Protokoll der Sitzung vom 01.03.2018

tagspräsidenten durchgeführt. Wir sollten, finde ich, gemeinsam darüber nachdenken, ob es sinnvoll ist, dass wir die Landtagspräsidentin bitten, so etwas federführend in Auftrag zu geben

(Dirk Toepffer [CDU]: Sie kann das nicht!)

und das Innenministerium zu bitten, dabei zu unterstützen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, gerade als Rechtspolitiker möchte ich einen letzten Punkt ansprechen. Es geht hier nicht nur um historische Betrachtungen und um Aufarbeitung der Vergangenheit. Zu Recht ist angesprochen worden: Es geht bei den Opfern der DDR in der Tat um Personen, die unter uns sind und die Unterstützung brauchen. Es geht aber auch und muss auch immer um Strafverfolgung gehen. Mord verjährt in der Bundesrepublik Deutschland nicht. Es gibt immer noch zahlreiche Fälle, wie den aus meiner Sicht ungeklärten Tod des früheren Fußballers Lutz Eigendorf aus Braunschweig. Es gibt immer noch zahlreiche Fälle, in denen nie der Verdacht ausgeräumt werden konnte, dass es sich in Wahrheit um Mordfälle handelt, die durch die Stasi in Westdeutschland begangen wurden.

Ich darf daran erinnern, dass wir immer noch sehr viele nicht rekonstruierte Stasi-Akten in den Archiven haben, bei denen die Schnipsel immer noch nicht zusammengesetzt sind. Ich gebe die Hoffnung nicht auf und werde sie nie aufgeben, dass wir auch bei diesen Todesfällen noch zur Aufklärung kommen und dass wir in den Jahren 2018, 2019, 2020 oder später noch Mörderinnen und Mörder der DDR-Staatssicherheit vor Gericht einem rechtsstaatlichen Verfahren unterziehen können.

In diesem Sinne freue ich mich auf die Ausschussberatung.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP - Zustimmung von Peer Lilienthal [AfD])

Herzlichen Dank, Herr Limburg. - Für die FDPFraktion spricht jetzt Jan-Christoph Oetjen.

Verehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte mich namens mei

ner Fraktion ganz herzlich bei all denjenigen bedanken, die sich in der letzten Legislaturperiode in der Kommission eingebracht haben. Ich glaube, dass dort eine wirklich profunde Arbeit geleistet wurde.

Wenn man in den Berichten und den Stenografischen Protokollen nachliest, wie wir gemeinsam in diesem Hause über die Problematik diskutiert haben, wie in der Kommission gearbeitet wurde und wie am Ende gemeinsam der Abschlussbericht beraten und verabschiedet wurde, sieht man, glaube ich, dass es in diesem Hause eine sehr hohe Sensibilität für dieses Thema gab und dass sehr angemessen in dieser Kommission gearbeitet wurde, die damals auf Antrag der CDU-Fraktion anlässlich des 25. Jahrestags des Endes der DDR eingerichtet wurde.

Mit dem heutigen Antrag nehmen wir die Ergebnisse der Arbeit der Kommission auf und tragen diese in die neue Legislaturperiode, um die Arbeit nicht der Diskontinuität anheimfallen zu lassen. Wir greifen sozusagen aktiv den Faden auf. Aus meiner Sicht ist es genau der richtige Weg, das gemeinsam mit den Fraktionen zu tun, die in der Kommission in der letzten Legislaturperiode mitgearbeitet haben. Insofern sage ich noch einmal allen Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Fraktionen ganz herzlichen Dank, die mitgemacht haben, dass wir diesen gemeinsamen Antrag heute hier einbringen. Ich glaube, wir beschreiten damit genau den richtigen Weg.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Ich will nicht das viele Richtige, das schon von Frau Dr. Lesemann, von Volker Meyer und auch von Helge Limburg gesagt wurde, an dieser Stelle wiederholen, sondern möchte mich ein Stück weit auf das beziehen, was die Kollegin Almuth von Below-Neufeldt, die in der letzten Legislaturperiode für meine Fraktion in der Enquetekommission mitgearbeitet hat, bei der Beratung des Abschlussberichts gesagt hat:

Wir dürfen die Mauertoten, die Tatsache, dass es keine Meinungsfreiheit gab, dass es politische Häftlinge gab, dass Menschen bespitzelt und drangsaliert wurden, niemals vergessen. Das Unrecht der DDR, meine sehr verehrten Damen und Herren, darf niemals vergessen werden.

Diesen Appell, den Almuth von Below-Neufeldt in der Debatte ausgesprochen hat, müssen wir an dieser Stelle noch einmal verinnerlichen. Ich möch

te ihn an dieser Stelle bestärken, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Halten wir uns einmal vor Augen, dass in diesen Jahren Kinder geboren werden, deren Eltern schon die DDR nicht mehr gekannt haben! Ich habe vorhin darüber nachgedacht und mir gesagt: Mensch, diejenigen, die jetzt Abi machen, die ihr Studium beendet haben, haben die DDR nicht mehr gekannt, und auch diejenigen, die jetzt Eltern werden, haben teilweise die DDR nicht mehr gekannt

(Zuruf von der CDU)

- es kommt natürlich auf das Alter an - oder zumindest nicht mehr bewusst erlebt.

Was ich damit sagen möchte, ist, dass wir ein Stück Erinnerungskultur, womit wir in Deutschland ja eine gute Tradition haben, auf die DDR stärker ausweiten und fördern müssen, dass wir die Schülerinnen und Schüler in Niedersachsen in die guten Gedenkstätten, die wir haben, die wir auch noch stärker fördern müssen, bringen und ihnen zeigen müssen, dass es ein geteiltes Deutschland und einen Unrechtsstaat auf deutschem Boden gegeben hat, verehrte Kolleginnen und Kollegen. Das ist wichtig, damit wir, wie Frau Dr. Lesemann es gesagt hat, Demokratie weiter in die junge Generation tragen können und sie weiter für uns erkämpfen können.

Ich glaube, dass auch wichtig ist, dass wir die Forschung vorantreiben. Es ist vieles noch nicht aufgeklärt, was damals in der DDR und durch die Stasi betrieben wurde. Ich denke, dass das Verbundprojekt ein guter Ansatz ist und wir hier die Forschung vorantreiben sollten.

In diesem Sinne freue ich mich auf die Ausschussberatung und bedanke mich über die sehr angemessene Diskussion hier in diesem Plenum.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN sowie Zustimmung von Klaus Wichmann [AfD])

Vielen Dank, Herr Oetjen. - Jetzt hat sich für die AfD-Fraktion Herr Christopher Emden gemeldet.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist schon mehrfach angeklungen, und ich möchte da gleich noch einmal nachhaken, auch im Hinblick auf die junge Generation, auf die jungen Menschen, die dort oben auf der Tribüne sitzen. Es ist erst knapp drei Dekaden her, da gab es in Mitteleuropa noch eine menschenverachtende Diktatur hier auf deutschem Boden. Für die junge Generation ist das heute kaum mehr vorstellbar. Ich erinnere es auch lediglich noch als Kind, ich erinnere noch die bedrückenden Grenzkontrollen, aber auch das Gefühl der allgegenwärtigen Angst der Menschen in der DDR vor staatlichen Repressalien.

Die Staatssicherheit, sehr geehrte Damen und Herren, war ein Eckpfeiler dieser Diktatur und ein Garant dafür, dass die DDR 40 Jahre überdauern konnte. In ihr versinnbildlicht sich quasi der Schrecken der DDR-Herrschaft. Und da die Staatssicherheit auch in der damaligen Bundesrepublik beträchtliche Aktivitäten entfaltet hat, ist es völlig richtig, ihre Machenschaften hier in Niedersachsen aufzuarbeiten. Die AfD unterstützt das ausdrücklich. Sie hätte sich gefreut, wenn sie mit in den Antrag der übrigen Fraktionen hätte aufgenommen werden können, um damit auch noch mal ein Zeichen in diese Richtung zu setzen.

(Beifall bei der AfD)

Zwei Aspekte möchte ich in dem Zusammenhang noch besonders hervorheben: vor allem eine jugendgemäße Ausgestaltung - das wird auch von der Kommission gefordert; das halte ich für besonders wichtig; das halte ich für unabdingbar notwendig -; denn die junge Generation - wir haben es eben schon mehrfach gehört - kann nicht mehr auf eigene Erinnerungen zurückgreifen, wenn es um die DDR geht. Sie braucht also z. B. Erinnerungsstätten, Gedenkstätten, Ausstellungen, um das Spüren des Wirkens des DDR-Unrechtsregimes erfahren zu können.

Generell gilt hierbei meiner Meinung nach: Nicht die Quantität von Erinnerungsstätten bestimmt eine Erinnerungskultur und deren Wirkung, sondern die Qualität. Lieber ein paar weniger, dafür aber wirklich so ausgestattet, dass sie die junge Generation wirklich die DDR erfahren lassen.

Wir können aber über die Empfehlungen der Enquetekommission zur Wahrung der Demokratie und zum Schutz vor neuerlicher Diktatur weit hinausgehen. Das fängt bereits bei der Verbesserung

der politischen Kultur an, meine Damen und Herren. Um diese ist es nämlich nicht gut bestellt. Wir befinden uns zunehmend in einer Phase, in der die freie Meinungsäußerung faktisch eingeschränkt wird, sobald sie nicht zu dem passt, was dem politischen Establishment gefällt.

(Beifall bei der AfD)

Fragen Sie mal die Bürger dieses Landes, die nicht parteipolitisch organisiert sind. Viele Menschen beklagen, dass sie ihre Meinung nicht mehr frei äußern dürfen, dass sie ausgegrenzt werden, sobald sie Dinge hinterfragen, sobald sie anders denken, als dies von etablierten Parteien gewollt und ihnen vorgegeben wird.

Eines müssen Sie bitte mal begreifen: Eine Demokratie ist bloß so kräftig, wie die demokratisch legitimierte Mehrheit abweichende Meinungen zulässt und sie in den politischen Diskurs mit aufnimmt.

Tut die Mehrheit dies nicht und grenzt sie Andersdenkende aus, dann ist das der erste Schritt dahin zurück, wo wir im 20. Jahrhundert in Teilen unseres Landes sogar schon zweimal waren. Den aufkommenden antidemokratischen Tendenzen in diesem Land die Stirn zu bieten, ist unser aller Aufgabe und für mich maßgeblicher Antrieb für mein Engagement.

(Wiard Siebels [SPD]: Antidemokrati- sche Tendenzen! Das stimmt!)

- Dass gerade Sie hier Zwischenrufe machen, erstaunt insofern, als gerade bei Ihnen doch ein gewisser fader Beigeschmack im Zusammenhang mit der Staatssicherheit vorherrscht.

(Wiard Siebels [SPD]: Wie bitte? Wem gegenüber? Bei mir oder bei uns? - Weitere Zurufe)

- Bei der SPD, nicht bei Ihnen persönlich.

(Wiard Siebels [SPD]: Das wollte ich wissen!)

Man muss sich nur einmal überlegen, dass in der Wiedervereinigungsphase durchaus aktive SPDMitglieder,

(Ulrich Watermann [SPD]: Wer alte Nazis im Rucksack hat, der sollte hier nicht - - -)

die in hohe Führungspositionen gekommen sind, in der Staatssicherheit waren und dass Sie auch heute mit Organisationen agieren, in denen frühere Mitarbeiter der Staatssicherheit den Ton angeben,

(Wiard Siebels [SPD]: Vielleicht gu- cken Sie gelegentlich mal selbst, mit welchen Organisationen Sie agieren! „Identitäre Bewegung“ sage ich nur!)

wie z. B. Frau Kahane in der Amadeu Antonio Stiftung, deren Schirmherr Wolfgang Thierse ist. Das - das muss ich ganz ehrlich sagen - erstaunt mich.

Letzter Satz, Herr Emden, und etwas mehr Ruhe!

Ich frage mich, wie Sie damit ins Reine kommen.