Protokoll der Sitzung vom 18.04.2018

Dritte Erkenntnis: Datenmengen müssen nicht nur aufbewahrt und wiedergefunden werden. Das Beste wäre, man wüsste in etwa, was im jeweiligen Dokument überhaupt steht. Die Suche mit Hilfe von Schlagwörtern ist da ein erster Schritt, Licht ins Dunkle der digitalen Datenberge zu bringen. Noch besser wäre es, es gäbe eine Wertung der Dokumentinhalte anhand der Sprache. - Digitalisierung mit Sinn und Verstand!

Genau das haben die Mitarbeiter des IWW als Nächstes in Angriff genommen. Wo man schon einmal dabei war, sich sinnvoll mit wissenschaftlichen Daten zu beschäftigen, lag eine linguistische Analyse auf der Hand. Anhand der verwendeten Sprache kann man offenbar zum Teil eine Gewichtung der Argumente vornehmen. Einfach gesagt: Es ist mehr als ein kleiner Unterschied, ob ich Indikativ oder Konjunktiv benutze, ob ich etwas tue oder es nur täte. - Digitalisierung mit Sinn und Verstand!

Nun steht das IWW vor zwei Herausforderungen. Zum einen fehlt noch ein überschaubarer Teil der Asse-Akten. Sie müssen noch erfasst und analysiert werden. Dafür müsste die Förderung bis zum Ende dieses Jahres fortgesetzt werden. Zum anderen ist die Forschung gerade im Bereich dieser linguistischen Analyse noch lange nicht abgeschlossen. Da die Ergebnisse aber auch für viele andere wissenschaftliche Disziplinen großen Sinn machen, wäre eine weitere Förderperiode für dieses Institut in Goslar sehr, sehr wünschenswert.

Wir sollten uns alle darum bemühen, dass diese Arbeit fortgesetzt werden kann; denn so macht Digitalisierung auch Sinn.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung von Frank Oesterhelweg [CDU])

Vielen Dank, Frau Schütz. - Für die AfD-Fraktion hat sich Stefan Wirtz zu Wort gemeldet.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das IWW, wie schon mehrfach erwähnt, besteht seit 2013. Es war aufgesetzt für einen Zeitraum von fünf Jahren und würde im Sommer die Arbeit beenden.

Nun, das tut es nicht. Es ist mit seiner Arbeit nach fünf Jahren noch nicht fertig. Offensichtlich sind Hunderttausende von Aktenblättern auszuwerten gewesen. Die Analysesoftware arbeitet noch, und sie soll auch noch weiter arbeiten - bis zum Ende des Jahres, haben wir gerade gehört.

Es wäre praktischer gewesen, wenn Sie Ihren Antrag auch entsprechend formuliert hätten. Denn die zwei dürren Zeilen, die Sie da beschließen lassen wollen, sehen keine periodenartige Begrenzung vor, sondern sie führen das Ganze unbegrenzt weiter. Und das Institut soll dann offensichtlich auch weiterhin werkeln. Das ist erst einmal natürlich etwas Gutes. Allerdings weiß ich nicht, ob Sie das der Bundesebene so schmackhaft machen können, wenn Sie hier von einem halben Jahr reden, gleichzeitig aber eine unbegrenzte Erweiterung beantragen.

Die Wissensanalyse und Wissenssynthese per Software ist sehr interessant. Offensichtlich lässt sie sich auch auf andere Methoden und für andere Bedarfe anwenden. Hier geht es aber darum, dass die komplette Softwarelösung noch nicht endgültig läuft, noch nicht komplett abgeschlossen ist. Das halbe Jahr Arbeit verlängert sich dann hoffentlich nicht. Daran, dass wir das jetzt eilends beschließen sollen, ist aber auch zu sehen, dass Ihnen die Zeit wegläuft.

In Ihrer Begründung taucht „Tradierung des Wissens“ auf. Das ist einer der wenigen konkreten Aufträge, die das Institut in Zukunft bewältigen soll. Die Aufarbeitung der Historie, wie Herr Oesterhelweg gesagt hat, kann es ja allein nicht sein. Stattdessen steht im Kleingedruckten, dass die Aufarbeitung dieser Akten eine bessere und weitere Endlagersuche ermöglichen und sozusagen von null an sinnvoll wieder aufsetzen soll. Aber dann wäre es natürlich auch sinnvoll, bei diesem Antrag das zu machen, was man machen sollte: Nämlich eine Entschließung mit Sinn und Verstand hineinzuschreiben und nicht so einen pauschalen Allgemeinposten.

Verstehen Sie uns nicht falsch: Wir werden zustimmen. Wir finden die Arbeit insgesamt gut und werden das mittragen.

Danke sehr.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Wirtz. - Auf Ihren Debattenbeitrag liegt eine Kurzintervention des Kollegen Oesterhelweg vor.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das waren ja schon fast wieder die üblichen Beißreflexe, die immer dann auftreten, wenn etwas kommt, was man möglicherweise selbst nicht ganz überblicken kann, weil man sich damit noch nie richtig beschäftigt hat, lieber Herr Kollege.

Ich will eines ganz deutlich sagen: Sie haben offensichtlich nicht richtig zugehört. Es geht hier um zwei Punkte. Es geht erstens darum, dass die aktuellen Arbeiten bis zum Jahresende abgeschlossen werden können, und es geht zweitens darum, dass langfristig die Arbeit, die Erkenntnisse und die Arbeitsweisen auch in anderen Bereichen genutzt werden können, aber eben auch in Bezug auf die Frage: Was passiert mit Asse II, und wie geht es mit der Endlagerung weiter? Bei der Endlagersuche können uns nämlich diese Erkenntnisse helfen. Das müssen Sie einfach einmal zur Kenntnis nehmen.

Wir haben hier gerade deshalb keinen Antrag mit einem genauem Datum gestellt, weil das in dieser Phase überhaupt nicht sinnvoll ist. Und wenn Sie wirklich nicht wissen, worum es geht, dann sollten Sie sich nicht nur diese - wie Sie gesagt haben - zwei mageren Punkte durchlesen. Manchmal macht es tatsächlich Sinn, einen Antrag inklusive Begründung bis zum Ende zu studieren. Da steht das nämlich alles drin.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Wirtz möchte erwidern.

Herr Oesterhelweg, Sie machen es sich da sehr einfach. Sie nehmen den ersten Punkt, das halbe Jahr, einfach in die pauschale Verlängerung mit auf. Und auch in Ihrer Begründung - ich könnte sie Ihnen zur Not vorlesen - werden Sie nichts von einem halben Jahr oder von „bis zum Jahresende“ finden. Es ist schön, dass Sie das zufällig mit eingefangen haben, aber davon geschrieben und darauf gezielt haben Sie nicht. Von daher wäre es sehr hilfreich, dann, wenn Sie solche Reisen nach Goslar unternehmen, alle Parteien dazu einzuladen.

(Beifall bei der AfD)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich der Kollege Stefan Wenzel gemeldet.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Damals wurde vom Parlamentarischen Untersuchungsausschuss u. a. die Bundesministerin Frau Prof. Schavan als Zeugin gehört. Frau Prof. Schavan hat im Anschluss an diese Sitzung zugesagt, sich darum zu bemühen, dass die Akten nach dem Ende des Untersuchungsausschusses zusammengeführt und dann in einer wissenschaftlichen Auswertung zugänglich gemacht werden. Und ich bin nach wie vor sehr dankbar, dass sie am Ende auch Wort gehalten hat, dass das BMBF diese Förderung auf den Weg gebracht hat, und zwar für fünf Jahre.

In diesen fünf Jahren hat sich gezeigt, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, dass das Team um Herrn Dr. Eck hier sehr wertvolle Arbeit geleistet hat. Deswegen hat es mich sehr überrascht, dass es dann plötzlich den Wunsch gab, diese Arbeit Ende Mai zu beenden. Das wäre in doppelter Hinsicht falsch; zum einen, weil die aktuellen Arbeiten dann noch nicht abgeschlossen sind, zum zweiten, weil diese Datenbasis für die künftige Endlagersuche von gewaltiger Bedeutung ist, und zum dritten, weil es darüber hinaus Sinn macht, ein Projekt aufzusetzen, das sich z. B. auch damit befasst, die Daten aus anderen Ländern - aus dem europäischen Kontext, aber möglicherweise auch darüber hinaus - ebenfalls zugänglich zu machen.

Im Endlagerbereich stellt sich die Situation leider in vielen Fällen so dar, dass sehr national geguckt und gedacht wurde. In vielen Bereichen gab es

dort nicht den intensiven internationalen Austausch im Bereich der Forschung, den man aus anderen Bereichen - z. B. der Klimaforschung - kennt. Deshalb hielte ich es für sinnvoll, diese Software, dieses Tool und auch das Erfahrungswissen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzusetzen, um hier noch ein Projekt draufzusetzen. Wir alle wissen: Das Thema Endlagerung ist noch lange nicht abgeschlossen, und wir werden auch vieles von dem, was wir an Erfahrungswissen gesammelt haben, an nachfolgende Generationen weitergeben müssen; denn es wird noch für viele Politikergenerationen nach uns eine Herausforderung sein.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Deswegen hoffe ich, dass es der Landesregierung und dem Umweltminister gelingt, die Bundesministerin - sozusagen die Nach-Nachfolgerin von Frau Schavan - zu überzeugen, dass es Sinn macht, dieses Institut an diesem Standort zu halten. Bei zwei Großen Koalitionen - in Hannover und Berlin - bin ich guter Hoffnung, dass hier überzeugende Argumente und guter Wille zusammenkommen und es uns dann auch gelingt, dieses Institut am Standort Goslar zu halten.

Wenn man sich das vor Ort anguckt - Herr Wirtz, das steht jeder und jedem offen; zu welchem Zeitpunkt auch immer -, stellt man z. B. fest, dass die Firma Burbach schon 1946 mit Laugenzuflüssen konfrontiert war, dass sie natürlich eine wissenschaftliche Expertise eingeholt hat und - oh Wunder! - festgestellt hat, dass das Wasser aus dem Deckgebirge kam. - Wenn man das gewusst hätte, hätte man viele Milliarden Euro sparen und sich auch enorme Vertrauensverluste ersparen können, die das ganze Geschehen um die Asse zur Folge hatte.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Insofern glaube ich, wir als Wissensgesellschaft tun gut daran, heute auch Wissensmanagement anders zu betreiben, als man es noch vor 40 Jahren gemacht hat, und dieses Know-how für die Zukunft fruchtbar zu machen.

Ich danke Ihnen herzlich fürs Zuhören.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Wenzel. - Jetzt hat der Umweltminister Olaf Lies das Wort. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal danke ich allen Beteiligten für diesen Antrag zur richtigen Zeit. Anders, als es zwischendurch anklang, kann ich nur sagen: Der Antrag beschreibt in den beiden Punkten, die er definiert, genau die Aufgaben, die wir jetzt haben. Ich glaube, mehr muss man dazu nicht sagen.

Es sind zu Recht viele Punkte genannt worden, die dafür sprechen, dass im Rahmen der Debatte, die wir auch bundesweit zum Thema Endlagerung haben und weiter haben werden, genau jetzt dieser Impuls genutzt werden muss, die Arbeit, die dort erfolgreich geleistet wird, fortzusetzen. Und es war auch genau richtig - danke dafür -, dass Sie vor Ort waren und sich direkt informiert haben.

Interessant ist auch: Die Endlagerkommission hat in ihrem Abschlussbericht der Sicherung von Daten, Informationen und Wissen einen hohen Stellenwert eingeräumt. Wir haben es gerade gehört: Hätte man viele Informationen nicht nur gehabt, sondern auch archiviert und - ein großer Vorteil der Arbeit dort - nutzbar gemacht - niemand will in Hunderttausenden Blättern suchen, sondern man braucht Möglichkeiten, die Informationen auf leichtem Weg zu bekommen -, hätten viele Probleme der Vergangenheit vielleicht vermieden werden können. Daher ist es von besonders hohem Wert, was dort in Goslar geleistet wird, nämlich dass dort nicht nur Wissenssicherung und Wissensschutz betrieben wird, indem man Daten vorhält, sondern dass man dort in der Lage ist, ein Tool zu entwickeln, und es auch entwickelt hat, um auf die Daten zugreifen zu können. Denn der Rest wäre nur begrenzt hilfreich und würde uns für die Zukunft nicht so viel bringen. - Dass das in einem Projekt mit neun Mitarbeitern innerhalb von fünf Jahren gelungen ist, ist übrigens ein großer Erfolg, wenn man überlegt, was ansonsten für Möglichkeiten zur Verfügung stehen.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Dafür noch einmal ein ganz großer Dank an Herrn Dr. Eck und das ganze Team, das dort wirklich hervorragende Arbeit leistet.

Meine Damen und Herren, es ist gelungen, die gesamten Unterlagen des 21. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses digital zu erfassen und zu analysieren. Noch wichtiger ist dabei viel

leicht, dass auch die verfügbaren Gutachten, Berichte und wissenschaftlichen Arbeiten zusammengetragen und archiviert und auch nutzbar gemacht werden konnten - dazu noch über 900 Forschungsarbeiten, Berichte und Gutachten.

Wir haben also heute schon einen enormen Datenbestand und ehrlicherweise - Stefan Wenzel hat es gerade in seiner Rede gesagt - auch eine Basis, um den Datenbestand darüber hinaus zu erweitern. Denn im Kern stellt sich nicht nur die Frage danach, was sich in der Asse und drum herum entwickelt hat und sich um das Thema Salzgestein dreht. Vielmehr wird insgesamt zu fragen sein: Wird es uns gelingen, an einer Stelle national oder möglicherweise sogar international in einem Vorzeigeprojekt Informationen zu bündeln und zu sammeln und damit eine Grundlage auch für die künftigen Entscheidungen zu schaffen, die wir übrigens nicht nur in Deutschland treffen müssen, sondern die weltweit getroffen werden müssen? - Wir brauchen eine Datenbasis, die an keiner anderen Stelle vorhanden ist.

Das wäre etwas, was sicherlich mit einem großen Anspruch verbunden ist. Das weiß ich. Möglicherweise ist es aber auch gut, mit einem solch großen Anspruch viele Partner zu gewinnen, nämlich alle anderen Bundesländer und den Bund, der uns dabei unterstützt, dieses Vorhaben voranzubringen.

Das, was dort gelungen ist, ist insofern wichtig, als uns das Thema Standortauswahl - ich habe es gerade gesagt - gerade für wärmeentwickelnde radioaktive Abfälle intensiv begleiten wird. Endlagerung, könnte man sagen, ist Sache des Bundes. Ich glaube aber, wir alle sind uns darin einig, dass es auch Niedersachsen betreffen wird, mindestens hinsichtlich der Frage und der Debatte. Deswegen sind gerade wir in Niedersachsen gut beraten, mit großem Nachdruck dafür zu werben und dafür zu sorgen, dass diese Arbeit in Goslar fortgesetzt werden kann und auch fortgesetzt wird.

Deshalb kann ich an dieser Stelle sagen: Wir unterstützen diesen Antrag sehr. Ich bin Ihnen sehr dankbar für diesen Antrag, und ich freue mich auch darüber, dass er jetzt zu dieser Zeit kommt; denn angesichts des Auslaufens des Förderzeitraums besteht Handlungsdruck, um dieses Forschungsprojekt, das ein sehr großer Erfolg ist, weiter voranzubringen.

Ich bin überzeugt davon, dass wir mit guten Argumenten und mit der Rückendeckung des Landtags auch in Berlin noch einmal deutlich machen kön

nen, dass es überhaupt keine Erklärung dafür geben könnte, wenn ein erfolgreiches Projekt nach Auslaufen der Projektzeit, nach fünf Jahren, in einer Phase beendet würde, in der abzusehen ist, dass wir in den nächsten Jahren Abermillionen in die Endlagersuche investieren werden und Jahrzehnte und Jahrhunderte vor uns liegen, in denen wir Milliarden in die Endlagerung investieren. Warum sollen wir nicht in der Lage sein, ein solches Projekt, das in den letzten fünf Jahren mit 7 Millionen Euro gefördert wurde, weiter zu institutionalisieren?

Ich glaube, meine Damen und Herren, wir sollten uns über Folgendes einig sein: Wir haben fünf Jahre lang ein erfolgreiches Projekt betrieben. Unser Ziel muss jetzt sein, dieses Projekt zu institutionalisieren und ein öffentlich zugängliches Institut zu schaffen, sodass diese Arbeit auf Dauer fortgesetzt werden kann. Dazu bedarf es einer staatlichen Stelle, damit wir auf die Daten zugreifen können, damit auch die öffentlichen Institutionen die Möglichkeit haben, ihre Anliegen zu übermitteln, und damit der Erfolg, der dort in den letzten Jahren erreicht worden ist, eine größere Wirkung erzielt, nicht nur für die Forschung, sondern auch für die Realität und im Hinblick auf viele Fragen, die sich stellen.