Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zur Änderung des Niedersächsischen Straßengesetzes wollen wir im Wesentlichen drei verschiedene Punkte neu regeln.
Es soll erstens neu geregelt werden, dass die Versagung einer Sondernutzungserlaubnis im öffentlichen Straßenraum auch dann möglich ist, wenn andere als straßenbezogene öffentliche Belange beeinträchtigt werden könnten. Mit dieser Neuregelung wollen wir erreichen, dass sogenannte Islaminformationsstände und Koranverteilaktionen, beispielsweise in Fußgängerzonen der Innenstädte, zukünftig effektiver und gezielter untersagt werden können.
Salafisten treten häufig gerade an junge Menschen heran, um salafistisches Gedankengut und gezielt salafistische Propaganda zu verbreiten. Voraussetzung für ein derartiges Verbot ist allerdings, dass die Aktivitäten eine Beeinträchtigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung befürchten lassen.
Die SPD-Fraktion begrüßt diese gesetzliche Neuregelung ausdrücklich; denn auch wenn die Anzahl der betreffenden Koranverteilaktionen gegenwärtig erheblich zurückgegangen zu sein scheint, ist die salafistische Szene dennoch sehr dynamisch, sodass durchaus damit zu rechnen ist, dass künftig wieder ein verstärkter Handlungs- und Regelungsbedarf gegeben sein wird.
In der Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung hat insbesondere der Verein für jugend- und familienpädagogische Beratung - kurz: beRATen e. V. - deutlich gemacht, dass gerade Salafisten immer wieder den öffentlichen Straßenraum für ihre ideologische Missionierung Jugendlicher im Sinne einer neosalafistischen Auslegung des Islams nutzen. Bei den Koranverteilaktionen handelt es sich aber eben nicht um Gläubigkeit oder Überzeugung, sondern es geht vielmehr darum, unter dem Deckmantel einer Religion eine extremistische Auslegung des Islams zu verbreiten und um die Verherrlichung von Gewalt sowie um das Anwerben von Jugendlichen.
Der zweite Teil des Gesetzentwurfs betrifft dagegen Regelungen im Bereich des Straßenrechts zur Umsetzung der EU-Richtlinie 2012/18, der sogenannten Seveso-III-Richtlinie. Danach ist vorgesehen, dass in bestimmten Fällen ein Planfeststellungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen ist, in dem dann auch geprüft werden kann, ob das jeweilige Straßenbauvorhaben einen hinreichenden Abstand zu einem sogenannten Störfallbetrieb einhält.
Der dritte und letzte Regelungsbereich betrifft die Möglichkeit, Planfeststellungsverfahren zu vereinfachen. In der Praxis ist die Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr für die Planung von Bundesfernstraßen zuständig. Oft müssen in diesem Zusammenhang aber auch andere Straßen wie z. B. Kreisstraßen angepasst werden. Bislang wurden in solchen Fällen meist zwei getrennte Planungsverfahren durchgeführt: eines von der Landesbehörde und eines vom jeweils zuständigen Landkreis. Das neue Straßengesetz ermöglicht es, diese Doppelarbeit zu vermeiden, indem es erlaubt, in das Planfeststellungsverfahren, das die Landesbehörde etwa wegen einer Bundesfernstraße führt, die Anpassung anderer Straßen einzubeziehen.
Die kommunalen Spitzenverbände haben diese Regelungen in der Anhörung des Ausschusses als einen positiven Beitrag begrüßt, der dazu dient, die Planung von Straßenbauvorhaben zu beschleunigen und vor allem zu entbürokratisieren. Die SPDFraktion teilt diese Auffassung der kommunalen Spitzenverbände ausdrücklich. Wir stimmen deshalb zu.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Frank Henning hat hier schon sehr gut und ausführlich dargestellt, worum es in diesem Gesetzentwurf geht.
Ich möchte jetzt noch einen Punkt ansprechen, den wir schon in der letzten Legislaturperiode auf kommunaler Ebene immer wieder diskutiert haben, nämlich die Aktivitäten neosalafistischer Gruppen, die über Aktionen zur Verteilung von religiösen Schriften und des Korans immer wieder versuchen, Jugendliche zu erreichen und neue Mitglieder zu gewinnen. Das ist ein sehr, sehr gutes Beispiel dafür, wie solche neosalafistischen Gruppen religiöse Symbole und Schriften missbrauchen, um an Jugendliche heranzukommen, um Jugendliche zu ködern und um sie für ihre Ideologie zu gewinnen.
Das haben auch die Beratungen ergeben. Die Vorlage 2 zu diesem Gesetzentwurf, die Stellungnahme von beRATen e. V., macht dies noch einmal besonders deutlich. Ich zitiere aus dieser Stellungnahme:
„Besonders Jugendliche in instabilen persönlichen und sozialen Lebenslagen wurden durch das Angebot der Verteilaktion ‚Lies!‘ angesprochen.“
Das ist wichtig, und ich betone das deshalb, weil es schwierig wäre, alles andere zu unterbinden. Der GBD hat uns nämlich darauf hingewiesen, dass die Verhältnismäßigkeit gewahrt werden muss und dass bei diesen Verteilaktionen auch die Religionsfreiheit berührt sein könnte. Hier muss aber ganz klar gesagt werden: An dieser Stelle geht es nicht um religiöse Belange. Diese Belange werden von besagten Gruppen nur vorgeschoben, um Jugendliche zu ködern und für ihre kranke Ideologie zu gewinnen. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf schaffen wir jetzt endlich auch für die Kommunen eine Möglichkeit, rechtssicher gegen solche Aktionen vorzugehen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
In diesem Kontext möchte ich noch einmal dem GBD für seinen redaktionellen Hinweis darauf danken, dass nicht von „tatsächlichen Anhaltspunkten“ gesprochen werden sollte, sondern von „bestimmten Tatsachen“. Das heißt, dass das Ganze auf Tatsachen begründet werden sollte, um Rechtssicherheit zu schaffen und die Verhältnismäßigkeit zu wahren. Damit sind wir, glaube ich, insgesamt auf der sicheren Seite. Wenn die Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt werden kann, gibt es die Möglichkeit, weniger belastende Maßnahmen zu ergreifen. Das sehen zumindest die Nebenbestimmungen so vor.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Mit der Anpassung des Niedersächsischen Straßengesetzes, über die wir heute abschließend debattieren, wird auf zwei wichtige Herausforderungen reagiert, nämlich auf Fragen des Katastrophenschutzes rund um die Kernkraftwerke sowie auf den Handlungsspielraum der Kommunen beim Umgang mit Koranverteilaktionen. Zudem soll die Planung von Straßenbaumaßnahmen vereinfacht werden.
Als Sprecher meiner Fraktion für den Brand- und Katastrophenschutz freue ich mich darüber, dass die im September 2016 verabschiedete Novelle des Katastrophenschutzgesetzes nun auch ihren Einzug in das Straßengesetz findet. Damit werden die Arbeit des Katastrophenschutzes in Niedersachsen gestärkt und die Unfallprävention spürbar verbessert. Durch die Umsetzung der Seveso-III-Richtlinie erhöht Niedersachsen die Sicherheit im Umfeld von Kernkraftwerken, Biogasanlagen und anderen potenziellen Störfallbetrieben in erheblichem Maße.
Mit dem heutigen Beschluss werden die Auswirkungen auf Straßenbauvorhaben im Vorfeld dieser entsprechenden Anlagen nun auch gesetzlich nachvollzogen. Mit der Feststellung einer Abstandsregelung von 2 000 m folgt der Entwurf ei
ner konservativen Betrachtung. Da uns die Biogasanlagen schon konkrete und vor allem belastbare Informationen über potenzielle Gefahren geliefert haben, ist der verringerte Abstand auf 200 m ebenso begründbar wie nachvollziehbar. Werden diese Abstände nicht eingehalten, ist eine umfassende Risikoanalyse notwendig.
Meine Damen und Herren, der jüngste Verfassungsschutzbericht hat eindrucksvoll gezeigt, dass die Entwicklung beim Salafismus in Niedersachsen weiterhin besorgniserregend ist. Rückläufigen Aktivitäten in größeren Städten - das haben die Kollegen eben schon angesprochen - steht nun aber eine Verstärkung von Aktivitäten in kleineren Städten gegenüber. Erkennbar ist eine Zersplitterung der Szene. Sie verlagert sich ins Internet. Nichtsdestotrotz ist es, glaube ich, wichtig, dass wir hier handeln und Vorsorge betreiben.
Trotzdem bleiben Islaminformationsstände und Koranverteilaktionen in Fußgängerzonen ein Problem, gegen das die Ordnungsbehörden bislang nur mit Mühe vorgehen können. Da diese Stände vor allem dazu genutzt werden, junge Menschen zu beeinflussen und zu rekrutieren, stellen die neuen Regelungen im Straßengesetz einen wichtigen Baustein für unsere Bemühungen dar, Jugendliche vor einem Abrutschen in diese Szene zu bewahren. Herr Henning hat das eben schon sehr ausführlich beschrieben.
CDU und SPD waren sich darin einig, dass die Ordnungsbehörden zukünftig nicht nur straßenbezogene Aspekte, sondern auch ordnungspolitische Aspekte berücksichtigen sollen. Somit müssen wir natürlich auch berücksichtigen, dass die Religionsfreiheit nicht unverhältnismäßig stark eingeschränkt wird. Ich glaube, das ist mit dieser Änderung durchaus gewährleistet.
Da nicht mehr viel Zeit bleibt, möchte ich noch auf die Verfahrensvereinfachungen bei Straßenbauvorhaben hinweisen. Ich finde es gut, dass angesichts dieser Vereinfachungen Bundes-, Kommunal- und Landesstraßen künftig von nur noch einer Stelle beplant werden können.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, die organisatorischen Änderungen im Straßengesetz - so sage ich einmal -, die Umsetzung der Seveso-III-Richtlinie und auch die Verbesserungen bei den kommunalen Abstimmungen im Bereich des Planungsrechts waren in den Ausschussberatungen vollkommen unstrittig, und es war absolut sinnvoll, sie jetzt vorzunehmen.
Der eigentlich Kern der Diskussion ging um die Frage: Wie gehen wir mit den salafistischen Werbeständen um, also mit den Ständen, die Jugendliche in der Vergangenheit gefährdet und in die Szene geholt haben? Der Gesetzentwurf der Landesregierung bot an dieser Stelle - das muss ich jetzt leider sagen - keine große Hilfe und war für uns so auch nicht zustimmungsfähig.
Die Landesregierung konnte nicht darlegen, inwieweit dieses Problem heute in der Tiefe überhaupt noch existiert, welche Bedrohungslagen es noch gibt und wie man es im Zusammenwirken mit versammlungsrechtlichen Genehmigungen und im Zusammenhang mit der Religionsfreiheit mit Verfügungen hinkriegen und darstellen will. Manchmal stellte sich einem in der Diskussion die Frage, ob man überhaupt noch sachlich nachfragen kann, ohne in Verruf zu geraten, dass man diese Stände will. Deshalb bin ich sehr dankbar, dass wir im Wirtschaftsausschuss beRATen e. V. anhören konnten - an die Kolleginnen und Kollegen von der Großen Koalition meinen herzlichen Dank dafür, dass Sie das zugelassen haben - und auf diese Weise mehr Zahlen bekommen haben.
Der eigentliche Gordische Knoten wurde vom Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes des Landtages zerschlagen, dem ich hier ganz besonders danken möchte, indem er den Ansatz gefunden hat, die Regelung auf das Staatsangehörigkeitsrecht umzustellen und die Entscheidung des Hessischen Staatsgerichtshofs aufzunehmen und eine Neuregelung zu kreieren, die genau diesen Problemen gerecht wird, nämlich Versammlungsfreiheit und auch Religionsfreiheit in die Verwaltungsvorgänge mit zu integrieren.
Wir haben jetzt eine Regelung, die praktikabel ist, wenn wir sie heute so beschließen, und die die Handhabe gibt, dass junge Menschen nicht von Salafisten etc. angeworben und - so sage ich einmal - falsch beeinflusst werden können. Aber besser ist es immer noch, wenn man nicht nur die Stände verbietet, sondern derjenigen habhaft wird, die die Stände betreiben wollen. Denn es bringt ja
auch nichts, wenn die Anwerbungen im Internet und nicht mehr auf der Straße erfolgen. Deshalb muss die Landesregierung sehr stark gegen den Salafismus vorgehen und dieses Gedankengut aus dem Land vertreiben.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dass wir nun das Niedersächsische Straßengesetz u. a. dahin gehend verändern wollen, dass es zukünftig für Gemeinden möglich sein wird, Stände der radikal-salafistischen Organisation „Lies!“ und vergleichbarer Nachfolgeorganisationen zu verbieten, begrüßen wir ausdrücklich.
Aber warum, meine Damen und Herren, geschieht dies erst jetzt? Das müssen sich insbesondere die bisherigen Regierungsparteien von SPD und Grünen fragen lassen.
Diese Organisation konnte in den letzten Jahren ungestört Menschen radikalisieren und diese dazu bringen, sich der IS-Miliz in Syrien anzuschließen. In Hildesheim gab es enge Verbindungen zu der berüchtigten Moschee, in der auch der Terrorist und Mörder vom Berliner Breitscheidplatz, Anis Amri, radikalisiert wurde. Und Sie haben nur zugesehen.
Inzwischen ist der IS in großen Teilen Syriens und des Iraks zerschlagen worden, und jetzt wollen die damals dorthin ausgereisten radikalisierten Personen wieder nach Deutschland einreisen, um ihrer gerechten Strafe vor Ort zu entgehen. Diese Radikalen, die vielfach als Kämpfer an den dort verübten Grausamkeiten beteiligt waren, wollen jetzt als „tickende Zeitbomben“ zu uns zurückkehren. Das dürfen wir im Interesse unserer Bürger und um der Gerechtigkeit willen nicht zulassen! Sie dürfen hier nicht wieder wegsehen.
Sie werfen uns ja gern Panikmache, Zündeln mit den Sorgen und Nöten der Menschen, Angstmacherei vor. Heute werfe ich Ihnen nicht vor, dass Sie solchen Gruppierungen die Straße überlassen haben. Ich werfe Ihnen Ihr Desinteresse vor. Sie haben sich für das Thema überhaupt nicht interessiert. Sie haben im Zweifel gesagt „Och, Religions
freiheit!“ und haben sich überhaupt nicht darum gekümmert, wer da wofür wirbt. Es muss erst die AfD kommen, damit so etwas überhaupt in Bewegung kommt,