Protokoll der Sitzung vom 07.06.2016

Wenn hier jemand Scheuklappen hat, dann Sie, wenn Sie Sicherheit so definieren, wie Sie es machen. Bei uns gehen Sicherheit und Gefahrenabwehr vor. - Das dazu.

Noch ein ganz anderer Punkt: Sie alle wissen, dass morgen Mittag der Ausschuss zur Kontrolle besonderer polizeilicher Datenerhebung tagt und dass das Parlament auch bezüglich der Erhebung der Bestandsdaten eingebunden ist, dass wir also wirklich Instrumente haben, um das weiter zu kontrollieren.

Ansonsten freue ich mich auf Ihre - hoffentlich konstruktiven - Beiträge, wenn wir das neue Gefahrenabwehrgesetz beraten, und hoffe, dass Sie sich fachlich wirklich schlaumachen und nicht nur auf einzelne Stellungnahmen hören. Das bedeutet nämlich, Scheuklappen zu tragen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Es antwortet Ihnen Frau Kollegin Jahns. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Kollegin Janssen-Kucz, ich glaube nicht, dass Sie uns hier Belehrungen erteilen müssen, wie die innere Sicherheit in Niedersachsen zu gewährleisten ist.

(Beifall bei der CDU)

Denn gerade Sie sind es gewesen, die immer wieder gefordert hat, der Verfassungsschutz solle in seinen Aufgaben beschränkt und in seinen Möglichkeiten geschmälert werden. Sie als Grüne wollten den Verfassungsschutz sogar abschaffen. Insofern sollten Sie mit solchen Äußerungen ein bisschen vorsichtig sein.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der FDP)

Wir werden morgen noch genügend Gelegenheit haben, darüber zu diskutieren, welche Einschränkungen Sie der niedersächsischen Polizei in den letzten Monaten aufgebürdet haben. Ich denke, dazu wird die Polizei auch noch einige Takte sagen können.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. - Nun hat für die SPD-Fraktion Herr Kollege Watermann das Wort. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir reden hier über Bestandsdaten, über eine Verlängerung, und wir reden darüber, dass es eine sehr komplizierte und - ich finde, zu Recht - sehr kritische Debatte darüber gibt, wie man zwischen der Frage der Sicherheit und dem Schutz der persönlichen Daten abwägt.

Es ist klug, dass man das genau ausjustiert. Wer erleben will, wie kompliziert und schwierig Materie sein kann und auf welch hohem Niveau man darüber beraten kann, den lade ich ein, die Beratungen zum Verfassungsschutzgesetz zu begleiten; denn dabei kann man das hautnah erleben. Dabei sieht man auch, wie sich alle Fraktionen sehr ernsthaft mit diesem Prozess auseinandersetzen.

Herr Kollege Oetjen, es ist richtig, dass man das Gefahrenabwehrgesetz sehr gründlich vorbereitet und sehr sorgsam guckt, wozu es Urteile des Bundesverfassungsgerichtes gibt. Das Ergebnis der Suche hatte zur Folge, dass zum Verfassungsschutzgesetz in erheblichem Umfang Debatten geführt wurden und dass zu Recht fertige Ergebnisse noch einmal überprüft werden müssen, bevor sie ins Plenum eingebracht werden, Frau Kollegin Jahns, und dass noch einmal geprüft wird, ob man sich im Gleichschritt mit dem jüngsten Urteil des Bundesverfassungsgerichtes befindet. In diesem Zusammenhang werden wir das ganz genau ausloten.

Ich glaube, dass es gut ist, dass man dabei seine Position immer wieder neu einjustiert. Die FDPFraktion hat das getan. Wenn ich mir den Wortbeitrag des früheren Koalitionspartners dazu vergegenwärtige, dann stelle ich fest, dass man sich hierzu gegenseitig knallende Ohrfeigen verpasst hat. Auch wir ringen in der Koalition um ganz bestimmte Punkte. Auch die momentanen Gefahrenlagen müssen immer wieder in die Entscheidungen mit einfließen.

Frau Kollegin Jahns, es ist ganz gut, dass man nicht benotet wird, wenn man hier vom eigentlichen Diskussionspunkt abschweift. Ich rate dringend davon ab, jetzt schon über ein Gesetz zu sprechen, an dem noch gearbeitet wird. Ich glaube, es ist klug und für uns alle besser, wenn wir unsere Kraft auf das konzentrieren, was gerade zu beraten ist. Wir sind jetzt gut in der Zeit. Deshalb kann man das relativ gut machen.

Außer der FDP-Fraktion finden wir alle das, was wir hier zu beschließen haben, richtig. Wir glauben, dass das ein kluges Instrument ist. Wir sind aber auch der Meinung, dass man immer wieder genau gucken muss, wo die Grenzen der persönlichen Freiheit und der Frage der Sicherheit sind. In Bezug auf die Polizei sind die Bestandsdaten aus meiner Sicht etwas sehr Wesentliches, weil man mit ihrer Hilfe Leben von Personen schützen kann, die etwas ankündigen oder die vermisst sind. Ich glaube, dass das ein kluges Instrument ist. Bestandsdaten sind ein Instrument, das auch der Verfassungsschutz benötigt. Da muss man sich aber, glaube ich, noch einmal die Eingriffsschwellen angucken. Das werden wir tun.

Was die Entfristung angeht, ist die abschließende Beratung des Verfassungsschutzgesetzes doch absehbar. Aufgrund der Erfahrungen, die wir bei der Beratung des Verfassungsschutzgesetzes gesammelt haben, wird die Beratung des Gefahrenabwehrgesetzes wohl zügiger gelingen können. Wenn man an solchen Sitzungen teilnimmt und das Pingpongspiel derer, die die Beratungen auf allen Ebenen fachlich begleiten - der Juristen, die Recht studiert haben -, beobachtet, sieht man, dass dadurch in erheblichem Umfang die Geschwindigkeit aus der Beratung herausgenommen wird. Ich hoffe, dass diese Entschleunigung bei der Beratung des Gefahrenabwehrgesetzes nicht in dieser Intensität eintreten wird.

Wir stimmen dieser Regelung zu. Sie ist gut für die Menschen. Im Übrigen möchte ich deutlich sagen: Die niedersächsische Polizei macht ihre Arbeit gut.

Man muss nicht jedes Ereignis hier zu einem Skandal hochstilisieren. Sie sollten gelegentlich darüber nachdenken, wie man Arbeitsbelastungen bei der Polizei mit anderen einem Parlament zur Verfügung stehenden Instrumenten etwas reduzieren könnte.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Watermann. - Für die Landesregierung hat nun Herr Innenminister Pistorius das Wort. Bitte!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Bestandsdatenauskünfte, um die es bei diesem Gesetzentwurf geht - um nichts anderes geht es -, sind für die Arbeit der Sicherheitsbehörden von zentraler Bedeutung. Das Instrument dient nämlich unmittelbar dem Schutz von Menschen. Deshalb wollen wir die entsprechenden gesetzlichen Regelungen nunmehr auf eine dauerhafte und damit unbefristete Rechtsgrundlage stellen.

Sie alle kennen die Hintergründe. Es ist mehrfach beschrieben worden, dass wir sie zweimal befristet haben. Die Befristung war aus den eben beschriebenen Gründen sinnvoll, aber auch weil es uns erforderlich erschien, die einzelnen Befugnisse daraufhin genau zu prüfen, inwieweit sie uns wirklich nutzen.

Ich füge hinzu: An eine Aussage meinerseits oder des Innenministeriums, eine schriftliche Evaluation mit Abschlussbericht zu erstellen, kann ich mich nicht erinnern. Es ging immer darum, dass wir unsere Arbeit mit diesem Instrument überprüfen und dann zu einem Ergebnis kommen. Das Ergebnis lautet entweder „Ja, wir wollen eine dauerhafte Regelung, die wir dem Parlament vorschlagen“ oder „Nein, wir halten es nicht für erforderlich oder verhältnismäßig, und dann schlagen wir es nicht vor“. Wir sind völlig unzweideutig zu dem ersten Ergebnis gelangt. Deswegen haben wir diesen Gesetzentwurf in das Hohe Haus eingebracht.

Diese Befugnisse sind für unsere Sicherheitsbehörden in den vielen verschiedenen Fällen von zentraler Bedeutung und wichtig. Dazu gehören beispielsweise Suizid- und Vermisstenfälle, aber auch verschiedene Bedrohungslagen. Wenn z. B.

Gefahrenverursacher elektronische Kommunikationsmittel besitzen und damit kommunizieren, können die Bestandsdaten zu einer erfolgreichen Lagebewältigung beitragen. Wir erleben das täglich in ganz Europa. Die Daten sind eine wichtige Basis, um z. B. Personen oder Aufenthaltsorte zu ermitteln, um Gefahrenanzeigen zu verifizieren und zu überprüfen oder um Gefahrenorte oder -quellen auszumachen. Auf diesem Wege können teilweise sogar innerhalb kürzester Zeit überlebenswichtige Hinweise überliefert werden.

Auch für den Bereich des Verfassungsschutzes sind die Daten überaus hilfreich. Sie sind ein wesentlicher Ausgangspunkt, um Strukturermittlungen zu relevanten Personen und Gruppierungen zu ermöglichen, insbesondere zu deren Vernetzung untereinander. Auch im Vorfeld von Maßnahmen nach dem Artikel-10-Gesetz sichert eine Bestandsdatenabfrage die Zielgenauigkeit dieser Angriffe und wahrt damit das Prinzip der Verhältnismäßigkeit. Ich möchte gleichzeitig betonen, dass Polizei und Verfassungsschutz von diesem Instrument in der Vergangenheit verantwortungsvoll und maßvoll Gebrauch gemacht haben und dies auch heute tun, gerade auch vor dem Hintergrund der Verhältnismäßigkeit.

Auch im Hinblick auf die Häufigkeit der Abfragen - auch das ist bereits beschrieben worden - wurde sehr genau zwischen der unterschiedlichen Eingriffsintensität der Befugnisse differenziert. Ich bin deshalb davon überzeugt, dass dieser Gesetzentwurf richtig und notwendig ist, und freue mich über die breite Zustimmung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. - Ich kann die allgemeine Beratung schließen.

Wir kommen zur Einzelberatung. Ich rufe auf:

Artikel 1. - Unverändert.

Artikel 2. - Unverändert.

Gesetzesüberschrift. - Unverändert.

Wir kommen zur Schlussabstimmung. Wer dem Gesetz seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben.

(Helge Limburg [GRÜNE] - zur CDU -: Hey, ich denke, ihr seid dafür!)

Die Gegenprobe! - Enthaltungen?

(Lachen bei der SPD und bei den GRÜNEN - Helge Limburg [GRÜNE]: Chaos bei der Opposition!)

Ich stelle fest: Mit Zustimmung der SPD-Fraktion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

(Christian Dürr [FDP]: Wir waren voll dagegen!)

bei Ablehnung der Fraktion der FDP und Nichtbeteiligung der CDU-Fraktion ist dieses Gesetz mit Mehrheit angenommen.

(Beifall und Lachen bei der SPD und bei den GRÜNEN - Unruhe)

- Ich bitte um Ihre Aufmerksamkeit! - Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich würde gerne die Beratungen fortsetzen und bitte Sie um Ihre Aufmerksamkeit.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 10: Abschließende Beratung: a) Entwurf eines Niedersächsischen Landesvergabegesetzes (LVergabeG) - Gesetzentwurf der Fraktion der FDP - Drs. 17/2153 - b) Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Tariftreue- und Vergabegesetzes - Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 17/5029 - c) Auch die Landesregierung muss sich an die eigenen Gesetze halten - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 17/2123 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Drs. 17/5808 - Schriftlicher Bericht - Drs. 17/5876 - Änderungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/5877

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Gesetzentwurf der Landesregierung mit Änderungen anzunehmen und den Gesetzentwurf und den Antrag der Fraktion der FDP für erledigt zu erklären.

Der gemeinsame Änderungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 17/5877 sieht Änderungen in Artikel 1 Nr. 10 und Artikel 2 des Gesetzentwurfs vor.