in ambulant betreute Wohngemeinschaften umgewandelt werden. Wir haben lange darüber diskutiert, und wir haben unterschiedliche Ansichten. Das ist nun einmal so.
Ich weise noch einmal auf den § 5 hin. Auch dazu haben wir gesagt, dass es sinnvoll ist, dort Erleichterungen zu schaffen. Ich habe es sehr bedauert, dass Sie überhaupt nicht auf unsere Vorschläge eingegangen sind, dass eine Einigung überhaupt nicht möglich war. Aber das ist eben so, und dann ist es auch richtig, dass man die unterschiedlichen Positionen hier im Plenum darstellt.
Vielen Dank, Herr Jasper, für die Erwiderung. - Es geht im Rahmen der Debatte jetzt weiter mit dem Beitrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Das Wort hat der Kollege Thomas Schremmer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch ich möchte mich erst einmal für die sehr intensive Befassung bedanken. Es war für mich neu, dass das in einer solchen Konsequenz im Sozialausschuss passiert ist. Vielen Dank dafür.
Wir haben ja bereits in der letzten Legislaturperiode einen Gesetzentwurf vorgelegt, der die Entstehung von alternativen Wohnformen fördern und damit das größtmögliche Maß an Selbstbestimmung für alte und kranke Menschen herstellen sollte. Insofern ist es sehr erfreulich, dass wir heute die Novelle des Niedersächsischen Heimgesetzes schlussberaten und diese Aspekte aufgreifen.
Das Niedersächsische Heimgesetz unterscheidet zwischen Heim und nicht Heim. In den letzten Jahren ist die Nachfrage nach alternativen Wohnformen zur maximalen Selbstbestimmung deutlich angestiegen. Der Kollege Schwarz hat es schon gesagt: Das klassische Pflegeheim, das zwar auch Sicherheit bietet, aber weniger Raum für Selbstbe
stimmung eröffnet, ist nicht mehr die Versorgungsform, die sich die Menschen wünschen. Insofern ist es richtig, dass wir dieser Nachfrage mit diesem Gesetz auch nachkommen.
Das wird schon an der Überschrift deutlich. Es geht um unterstützende Wohnformen. Auch daran kann man erkennen, um welche Vielfalt es geht.
Ich finde es auch richtig, den rechtsfreien Raum, in dem sich einige Einrichtungen befunden haben, aufzulösen. Das zu unterlassen, ginge am Bedarf vorbei.
Das Gesetz über unterstützende Wohnformen bezieht auch die Möglichkeiten ambulant betreuter Einrichtungen mit ein. Alte und kranke Menschen werden in Zukunft die Wahl haben, welche Versorgungsformen für sie die richtige ist, und sie werden deutlich mehr Wahlmöglichkeiten haben als Heim oder nicht Heim.
Wir haben auch die Mitbestimmungsmöglichkeiten der Bewohnerinnen und Bewohner gestärkt, und zwar durch Heimbeiräte, Wohngruppenräte und vergleichbaren Gremien.
Darüber hinaus war es uns Grünen ein besonderes Anliegen, bei den unterstützenden Wohnformen Verbesserungen in der Palliativversorgung einzubeziehen. Das war in der Vergangenheit möglich, aber wie uns berichtet worden ist, ist davon selten Gebrauch gemacht worden. Ich möchte betonen, dass dies ein sehr bedeutender Beitrag zu mehr Selbstbestimmung ist.
Insgesamt erfüllt dieses Gesetz die meisten aktuellen Anforderungen im Bereich der unterstützenden Wohnformen. Es ist ein herausragendes Gesetz, das wir heute, wie ich von Herrn Jasper gehört habe, mit allseitiger Zustimmung verabschieden wollen.
Ich komme nun noch zu den Punkten, die Sie angesprochen haben, Herr Jasper. Dabei bitte ich zu berücksichtigen, dass ich heute als Vertreter von Frau Polat am Rednerpult stehe. Allerdings habe ich die Diskussionen um die Fragen, die Sie mit Ihrem Änderungsantrag aufwerfen, im Ausschuss mitgehört und habe mir auch das Protokoll angesehen.
Sowohl der GBD als auch das Ministerium haben im Ausschuss gesagt, dass Ihre Änderungsvorschläge unter den Nrn. 2 bis 6 im Prinzip schon im Gesetz enthalten sind. Sie sind dort vielleicht nicht in Wort und Schrift enthalten, aber man kann sie aus dem Gesetz herauslesen.
Zu Nr. 1 teile ich die Meinung des Kollegen Schwarz. Auch ich finde, dass wir keine organisatorischen Hürden aufbauen sollten, mit denen das, was wir eigentlich wollen, nämlich ambulant betreute Wohnformen zu stärken, wieder behindert wird.
In Sachen Heimpersonalverordnung haben wir unterschiedliche Konstellationen. In den Heimen gibt es beständig Fachkräfte, dort hat man also einen größeren Personalstamm. In den ambulant betreuen Wohnformen hingegen gibt es zwar eine Präsenzkraft, aber die Facharbeit wird von Fachkräften ambulanter Dienste erledigt. Darauf die Heimpersonalverordnung anzuwenden, halte ich für schwierig. Ich meine, dass das Gesetz hier den bestehenden Anforderungen Genüge tut.
Lassen Sie mich dann einen Satz zur Doppelzimmerbelegung sagen. Die Frage der Unterbringung von Transferleistungsempfängern haben wir schon vor fünf Jahren diskutiert, aber nicht geregelt. Es ist auch keine Seltenheit, dass Menschen aus Kostengründen gegen ihren Willen in Doppelzimmern untergebracht werden. Das verstößt aus meiner Sicht aber gegen die Würde des Menschen. Deswegen finde ich es richtig, dass wir im Gesetz verortet haben, dass diesem Wunsch- und Wahlrecht der Betroffenen insbesondere durch die Kommunen nachgekommen wird. Auch das ist insgesamt eine Verbesserung.
Zum Schluss möchte ich mich für die intensiven Beratungen bedanken. Wir haben stundenlang, auch mit der Opposition, über einzelne Gesetzespassagen diskutiert. Das war sehr anregend, aber das tun wir im Sozialausschuss oft so. Vielen Dank dafür. Ich finde, wir machen heute ein gutes Gesetz, und ich bitte um Ihre Unterstützung.
Vielen Dank, Herr Schremmer. - Auch auf Ihre Rede hin gibt es eine Wortmeldung zu einer Kurzintervention. Herr Kollege Jasper von der CDU-Fraktion, Sie haben für 90 Sekunden das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Schremmer, es ist richtig, dass das alles schon in § 5 geregelt ist. Das haben wir auch nie bestritten. Uns geht es aber darum, die Bestimmungen zu erleichtern. Sie sollen dort nicht so scharf gelten, eben damit solche Wohnformen gefördert werden. Das ist unser Ziel.
Zur Heimpersonalverordnung möchte ich sagen: Wenn Fachkräfte geschickt werden, ist alles in Ordnung. Aber das wollen wir eben auch sicherstellen. Darum haben wir diesen Änderungsantrag eingebracht.
Zum Stichwort Einzelzimmer: Wir stimmen dem Gesetz so zu. Das finden wir auch gut. Wir enthalten uns nur bei dem Antrag der Stimme.