Protokoll der Sitzung vom 21.06.2018

Wir brauchen eine stärkere Vorsorge, gerade in Bezug auf Starkregenrisikomanagement. Das wird eine ganz entscheidende Frage sein. Da geht es natürlich um Eigenvorsorge und um Vorhersage. All diese Punkte werden dabei eine große Rolle spielen.

Ich bin sehr dankbar, dass wir uns intensiv damit beschäftigen. Wir sollten das durchaus auch - das ist vorhin angesprochen worden - ins Klimaschutzgesetz aufnehmen. Darüber sollten wir eine intensive Debatte führen.

Meine Damen und Herren, es ist leicht, ein Gesetz auf den Weg zu bringen und zu verabschieden. Aber man darf nicht glauben, damit sei das Problem erledigt. Ich glaube, es tut uns gut, wenn wir uns intensiv mit dem Problem und seinen Auswirkungen beschäftigen und dann hier aus dem Niedersächsischen Landtag das konsequente Signal geben, dass wir beim Thema Klimaschutz wirklich vorne dabei sind. Ich freue mich über die Debatte, die dazu geführt wird.

Schleichenden Prozessen kann man manchmal nur schwer begegnen, weil oft die Sensibilität fehlt.

Ich denke, dass - leider - gerade das Juli-Hochwasser im letzten Jahr und die Ereignisse in diesem Jahr erheblich dazu beigetragen haben, dass

die Sensibilität steigt. Bitte helfen Sie uns, gemeinsam dem zu begegnen, dass eine Sensibilisierung nicht stattfindet, weil wir immer nur wenige Monate, Wochen oder Tage in den Medien davon lesen! Helfen Sie uns, gemeinsam dafür zu sorgen, dass wir dem begegnen! Ein konsequenter Klimaschutz, eine konsequente Klimaschutzpolitik und eine konsequente Vorsorge durch besseren Hochwasser- und Küstenschutz müssen unsere Aufgabe sein, meine Damen und Herren.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. - Herr Wirtz hat um zusätzliche Redezeit gebeten. Sie haben eine Minute. Bitte!

(Stefan Wirtz [AfD]: Nein, das war ei- ne Frage, aber ich will nicht mehr!)

Der Minister hatte weitere Fragen ausgeschlossen. Sie möchten also keine zusätzliche Redezeit mehr? - Gut, vielen Dank.

Damit ist der Tagesordnungspunkt 28 c abgearbeitet. Dann ist die Aktuelle Stunde für heute beendet.

Wir kommen nun zum

Tagesordnungspunkt 29: Dringliche Anfragen

Es liegen uns drei Dringliche Anfragen vor. Die für die Behandlung Dringlicher Anfragen geltenden Geschäftsordnungsbestimmungen setze ich als allgemein bekannt voraus.

Ich weise, wie üblich, darauf hin, dass einleitende Bemerkungen zu den Zusatzfragen nicht zulässig sind. Um dem Präsidium den Überblick zu erleichtern, bitte ich Sie, sich schriftlich zu Wort zu melden, wenn Sie eine Zusatzfrage stellen möchten.

Wir kommen nun zu dem Punkt

a) Uneinigkeit zwischen Honé und Otte-Kinast: Wie wird sich die Landesregierung hinsichtlich des EU-Vorschlags zu Kürzungen in der zweiten Säule der GAP positionieren? - Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 18/1119

Frau Honé und Frau Otte-Kinast hätte ich auch ganz schön gefunden. - Die Anfrage wird von Miriam Staudte für Bündnis 90/Die Grünen eingebracht.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ich verlese unsere Anfrage: Uneinigkeit zwischen Frau Honé und Frau Otte-Kinast: Wie wird sich die Landesregierung hinsichtlich des EU-Vorschlags zu Kürzungen in der zweiten Säule der GAP positionieren?

Die Budgetkürzungen für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) werden vor allem die Mittel der zweiten Säule betreffen. Hingegen sollen 73 % der Agrargelder weiter als pauschale Flächenprämien nach Hektar und nicht leistungsbezogen im Rahmen der ersten Säule vergeben werden. Der Wissenschaftliche Beirat des Bundesagrarministeriums lehnt eine solche Prämienvergabe ab.

Die Mitglieder der Landesregierung bewerten den EU-Kommissionsvorschlag zur GAP-Reform unterschiedlich. So heißt es in der NOZ vom 1. Juni 2018:

„Anders als Otte-Kinast kann Europaministerin Birgit Honé den Vorschlägen viel Gutes abgewinnen: Dass beide Fördersäulen bleiben sollen, sei eine ‚gute Nachricht‘. Zwar schmerze der Einschnitt in der zweiten Säule, doch den ‚werden wir über die Möglichkeit der Umschichtung von bis zu 30 % der Gelder aus der ersten Säule in die ländliche Entwicklung schaffen können‘, kündigt Honé an. Dass die Agrarpolitik ‚ökologischer und klimafreundlicher‘ werden solle, sei ‚ein gutes Signal an die Gesellschaft‘. Und während Otte-Kinast vor neuer Bürokratie insbesondere für die Bauern warnt, lobt Honé, dass ‚in den Vorschlägen echte Entbürokratisierung und mehr Flexibilität zu erkennen sind‘“.

Angesichts dieser unterschiedlichen Bewertung innerhalb der Landesregierung fragen wir die Landesregierung:

1. Wird die Landesregierung im Falle eines Inkrafttretens des jetzigen EU-GAP-Vorschlages von der Möglichkeit Gebrauch machen, 30 % der Gelder aus der ersten in die zweite Säule umzuschichten?

2. Wie positioniert sich die Landesregierung zu dem Vorschlag, klimawandelbedingte Ernteschäden mit Mitteln der zweiten Säule auszugleichen,

anstatt eine langfristige Anpassung an klimawandelbedingte Witterungseinflüsse zu fördern?

3. Welche Auswirkungen wird der jetzige GAPVorschlag unter Beibehaltung der pauschalen Flächenprämien auf eine Lösung von Umweltproblemen wie der Nitrat- und Ammoniakbelastung, auf gesellschaftlich geforderte Tierwohlleistungen, das Artensterben und den Biotopschutz (mesophiles Grünland etc.) haben?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke, Frau Staudte. - Für die Landesregierung antwortet Frau Ministerin Otte-Kinast.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es wird in diesen Tagen viel über Europa geredet und geschrieben. Schuldenkrise, Flüchtlingskrise, Regierungskrise - das ist das Bild, das gern erzeugt wird. Wir haben es hier und heute auch erlebt. Aber wir alle müssen uns fragen: Stimmt das? Ist unser Europa, in dem wir leben, ein Auslaufmodell? - Ich kann diese Frage ganz klar mit Nein beantworten.

(Beifall bei der CDU und bei den GRÜNEN sowie Zustimmung bei der SPD)

Denn Europa ist nicht das Problem, sondern die Grundlage für unsere Freiheit und unseren Wohlstand. Auch die gemeinsame Agrarpolitik ist eine europäische Erfolgsgeschichte. Sie gehört seit Beginn der europäischen Einigung vor 60 Jahren zu den verbindenden Politikfeldern in Europa. Die EU ist der größte Wirtschaftsraum der Welt. Über 500 Millionen Menschen werden von unseren hart arbeitenden Landwirten zuverlässig mit Nahrungsmitteln versorgt. Wir alle kommen in den Genuss von Premiumprodukten. Noch nie hatten wir eine so große Vielfalt an sicheren, hochwertigen und bezahlbaren Nahrungsmitteln zur Verfügung wie heute.

Die Landwirtschaft trägt darüber hinaus maßgeblich Verantwortung für den Schutz von Klima, Umwelt und eine nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen. Sie pflegt und erhält unsere wertvollen Kulturlandschaften. Ich möchte mir die Lüneburger Heide nicht ohne Heidschnucken oder die Wesermarsch ohne Kühe vorstellen.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD - Christian Meyer [GRÜNE]: Dann sollten Sie mal eine Weideprämie ma- chen!)

Das europäische Agrarmodell mit seinen familiengeführten Betrieben ist weltweit einzigartig und hat sich bewährt. Grundlage für diese erfolgreiche europäische Landwirtschaft ist diese gemeinsame Agrarpolitik. Die gemeinsame Agrarpolitik steht für die Einheit und Identität Europas, und sie spiegelt den Gedanken der EU als Gemeinschaft so lebendig wider wie kaum ein anderes Politikfeld.

Warum ist die Gemeinsame Agrarpolitik nun für uns in Niedersachsen so wichtig? - Vor allem die ländlichen Regionen profitieren in einem hohen Maße von den Wertschöpfungsketten der Land- und Forstwirtschaft sowie der Fischerei. In Niedersachsen ist jeder zehnte Arbeitsplatz von dieser Wertschöpfungskette direkt oder indirekt abhängig. Mit ca. 11 Millionen landwirtschaftlichen Betrieben sind insgesamt rund 44 Millionen Arbeitsplätze in der EU verbunden. Rund 90 % der Fläche Niedersachsens können dem ländlichen Raum zugeordnet werden. Der überwiegende Teil der Bevölkerung Niedersachsens lebt also im ländlichen Raum.

Mit den Maßnahmen zur Förderung der ländlichen Entwicklung trägt die GAP nicht nur zur Stärkung unserer landwirtschaftlichen Betriebe bei. Eine nachhaltige Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen sowie der Klima- und Umweltschutz und viele Fördermöglichkeiten außerhalb der landwirtschaftlichen Betriebe stärken insgesamt das soziale Gefüge und den Zusammenhalt im ländlichen Raum.

Die Gemeinsame Agrarpolitik leistet also einen wichtigen Beitrag, um gleichwertige Lebens- und Arbeitsverhältnisse in ländlichen Gebieten zu schaffen. Sie ist auch für die Entwicklung der Landwirtschaft und des ländlichen Raumes in Niedersachsen ausschlaggebend und bestimmt den finanziellen Rahmen für die niedersächsische Agrarpolitik und auch in großen Teilen für die Umweltpolitik.

Wie stark wir die EU brauchen, beweisen diese Zahlen: Jedes Jahr fließen allein aus der ersten und zweiten Säule in der jetzigen Finanzperiode weit über 900 Millionen Euro an EU-Mitteln im Rahmen der GAP in die landwirtschaftlichen Betriebe und in den ländlichen Raum Niedersachsens. Das sind etwa 760 Millionen Euro Direktzahlungen, die unseren Höfen zugutekommen, und

gut 160 Millionen Euro aus der sogenannten zweiten Säule zur Weiterentwicklung des ländlichen Raums.

Es ist selbstverständlich, dass diese Landesregierung für einen starken EU-Agrarhaushalt mit zwei Säulen kämpft. Denn die Herausforderungen, die wir meistern müssen, werden größer und nicht kleiner.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD)

Die Kommissare Oettinger und Hogan haben in den vergangenen Wochen umfangreiche Vorschläge zur Zukunft der EU-Finanzen und zur zukünftigen Ausgestaltung dieser Gemeinsamen Agrarpolitik vorgelegt. Die wesentliche Botschaft der Kommissare lautet: Die Finanz- und auch die Agrarpolitik der EU sollen moderner und effektiver werden. Dabei erhalten die Mitgliedstaaten deutlich mehr Gestaltungsspielräume. Die Kommission hat erkannt, dass nicht jedes Detail zentral in Brüssel bestimmt werden sollte. Die Mitgliedstaaten sollen künftig deutlich mehr Verantwortung in der Agrarpolitik erhalten. Die zu erreichenden Ziele sollen jedoch weiterhin auf europäischer Ebene festgelegt werden.

Neun Ziele hat die Kommission identifiziert, die mit den Instrumenten der Gemeinsamen Agrarpolitik verfolgt werden sollen. Zu diesen Zielen zählen etwa die Förderung landwirtschaftlicher Einkommen, die Verbesserung der Ernährungssicherheit, eine nachhaltige Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen, der Klimaschutz sowie die Stärkung des sozialen Gefüges in ländlichen Gebieten. Keines dieser Ziele ist gänzlich neu. Aber in vielen Bereichen soll die Reform eine deutlich verbesserte Zielerreichung herbeiführen. Insbesondere im Bereich Umwelt- und Klimaschutz ist dies unübersehbar. Das Anspruchsniveau steigt. Es soll keineswegs herabgesetzt werden, wie es die Dringliche Anfrage unterstellt.

Ich bin Ihnen deswegen dankbar für diese Anfrage; denn dadurch kann ich heute deutlich machen, welch große Aufgabe hier von uns allen in Niedersachsen zu schultern ist. Brüssel kündigt Haushaltskürzungen an. Die Direktzahlungen an niedersächsische Landwirte und die Mittel für die Entwicklung des ländlichen Raumes werden sich spürbar verringern. Weniger Geld und zusätzliche Zielvorgaben in der Gemeinsamen Agrarpolitik - das passt so noch nicht zusammen.

Die Landesregierung wird sich deshalb mit Nachdruck für eine angemessene Finanzierung beider Säulen der Gemeinsamen Agrarpolitik einsetzen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Da kämpfen wir gemeinsam, und ich möchte ganz ausdrücklich meiner Ministerkollegin Birgit Honé für ihr diesbezügliches Engagement danken.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ich will einen wichtigen Aspekt hervorheben: Die Gemeinsame Agrarpolitik dient verschiedenen Zielen und lässt sich nicht auf Umweltpolitik reduzieren, so wie es in dieser Anfrage durchklingt. Die Gemeinsame Agrarpolitik soll den Landwirten einen angemessenen Lebensstandard sichern und das sozioökonomische Gefüge im ländlichen Raum insgesamt stärken. Sie soll darüber hinaus die Digitalisierung und Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft und der ländlichen Gebiete verbessern. Drittens soll sie einen Beitrag zu den Umwelt- und Klimaschutzzielen der EU sowie zu mehr Tierwohl leisten.