Protokoll der Sitzung vom 21.06.2018

Wir als SPD-Fraktion wollen die Verbände und die unterschiedlichen Beschäftigtengruppen in den Prozess der Weiterentwicklung unserer Sicherheitskonzepte einbinden. Zugänglichkeit, Transparenz und Offenheit stärken das Vertrauen in unsere Justiz. Dies müssen wir in Einklang bringen mit den Sicherheitsbedürfnissen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, aber auch der Öffentlichkeit. Bürgernähe und berechtigte Sicherheitsbedürfnisse sind für uns dabei kein Widerspruch.

Ich bitte um Zustimmung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Prange. - Jetzt kommen wir zum Beitrag für die CDU von Herrn Thiemo Röhler.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sichere Gerichte und Staatsanwaltschaften in Niedersachsen, das bedeutet zuallererst, als Dienstherr seine Personalverantwortung wahrzunehmen. Das bedeutet aber auch, Bedrohungslagen zu erkennen, ihnen frühzeitig entgegenzuwirken und Sicherheit für unsere Bürgerinnen und Bürger und den Rechtsuchenden in Niedersachsen zu gewährleisten.

Wie wichtig das ist, zeigen die Ereignisse, die wir in den vergangenen Monaten häufig zur Kenntnis nehmen mussten. So haben wir erst gerade in den Medien lesen müssen, dass allein im Jahre 2017 in den Gerichten in Berlin knapp 3 500 Messer sichergestellt worden sind und bei Einlasskontrollen

weitere Gegenstände wie Pfefferspray oder Schraubendreher gefunden worden sind.

Im Februar 2017 ist ein Angeklagter im Landgericht Hamburg im Gerichtssaal auf seine Ex-Freundin losgegangen und hat sie mit mehreren Stichen verletzen können. Dies macht deutlich, wie wichtig es ist, öffentliche Räume und die dort arbeitenden Menschen, aber auch die rechtsuchenden Besucherinnen und Besucher täglich mit Einlasskontrollen zu schützen.

Genau dies hat der Niedersächsische Richterbund bereits im Jahr 2015 gefordert, nach unserer Auffassung zu Recht. Hintergrund war der seinerzeitige Fund eines Revolvers mit 50 Schuss Munition im Landgericht Hannover. Leider ist der Appell des Niedersächsischen Richterbundes und seines Vorsitzenden seinerzeit verhallt. Die grüne Justizministerin hat dies nicht für notwendig erachtet. Im April 2016 ist es dann letztlich geschehen. Alle haben gesehen, dass das, was keiner wollte, Realität geworden ist: In Hildesheim verletzte ein Mann einen Richter.

All dies wäre nach unserer Ansicht genügend Anlass gewesen, zu handeln. Die damalige Justizministerin hätte dies sofort tun müssen. Nach unserer Auffassung darf es nicht sein, dass man auf Ereignisse wartet, bei denen Menschen zu Schaden kommen.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD)

Das ist auch der Grund, warum wir als CDUFraktion gemeinsam mit unseren Kollegen der SPD nun handeln. Die die Landesregierung tragenden Fraktionen haben den Hilferuf des Niedersächsischen Richterbundes sehr wohl zur Kenntnis und zum Anlass genommen, diesen Antrag einzubringen und in den Gremien zu beraten.

Mit großer Sorge haben wir wahrgenommen, dass sich das gesellschaftliche Klima verändert. Der Kollege Prange hat es gerade schon ausgeführt. Drohungen und persönliche Anfeindungen häufen sich. Es wird aggressiv mit den in den Gerichtssälen, aber auch in den Büros und in den Staatsanwaltschaften arbeitenden Menschen umgegangen. Messer, Pfefferspray und andere gefährliche Werkzeuge werden mitgeführt. Man muss sich schon fragen, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, was in den Menschen, die beim Gang in ein Rathaus, in einen Gerichtssaal oder in eine Staatsanwaltschaft derartige Gegenstände mit sich führen, eigentlich vorgeht.

CDU und SPD haben sich auf den Weg gemacht. Ziel der Koalitionspartner ist es, in der Regel tägliche anlassunabhängige Sicherheitskontrollen in den Gerichten und Staatsanwaltschaften durchzuführen. Hierfür werden wir die sachlichen und personellen Mittel zur Verfügung stellen und Schulungsmaßnahmen fortführen.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD)

Wir werden es nicht zulassen, dass einige wenige in der Gesellschaft versuchen, durch ein Klima der Angst Einfluss auf Entscheidungen des Staates zu nehmen oder aber andere Besucher einzuschüchtern. Die rechtsuchenden Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht darauf, sich in öffentlichen Gebäuden wie den Gerichten und Staatsanwaltschaften sicher zu fühlen. Das gilt in Gerichtsgebäuden genauso wie in unseren Rathäusern.

Tägliche anlassunabhängige Kontrollen an unseren Gerichten sind daher absolut erforderlich. Das haben unserer Auffassung nach die Ausschussberatungen auch gezeigt. Der Kollege Prange hat vieles davon auch schon ausgeführt. Wir wissen, dass der Denkmalschutz hier ein Problem ist, das wir genau betrachten müssen. Wir wollen dennoch Wege finden, wie wir in allen Gerichten und Staatsanwaltschaften Sicherheit gewährleisten können.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, 155 Gerichte und Staatsanwaltschaften sind in Niedersachsen auf 137 Standorte im ganzen Land verteilt. 54 % dieser Standorte führen bisher täglich anlassunabhängige Kontrollen durch. 7 % werden höchstens einmal pro Woche mit diesen Einlasskontrollen sicher gemacht. An 40 % der Standorte ist eine vollwertige Schleusung derzeit nicht möglich. Sie kann bisher nur an einem Viertel unserer Standorte gewährleistet werden. Ansonsten kann jeder unkontrolliert vom Eingang in die Flure und Geschäftsräume gelangen. Das, was früher eigentlich nie ein Problem war - weil jeder wusste, wie er sich zu benehmen hatte -, ist heute vielleicht ein Sicherheitsrisiko geworden.

Das Sicherheitskonzept aus dem Jahr 2014 wird daher jetzt überarbeitet. Der Dreiklang aus Mensch, Technik und Kontrolle bleibt deshalb weiter zu gewährleisten.

Für die Kontrollen wird es notwendig sein, weitere Wachtmeisterstellen zu schaffen. Auch das haben wir gerade schon gehört. Ich freue mich daher ebenso darüber, dass die Justizministerin und die

Mitarbeiter aus dem Ministerium bei der Unterrichtung mitgeteilt haben, derartige Stellen für die Haushalte anzumelden.

Wir sorgen für die Sicherheit der Mitarbeiter unserer Gerichte und Staatsanwaltschaften sowie der Bürgerinnen und Bürger. Dies sichert die Unabhängigkeit der Justiz und die Verlässlichkeit des Rechtsstaates gleichermaßen. Daher würde ich mich freuen, wenn Sie alle unseren Antrag unterstützten.

Herzlichen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und Beifall bei der SPD)

Danke schön, Herr Röhler. - Wir kommen jetzt zum Beitrag der AfD durch Herrn Christopher Emden.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! In den ersten Monaten, die ich hier in diesem Landtag Mitglied sein darf, stelle ich immer wieder fest, wie gekonnt hier programmatische Trippelschritte gemacht werden. Meine Vorredner haben gesagt: Wir setzen da jetzt etwas um. - Na ja, wir behandeln gerade einen Entschließungsantrag. Eine Umsetzung sieht meiner Meinung nach anders aus. Ein Entschließungsantrag ist eine Aufforderung an die Landesregierung, etwas zu tun - mehr nicht.

Dann wird gesagt, man habe neue Wachtmeisterstellen für die Haushaltsberatungen angemeldet; 77 Stellen bis 2022 sollten zur Anmeldung kommen. - Angemeldet, meine Damen und Herren! Das heißt noch nicht, dass es damit eine einzige Wachtmeisterstelle mehr geben wird. Und ich wage einmal die Vermutung - das klang jedenfalls in den Ausschussberatungen ein klein wenig an -, dass es dazu auch nicht kommen wird, jedenfalls längst nicht in dem nötigen Umfang.

Das Ganze bleibt wahnsinnig nebulös. Es ist etwas, was die Justiz ein bisschen befriedigen soll. Man will das Verlangen nach mehr Sicherheit, das absolut verständlich ist - wie notwendig mehr Sicherheit ist, hat mein Vorredner ja an einigen Beispielen festgemacht - und zu Recht aus der Justiz kommt, ein bisschen aufgreifen und mitnehmen oder ein bisschen Aktionismus präsentieren - der sich aber in Wirklichkeit als Seifenblase entpuppt.

Was Sie bisher gemacht haben, ist zu wenig. Ich möchte Ihnen aus der Praxis einige Tipps geben; denn die Ausschussberatung hat gezeigt, dass noch zu wenig Kenntnis der wahren Sachlage vorhanden ist.

Von der Landesregierung wird gesagt, es gehe darum, Personal zu bekommen; der Schlüssel zur Sicherheit seien Vollkontrollen. Das ist richtig, Vollkontrollen sind personalintensiv. Und dass wir das Personal jetzt nicht haben, stimmt auch. Nur ist es, wie eben schon gesagt, mit einer Anmeldung zur Haushaltsberatung noch nicht getan.

Vor allen Dingen weise ich darauf hin, dass die Landesregierung bisher keinerlei Idee hat, wie sie denn mehr Personal gewinnen will. Dass man Stellen anmeldet und sie vielleicht sogar bekommt, ist nämlich nur das eine. Wenn man aber niemanden findet, der bereit ist, die Arbeit als Wachtmeister zu übernehmen, wird es auch dann schwierig, wenn man diese Stellen schaffen möchte.

Deshalb müssen wir, wie ich bereits in der ersten Beratung betont habe, die Attraktivität des Wachtmeisterdienstes stärken, und zwar in zweierlei Hinsicht.

Erstens. Wir müssen sie insgesamt stärken, auch durch eine eventuelle Neuverteilung der Aufgaben. Ich habe beim letzten Mal schon beschrieben, dass die Wachtmeister das Rückgrat eines jeden Gerichts sind. Als solche werden sie aber nur allzu selten betrachtet. Vor allen Dingen spiegelt sich das nicht in der Entlohnung wider.

Zweitens. Wenn Vollkontrollen durchgeführt werden müssen, besteht eine weitere Notwendigkeit. Ab und zu kommen auch einmal Frauen in die Gerichtssäle; man mag es kaum glauben. Vollkontrollen bedeuten, dass dann auch Wachtmeisterinnen vor Ort sein müssen, um diese Kontrollen durchzuführen. Schauen Sie sich bitte einmal die Verteilung im Istzustand an! Derzeit gibt es nur sehr wenige Wachtmeisterinnen.

Das heißt: Wir müssen hier ganz extrem um neue Kräfte werben. Da reicht es nicht aus, hier Lippenbekenntnisse abzugeben, sondern da muss man dann auch schon einmal in die Vollen gehen. Die Landesregierung hat aber bisher keinerlei Ideen - das wurde in der Ausschussberatung deutlich -, wie sie dieses Problem angehen will.

Ich sage noch einmal, was wir machen müssen. Wir brauchen eine entsprechende personelle Ausstattung. Die bekommen wir aber erst dann, wenn wir bei der Wachtmeisterei mit Stellenhebungen

und Aufstiegschancen arbeiten, die dringend nötig sind. Wir müssen aber auch die Vergütungsstruktur insgesamt ändern, um den Wachtmeistern und den Wachtmeisterinnen - um die wir ja, wie gesagt, ganz besonders werben müssen - endlich das zu geben, was sie verdienen, nämlich mehr Anerkennung, die sich vor allen Dingen auch in der Entlohnung widerspiegelt.

Nur dann kommen wir zu dem, was wir eigentlich wollen und was auch dringend nötig ist, nämlich mehr Sicherheit bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften. Mit dem, was die Landesregierung vorhat, und diesem nebulösen Herangehen an die Situation dürfte es in den nächsten Jahren sehr schwierig werden, das umzusetzen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der AfD)

Danke sehr. - Für die FDP spricht Herr Dr. Marco Genthe.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sichere Gerichte und Staatsanwaltschaften müssen uns allen ein ganz wichtiges Anliegen sein. Entscheidend ist jedoch nicht, was in einem Koalitionsvertrag geschrieben oder als Entschließungsantrag in diesen Landtag eingebracht wird, sondern entscheidend ist, was die Landesregierung tatsächlich umsetzt. Insoweit verwundert es schon ein Stück weit, dass das Justizministerium an dieser Stelle nicht einfach tätig wird, sondern dass zunächst einmal ein Entschließungsantrag in diesem Landtag diskutiert werden muss.

Die notwendigen Mittel, meine Damen und Herren, sind im Haushalt durchaus vorhanden, und zwar nicht erst seit der Zahlung durch den VW-Konzern. Die Zahlung von VW - diese Diskussion haben wir ja schon geführt - muss dazu genutzt werden, den Schuldenberg des Landes abzutragen; das ist nur fair gegenüber den nachfolgenden Generationen. Aber z. B. die ersparten Zinsen oder die diversen steuerlichen Mehreinnahmen des Landes müssen der Durchsetzung unseres Rechtsstaates, der das Fundament unserer freiheitlichen Gesellschaft ist, zugutekommen.

(Beifall bei der FDP)

Der Verlust von Vertrauen eines erschreckend großen Teils der Gesellschaft in den Rechtsstaat ist eine gesellschaftliche Gefahr, die alle Bereiche

des Lebens unserer Bürgerinnen und Bürger betreffen kann. Das zeigt sich nicht nur in dem Erstarken einer gewissen Strömung in den letzten Jahren.

Ich erwarte daher, dass die immensen Mehreinnahmen des Landes auch dazu genutzt werden, die Justiz in Niedersachsen besser auszustatten. Das gilt ausdrücklich für die personelle Ausstattung, aber auch für die Sicherheit in unseren Gerichten und Staatsanwaltschaften.

(Zustimmung bei der FDP)

Meine Damen und Herren, die Mitarbeiter in den Gerichten - insbesondere auch die Richterschaft - wünschen sich seit Langem durchgängige Einlasskontrollen, wie sie in anderen Bundesländern schon sehr, sehr lange üblich sind. Lediglich 54 % der Gerichte und Staatsanwaltschaften können solche Kontrollen täglich durchführen. Das heißt: Fast die Hälfte kann das nicht. - An 40 % der Standorte gibt es nicht einmal die Möglichkeit, den Zustrom des Publikums irgendwie zu kanalisieren. Die Leute können also von der Eingangshalle einfach in die Flure gehen. An sieben Standorten gibt es nicht einmal Metalldetektorrahmen.