Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Wulf, gerade weil die jungen Menschen auch Praxiserfahrung in der Ausbildung haben wollen, ist in der vollzeitschulischen Ausbildung vorgesehen, dass sie im Bereich der Sozialassistenz 480 Praxisstunden pro Jahr und im Bereich der Erzieherausbildung 300 Praxisstunden pro Jahr haben.
Die Frage ist doch aber: Führt Ihr Modell tatsächlich dazu, dass es attraktiver wird, in Niedersachsen den Erzieherberuf zu ergreifen?
Ich glaube, Sie haben sich noch gar keine abschließenden Gedanken gemacht. Sie sagen, Sie wollen die Ausbildung dualisieren und aus der zweijährigen Erzieherausbildung eine dreijährige duale Ausbildung machen. Dabei verheimlichen Sie aber, dass man, um in die Erzieherausbildung zu kommen, zuvor zwei Jahre vollzeitschulisch Sozialassistenz machen muss. Wenn Sie das auch dualisieren und aus den zwei Jahren auch drei Jahre machen wollen, dann reden wir beim Erzieherberuf nicht mehr von einer vierjährigen, sondern von einer sechsjährigen Ausbildung. Und da sage ich Ihnen, Frau Wulf: Das wird für die jungen Menschen keine attraktive Berufsausbildung sein.
Also rütteln Sie doch nicht um des Prinzips willen an einem System, das aktuell 14 000 Schülerinnen und Schüler in die Ausbildung bringt, sondern gucken Sie sich einfach einmal an, woran es liegt, dass wir junge Menschen nicht für die Ausbildung begeistern können. - Das liegt am Schulgeld, das liegt an der Ausbildungsvergütung!
Bekämpfen Sie diese Ursachen, aber führen Sie bitte keine Phantomdebatten über die Ansichten der Freien Demokraten zur dualen Berufsausbildung! Wir begrüßen die duale Ausbildung nach wie vor, aber wir müssen nun einmal schauen, was
das Klügste für unser Land ist, um den Fachkräftemangel in den Kindertagesstätten zu beheben. Aber darauf, Frau Wulf, geben Sie leider nicht die richtigen Antworten.
Vielen Dank, Herr Kollege Försterling. - Wir setzen die Beratung fort. Nun hat das Wort Frau Fraktionsvorsitzende Anja Piel für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach dem Schulgesetz will die GroKo jetzt auch ein KitaGesetz im Schweinsgalopp durch den Landtag bringen. Und bei all den schönen Worten, Frau Wulf, die Sie hier zum Wert und zur Wichtigkeit von Familien gesagt haben, glaube ich nicht, dass die Kommunalpolitik schon Ihre Stärke ist.
„Eile vor Sorgfalt“ scheint das Motto der GroKo für die Bildungspolitik in dieser Wahlperiode zu sein. Von Qualität bzw. von mehr Qualität kann bei Ihrem Modell keine Rede sein. Sie werden Chaos in die Kitas tragen.
Kinder - darüber sind wir uns hier im Hause doch alle einig - brauchen Menschen, die ihnen als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Die Eltern und auch die Erzieherinnen und Erzieher warten seit Jahren - - -
- Frau Wulf, es wäre gut, wenn Sie an dieser Stelle zuhören. Es geht um eine Initiative, die uns 2013 bewegt hat und die Sie vielleicht nicht kennen. Zu dieser Zeit haben sich Eltern und Erzieher gewünscht, dass wir flächendeckend eine dritte Kraft einrichten. Sie haben sich gewünscht, dass Erzieherinnen und Erzieher für ihre Aufgaben in den Kitas deutlich mehr Zeit bekommen. Dafür hat die Kindertagesstätten-Offensive mehr als hunderttausend Unterschriften gesammelt.
Aber obwohl SPD und CDU das genauso gut wissen wie wir, findet sich von diesen Forderungen, die damals gestellt worden sind, nichts in Ihrem Gesetzentwurf. Dieser Gesetzentwurf wird am Ende des Tages zu einer großen Enttäuschung für die Eltern und für die Erzieherinnen und Erzieher
Sie beschränken sich an dieser Stelle darauf, die Elternbeiträge abzuschaffen und die Sprachförderung vor der Einschulung auf die Kindertagesstätten zu übertragen. Das wird die Eltern, wenn sie es hören, sicherlich erst einmal freuen. Und ich sage Ihnen ganz ehrlich: Auch wir finden beide Maßnahmen richtig. Es ist ein richtiger Schritt, allerdings hätte es der zweite Schritt sein müssen. Denn zuerst wäre es notwendig gewesen - und das ist es nach wie vor -, die Qualität zu verbessern.
Sie können jetzt viel über den Wert von dualen Ausbildungen reden. Ich bin auch durch eine duale Ausbildung gegangen, und ich wertschätze dieses System sehr. Aber das, was den Erzieherinnen und Erziehern in den Kindergärten nützt, sind vor allen Dingen mehr Menschen an ihrer Seite, größere Teams und mehr Zeit für ihre Aufgaben.
Sie haben sich auch ein bisschen vorschicken lassen; denn Sie versprechen mehr, als Sie halten können. Bei den Kosten hat sich diese Landesregierung in den letzten Wochen erheblich verkalkuliert. Das war an den Auseinandersetzungen mit den Spitzenverbänden sehr gut zu erkennen. Mich wundert ein bisschen, dass jemand, der aus der Wirtschaft kommt, an dieser Stelle denjenigen Teil der Wahrheit weglässt, der damit zu tun hat, dass das alles nicht durchgerechnet ist.
Sie sollten den Eltern an dieser Stelle die Wahrheit sagen. Abgeschafft werden die Elternbeiträge nur für die drei- bis sechsjährigen Kinder. Für Krippenplätze und Plätze in der Kindertagespflege werden die Eltern auch weiterhin bezahlen müssen, Frau Wulf. Kostenfreie Bildung von Anfang an ist das noch lange nicht.
Trotzdem - auch das gehört zur Wahrheit dazu - wird diese Reform so teuer werden, dass in dieser Wahlperiode - auch das ist anders, als Sie eben mit gut gesetzten Worten erzählt haben - kein Geld für qualitative Verbesserungen übrig bleiben wird. Selbst die Mittel, die vom Bund ursprünglich für die Qualitätsverbesserung zur Verfügung gestellt werden sollten, werden jetzt für die Finanzierung der Beitragsfreiheit und ihrer Folgen verwendet. Das
ist die Wahrheit, die Sie eben nicht erzählt haben. Im Übrigen ist das auch ein Skandal, gegen den sich die Kommunen zu Recht zur Wehr setzen.
Deswegen sage ich, dass es Ihnen an dieser Stelle ein wenig daran fehlt, die Situation der Kommunen richtig einzuschätzen. Für die Familien ist es nämlich wichtig, dass die Kommunen am Ende nicht bei den Öffnungszeiten für Büchereien, bei der Pflege von Spielplätzen und bei Schwimmbädern sparen müssen. Denn auch das betrifft Familien. Wenn dort Geld eingespart wird, tut auch das weh.
Im Wahlkampf machen Sie schöne Versprechungen, im Gesetzentwurf greifen Sie wahllos einen ersten Betrag von 250 Millionen Euro, der sich im Laufe der Zeit immer mal wieder erhöhen soll. Wir erfahren das aus irgendwelchen Publikationen des Städtetages. Ich schätze, dass sich dieser Betrag am Ende fast verdoppelt haben wird. Die Wahrheit ist, dass dann für die Qualitätsverbesserung nichts übrig bleiben wird, weil es niemand, anders als wir, von Anfang an durchgerechnet hat.
Da ist der Kämmerer Stephan Weil, der mir noch als ein nüchterner Rechner und als jemand bekannt ist, der solche Sachen vernünftig abwägt und vernünftige Prozesse in die Wege leitet, etwas aus seiner Rolle gefallen. Das haben auch die Kommunen bemerkt und nicht nur wir.
Als Zweites wollen Sie die frühkindliche Sprachförderung von den Grundschulen auf die Kitas übertragen. Frau Wulf, das ist im Ansatz richtig, und wir finden das gut. Es wäre aber noch richtiger und noch besser gewesen, wenn man das mit ein bisschen Zeit verbunden hätte; denn so, wie die aktuelle Roadtour ist, wird man von den Kindergärten, von den Mitarbeiterinnen und den Rahmenleistern erwarten müssen, dass sie sich in den Schulferien hinsetzen, um diese Konzepte zu entwickeln. Da muss ich ehrlich sagen: Auch das steht im Gegensatz zur Arbeit der Vorgängerregierung. Wir hätten unsere Kindergärten nicht dazu gebracht, in den
Das Rahmenkonzept, mit dem zu Beginn des kommenden Kita-Jahres die Sprachkompetenz der Kinder erfasst werden soll und mit dem die Kinder dann individuell gefördert werden können, gibt es noch gar nicht. Es hätte sicherlich etwas mehr Sorgfalt erfordert, an dieser Stelle vorzulegen und die Fachkräfte, die sich dann damit befassen müssen, in die Lage zu versetzen, dass sie Zeit dafür haben, solche qualitativ wichtigen Dinge vernünftig umzusetzen.
Ich sage noch einmal: Dieses Vorgehen wird im Herbst in den Kindergärten zu einem großen Chaos führen. Deshalb haben wir mit unserem Antrag und mit unserer Forderung nach mehr Qualität versucht, etwas Ordnung in diese Sache zu bringen. In dem Tempo, in dem die GroKo diese Sachen umzusetzen versucht, ist uns das aber schlicht und ergreifend nicht möglich.
Lassen Sie mich noch ein paar Worte zu dem FDP-Antrag, der jetzt ebenfalls zur Beratung ansteht, sagen. Es ist unbedingt richtig, dass die Ausbildung zur Erzieherin oder zum Erzieher attraktiver werden muss, um dem aktuellen Fachkräftemangel zu begegnen. Zu diesem Zweck sollen das Schulgeld gestrichen und eine Ausbildungsvergütung gezahlt werden. Es wird dem Land aber kaum möglich sein, die Kosten für die Ausbildungsvergütung zu übernehmen. Das tut es auch nicht bei anderen Berufsausbildungen. Es ist klar, dass dann, wenn solche Mehrkosten tatsächlich auftreten, erst recht kein Geld mehr für eine Qualitätsverbesserung übrig bleibt.
Deshalb werden wir auch dem FDP-Antrag nicht zustimmen können. Wir setzen uns aber auch weiterhin nachhaltig für mehr Qualität in den Kindergärten ein.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach der heißen Diskussion zwischen FDP und CDU ist es jetzt wieder etwas ruhiger geworden. - Die Regierungskoalition legt heute den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Kita-Gesetzes vor, obwohl zwischen der Landesregierung und den stark betroffenen Kommunen noch keine Einigung bezüglich der Finanzierung erzielt worden ist. Diese Vorgehensweise ist ziemlich unklug; denn wesentliche Fragen sind immer noch nicht geklärt. Da gibt es zum einen die Personalkostensteigerungen in den nächsten Jahren. Das Land bietet bisher 1,5 %, die Kommunen wollen aber gern 3,5 % haben. Ver.di geht gerade auf die Straße und verlangt sogar 6 %. Da ist klar, welche Einschätzung realistischer erscheint.
Die Finanzierung der Vertretungskräfte liegt im Moment noch komplett bei den Kommunen. Das betrifft immerhin etwa 10 % der Gesamtpersonalkosten.